Kanton: | BS |
Fallnummer: | VD.2020.240 (AG.2021.156) |
Instanz: | Appellationsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 09.03.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Verweigerung der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug; Fristwahrung |
Schlagwörter: | Rekurrent; Rekurs; Entscheid; Rechtsmittel; Gericht; Entlassung; Strafund; Massnahmenvollzug; Eingabe; Strafvollzug; Verwaltungsgericht; Bedingte; November; Entscheide; Werden; Dessen; Bundesgericht; Rekurrenten; Beschwerde; Gerichtliche; Gemäss; Beurteilung; August; Strafsachen; Eingetreten; Erneut; Kantons; Schriftlich; Halber; Angefochtene |
Rechtsnorm: | Art. 113 BGG ; Art. 21 VwVG ; Art. 29a BV ; Art. 42 BGG ; Art. 6 EMRK ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: |
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht Einzelgericht |
VD.2020.240
URTEIL
vom 9.März2021
Mitwirkende
lic. iur. Christian Hoenen
und Gerichtsschreiberin lic. iur. Barbara Pauen Borer
Beteiligte
A____ Rekurrent
c/o Justizvollzugsanstalt [ ],
[ ]
gegen
Amt für Justizvollzug, Straf- und Massnahmenvollzug
Spiegelgasse 12, 4001 Basel
Gegenstand
Rekurs gegen einen Entscheid des Straf- und Massnahmenvollzugs
vom 23. Juli 2020
betreffend Verweigerung der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug; Fristwahrung
Sachverhalt
A____ befindet sich seit dem 23. November 2018 im Strafvollzug, seit April 2019 in der Justizvollzugsanstalt [ ]. Vollzugsende ist am 4. August 2021; die bedingte Entlassung wäre frühestens per 26. Juli 2020 möglich gewesen. Mit Entscheid vom 23. Juli 2020 hat der Straf- und Massnahmenvollzug die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug indes verweigert (act.1). Dieser Entscheid wurde dem damaligen Vertreter von A____ am 24. Juli 2020 zugestellt (act.3).
Mit Eingabe vom 22. November 2020, als «Beurteilungsaufforderung» bezeichnet, verlangt A____, dass das Kantonsgericht, recte Verwaltungsgericht, über seine Entlassung aus dem Strafvollzug entscheide (act. 2). Eine Vernehmlassung ist nicht eingeholt worden. Mit Eingabe vom 21. Januar 2021 hat das Amt für Straf- und Massnahmenvollzug die Akten eingereicht (act.4). Mit Eingabe vom 4.März 2021 weist A____ darauf hin, dass er unterdessen drei Viertel der Freiheitsstrafe verbüsst habe, und verlangt seine unverzügliche Entlassung aus dem Strafvollzug.
Die Akten des Straf- und Massnahmenvollzugs wurden beigezogen. Der Standpunkt des Rekurrenten sowie die weiteren Tatsachen ergeben sich, soweit relevant, aus den folgenden Erwägungen.
Erwägungen
1.
1.1 Der Rekurrent bezeichnet seine Eingabe vom 22.November 2020 zwar als «Beurteilungsaufforderung». In der Sache geht es allerdings um ein Rechtsmittel, d.h. Rekurs, gegen den Entscheid des Straf- und Massnahmenvollzugs vom 23. Juli 2020. Eine falsche Bezeichnung des Rechtsmittels schadet nicht (vgl. VD.2020.52 vom 28. Juli 2020 E.1.1).
1.2 Das Verwaltungsgericht ist für die Beurteilung des vorliegenden Rekurses gemäss § 12 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRPG, SG 270.100) zuständig. Nach §92 Abs.1 Ziff.11 des Gerichtsorganisationsgesetzes (GOG, SG154.100) ist grundsätzlich das Dreiergericht zum Entscheid berufen. Hat allerdings wegen Säumnis ein Nichteintretensentscheid zu ergehen oder fällt das Rechtsmittel wegen Säumnis von Gesetzes wegen dahin, so ist nach § 44 Abs.1 GOG die Einzelrichterin oder der Einzelrichter bzw. die Verfahrensleiterin oder der Verfahrensleiter zuständig. Diese Konstellation liegt im hier zu beurteilenden Fall vor. Da der Rekurrent vom angefochtenen Entscheid berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung hätte, ist er gemäss § 13 Abs. 1 VRPG zum Rekurs legitimiert.
