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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB180459
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB180459 vom 04.02.2019 (ZH)
Datum:04.02.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz
Schlagwörter : Schuldig; Schuldigte; Beschuldigte; Schuldigten; Beschuldigten; Instanz; Beruf; Berufung; Verteidigung; Vorinstanz; Spielsucht; Ungen; Landes; Landesverweis; Urteil; Landesverweisung; Schweiz; Gericht; Schulden; Freiheitsstrafe; Interesse; Gericht; Vollzug; Positiv; Amtlich; Härtefall; Amtliche; Berufungsverfahren
Rechtsnorm: Art. 135 StPO ; Art. 20 StGB ; Art. 339 StPO ; Art. 345 StPO ; Art. 391 StPO ; Art. 40 StGB ; Art. 404 StPO ; Art. 42 StGB ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 43 StGB ; Art. 44 StGB ; Art. 45 StGB ; Art. 51 StGB ; Art. 66a StGB ; Art. 66d StGB ; Art. 82 StPO ;
Referenz BGE:116 IV 273; 121 IV 202; 122 II 433; 129 II 215; 133 IV 145; 134 IV 1; 135 IV 87; 136 II 5; 139 I 16; 139 II 121;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB180459-O/U/cwo

Mitwirkend: die Oberrichter Dr. iur. F. Bollinger, Präsident, lic. iur. S. Volken und lic. iur. Ch. Prinz sowie die Gerichtsschreiberin MLaw A. Donatsch

Urteil vom 4. Februar 2019

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

amtlich verteidigt durch Rechtsanwältin lic. iur. X.

gegen

Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland,

vertreten durch Stv. Leitende Staatsanwältin lic. iur. S. Steinhauser,

Anklägerin und Berufungsbeklagte

betreffend qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Bülach, II. Abteilung, vom 17. Juli 2018 (DG180029)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 22. Mai 2018 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 22).

Urteil der Vorinstanz:

(Urk. 57 S. 21 ff.)

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte ist schuldig der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäu- bungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b BetmG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit 28 Monaten Freiheitsstrafe, wovon 220 Tage durch Haft und vorzeitigen Strafvollzug erstanden sind.

  3. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird im Umfang von 18 Monaten aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt. Im Übrigen (10 Monate, abzüglich 220 Tage, die durch Haft und vorzeitigen Strafvollzug erstanden sind) wird die Freiheitsstrafe vollzogen.

  4. Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 66a Abs. 1 lit. o StGB für 5 Jahre des Landes verwiesen.

  5. Es wird die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem angeordnet.

  6. Die folgenden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom

    2. März 2018 beschlagnahmten Gegenstände werden eingezogen und der Bezirksgerichtskasse zur Vernichtung bzw. zur gutscheinenden Verwendung überlassen:

    • 1 Mobiltelefon, iPhone 5s, weiss, inkl. 1 SIM-Karte und Ladegerät (bei den Akten)

    • 1 Mobiltelefon, iPhone, schwarz, inkl. brasilianische SIM-Karte und dazugehöriges Verpackungsmaterial (bei den Akten)

  7. Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 27. März 2018 beschlagnahmten und bei der Kantonspolizei Zürich unter der Asservat-Nr.

    A011'032'818 aufbewahrten 819 Gramm Kokaingemisch werden eingezogen und sind nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils durch die Kantonspolizei Zürich zu vernichten.

  8. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 3'000.-; die weiteren Auslagen betragen: Fr. 2'100.- Gebühr für das Vorverfahren

    Fr. 300.- Auslagen (Gutachten FOR) Fr. 180.- Auslagen (Röntgenaufnahme)

    Fr. 1'020.- Auslagen Polizei (EDV-Datensicherung und

    Mobiltelefonauswertung)

    Fr. 20'000.- amtl. Verteidigungskosten (inkl. MwSt.) Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

  9. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt; davon ausgenommen sind die Kosten der amtlichen Verteidigung, welche einstweilen und unter dem Vorbehalt von Art. 135 Abs. 4 StPO von der Gerichtskasse übernommen werden.

  10. (Mitteilungen)

11. (Rechtsmittel)

Berufungsanträge:

(Prot. II S. 3)

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 78 S. 2)

    1. Dispositivziffer 2 des angefochtenen Urteils sei aufzuheben und mein Mandant sei unter Anrechnung der erstandenen Haft zu einer angemessenen, tieferen Freiheitsstrafe zu verurteilen;

    2. Dispositivziffer 3 des angefochtenen Urteils sei aufzuheben und es sei der Vollzug der gesamten Strafe aufzuschieben, unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren;

    3. Dispositivziffer 4 und 5 des angefochtenen Urteils seien aufzuheben und es sei auf einen Landesverweis und auf die Ausschreibung im SIS zu verzichten;

    4. Unter ausgangsgemässen Kostenund Entschädigungsfolgen (zzgl. MwSt.).

  2. Der Staatsanwaltschaft: (Urk. 66; schriftlich)

    Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils

    Erwägungen:

    1. Prozessuales
  1. Verfahrensgang

    1. Zum Verfahrensgang bis zum vorinstanzlichen Urteil kann zwecks Vermeidung von unnötigen Wiederholungen auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Urk. 57 S. 3 f.; Art. 82 Abs. 4 StPO).

    2. Mit Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 17. Juli 2018 wurde der Be-

      schuldigte A.

      gemäss dem eingangs wiedergegebenen Urteilsdispositiv

      schuldig gesprochen und bestraft. Gegen dieses Urteil liess er innert Frist mit Schreiben vom 17. Juli 2018 Berufung anmelden (Urk. 37). Das begründete Urteil wurde dem Beschuldigten in der Folge am 26. September 2018 zugestellt (Urk. 43), woraufhin die amtliche Verteidigung mit Eingabe vom 15. Oktober 2018 fristgerecht die Berufungserklärung beim hiesigen Gericht einreichte (Urk. 60, 61).

    3. Mit Präsidialverfügung vom 25. Oktober 2018 wurde der Anklagebehörde Frist angesetzt, um Anschlussberufung zu erklären, oder begründet ein Nichteintreten auf die Berufung zu beantragen (Urk. 64). Daraufhin teilte die Anklagebehörde mit Eingabe vom 30. Oktober 2018 mit, sie beantrage die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (Urk. 66). Sodann ersucht die Verteidigung des Be-

      schuldigten mit Eingabe vom 25. Januar 2019 um eine Begutachtung des Beschuldigten (Urk. 70).

