Kanton: | ZH |
Fallnummer: | UH160067 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | III. Strafkammer |
Datum: | 13.05.2016 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Beschlagnahme |
Schlagwörter : | Beschwerde; Beschwerdeführerin; Staatsanwaltschaft; Beschlagnahmt; Beschlagnahmte; Betrag; Gericht; Beschlagnahme; Vermögenswert; Vermögenswerte; Bargeld; Zürich-Sihl; Einstellungsverfügung; Zivilklage; Ziffer; Obergericht; Ansprecher; Kammer; Frist; Schadenszins; Regelung; Beschlagnahmten; Rechtsmittel; Person; Behandlung; Prozessordnung |
Rechtsnorm: | Art. 266 StPO ; Art. 267 StPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar zugewiesen: | Bommer, Goldschmid, Kommentar Schweizerische Strafprozessordnung, 2014 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
III. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: UH160067-O/U/HON
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Th. Meyer, Präsident, Oberrichterin lic. iur.
F. Schorta und Ersatzoberrichter lic. iur. A. Schärer sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. D. Tagmann
Beschluss vom 13. Mai 2016
in Sachen
Beschwerdeführerin
verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.
gegen
Beschwerdegegnerin
betreffend Beschlagnahme
Erwägungen:
Mit Verfügung vom 29. Februar 2016 stellte die Staatsanwaltschaft ZürichSihl ein gegen A. (Beschwerdeführerin) eröffnetes Strafverfahren betreffend Geldwäscherei etc. ein (Urk. 5). Mit Schreiben vom 15. März 2016 wandte sich deren Verteidiger an die zuständige Staatsanwältin und ersuchte unter anderem um Erläuterung von Dispositiv-Ziffer 2 der Verfügung resp. eventuell Behandlung des Schreibens als Beschwerde gegen diesen Punkt (Urk. 3). Die Staatsanwaltschaft leitete das Schreiben am 18. März 2016 zuständigkeitshalber an die III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich weiter (Urk. 2).
Nach entsprechender Fristansetzung liess sich die Staatsanwaltschaft mit Eingabe vom 5. April 2016 vernehmen und reichte gleichzeitig die Untersuchungsakten ein (Urk. 8, Urk. 9). Die Beschwerdeführerin replizierte am 19. April 2016 (Urk. 11). Duplicando teilte die Staatsanwaltschaft am 2. Mai 2016 unter Hinweis auf ein beigelegtes Mailschreiben der B. Bank AG mit, dass diese auf die Einleitung einer Zivilklage verzichte (Urk. 15, Urk. 16). Gleichentags wandte sich auch die Beschwerdeführerin erneut an die III. Strafkammer und ersuchte dringend um Überweisung der beschlagnahmten Gelder, zuzüglich des gesetzlichen Verzugszinses als Schadenszins, auf ihr Konto bei der Raiffeisenbank (Urk. 17). Am 9. Mai 2016 reichte die Staatsanwaltschaft die Verzichtserklärung der B. Bank AG sowie ihre Herausgabeverfügung ein (Urk. 19-21).
In ihrer Einstellungsverfügung vom 29. Februar 2016, Dispositiv-Ziffer 2, verfügte die Staatsanwaltschaft wie folgt (Urk. 5 S. 3):
Der mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 04.01.2016 beschlagnahmte Bargeldbetrag in der Höhe von CHF 18'050.- wird der Beschuldigten herausgegeben, sofern nicht die betroffene B. Bank AG innert einer Frist von 30 Tagen entweder eine von allen Beteiligten unterzeichnete anderslautende Erklärung oder die Bestätigung der Einleitung einer Zivilklage einreicht.
Nachdem die B. Bank AG auf die Einleitung einer Zivilklage verzichtet hat, ist der beschlagnahmte Bargeldbetrag der Beschwerdeführerin ohne weiteres herauszugeben, was von der Staatsanwaltschaft inzwischen so verfügt worden ist (Urk. 21). Das Ziel der Beschwerde, die Herausgabe der zurückbehaltenen
CHF 18'050.-, ist demnach grundsätzlich erreicht. Insofern besteht kein aktuelles Interesse an der Behandlung der Beschwerde mehr; diese ist zufolge Gegenstandslosigkeit als erledigt abzuschreiben.
