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Urteil Appellationsgericht (BS)

Kopfdaten
Kanton:BS
Fallnummer:BEZ.2021.30 (AG.2021.435)
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung:
Appellationsgericht Entscheid BEZ.2021.30 (AG.2021.435) vom 28.07.2021 (BS)
Datum:28.07.2021
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Ordnungsbusse
Schlagwörter: Schlichtung; Beschwerde; Ordnungsbusse; Schlichtungsbehörde; Beschwerdeführerin; Erscheinen; Werden; Schlichtungsverhandlung; Nichterscheinen; Partei; Klagebewilligung; Verfahren; Persönlich; Verfügung; Vorliegend; Vorliegende; Parteien; Geschäftsgang; Gericht; Stellt; Gemäss; Vorliegenden; Persönliche; Pflicht; Stellungnahme; Erscheinen; Dezember; Geschäftsgangs; Persönlichen; Störung
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 113 BGG ; Art. 128 ZPO ; Art. 204 ZPO ; Art. 206 ZPO ; Art. 209 ZPO ; Art. 212 ZPO ; Art. 320 ZPO ; Art. 321 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 42 BGG ; Art. 52 ZPO ; Art. 68 ZPO ;
Referenz BGE:140 III 310;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

Dreiergericht



BEZ.2021.30


ENTSCHEID


vom 28. Juli 2021



Mitwirkende


Dr. Olivier Steiner, lic. iur. André Equey, lic. iur. Sara Lamm

und Gerichtsschreiber lic. iur. Johannes Hermann




Parteien


A____ GmbH Beschwerdeführerin

[...]


gegen


Schlichtungsbehörde des Zivilgerichts Beschwerdegegnerin

Bäumleingasse 5, 4051 Basel



Gegenstand


Beschwerde gegen eine Verfügung der Schlichtungsbehörde

vom 23. März 2021 (Rektifikat vom 16. April 2021)


betreffend Ordnungsbusse



Sachverhalt


B____ arbeitete seit August 2020 für die A____ GmbH (Beschwerdeführerin). In einem von ihm eingeleiteten Schlichtungsverfahren blieb die Beschwerdeführerin der auf den 23. März 2021 angesetzten Schlichtungsverhandlung fern. Mit Verfügung vom gleichen Tag erteilte die Schlichtungsbehörde Basel-Stadt B____ die Klagebewilligung (Ziffer 2) und auferlegte der Beschwerdeführerin eine Ordnungsbusse von CHF 200.- (Ziffer 5). Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schreiben vom 12. April 2021 bei der Schlichtungsbehörde die Aufhebung der Ordnungsbusse und kritisierte das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung. Mit Verfügung vom 16. April 2021 berichtigte die Schlichtungsbehörde ihre Verfügung vom 23. März 2021, indem sie diese um eine Rechtsmittelbelehrung ergänzte. Ausserdem begründete sie die ausgesprochene Ordnungsbusse.


Gegen die Verfügung vom 16. April 2021 erhob die Beschwerdeführerin am 20. April 2021 Beschwerde beim Appellationsgericht. Darin verlangt sie die Aufhebung der Ordnungsbusse und der Klagebewilligung. Mit Stellungnahme vom 25. Mai 2021 beantragt die Schlichtungsbehörde die Abweisung der Beschwerde. Darauf replizierte die Beschwerdeführerin am 8. Juni 2021. Die Akten der Schlichtungsbehörde wurden beigezogen. Der vorliegende Entscheid wurde auf dem Zirkulationsweg gefällt.



Erwägungen


1. Eintreten


Die Beschwerdeführerin wendet sich in erster Linie gegen die Auferlegung einer Ordnungsbusse im Rahmen des Schlichtungsverfahrens. Eine Ordnungsbussenverfügung kann mit Beschwerde angefochten werden (Art. 128 Abs. 4 und Art. 319 lit. b Ziffer 1 der Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO, SR 272]; AGE BEZ.2018.25 vom 23. Juli 2018 E. 1). Die angefochtene Verfügung ist als prozessleitende Verfügung innert zehn Tagen seit ihrer Zustellung anzufechten (Art. 321 Abs. 2 ZPO; AGE BEZ.2018.25 vom 23. Juli 2018 E. 1). Die vorliegende Beschwerde wurde fristgerecht und formgerecht eingereicht. Soweit die Beschwerde sich gegen die Auferlegung einer Ordnungsbusse richtet, kann auf sie daher eingetreten werden kann.