    4. Am 4. Februar 2019 fand die Berufungsverhandlung statt, zu welcher der Beschuldigte in Begleitung seiner amtlichen Verteidigerin, Rechtsanwältin lic. iur. X. , erschienen ist (Prot. II S. 3). Vorfragen waren keine zu entscheiden. Hingegen stellt die Verteidigung erneut den Beweisergänzungsantrag, es sei betreffend die Schuldfähigkeit des Beschuldigten zum Tatzeitpunkt eine Begutachtung in Auftrag zu geben (vgl. Ziff. I 3). Abgesehen von der Einvernahme des Beschuldigten (Urk. 76) waren keine Beweise abzunehmen (Prot. II S. 5 f.). Das Urteil erging im Anschluss an die Berufungsverhandlung (Prot. II S. 7 ff.).

  2. Umfang der Berufung

    1. In ihrer Berufungserklärung vom 15. Oktober 2018 beschränkt die amtliche Verteidigung des Beschuldigten die Berufung ausdrücklich auf die Bemessung und die Art des Vollzugs der Strafe (Urteildispositiv-Ziff. 2 und 3) sowie auf die Anordnung der Landesverweisung und deren Ausschreibung im SIS (Urteilsdispositiv-Ziff. 4 und 5; Urk. 60 S. 3).

    2. Dementsprechend ist das vorinstanzliche Urteil in den Dispositiv Ziffern 1 (Schuldpunkt), 6 (Einziehung und Vernichtung von zwei Mobiltelefonen), 7 (Einziehung und Vernichtung von sichergestellten Betäubungsmitteln), 8 (Kostenfestsetzung) und 9 (Kostenauflage) nicht angefochten und damit in Rechtskraft erwachsen, was vorab mittels Beschluss festzustellen ist (Art. 404 Abs. 1 StPO).

    3. Im übrigen Umfang - für den nicht in Rechtskraft erwachsenen und angefochtenen Teil des Urteils - steht das vorinstanzliche Urteil zwecks Überprüfung unter Vorbehalt des Verschlechterungsverbotes (Verbot der reformatio in peius) zur Disposition (Art. 391 Abs. 2 StPO).

  3. Beweisergänzungsantrag der Verteidigung

    1. Die Verteidigung des Beschuldigten beantragt im Rahmen ihres Vorfrageplädoyers eine Rückweisung an die Vorinstanz mit der Anweisung, eine Begut-

      achtung des Beschuldigten in Auftrag zu geben. Eventualiter beantragt sie eine Begutachtung im Rahmen des Berufungsverfahrens (Urk. 75 S. 2). Sie begründet ihre Anträge damit, dass die Spielsucht des Beschuldigten kausal für sein delinquentes Verhalten gewesen sei. Dementsprechend sei ein Gutachten nötig, um die Spielsucht bzw. Schuldfähigkeit des Beschuldigten im Tatzeitpunkt abzuklären. Zum Antrag auf Rückweisung führt sie zudem aus, dieser sei angezeigt, damit zwei Instanzen in voller Kognition aufgrund eines vollständigen Aktenfundaments entscheiden könnten (Urk. 75 S. 2 ff.).

    2. Zuerst ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Anträgen der Verteidigung nicht um Vorfragen im Sinne von Art. 339 Abs. 2 StPO (vgl. G UT/ FINGERHUTH, in: DONATSCH/HANSJAKOB/LIEBER, StPO-Kommentar, 2. Aufl. 2014,

      Art. 339 N 14), sondern um klassische Beweisergänzungsanträge im Sinne von Art. 345 StPO handelt.

    3. Gemäss Art. 20 StGB ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die Begutachtung durch einen Sachverständigen an, sofern ein ernsthafter Anlass besteht, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln. Für den Richter ist entscheidend, ob er nach den Umständen des Falles Zweifel an der Schuldfähigkeit haben sollte. Dabei genügt ernsthafter Anlass zu derartigen Zweifeln. Von einem solchen ernsthaften Anlass ist auszugehen, wenn der Betroffene diesbezüglich in hohem Masse in den Bereich des Abnormen fällt, nicht aber, wenn er nur leicht vom Durchschnitt nicht bloss der Rechts-, sondern auch der Verbrechensgenossen abweicht (D ONATSCH, StGB-Kommentar, 20. Aufl. 2018, Art. 20 N 1;

      BGE 133 IV 145 E. 3.3; BGE 116 IV 273 E. 4).

    4. Der Beschuldigte hat im vorliegenden Verfahren detaillierte Angaben zu seinem problematischen Verhalten im Umgang mit Glücksspielen gemacht. Der

      Psychotherapeut B.

      sodann kommt in seinem Behandlungsbericht vom

      24. Januar 2019 zum Schluss, dass der Beschuldigte im Jahr 2017 spielsüchtig gewesen sei und unter massivem Kontrollverlust gelitten habe (Urk. 72). Des Weiteren sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, welche zweifeln lassen, dass der Beschuldigte im Tatzeitpunkt spielsüchtig war. Dementsprechend gilt als erstellt,

      dass der Beschuldigte an Spielsucht gelitten hat. Dies wurde auch von der Vorinstanz nicht in Abrede gestellt (Urk. 57 S. 11 f.).

    5. Als nächstes ist zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmass diese Spielsucht in einem Zusammenhang mit der Tat steht. Dazu sind vorerst die Aussagen des Beschuldigten im Rahmen der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens zu beleuchten: Anlässlich der ersten polizeilichen Einvernahme vom

      11. Dezember 2017 erzählte der Beschuldigte von seiner finanziellen Not, seine Spielsucht wurde indes nicht erwähnt (Urk. 7/1). Als er anlässlich der Hafteinvernahme vom 11. Dezember 2017 gefragt wurde, wie er in diese Situation gekommen sei, erklärte er, seine finanziellen Probleme seien bekannt gewesen. Er sei dann angefragt worden, ob er Geld verdienen wolle. Das habe er als gute Chance gesehen (Urk. 7/3 S. 2 f.). Auf sein Motiv angesprochen nannte er seine finanzielle Notlage bzw. seine Schulden, welche aus seiner Spielsucht stammen würden. Er habe einfach Geld gebraucht. Er habe nicht gewusst, wie er aus dem finanziellen Ruin hätte herauskommen können. Zudem bejahte er auf entsprechende Frage, dass es seine freie Entscheidung gewesen sei, diesen Transport zu machen (Urk. 7/3 S. 5). Auf seine Spielsucht angesprochen, führte er Details zu seinem Suchtverhalten und den daraus resultierenden Schulden aus (Urk. 7/3