Die Beschwerdeführerin verlangt nicht nur die unverzügliche Anweisung des beschlagnahmten Betrags, sondern zusätzlich Verzugsresp. Schadenszins aufgrund der unberechtigten Zurückbehaltung des Betrags. In der Beschwerde wird allerdings weder der zusätzlich verlangte Betrag noch der Zinsenlauf näher dargetan (vgl. Urk. 11 S. 2; Urk. 17 S. 2).
Gemäss Art. 266 Abs. 6 StPO und der gestützt darauf erlassenen Verordnung des Bundesrats über die Anlage beschlagnahmter Vermögenswerte vom 3. Dezember 2010 (SR 312.057) sind beschlagnahmte Vermögenswerte möglichst sicher, werterhaltend und ertragsbringend anzulegen; Bargeld im 5000 Franken übersteigenden Betrag ist (u.a.) bei der Staatskasse zu hinterlegen und marktkonform zu verzinsen.
Mit dieser Bestimmung ist sichergestellt, dass der beschlagnahmte Betrag der Beschwerdeführerin zuzüglich allfälliger Zinsen zurückerstattet wird. Soweit sie darüber hinaus Verzugsresp. Schadenszins verlangt, will sie für die ihrer Meinung nach unberechtigte Verlängerung der Beschlagnahme entschädigt werden. Solche Ansprüche richten sich nach Art. 429 ff. StPO und sind demnach bei der Regelung der Kostenund Entschädigungsfolgen zu prüfen.
Die Kostenfolge bei Gegenstandslosigkeit wird in der Strafprozessordnung nicht ausdrücklich geregelt. Es kann darauf abgestellt werden, welche Partei das gegenstandslos gewordene Verfahren veranlasst oder die Gegenstandslosigkeit verursacht hat. Die Regelung kann jedoch auch dem mutmasslichen Prozessaus-
gang folgen (vgl. Domeisen, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], BSK StPO,
2. Aufl. Basel 2014, Art. 428 N 14). Dabei hat keine abschliessende materielle Beurteilung des Rechtsmittels zu erfolgen.
Die Staatsanwaltschaft stützt ihren Entscheid auf Art. 267 Abs. 5 StPO und stellt sich auf den Standpunkt, bei zweifelhafter Rechtslage sei ein beschlagnahmter Vermögenswert dem letztmaligen Besitzer unter Wahrung der Rechte allfällig anderer Ansprecher zuzusprechen. Dem sei mit der Fristansetzung Rechnung getragen worden, damit die B. Bank AG beim Zivilgericht die Ablö- sung der Beschlagnahme durch eine zivilprozessuale vorläufige Sicherstellung verlangen könne (Urk. 8 S. 2).
Die Beschwerdeführerin hält dagegen, dass das beschlagnahmte Bargeld teilweise ihrem leiblichen Sohn und teilweise zum Betriebskapital des Geschäfts ihres Lebenspartners gehöre. Zudem sei zivilrechtlich die vorsorgliche Sicherung einer Geldforderung neben dem Arrest unzulässig, so dass Ziffer 2 der Einstellungsverfügung ohnehin nicht wirksam sein könne (Urk. 11).
Gegenstand der Strafuntersuchung war der Erlös aus dem Verkauf eines gefälschten Goldbarrens (Prägung Vorderseite Gold, 1 Kilo, Prägung Rückseite Facsimile, Gewicht 292 Gramm) an die B. Bank AG für CHF 36'520.-. Davon waren der Beschwerdeführerin angeblich CHF 20'000.- übergeben worden (vgl. Urk. 5 S. 1). Anlässlich einer Hausdurchsuchung bei der Beschwerdeführerin wurden CHF 18'050.- sichergestellt und beschlagnahmt (vgl. Urk. 9/7/10). In der Untersuchung sagte die Beschwerdeführerin aus, sie habe von der Verkäuferin des Goldes lediglich CHF 5'300.- erhalten, die angeblich aus einer Erbschaft stammten (vgl. Urk. 5 S. 2).