Zum Entscheid über die vorliegende Beschwerde ist das Dreiergericht des Appellationsgerichts zuständig (§ 92 Abs. 1 Ziff. 6 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG 154.100]). Mit der Beschwerde können die unrichtige Rechtsanwendung und die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts gerügt werden (Art. 320 ZPO).


2. Ordnungsbusse


2.1 In der angefochtenen Verfügung vom 16. April 2021 führt die Schlichtungsbehörde zur Begründung der Ordnungsbusse Folgendes aus: Mit Vorladung vom 2. Februar 2021 sei die Beschwerdeführerin ordnungsgemäss zur Schlichtungsverhandlung vom 23. März 2021 geladen worden. Die Vorladung sei ihr am 16. Februar 2021 zugestellt worden. In der Vorladung sei sie ausdrücklich auf die Pflicht zum persönlichen Erscheinen sowie auf die Säumnisfolgen hingewiesen worden. Dennoch sei sie unentschuldigt nicht zur Schlichtungsverhandlung erschienen. Dies untergrabe den Zweck des Schlichtungsverfahrens, stelle somit eine Störung des Geschäftsgangs und eine Verletzung der Verfahrensdisziplin dar, was mit einer Ordnungsbusse bestraft werden könne, worauf die Parteien im Vorfeld explizit hingewiesen worden seien. Dass die Beschwerdeführerin vor der Schlichtungsverhandlung eine schriftliche Stellungnahme eingereicht habe, ändere nichts daran. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführerin die Pflicht zum persönlichen Erscheinen auch aus anderen aktuellen Umständen habe bekannt sein müssen (Verfügung vom 16. April 2021, S. 2).


Die Beschwerdeführerin stellt in ihrer Beschwerde in Abrede, dass ihr Nichterscheinen an der Schlichtungsverhandlung vom 23. März 2021 das Verfahren oder den Geschäftsbetrieb gestört habe. Sie beruft sich auf den Bundesgerichtsentscheid BGer 4A_500/2016 vom 9. Dezember 2016, wonach das Nichterscheinen an der Schlichtungsverhandlung für sich allein genommen nicht zur Störung des Geschäftsgangs führe. Es bestehe keine gesetzliche Pflicht zur aktiven Mitwirkung an der Schlichtung und erst recht keine spezifische Ahndung der Gesprächsverweigerung oder des Nichterscheinens. Dass eine Partei bis zum Vortag der Verhandlung warte, um der Schlichtungsbehörde mitzuteilen, dass sie der Verhandlung fernbleiben werde, könne nicht als Störung des Geschäftsgangs bezeichnet werden und deshalb auch keine Ordnungsbusse rechtfertigen (Beschwerde, S. 1 f.).


Die Schlichtungsbehörde weist in ihrer Stellungnahme zunächst auf die Ausführungen in der Begründung ihrer Verfügung vom 16. April 2021 hin. Als qualifizierender Umstand komme dazu, dass sich die Beschwerdeführerin in weiteren zeitnah geführten Verfahren konsequent über die ihr mitgeteilte Pflicht zum persönlichen Erscheinen hinweggesetzt habe. Deshalb sei im vorliegenden Fall eine bescheidene Busse von CHF 200.- angemessen. Schliesslich weist die Schlichtungsbehörde darauf hin, dass mit der bevorstehenden Revision der ZPO voraussichtlich eine ausdrückliche Gesetzesgrundlage für Bussen wegen Nichterscheinens an der Schlichtungsverhandlung eingeführt werde, womit das Vorliegen von «besonderen Umständen» als weitere Voraussetzung bereits heute in Frage gestellt werden könne. Demzufolge sei die Beschwerde abzuweisen (Stellungnahme vom 25. Mai 2021, S. 1 f.).