      S. 8). Zum Schluss betonte er seine Reue. Er hätte so viele Schulden gehabt und einfach Geld verdienen wollen, um seine Schulden zurückzuzahlen und seine Spielsucht zu finanzieren (Urk. 7/3 S. 11). Im Rahmen der durch die Staatsanwaltschaft delegierten polizeilichen Einvernahme vom 24. Januar 2018 wurde der Beschuldigte gefragt, was er mit dem Geld gemacht hätte. Der Beschuldigte antwortete, er hätte Schulden abbezahlt, insbesondere die Schulden bei einem bestimmten Kollegen bzw. er hätte dessen Schulden bei der Bank beglichen (Urk. 7/5 S. 10). Als Motiv für den Transport gab er seine Schulden und seine Spielsucht an, aus welcher die Schulden stammen würden (Urk. 7/5 S. 10). In der Einvernahme vom 23. Februar 2018 erwähnte der Beschuldigte erneut seine Geldnot im Tatzeitpunkt (Urk. 7/6 S. 2 f.). Auch anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung wurde der Beschuldigte ausführlich zu seiner Spielsucht befragt (Prot. I S. 9 ff.). Des Weiteren führte er aus, er habe gedacht, er müsse das machen, um seine Schulden abzubezahlen. Er habe extremen Druck von seinem

      Kollegen verspürt, weil dieser betrieben worden sei (Prot. I S. 13). Auf die Frage, was er mit der Belohnung von Fr. 7'000.- gemacht hätte, erklärte er, er habe vorgehabt, einen Teil der Kreditschulden seines Kollegen zu begleichen, und mit den restlichen Fr. 1'000.- bis Fr. 2'000.- hätte er spielen gehen wollen (Prot. I S. 14). Der Druck seines Kollegen sei so gross gewesen, dass er irgendetwas habe tun müssen (Prot. I S. 16). Auch anlässlich der Berufungsverhandlung vom 4. Februar 2019 berichtete der Beschuldigte von seiner Spielsucht. Sie sei der Grund für die Schulden gewesen (Urk. 76 S. 5 ff). Auf die Frage, ob der Beschuldigte von Kreditinstituten unter Druck gesetzt worden sei, bejahte er dies und gab an, der Kollege, welcher für ihn einen Kredit bei einer Bank aufgenommen habe, habe damals einen Zahlungsbefehl erhalten. Er habe ihm diesen gezeigt und gesagt, sie müssten den Kredit zurückbezahlen. Danach sei der Kollege gepfändet worden. Mit dem Geld, das der Beschuldigte für den Scheiss, den er gemacht habe, erhalten hätte, hätte er die Pfändung stoppen wollen (Urk. 76 S. 9). Aus den Aussagen des Beschuldigten wird ersichtlich, dass die vor der Tat bestehende Spielsucht die Ursache für seine Schulden darstellt. Indes wird auch klar, dass das ganz überwiegende Hauptmotiv für die Geldbeschaffung im Zeitpunkt der Tat der Umstand war, dass sein Kollege wegen ihm betrieben worden ist und er diese Betreibung hat stoppen wollen. Lediglich vereinzelt hat er angemerkt, dass er schlussendlich einen Teil der Belohnung habe verspielen wollen. Motivator für die Tat scheint indessen klarerweise der Umstand zu sein, dass er seinem Kollegen, der sich wegen ihm einer Betreibung und Pfändung gegenübersah, helfen wollte.

    6. In den weiteren Akten finden sich überdies keine konkreten Hinweise, die für eine adäquate Kausalität zwischen der Spielsucht des Beschuldigten und seiner hier zu beurteilenden Tat sprechen. Es finden sich keine Anhaltspunkte für die von der Verteidigung geltend gemachte Beschaffungskriminalität. Der Beschuldigte ist sodann auch nicht mehrfach straffällig geworden, um sich Geld zu beschaffen. Es liegt eine einmalige Entgleisung vor, weil er einem Kollegen, der ihn direkt und/oder indirekt dazu gedrängt hat, etwas zurückzahlen hat wollen. Der im Bericht des Psychotherapeuten B. festgehaltene Kontrollverlust ist der Grund für die hohen Schulden des Beschuldigten. Jedoch gibt es auch im Bericht keine Anhaltspunkte betreffend Kausalität zwischen der Spielsucht und dem delinquen-

ten Verhalten. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Feststellung ohne Aktenkenntnisse ohnehin kritisch zu hinterfragen gewesen wäre. Dementsprechend besteht kein Anlass, an der Schuldfähigkeit des Beschuldigten im Zeitpunkt der Delinquenz, welche im Zusammenhang mit seiner damaligen Spielsucht stehen würde, zu zweifeln. Die Beweisanträge der Verteidigung sind gestützt auf diese Erwägungen abzulehnen.

II. Sanktion und Vollzug
  1. Sanktion

    1. Die Vorinstanz hat den Beschuldigten mit einer Freiheitsstrafe von 28 Monaten bestraft (Urk. 57 S. 21). Die Anklagebehörde verlangte im Hauptverfahren eine Sanktion von 28 Monaten Freiheitsstrafe und beantragt nun im Berufungsverfahren die Bestätigung der angefochtenen Strafe (Urk. 32 S. 1, Urk. 66). Die Verteidigung beantragte im Hauptverfahren eine Freiheitsstrafe von maximal 14 Monaten (Urk. 33 S. 2). Im Berufungsverfahren beantragt sie eine angemessene tiefere Freiheitsstrafe. Die Verteidigung begründet ihren Antrag auf Strafreduktion anlässlich der Berufungsverhandlung damit, dass die schwerwiegende Spielsucht des Beschuldigten diesen zu dieser irrationalen, seiner Persönlichkeit entgegenstehenden Tat getrieben habe. Denn er habe die Tat nicht nur begangen, um die Betreibung seines Freundes zu stoppen, sondern er hätte mit einem Teil der Entschädigung auch gezockt. Beim Beschuldigten habe zum Tatzeitpunkt ein massiver Kontrollverlust bestanden, weshalb von einer stark verminderten Schuldfähigkeit und damit von einem sehr geringen Verschulden auszugehen sei. Des Weiteren führt sie aus, die Vorinstanz habe bei der Strafzumessung der Betäubungsmittelmenge zu viel Gewicht gegeben und die untergeordnete, rein ausführende Rolle des Beschuldigten zu wenig berücksichtigt. Zudem sei der Umstand, dass der Beschuldigte nicht aktiv nach einer Möglichkeit im Drogenbusiness gesucht, sondern sich vielmehr absolut passiv verhalten habe, nicht berücksichtigt worden. Subjektiv sei zudem verschuldensmindernd zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte lediglich eventualvorsätzlich sich am Drogentransport beteiligt und ihm das Wissen um die Art der Droge gefehlt habe. Dabei sei er auf-