3.3 Gemäss Art. 267 Abs. 1 StPO hebt die Staatsanwaltschaft oder das Gericht die Beschlagnahme auf und händigt die Gegenstände oder Vermögenswerte der berechtigten Person aus, wenn der Grund für die Beschlagnahme weggefallen ist. Die Strafbehörde kann Gegenstände oder Vermögenswerte, auf die mehrere Personen Anspruch erheben, nach Art. 267 Abs. 5 StPO einer Person zusprechen
und den übrigen Ansprecherinnen oder Ansprechern Frist zur Anhebung von Zivilklagen setzen.
Die gestützt auf diese Bestimmung ergangene Anordnung der Staatsanwaltschaft ist nicht zu beanstanden. In der Untersuchung war unbestritten, dass die B. Bank AG der Verkäuferin des Goldes den erwähnten Betrag gutgeschrieben und diese der Beschwerdeführerin hernach Bargeld übergeben hatte, selbst wenn die Aussagen bezüglich Betrag und Provenienz des Geldes divergierten (vgl.
Urk. 9/3/1 S. 2; Urk. 9/3/3 S. 3). Es war mithin durchaus denkbar, dass die
B. Bank AG Anspruch auf die beschlagnahmte Summe (oder einen Teil davon) hätte erheben wollen, wobei die Berechtigung dieser Forderung in einem Zivilprozess zu klären gewesen wäre. Im Falle einer Klageanhebung wären die Vermögenswerte im Übrigen bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens beschlagnahmt geblieben und erst nach Massgabe des Prozessausgangs der obsiegenden klagenden resp. beklagten Partei auszuhändigen gewesen (vgl. Bommer/Goldschmid, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], Kommentar Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. Basel 2014, Art. 267 N 20). Die faktische Sicherstellung des beschlagnahmten Geldbetrages zugunsten einer möglichen Ansprecherin ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung in der Strafprozessordnung.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Dispositiv-Ziffer 2 der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 29. Februar 2016 zutreffend auf der Grundlage von Art. 267 StPO ergangen ist; die Verzögerung in der Aufhebung der Beschlagnahme entspricht der gesetzlichen Regelung und ist nicht fehlerhaft. Der von der Beschwerdeführerin eingenommene Standpunkt erweist sich als aussichtslos.
Da die Beschwerdeführerin das vorliegende Beschwerdeverfahren veranlasst hat und die Beschwerde bei materieller Behandlung abzuweisen gewesen wäre, sind ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und ist ihr keine Entschä- digung zuzusprechen (Art. 428 Abs. 1 und Art. 436 i.V.m. Art. 429 ff. StPO). Entsprechend hat sie auch weder Anspruch auf Verzugsnoch auf Schadenszins. Die Gerichtsgebühr ist in Anwendung von § 17 Abs. 1 der Gebührenverordnung des Obergerichts (GebV OG) auf Fr. 600.- festzusetzen.
Es wird beschlossen:
Die Beschwerde wird zufolge Gegenstandslosigkeit als erledigt abgeschrieben.
Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 600.- festgesetzt und der Beschwerdeführerin auferlegt.
Der Beschwerdeführerin wird keine Entschädigung zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an:
Rechtsanwalt Dr. iur. X. , im Doppel, für sich und die Beschwerdeführerin unter Beilage von Kopien der Urk. 15, 16, 19 und 20 (per Gerichtsurkunde)
die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl unter gleichzeitiger Rücksendung der beigezogenen Akten [Urk. 9] und Beilage einer Kopie von Urk. 17 (gegen Empfangsbestätigung)
sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung allfälliger Rechtsmittel an:
die Zentrale Inkassostelle der Gerichte (elektronisch)
Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen. Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Zürich, 13. Mai 2016
Obergericht des Kantons Zürich
III. Strafkammer
Präsident:
lic. iur. Th. Meyer
Gerichtsschreiberin:
lic. iur. D. Tagmann
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