XVI. Verwaltungsrechtspflege
vgl. AGVE 2015 31 207ff. 45 Zuständigkeit bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Mitteilungsblatt einer Gemeinde Für Ansprüche aus behaupteter Persönlichkeitsrechtsverletzung in Ge- meindepublikationen mit informellem Charakter sind die Zivilgerichte zuständig, nicht das Verwaltungsgericht. Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 1. Juli 2015 in Sachen A. gegen Einwohnergemeinde B. (WKL.2015.12). Aus den Erwägungen
2.
2.1.
Die Klägerin ersucht um Beseitigung eines persönlichkeits-
rechtswidrigen Zustandes gemäss Art. 28a Abs. 1 Ziffer 2 ZGB so-
wie um vorsorgliche Massnahmen gemäss Art. 261 ff. ZPO, ins-
besondere um superprovisorische Beseitigung einer persönlichkeits-
verletzenden Publikation im Internet (Art. 248 lit. d i.V.m. 262 lit. b
ZPO). Sie stützt sich auf eine privatrechtliche Grundlage ab.
Die ZPO regelt die örtliche und sachliche Zuständigkeit in
streitigen Zivilsachen (Art. 1 lit. a ZPO).
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Zivilsache oder eine
öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegt, ist die Rechtsnatur des
Streitgegenstandes massgeblich, der durch die Klagebegehren und
die klägerischen Sachvorbringen bestimmt wird. Unerheblich ist, ob
die Parteien als Privatpersonen oder staatliche Behörden auftreten
(DOMINIK VOCK/CHRISTOPH NATER, in: KARL SPÜHLER/LUCA TENCHIO/DOMINIK INFANGER [HRSG.] , Basler Kommentar, Schwei- zerische Zivilprozessordnung, 2. Auflage, 2013, Art. 1 N 3 mit
Hinweisen; zu Art. 10 Abs. 1 lit. b ZPO vgl. BERNHARD BERGER, in: Berner Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Schweize-
rische Zivilprozessordnung, Band I, Art. 1-149 ZPO, 2012, Art. 10
N 37).
2.2.
(...)
Nach § 18 Abs. 1 lit. c des Gesetzes über die Einwohnerge-
meinden vom 19. Dezember 1978 (Gemeindegesetz; SAR 171.100)
enthält die Gemeindeordnung Vorschriften über die Art der vorge-
schriebenen Veröffentlichungen (vgl. ANDREAS BAUMANN, Aargaui- sches Gemeinderecht, 3. Auflage, Zürich 2005, S. 498). Gemäss § 7
der Gemeindeordnung der Gemeinde B. werden die im Gemein-
degesetz vorgeschriebenen Veröffentlichungen der Gemeinde in dem
vom Gemeinderat zu bezeichnenden offiziellen Publikationsorgan
veröffentlicht. Die Mitteilungsblätter oder News aus der Gemeinde-
verwaltung können als Newsletter (E-Mail) abonniert werden (Mit-
teilungen aus dem Gemeindehaus). Dabei handelt es sich nicht um
das amtliche Publikationsorgan gemäss Gemeindegesetz.
Die Mitteilungen "News" dienen zu Informationszwecken in
der Gemeinde B.. Aufgrund des Layouts der Mitteilung und deren
Abrufbarkeit auf der Homepage der Gemeinde ist ihr ein gewisser
offizieller Charakter zwar nicht abzusprechen. Die Themen der Mit-
teilungen und ihre Aufmachung zeigen indessen klar ihren informel-
len Charakter (vgl. z.B. Neuanstellung beim Schulsekretariat, Infos
aus der Bibliothek, Altersausfahrt ins Grüne). Sie werden auch als
Mitteilungsplattform für Anlässe und Aktivitäten in der Gemeinde
genutzt. Traktanden der Gemeindeversammlung oder von Baube-
willigungsverfahren finden zwar Erwähnung, indessen wird in diesen
Fällen im amtlichen Publikationsorgan veröffentlicht.
2.3.
Die Mitteilungen fallen zwar grundsätzlich unter das Informati-
onswesen der Behörden (§ 73 Abs. 1 KV; vgl. KURT EICHENBERGER, Verfassung des Kantons Aargau, Textausgabe mit Kommentar, Aarau
1986, § 73 N 1 ff.). Die Klägerin lässt ihre Ansprüche indessen auf
das Privatrecht abstützen, wobei die behauptete Verletzung des Per-
sönlichkeitsrechts nicht in einer amtlichen Publikation erfolgte. Ein
öffentliches Rechtsverhältnis zwischen Gemeinde und Klägerin
konnte durch die informellen Äusserungen in der betreffenden
Mitteilung nicht begründet werden. Die Informationen auf der
Homepage - wie auch deren Betrieb - liegen ausserhalb der hoheitli-
chen Tätigkeit der Gemeindebehörde (Art. 61 Abs. 2 OR).
Die Mitteilungen fallen auch nicht unter die amtlichen Informa-
tionen gemäss § 1 lit. a IDAG. Eine andere gesetzliche Grundlage für
den Bestand oder die Begründung eines öffentlichen Rechtsver-
hältnisses ist nicht ersichtlich.
Die Zivilprozessordnung sieht für Klagen aus Persönlichkeits-
verletzung und damit zusammenhängende vorsorgliche Massnahmen
die Zuständigkeit der Zivilgerichte vor (Art. 20 lit. b und 13 lit. a
ZPO). Diese können unter den gegebenen Umständen die Voraus-
setzungen eines Beseitigungsanspruchs beurteilen (vgl. zum Ganzen:
ANDREAS MEILI, in: HEINRICH HONSELL/NEDIM PETER VOGT/ THOMAS GEISER [HRSG.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, Art. 1-456, 5. Auflage, 2014, Art. 28 N 37; BGE 134 I 229, Erw. 3,
jeweils mit Hinweisen).
Die Zuständigkeit der Zivilgerichte schliesst die Zuständigkeit
des Verwaltungsgerichts aus.