2.2 Im Schlichtungsverfahren müssen die Parteien grundsätzlich persönlich zur Schlichtungsverhandlung erscheinen (Art. 204 Abs. 1 ZPO). Damit wird von der allgemeinen Verfahrensregel abgewichen, wonach sich jede prozessfähige Partei im Prozess vertreten lassen kann (Art. 68 Abs. 1 ZPO). Hintergrund dieser Spezialregel für das Schlichtungsverfahren war die Überlegung, dass eine Schlichtungsverhandlung meist dann am aussichtsreichsten ist, wenn die Parteien persönlich erscheinen, da nur so eine wirkliche Aussprache stattfinden kann. Durch die Pflicht zum persönlichen Erscheinen soll mithin ein persönliches Gespräch zwischen den Parteien vor der allfälligen Klageeinreichung ermöglicht werden. Art. 204 Abs. 1 ZPO zielt in diesem Sinn - wie das Schlichtungsverfahren überhaupt - darauf ab, diejenigen Personen zu einer Aussprache zusammenzubringen, die sich miteinander im Streit befinden und die über den Streitgegenstand auch selber verfügen können. Diesem Grundsatz entsprechend sieht die Zivilprozessordnung in Art. 204 Abs. 3 ZPO lediglich in bestimmten, abschliessend geregelten Fällen eine Ausnahme von dieser Teilnahmepflicht vor (zum Ganzen vgl. BGer 4A_416/2019 vom 5. Februar 2020 E. 3.1).

Die Schlichtungsbehörde hat an der Schlichtungsverhandlung zu prüfen, ob die Parteien nach Art. 204 ZPO persönlich erscheinen müssen. Von dieser Frage hängt das weitere Vorgehen ab: Erscheint eine Partei nicht persönlich, ohne dass ein Dispensationsgrund nach Art. 204 Abs. 3 ZPO vorliegt, so ist sie säumig. Die Säumnisfolgen sind für Kläger und Beklagten in Art. 206 ZPO unterschiedlich geregelt: Ist der Kläger säumig, gilt das Schlichtungsgesuch als zurückgezogen; das Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben (Art. 206 Abs. 1 ZPO). Bei Säumnis des Beklagten verfährt die Schlichtungsbehörde, wie wenn keine Einigung zu Stande gekommen wäre, das heisst nach Art. 209-212 ZPO (Art. 206. Abs. 2 ZPO). Sie hat somit in der Regel die Klagebewilligung zu erteilen. In gewissen Fällen kann sie stattdessen den Parteien einen Urteilsvorschlag unterbreiten oder auf Antrag des Klägers die Streitigkeit entscheiden. Sind beide Parteien säumig, wird das Verfahren als gegenstandslos abgeschrieben (Art. 206 Abs. 3 ZPO) (zum Ganzen vgl. BGer 4A_416/2019 vom 5. Februar 2020 E. 3.2).

Unabhängig von den prozessualen Säumnisfolgen (Art. 206 ZPO) kann der Verstoss gegen die grundsätzliche Teilnahmepflicht disziplinarische Folgen zeitigen, namentlich die Bestrafung mit einer Ordnungsbusse (Art. 128 ZPO). Damit soll verhindert werden, dass der Beklagte durch sein Nichterscheinen an der Schlichtungsverhandlung den Willen des Gesetzgebers, dass ein Schlichtungsversuch stattzufinden hat, sanktionslos vereiteln könnte. Eine disziplinarische Ahndung mit Ordnungsbusse setzt aber voraus, dass das Nichterscheinen zur Schlichtungsverhandlung eine Störung des Geschäftsgangs (Art. 128 Abs. 1 ZPO) oder eine bös- oder mutwillige Prozessführung darstellt (Art. 128 Abs. 3 ZPO) (zum Ganzen vgl. BGer 4A_416/2019 vom 5. Februar 2020 E. 3.3). Dies bedeutet, dass bei Nichterscheinen einer Partei eine Ordnungsbusse nur ausnahmsweise und nicht systematisch ausgesprochen werden kann (BGer 4A_500/2016 vom 9. Dezember 2016 E. 2).