      grund seiner Spielsucht blind gewesen und habe sich daher nicht weiter darum gesorgt, was er denn überhaupt transportiere. Er habe mit dem (nie erhaltenen) Geld aus dem Transport die Betreibung einer seiner besten Freunde verhindern und mit dem Rest seine Sucht, das Zocken, befriedigen wollen. Dabei müssten sich diese Motive vor dem Hintergrund der pathologischen Verhaltensstörung und der damit einhergehenden, zumindest massiven Einschränkung der Willensfreiheit deutlich strafmildernd auswirken. Schliesslich sei auch bei der Täterkomponente das mustergültige Nachtatverhalten des Beschuldigten nicht berücksichtigt worden. Insbesondere habe sich das Geständnis des Beschuldigten - entgegen der Vorinstanz - in vollem Umfang strafreduzierend auszuwirken. Zudem seien die unglaublichen Anstrengungen des Beschuldigten, sein Leben wieder in den Griff zu kriegen, zu berücksichtigen (Prot. II S. 6; Urk. 78 2 ff.).

    2. Die Vorinstanz hat im Rahmen ihrer Strafzumessung einleitende Erwäg- ungen zum Strafrahmen, zu den allgemeinen Grundsätzen der Strafzumessung sowie zu den besonderen Regeln bei Betäubungsmitteldelikten gemacht (Urk. 57 Ziffern III 1., 2.1 und 2.2.). Weiter hat sie sich unter dem Titel Tatkomponente einlässlich zu den deliktsspezifischen Bemessungskriterien hinsichtlich der objektiven (Urk. 57 Ziffern 2.3.1.1. und 2.3.1.2.) und der subjektiven (Urk. 57 Ziffern

      2.3.2.1 bis 2.3.2.3.) Tatschwere geäussert. Auf all diese zutreffenden Erwägungen, die allesamt im Einklang mit der einschlägigen Lehre und Rechtsprechung stehen, kann zwecks Vermeidung von unnötigen Wiederholungen vorab verwiesen werden (Urk. 57 S. 8 ff.; Art. 82 Abs. 4 StPO). Die Strafe ist vorliegend dementsprechend innerhalb eines Strafrahmens von 1 bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe zu bemessen (Art. 19 Abs. 2 BetmG, Art. 40 StGB).

    3. Tatkomponente

      1. In objektiver Hinsicht ist zunächst festzuhalten, dass der Beschuldigte bei seiner Einreise in die Schweiz, auf dem Luftweg aus São Paulo (Brasilien) via Casablanca (Marokko) herkommend, 819 Gramm Kokaingemisch in 83 Fingerlingen in seinem Magen-Darm-Trakt mit sich geführt hat, wobei dieses einen hohen Reinheitsgehalt von 87 % aufwies. Die vom Beschuldigten zu verantwortende Menge an reinem Kokain betrug damit 717 Gramm und überstieg folglich die vom

        Bundesgericht für die qualifizierte Widerhandlung gegen das BetmG festgesetzte Menge von 18 Gramm Kokain um das rund 40-fache. Mit der Vorinstanz ist nach dem Gesagten erstellt, dass der Beschuldigte durch sein inkriminiertes Verhalten im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr brachte. Die Vorinstanz hat zutreffend erkannt, dass der Beschuldigte ein blosser Kurier war, dem ein einziger Transport nachgewiesen werden kann. Er war so zwar im Konkreten für einen nicht wegzudenkenden - wenn auch letztlich gescheiterten - Teil des Wegs des Kokains von der Herstellung bis zum Endkonsumenten verantwortlich. Seine Funktion als Transporteur stand aber auf einer eher tieferen Stufe der Drogenhandelshierarchie, da er - wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat (Urk. 57 S. 10) - durch das Schlucken der Fingerlinge und die internationale Reise einem erhöhten Gesundheitssowie Verhaftungsrisiko ausgesetzt und lediglich ausführend tätig war. Diese Umstände wirken sich strafmindernd aus.

      2. In subjektiver Hinsicht ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Beschuldigte zumindest eventualvorsätzlich delinquierte. Dabei handelte er aus finanziellen Motiven. Für die Reise wurde ihm eine Belohnung in der Höhe von Fr. 7'000.- in Aussicht gestellt, wobei er zusätzlich für die Flugreisekosten nicht selber aufkommen musste sowie Reisespesen von USD Fr. 1'000.- erhielt. Der Beschuldigte macht zwar nicht geltend, er wäre durch äussere Umstände - etwa infolge einer schweren Bedrängnis oder einer Drohung - in seiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt gewesen, indes bringt er vor, er habe den Transport nicht aktiv gesucht und er habe aus einer finanziellen Not gehandelt, um seine Schulden zu begleichen (Urk. 7/1 S. 2 f.; Urk. 7/3 S. 5; Urk. 7/5 S. 2 ff.; Urk. 7/6 S. 2 ff.; Urk. 14/11 S. Prot. I S. 13 ff.). Diesbezüglich hat die Vorinstanz zutreffend erwogen, dass zwar in Anbetracht der damaligen Spielsucht des Beschuldigten, seiner daraus resultierenden starken Verschuldung sowie der finanziellen Abhängigkeit von seiner Familie, eine gewisse Drucksituation plausibel erscheine. Hier ist indes darauf hinzuweisen, dass - wie bereits ausgeführt (vgl. Ziff. I 3) - keine adäquate Kausalität zwischen der Spielsucht und dem delinquenten Verhalten gegeben ist und dementsprechend - entgegen der Ansicht der Verteidigung - keine Einschränkung der Willensfreiheit gestützt auf die Spielsucht zu attestieren ist. Zu-