1.3
1.3.1 Der Rekurs ist binnen zehn Tagen nach der Zustellung des Beschlusses schriftlich beim Verwaltungsgericht anzumelden (§ 16 Abs. 1 VRPG). Spätestens binnen 30Tagen, vom gleichen Zeitpunkt an gerechnet, ist eine schriftliche Rekursbegründung einzureichen (§ 16 Abs. 2 VRPG). Für die Berechnung der Fristen sowie deren Einhaltung verweist § 21 Abs.1 VRPG auf die entsprechenden Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVG, SR 172.021). Die Parteieingabe muss am letzten Tag der Frist auf der Behörde spätestens während der Geschäftszeit oder zu deren Handen der schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden (§ 21 Abs.1 VRPG in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 VwVG; vgl. Rhinow et al., Öffentliches Prozessrecht, 3.Auflage, Basel 2014, Rz. 910; Stamm, Die Verwaltungsgerichtbarkeit, in: Buser [Hrsg.], Neues Handbuch des Staats- und Verwaltungsrechts des Kantons Basel-Stadt, Basel 2008, S. 477, 502).
1.3.2 Der angefochtene Entscheid, welcher mit einer korrekten Rechtsmittelbelehrung versehen ist, datiert vom 23. Juli 2020 und ist dem Rekurrenten respektive dessen damaligem Vertreter am 24. Juli 2020 zugestellt worden (act. 3). Ein allfälliger Rekurs dagegen hätte somit spätestens am 3. August 2020 angemeldet und am 23.August 2020 begründet werden müssen. Mit seiner Eingabe vom 22.November 2020, Postaufgabe 24. November 2020, hat der Rekurrent diese Fristen deutlich, d.h. um rund 4 Monate, verpasst. Auf den Rekurs kann demnach nicht eingetreten werden.
1.3.3 Der Rekurrent verweist in seiner Eingabe auf BGer 6B_983/2020 vom 3. November 2020. In diesem Entscheid (E.1.3.2 mit Hinweis auf Gonin/Bigler, Convention européenne des droits de l'homme [CEDH], 2018, N. 44-46 zuArt. 6 EMRK) hält das Bundesgericht zusammengefasst fest, dass, soweit in Strafsachen - und dazu zählen auch Entscheide im Bereich des Strafvollzugs - nichtgerichtliche Vollzugs- und Verwaltungsbehörden entscheiden, dies mit den Garantien vonArt. 6 Ziff. 1 EMRKund mit der verfassungsrechtlichen Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) vereinbar ist, wenn und weil die betroffene Person ein Gericht anrufen kann, das als Gericht im Sinne vonArt. 6 Ziff. 1 EMRKmit voller Kognition ("plénitude de juridiction") entscheidet. Letztlich hängt es vom Willen der betroffenen Person ab, ob sie den Entscheid der nichtgerichtlichen Vollzugsinstanz akzeptieren oder mit einem Rechtsmittel vom Recht auf gerichtliche Überprüfung Gebrauch machen will. Dass der Rekurrent Anspruch auf eine Beurteilung durch ein Gericht mit voller Kognition hat, entbindet ihn also nicht davon, die entsprechenden Rechtsmittelfristen einzuhalten. Der Rekurrent, der im Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Beschlusses durch einen Anwalt vertreten war, hat von seinem Recht auf gerichtliche Überprüfung nicht innert Frist Gebrauch gemacht. Auf den klar verspätet eingereichten Rekurs ist, wie bereits festgehalten, nicht einzutreten.
1.4 Der Vollständigkeit halber ist Folgendes festzuhalten: Im Entscheid vom 23.Juli 2020 (S. 5) hält der Strafvollzug fest, dass innert einem Jahr (seit dem Entscheid) erneut über die bedingte Entlassung des Rekurrenten beschlossen werde. Im Falle einer erneuten Verweigerung der Entlassung kann der Rekurrent dannzumal fristgerecht mit Rekurs an das Verwaltungsgericht gelangen. Im Hinblick auf das in absehbarer Zeit bevorstehende Vollzugsende (4. August 2021) ist es wünschenswert, wenn der Straf- und Massnahmenvollzug rasch erneut über die bedingte Entlassung des Rekurrenten entscheidet, zumal dessen Eingabe vom 4. März 2021 als Gesuch um bedingte Entlassung zu werten ist.
2.
Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass auf den Rekurs aufgrund verspäteter Rekursanmeldung nicht eingetreten werden kann, weshalb der Rekurrent mit seinen Anträgen nicht durchdringt und somit unterliegt. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären dessen Kosten grundsätzlich dem Rekurrenten aufzuerlegen (§ 30 Abs. 1 VRPG in Verbindung mit § 23 des Gerichtsgebührenreglements [GGR, SG 154.810]). Auf die Erhebung von Gerichtskosten wird jedoch umständehalber verzichtet.
Demgemäss erkennt das Verwaltungsgericht (Einzelgericht):
://: Auf den Rekurs wird nicht eingetreten.
Auf die Erhebung von Gerichtskosten wird umständehalber verzichtet.
Mitteilung an:
- Rekurrent
- Amt für Justizvollzug, Straf- und Massnahmenvollzug
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Die Gerichtsschreiberin
lic. iur. Barbara Pauen Borer
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.
Ob an Stelle der Beschwerde in Strafsachen ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in Strafsachen als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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