2.3 Im vorliegenden Fall stützt die Schlichtungsbehörde die Ordnungsbusse auf Art. 128 Abs. 1 ZPO. Demgemäss kann mit einer Ordnungsbusse bis zu CHF 1'000.- bestraft werden, «wer im Verfahren vor Gericht den Anstand verletzt oder den Geschäftsgang stört». Damit sind in erster Linie aktive Verhaltensweisen während, unmittelbar vor oder nach der Verhandlung gemeint, sei es im Gerichtssaal oder in der Nähe des Gerichtssaals (BGer 4A_500/2016 vom 9. Dezember 2016 E. 3.1). Im vorliegenden Fall wird der Beschwerdeführerin ein Unterlassen (und nicht ein Tun) vorgeworfen, nämlich ihr Nichterscheinen an der Verhandlung und ein Verstoss gegen die Pflicht zum persönlichen Erscheinen. Es ist demgemäss zunächst fraglich, ob Art. 128 Abs. 1 ZPO auf ein solches Unterlassen gemünzt ist. Sodann ist nicht ersichtlich, inwiefern das nicht angekündigte Nichterscheinen der Beschwerdeführerin den Geschäftsgang stört. Die Säumnisfolgen bei einem Nichterscheinen der Parteien zur Schlichtungsverhandlung sind - wie in E. 2.2 zweiter Absatz dargelegt - in Art. 206 ZPO geregelt. Dabei besteht folgende Handlungsalternative: Entweder schreibt die Schlichtungsbehörde das Verfahren als gegenstandslos ab oder es stellt eine Klagebewilligung aus - in beiden Fällen sofort und ohne weitere Verfahrensschritte. Namentlich ist die Schlichtungsbehörde nicht gehalten, die Parteien zu einer zweiten Schlichtungsverhandlung zu laden. Das Nichterscheinen der einen oder anderen Partei oder beider Parteien führt damit nicht zu einer Störung des Geschäftsgangs im Sinn einer Verlängerung oder Erschwerung des Verfahrens. Auch das Verursachen unnötiger Arbeit bei der Schlichtungsbehörde kann für sich allein nicht als Störung des Geschäftsgangs betrachtet werden. Im Weiteren darf in kostenlosen Verfahren wie dem vorliegenden nicht eine Ordnungsbusse ausgesprochen werden, um den gesetzlichen Ausschluss von Gerichtskosten zu «kompensieren» - sozusagen als Ersatz für den gesetzlichen Ausschluss von Gerichtskosten. Schliesslich besteht zwar eine Pflicht, persönlich an der Schlichtungsverhandlung zu erscheinen (vgl. oben E. 2.2 erster Absatz). Allerdings besteht darüber hinaus keine Verpflichtung, mit der Gegenseite in Vergleichsverhandlungen einzutreten und aktiv an der Schlichtung teilzunehmen. Erst recht ist es nicht zulässig, die Weigerung, aktiv an der Schlichtung teilzunehmen, zu sanktionieren. Die Nichtankündigung des Nichterscheinens kann somit nicht bereits als Störung des Geschäftsgangs qualifiziert werden (zum Ganzen vgl. BGer 4A_500/2016 vom 9. Dezember 2016 E. 3.1).