        dem muss berücksichtigt werden, dass der Beschuldigte im gleichen Jahr dreimal trotz behaupteter finanzieller Notsituation ohne jeglichen Druck - die erste Reise unternahm er nach eigenen Angaben wegen des Karnevals, die weitern zum Besuch einer Frau, die er bei seinem ersten Aufenthalt kennengelernt hat - nach Brasilien gereist ist und dabei grössere finanzielle Aufwendungen gehabt hat. Für die Reisekosten brauchte er das bei seiner Spielerei gewonnene Geld und machte weitere Schulden bei Kollegen (Urk. 7/5 S. 16; Urk. 7/6 S. 3 f.; Prot. I S. 15; Prot. II S. 9). Auch hat ihn niemand bedrängt oder bedroht. Es erscheint indes nachvollziehbar, dass er seinem Kollegen, der nur seinetwegen gepfändet wurde, unbedingt helfen wollte. Mit der Vorinstanz ist daher diese finanzielle Notlage leicht strafmindernd zu berücksichtigen (Urk. 57 S. 11 f.). Die Spielsucht an sich indes ist im Zusammenhang mit der vorliegend zu beurteilenden Tat lediglich ein Fakt, dem kein relevanter Einfluss auf die Strafzumessung zukommt. Wenn die Vorinstanz des Weiteren erwägt, es müsse mangels gegenteiliger Hinweise davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte nicht um den hohen Reinheitsgrad des Kokains gewusst habe, so ist es zwar möglich, dass er den genauen Reinheitsgehalt nicht kannte. Fraglos nahm der Beschuldigte entgegen der Verteidigung aber zumindest in Kauf, ein grössere Menge Drogen mit einem hohen Reinheitsgehalt zu transportieren. Es ist notorisch und liegt auf der Hand, dass aus den Produktionsländern in Südamerika möglichst - jedenfalls mittels Bodypackern - reine Drogen in die Konsumländer verschickt und diese erst dort gestreckt werden. Es wäre ja völlig widersinnig, für den Schmuggel von Streckmitteln die Kosten und Risiken eines internationalen Drogentransportes auf sich zu nehmen. Zudem ist festzuhalten, dass dem Beschuldigten nicht vorgeworfen werden kann, er habe seine Tat akribisch geplant und - abgesehen vom Schlucken der Fingerlinge - eine hohe kriminelle Energie bei der Umsetzung seines Planes an den Tag gelegt.

      3. Wenn die Vorinstanz im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Tatkomponente resümiert, es sei insgesamt von einem erheblichen Tatverschulden auszugehen, weshalb sich eine Einsatzstrafe von 30 Monaten als angemessen erweise, so kann ihr darin ohne Weiteres beigepflichtet werden.

    4. Täterkomponente

      1. Die Vorinstanz hat die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten und seinen Werdegang in den wesentlichen Punkten korrekt zusammengefasst und wiedergegeben. Darauf ist vorab zu verweisen (Urk. 57 S. 12 ff.; Art. 82 Abs. 4 StPO). Anlässlich der Berufungsverhandlung ergänzte der Beschuldigte zudem, er sei seit Mitte November 2018 wieder erwerbstätig, sei dabei, seine Schulden abzubezahlen und habe sich erfolgreich in eine Therapie zur Bekämpfung seiner Spielsucht begeben. Ausserdem sei er nun wieder bemüht, eine Trainerposition bei den Fussballjunioren des Vereins FC C. zu bekommen. Privat lebe er nach wie vor mit seiner Familie, welche ihm eine grosse Stütze sei. Seit November 2018 habe er eine Freundin (Urk. 76 S. 3 ff.). Die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten wirken sich strafzumessungsneutral aus.

      2. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, weist der Beschuldigte eine Vorstrafe auf (Urk. 57 S. 13 und Urk. 63). Der Beschuldigte wurde mit Strafbefehl vom 1. September 2014 wegen mehrfacher grober Verkehrsregelverletzung sowie einfacher Verkehrsregelverletzung zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 60.- mit einer Probezeit von zwei Jahren sowie einer Busse von Fr. 800.- verurteilt. Der Beschuldigte ist somit zwar vorbestraft, aber nicht einschlägig. Diese Vorstrafe ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung leicht straferhöhend zu berücksichtigen (vgl. BGE 135 IV 87 E. 2 f.).

      3. Wenn die Vorinstanz dem Beschuldigten schliesslich dessen teilweises Geständnis nicht strafmindernd berücksichtigt hat, ist auch dies nicht zu beanstanden. Ein Geständnis fällt nämlich dann strafmindernd ins Gewicht, wenn es auf Einsicht in das begangene Unrecht und Reue schliessen lässt, und wenn der Täter dadurch zur Wahrheitsfindung sowie zur Vereinfachung und Verkürzung des Verfahrens beiträgt (BGE 121 IV 202 E. 2d/aa). Der Beschuldigte zeigte sich zwar hinsichtlich des objektiven Tatbestands geständig, gab aber nicht mehr zu, als ihm aufgrund der in seinem Magen-Darm-Trakt festgestellten Fingerlinge und der forensischen Analyse des dort gefundenen Betäubungsmittels ohnehin hätte nachgewiesen werden können. In subjektiver Hinsicht hingegen war der Beschuldigte uneinsichtig und beharrte zumindest gegen Schluss der Untersuchung da-

        rauf, nicht gewusst zu haben, was er genau transportiert habe (Urk. 7/3 S. 2; Urk. 7/5 S. 2 ff.; Urk. 7/6 S. 2 ff.; Urk. 14/11 S. 2 ff.; Prot. I S. 17; Urk. 76 S. 11 ff.).