Der vorliegende Sachverhalt ist weitgehend mit dem Sachverhalt vergleichbar, den das Bundesgericht in BGer 4A_500/2016 vom 9. Dezember 2016 zu beurteilen hatte: Dort lud der Schlichter die Parteien am 15. Februar 2016 zu einer Schlichtungsverhandlung vom 17. März 2016. Mit Schreiben vom 16. März 2016 - also einen Tag vor der Verhandlung - teilte der Beauftragte des Gesuchsgegners dem Schlichter mit, dass weder er noch der Gesuchsgegner selbst zur Schlichtungsverhandlung erscheinen würden. Am 17. März 2016 erschien denn auch auf Seiten des Gesuchsgegners niemand zur Verhandlung. Nachdem sich der Gesuchsgegner zu den Gründen seines Fernbleibens geäussert hatte, auferlegte ihm der Schlichter eine Ordnungsbusse. Das Bundesgericht hielt in BGer 4A_500/2016 vom 9. Dezember 2016 fest, dass das ungerechtfertigte Nichterscheinen zur Schlichtungsverhandlung allein den Geschäftsgang nicht störe und hob die Ordnungsbusse auf. Die Ordnungsbusse habe definitionsgemäss Ausnahmecharakter und setze ein qualifiziertes Verhalten voraus. Es müsse im Rahmen des vorliegenden Entscheids nicht bestimmt werden, unter welchen notwendigerweise sehr speziellen Umständen («dans quelles circonstances nécessairement très particulières») eine solche Sanktion denkbar sei. Diese Ausnahmesituation sei im vorliegenden Fall offensichtlich («manifestement») nicht gegeben, zumal der Gesuchsgegner sein Fernbleiben vorgängig korrekt angekündigt habe (BGer 4A_500/2016 vom 9. Dezember 2016 E. 3.1 am Ende und E. 3.2). Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt unterscheidet sich namentlich insofern vom in BGer 4A_500/2016 vom 9. Dezember 2016 beurteilten Sachverhalt, als die Beschwerdeführerin ihr Nichterscheinen vorgängig nicht angekündigt hat. Die Nichtankündigung des Nichterscheinens ändert allerdings nichts daran, dass gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung das Nichterscheinen zur Schlichtungsverhandlung allein den Geschäftsgang noch nicht stört (vgl. oben E. 2.3 erster Absatz) und somit kein qualifiziertes Verhalten darstellt, das eine Ordnungsbusse rechtfertigen könnte.


Als qualifizierenden Umstand nennt die Schlichtungsbehörde in ihrer Stellungnahme, dass sich die Beschwerdeführerin in weiteren zeitnah geführten Verfahren konsequent über die ihr mitgeteilte Pflicht zum persönlichen Erscheinen hinweggesetzt habe (Stellungnahme vom 25. Mai 2021, S. 1). Ob das Nichterscheinen bei weiteren Schlichtungsverhandlungen einen qualifizierenden Umstand darstellt, muss im vorliegenden Fall nicht entschieden werden, da es sich um eine neue Tatsache handelt: In der angefochtenen Verfügung hatte die Schlichtungsbehörde zur Begründung der Ordnungsbusse lediglich angegeben, dass der Beschwerdeführerin die Pflicht zum persönlichen Erscheinen auch aus anderen aktuellen Umständen habe bekannt sein müssen; unerwähnt blieb hingegen der Umstand, dass sie in weiteren Schlichtungsverfahren der Schlichtungsverhandlung ferngeblieben war (Verfügung vom 16. April 2021, S. 2). Bei diesem Umstand, der erst mit der Stellungnahme vom 25. Mai 2021 vorgebracht worden ist, handelt es sich mit anderen Worten um eine neue Tatsache. Diese darf im Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden (Art. 326 ZPO).


Schliesslich vermag die geplante Revision der ZPO - entgegen der Ansicht der Schlichtungsbehörde (Stellungnahme vom 25. Mai 2021, S. 1 f.) - ein Abweichen von der aktuellen Rechtslage nicht zu begründen. Zum einen befindet sich die Revisionsvorlage noch in der Beratung der eidgenössischen Räte und ist die Revision mithin noch nicht endgültig beschlossen. Zum andern widerspräche die Vorwirkung einer noch nicht in Kraft getretenen Revision zugunsten des Staates und zulasten einer privaten Verfahrenspartei - neben dem Gesetzmässigkeitsprinzip - auch dem Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 52 ZPO).


Zusammenfassend ist festzustellen, dass das nicht angekündigte Nichterscheinen der Beschwerdeführerin zur Schlichtungsverhandlung vom 23. März 2021 kein qualifizierendes, den Geschäftsgang störendes Verhalten darstellt, das eine Ordnungsbusse rechtfertigen würde.


3. Klagebewilligung


Die Beschwerdeführerin macht sodann geltend, dass die Klagebewilligung nicht hätte ausgestellt werden dürfen, wenn das persönliche Erscheinen als wichtig erachtet werde. Die Klagebewilligung sei folglich aufzuheben (Beschwerde, S. 2).


Die Erteilung der Klagebewilligung kann gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht mit Beschwerde oder Berufung angefochten werden. Die Gültigkeit der Klagebewilligung ist von demjenigen Gericht zu prüfen, vor dem gestützt auf die Klagebewilligung Klage erhoben wird (BGE 140 III 310 E. 1.3.2 S. 312). Soweit die Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren die Aufhebung der Klagebewilligung verlangt, kann auf die Beschwerde demzufolge nicht eingetreten werden.


Doch selbst wenn in diesem Punkt auf die Beschwerde eingetreten werden könnte, wäre ihr diesbezüglich kein Erfolg beschieden: In E. 2.2 zweiter Absatz wurden die Säumnisfolgen dargelegt, wenn die beklagte Partei nicht zur Schlichtungsverhandlung erscheint: Diesfalls hat die Schlichtungsbehörde so zu verfahren, wie wenn keine Einigung zu Stande gekommen wäre (Art. 206 Abs. 2 ZPO). Wenn es zu keiner Einigung kommt, erteilt die Schlichtungsbehörde in der Regel die Klagebewilligung (Art. 209 Abs. 1 ZPO). Das Ausstellen einer Klagebewilligung setzt voraus, dass ein Schlichtungsversuch gescheitert ist und für die Schlichtungsbehörde weder die Vorlage eines Urteilsvorschlags noch ein Entscheid in Frage kommen (Honegger, in: Sutter-Somm et. al. [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. Auflage, Zürich 2016, Art. 209 N 2). Im vorliegenden Fall kamen angesichts des Streitwerts von über CHF 5'000.- weder ein Urteilsvorschlag (Art. 210 Abs. 1 lit. c ZPO) noch ein Entscheid in Frage (Art. 212 Abs. 1 ZPO). Da sodann der Schlichtungsversuch aufgrund des Nichterscheinens der Beschwerdeführerin scheiterte, stellte die Schlichtungsbehörde B____ zu Recht die Klagebewilligung aus. Es besteht mit anderen Worten kein Grund, die Klagebewilligung aufzuheben.


4. Entscheid und Kosten


Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Ordnungsbussenverfügung (Ziffer 5 der Verfügung vom 23. März 2021 [Rektifikat vom 16. April 2021]) aufzuheben und die Beschwerde in diesem Punkt gutzuheissen ist. Im Übrigen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.


Im Beschwerdeverfahren war in erster Linie die Auferlegung der Ordnungsbusse strittig. Die Erteilung der Klagebewilligung war demgegenüber von untergeordneter Bedeutung. Dass in Bezug auf letzteren Punkt auf die Beschwerde nicht eingetreten wird, fällt daher für den Kostenentscheid nicht ins Gewicht. Die Beschwerdeführerin hat somit gemäss dem Ausgang des Verfahrens keine Gerichtskosten zu tragen (Art. 106 ZPO). Demzufolge wird ihr der geleistete Kostenvorschuss von CHF 200.- zurückerstattet. Dem Antrag der Beschwerdeführerin, ihr eine Parteientschädigung «in der Höhe der Kosten der Rechtsberatung» (Beschwerde, S. 1) bzw. «für die Umtriebe» (Replik, S. 2) zuzusprechen, kann nicht stattgegeben werden, da sie die geltend gemachten Kosten bzw. Umtriebe weder belegt noch begründet hat.



Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Dreiergericht):


://: In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird Ziffer 5 der Verfügung der Schlichtungsstelle des Zivilgerichts vom 23. März 2021 (Rektifikat vom 16. April 2021) (SB.2021.75) aufgehoben. Im Übrigen wird auf die Beschwerde nicht eingetreten.


Für das Beschwerdeverfahren werden keine Gerichtskosten erhoben. Der geleistete Kostenvorschuss in Höhe von CHF 200.- wird zurückerstattet.


Mitteilung an:

- Beschwerdeführerin

- Schlichtungsbehörde des Zivilgerichts Basel-Stadt



APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT


Der Gerichtsschreiber

lic. iur. Johannes Hermann



Rechtsmittelbelehrung


Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 72 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Zivilsachen erhoben werden. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten gilt dies nur dann, wenn der Streitwert die Beschwerdesumme gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. a oder b BGG erreicht (CHF 15'000.- bei Streitigkeiten aus Miete oder Arbeitsverhältnis bzw. CHF 30'000.- in allen übrigen Fällen) oder wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.


Ob an Stelle der Beschwerde in Zivilsachen ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in Zivilsachen als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.



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