      4. Zugute zu halten sind dem Beschuldigten schliesslich die bei der Schlusseinvernahme und vor Gericht bekundete Reue (Urk. 7/6 S. 7; Prot. I S. 21; Prot. II S. 7) sowie ein tadelloses Verhalten im Strafvollzug (Urk. 30), auch wenn Letzteres erwartet werden kann. Der Beschuldigte scheint indes sichtlich bemüht, sein Leben wieder in den Griff zu kriegen. Er hat sich bereits während des Strafvollzugs um einen Therapieplatz für die Behandlung seiner Spielsucht gekümmert und die Therapie auch angetreten. Zudem hat er sich um eine Arbeitsstelle bemüht, was aus diversen aktenkundigen Angeboten für nach seiner Entlassung ersichtlich wird (Urk. 34/1-3; Urk. 72). Anlässlich der Berufungsverhandlung vom

        4. Februar 2019 wurde bekannt, dass der Beschuldigte seine Vorhaben hat umsetzen können. Er ist seit November 2018 wieder erwerbstätig, leistet Ratenzahlungen zur Schuldenabzahlung und scheint seine Spielsucht mit der Therapie tatsächlich in den Griff bekommen zu haben. Diese positive Entwicklung ist dem Beschuldigten zugute zu halten.

      5. Eine zusätzliche Reduktion der Strafe wegen Strafempfindlichkeit ist dem Beschuldigten - mit Verweis auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz (Urk. 57 S. 13 f.) - nicht zuzugestehen.

      6. Bei einer gesamthaften Betrachtung der Täterkomponente zeigt sich, dass

        • mit der Vorinstanz - die Täterkomponente geringfügig bis leicht strafmindernd zu Buche schlägt. Wenn die Vorinstanz unter diesem Titel eine Strafsenkung von 2 Monaten als gerechtfertigt erachtet, so erweist sich dies jedenfalls als vertretbar.

    5. Damit erweist sich die Strafzumessung der Vorinstanz in allen Teilen als korrekt und ist nicht zu beanstanden. Die im angefochtenen Entscheid ausgefällte Freiheitsstrafe von 28 Monaten ist auch im Berufungsverfahren zu bestätigen.

  2. Vollzug

    1. Vorab ist auf die ausführlichen und korrekten theoretischen Ausführungen der Vorinstanz zum Themenkreis des Vollzugs (Art. 42 ff. StGB) zu verweisen (Urk. 57 S. 14 f.; Art. 82 Abs. 4 StPO). Hierzu drängen sich weder Korrekturen, noch Ergänzungen auf.

    2. Wie vorstehend dargetan, ist die vorliegend zu beurteilende Delinquenz des Beschuldigten mit einer Freiheitsstrafe von 28 Monaten zu sanktionieren. Damit steht in objektiver Hinsicht der teilbedingte (Art. 43 StGB) Vollzug zur Debatte. In subjektiver Hinsicht ist festzuhalten, dass die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat (Urk. 57 S. 15 f.), beim nicht einschlägig vorbestraften Beschuldigten werde von Gesetztes wegen (Art. 42 Abs. 1 StGB) eine günstige Prognose vermutet. Aufgrund der konkreten Lebensumstände sowie in Anbetracht dessen, dass einem allfälligen Risiko einer erneuten Delinquenz mit dem Vollzug eines Teils der Freiheitsstrafe genügend Rechnung getragen werde, könne keine ungünstige Prognose gestellt werden. Dem Beschuldigten wurde daher richtigerweise der teilbedingte Vollzug der Freiheitsstrafe gewährt. Von dieser Einschät- zung ist zu Lasten des Beschuldigten schon aus prozessualen Gründen nicht abzuweichen (Art. 43 Abs. 1 StGB; Verbot der reformatio in peius, Art. 391 Abs. 2 StPO). Gleiches gilt für das gesetzlich-minimale Mass der für den aufzuschiebenden Strafteil anzusetzenden Probezeit von 2 Jahren (Art. 44 Abs. 1 StGB).

    3. Bei einer teilweise bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 28 Monaten muss der zu verbüssende Strafteil mindestens sechs Monate betragen (Art. 43 Abs. 3 StGB), darf aber 14 Monate nicht übersteigen (Art. 43 Abs. 2 StGB). Innerhalb dieses Rahmens steht dem Gericht ein erheblicher Ermessensspielraum offen. Bei dessen pflichtgemässer Handhabung muss es aber einerseits die Wahrscheinlichkeit der Legalbewährung des Beschuldigten und anderseits dessen Einzeltatschuld angemessen berücksichtigen (BGE 134 IV 1 E. 5.6; BGE 144

      IV 277 E. 3.1.1; BGE 6B_785/2007 vom 14. Mai 2008, E. 3.1). Wenn die Vor instanz unter diesen Gesichtspunkten - insbesondere unter Berücksichtigung des Einzeltatverschuldens (vgl. Ziff. II 1.3.1 ff.) - zum Schluss kommt, der unbedingt vollziehbare Teil sei auf zwei Drittel über dem gesetzlichen Minimum liegende

      Dauer festzusetzen bzw. die Freiheitsstrafe sei im Umfang von 10 Monaten (abzüglich der erstandenen Haft und vorzeitigen Strafvollzug) zu vollziehen und der Vollzug der restlichen Strafe (18 Monaten) sei aufzuschieben (Urk. 57 S. 16), ist dies nicht zu beanstanden und dementsprechend zu bestätigen.

    4. Der Beschuldigte wurde am 10. Dezember 2017 verhaftet und befand sich bis zum 9. Oktober in Haft bzw. im vorzeitigen Strafvollzug. Der durch ihn unter den verschiedenen Hafttiteln der vorläufigen Festnahme, der Untersuchungshaft sowie des vorzeitigen Strafantritts erstandene Freiheitsentzug von 304 Tagen, ist ihm auf die Strafe anzurechnen (Art. 51 StGB).

  1. Landesverweisung
    1. Die Anklagebehörde hat im Hauptverfahren die Verhängung einer Landesverweisung von 8 Jahren beantragt (Urk. 32 S. 1). Die Verteidigung beantragte, es sei von einer Landesverweisung abzusehen (Urk. 33 S. 2). Die Vorinstanz sprach eine Landesverweisung von 5 Jahren aus (Urk. 57 S. 21).

    2. Im Berufungsverfahren beantragt der appellierende Beschuldigte, es sei keine Landesverweisung anzuordnen (Urk. 60 S. 3, Urk. 78 S. 17 ff.). Zur Begründung führt die Verteidigung im Wesentlichen aus, auch die Vorinstanz sei nach ihren Ausführungen zur Verwurzelung des in der Schweiz geborenen und aufgewachsenen Beschuldigten und zum fehlenden Bezug zu seinem Heimatland zum Schluss gekommen, es liege ein schwerer persönlicher Härtefall vor. Bei der Interessenabwägung habe die Vorinstanz indessen die Spielsucht ausser Acht gelassen. Zudem sei sie - unzutreffender Weise - von einem erheblichen Risiko ausgegangen, dass der Beschuldigte nach dem Strafvollzug keiner Arbeit nachgehen und damit sozialabhängig würde, weshalb sie bei der Interessenabwägung zulasten des Beschuldigten entschieden habe. Bei der Verhältnismässigkeitsprüfung sei zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte ein Ersttäter sei, der sich aufgrund seiner Spielsucht und der daraus resultierenden finanziellen Schwierigkeiten strafbar gemacht habe. Der mehrmonatige Freiheitsentzug und das Wissen, dass bei einer weiteren strafbaren Handlung ohne Zweifel ein Landesverweis ausgesprochen werden würde, werde ihn mit Sicherheit davon abhal-

      ten, erneut straffällig zu werden. Ausserdem spreche auch das mustergültige Nachtatverhalten des Beschuldigten für eine positive Zukunftsprognose. Es sei festzuhalten, dass der Beschuldigte sich nach seiner Entlassung aus der Haft in Therapie begeben, seine Spielsucht unterdessen in den Griff bekommen und von sich aus eine Spielsperre in allen Schweizer Casinos beantragt habe. Die Therapie verlaufe sehr gut. Der Beschuldigte habe grosse Fortschritte gemacht und er habe es geschafft, spielabstinent zu leben. Es bestehe somit nahezu keine Rückfallgefahr. Der Beschuldigte kenne aufgrund seiner Therapie Mittel und Wege, um verhindern zu können, wieder zu spielen. Zudem unterstütze und überwache ihn diesbezüglich auch seine Familie. Des Weiteren habe der Beschuldigte bereits einen Monat nach seiner Entlassung eine feste Stelle als Mitarbeiter in der Kommissionierung bei der D. AG in antreten können. Er habe bereits begonnen, seine Schulden ratenweise abzubezahlen. Aufgrund dieser Bemühungen des Beschuldigten in persönlicher und beruflicher Hinsicht sei davon auszugehen, dass sich der Beschuldigte wohl verhalten werde. Zusammenfassend würden keine begründbaren, öffentlichen Interessen, welche die gewichtigen Interessen des Beschuldigten am Verbleib in der Schweiz überwiegen würden, bleiben. Folglich sei von einer Landesverweisung und der Ausschreibung im Schengener Informationssystem abzusehen (Urk. 78 S. 17 ff.).

    3. Am 1. Oktober 2016 trat die Umsetzungsgesetzgebung zur Ausschaffungsinitiative in Kraft (AS 2016 2329). Wird ein Ausländer wegen einer im Gesetz genannten Katalogtat verurteilt, ist vom zuständigen Strafgericht grundsätzlich immer auch die Anordnung einer obligatorischen Landesverweisung nach Art. 66a StGB oder einer fakultativen Landesverweisung nach Art. 66a bis StGB zu prüfen (vgl. KÜMIN, Darf eine Aufenthaltsbewilligung widerrufen werden, nachdem von einer Landesverweisung abgesehen wurde, in: jusletter vom 28. November

      2016, Rz. 1).

    4. Da der Beschuldigte eines Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig gesprochen wurde (Art. 19 Abs. 2 BetmG), liegt eine Tat gemäss dem Katalog in Art. 66a Abs. 1 (lit. o) StGB vor, was mit der Vorinstanz grundsätzlich obligatorisch zu einer Landesverweisung führen muss (Urk. 57 S. 17).

    5. Das Gericht kann ausnahmsweise von einer Landesverweisung absehen, wenn diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen. Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren und/oder aufgewachsen sind (Art. 66a Abs. 2 StGB). Der Gesetzgeber hat mit seiner Formulierung klar zum Ausdruck gebracht, dass bei Vorliegen einer Anlasstat im Sinne von Art. 66a Abs. 1 StGB in der Regel eine Landesverweisung zu verhängen ist. Ein ausnahmsweises Absehen davon ist

      • mit Ausnahme von Art. 66a Abs. 3 StGB (entschuldbare Notwehr oder entschuldbarer Notstand) - nur dann zulässig, wenn kumulativ zwei Voraussetzungen vorliegen: Ein schwerer persönlicher Härtefall und kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Landesverweisung (Marc Busslinger/Peter Uebersax, Härtefallklausel und migrationsrechtliche Auswirkungen der Landesverweisung, Plädoyer 5/16, S. 96 ff., S. 97 f.).

    6. Bei der Prüfung der Frage, ob im konkreten Einzelfall ein schwerer persönlicher Härtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB vorliegt, sind insbesondere die folgenden Aspekte zu berücksichtigen: Die Anwesenheitsdauer, die familiären Verhältnisse, die Arbeitsund Ausbildungssituation, die Persönlichkeitsentwicklung, der Grad der Integration und die Resozialisierungschancen. Bei sämtlichen Aspekten ist der Fokus einerseits auf die Situation in der Schweiz und andererseits auf die Situation im Heimatland zu legen. Ein schwerer persönlicher Härtefall liegt dann vor, wenn die Summe aller Schwierigkeiten den Betroffenen derart hart trifft, dass ein Verlassen der Schweiz bei objektiver Betrachtung zu einem nicht hinnehmbaren Eingriff in seine Daseinsbedingungen führt. Ob ein schwerer persön- licher Härtefall vorliegt, ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu eruieren. Dabei sind sämtliche härtefallbegründenden Aspekte zu berücksichtigen und zu bewerten (Marcel Brun/Alberto Fabri, die Landesverweisung - neue Aufgaben und Herausforderungen für die Strafjustiz, recht 2017 S. 231 ff., VI. 1.c.aa. mit Verweis u.a. auf Marc Busslinger/Peter Uebersax, a.a.O., S. 101 f.; vgl. auch BGer 6B_209/2018 vom 23. November 2018 E. 3). Alle gegen den Vollzug der Landesverweisung sprechenden Umstände (vgl. Art. 66d StGB) sind bereits im Rahmen

      der Härtefallprüfung zu beachten. Zudem sind die verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Bestimmungen einzuhalten (Marc Busslinger/Peter Uebersax, a.a.O., S. 99).

    7. Die Vorinstanz hat sich einlässlich mit der Härtefallklausel gemäss Abs. 2 von Art. 66a StGB auseinandergesetzt. Sie ist zum Schluss gekommen, dass beim Beschuldigten zwar ein schwerer persönlicher Härtefall vorliege, dass jedoch die öffentlichen Interessen an seinem zeitweiligen Verlassen der Schweiz gegenüber den privaten Interessen des Beschuldigten am Verbleib im Land überwiegen wür- den (Urk. 57 S. 17 ff.).

    8. Der Beschuldigte ist türkischer Staatsangehöriger mit Niederlassungsbewilligung C und ist in der Schweiz geboren sowie aufgewachsen. Er spricht Schweizerdeutsch und Türkisch, Letzteres aber nicht besonders gut, insbesondere fehlen ihm die schriftlichen Sprachkenntnisse. Beruflich hat er eine Berufslehre als Verpackungstechnologe in der Schweiz absolviert und ca. ein Jahr lang auf seinem gelernten Beruf und nachher temporär in verschiedenen Betrieben in der Schweiz gearbeitet. 2015 wurde er arbeitslos. Bis zu seiner Verhaftung im Dezember 2017 ging er keiner Arbeitstätigkeit nach. Die Ausführungen der Verteidigung und die Befragung des Beschuldigten in der Berufungsverhandlung ergeben, dass in der Zwischenzeit eine erfreuliche Entwicklung stattgefunden hat. Der Beschuldigte geht seit November 2018 einer regelmässigen Arbeitstätigkeit nach (vgl. Urk. 77/3 und 77/4). Es ist zudem belegt, dass er bemüht ist, seine Schulden abzubezahlen und die ersten Ratenzahlungen bereits geleistet hat (vgl. Urk. 77/5 und 77/6). Des Weiteren hat er mit der Therapie seine Spielsucht scheinbar erfolgreich bekämpfen können. Der Beschuldigte wohnt nach wie vor zusammen mit seinen Eltern sowie seinen beiden Brüdern und kann sich auf den Rückhalt in der Familie stützen (Urk. 76 S. 2 ff.; Urk. 78 S. 20 ff.). Ausser ferienhalber hat er sich noch nie für längere Zeit in der Türkei aufgehalten. Es ist zusammengefasst festzuhalten, dass der Beschuldigte sein ganzes Leben in der Schweiz verbrachte. Sowohl sein familiäres als auch soziales Beziehungsnetz befindet sich hier. Insoweit ist er sehr gut integriert, auch wenn es ihm über eine gewisse Zeitspanne nicht gelang, beruflich richtig Tritt zu fassen und er aufgrund

      seiner Spielsucht nach wie vor verschuldet ist. Diesbezüglich hat seit dem erstinstanzlichen Urteil - wie bereits ausgeführt - eine positive Entwicklung stattgefunden. Der Beschuldigte ist wieder arbeitstätig und hat bereits die ersten Ratenzahlungen zur Schuldenabzahlung geleistet (Urk. 76 S. 2 ff.; Urk. 78 S. 20 ff.). Dass die Vorinstanz vor diesem Hintergrund zum Schluss gelangte, beim Beschuldigten liege ein schwerer persönlicher Härtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB vor (Urk. 57 S. 17 f.), ist nicht zu beanstanden.

    9. Erst wenn feststeht, dass die Landesverweisung einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde, ist in einem zweiten Schritt das private Interesse an einem Verbleib in der Schweiz dem öffentlichen Interesse an einem Verlassen der Schweiz gegenüberzustellen. Resultiert daraus ein überwiegendes öffentliches Interesse, muss die Landesverweisung verhängt werden (Marc Busslinger/Peter Uebersax, a.a.O., S. 102; Marcel Brun/Alberto Fabri, a.a.O., VI. 1.c). Das private Interesse ist umso höher zu gewichten, je länger der Betroffene in der Schweiz wohnhaft ist, je schwerwiegender die Auswirkungen der Ausweisung auf sein Familienleben sind, je komplizierter sich die Reintegration im Heimatstaat gestaltet und je wahrscheinlicher es zum Scheitern einer Resozialisierung im Heimatland kommen wird. Zweck der Landesverweisung ist indessen die Vereitelung weiterer Delikte durch den Betroffenen in der Schweiz. Ausschlaggebende Kriterien zur Ermittlung der Höhe dieses öffentlichen Interesses sind insbesondere die ausgefällte Strafe, die Art der begangenen Straftaten, eine erhebliche Rückfallgefahr sowie wiederholte respektive erneute Straffälligkeit (Marcel Brun/Alberto Fabri, a.a.O., VI. 1.c.bb; BGE 6B_209/2018 vom 23. November 2018 E. 3.3.2. f.).

    10. Das private Interesse des Beschuldigten, in der Schweiz verbleiben zu kön- nen ist - wie schon zuvor bei der Begründung des Härtefalles dargelegt - als hoch einzustufen. Insbesondere ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte als in der Schweiz geborener und aufgewachsener Ausländer, der einen sehr engen Kontakt zu seiner Familie pflegt, ein erhebliches persön- liches Interesse am Verbleib in der Schweiz hat. Zudem scheint eine Reintegration im Heimatland schwierig, und die Resozialisierung dürfte dort gefährdet sein, wenn der Beschuldigte ohne nähere persönliche Bezugspersonen und in finanziell

      äusserst unsicheren Verhältnissen ganz auf sich allein gestellt wäre. Das private Interesse des Beschuldigten, in seinem sozialen und integrierten Umfeld verbleiben zu können, wiegt somit schwer. Dies gilt umso mehr, als er nun eine Arbeitsstelle gefunden hat und damit in der Arbeitswelt wieder Fuss fassen konnte.

    11. Andererseits ist angesichts der Verurteilung des Beschuldigten zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 28 Monaten wegen des qualifizierten Falls eines Betäubungsmitteldelikts das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Beschuldigten aus der Schweiz als gross zu bewerten. Dabei ist auch zu gewichten, dass den Beschuldigten ein erhebliches Verschulden trifft, wobei er zwar nur einmal, aber eine sehr grosse Menge Kokain in die Schweiz einzuführen versuchte, wodurch die Gesundheit vieler Menschen gefährdet worden wäre. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass sich das Bundesgericht bei Straftaten von Ausländern gegen das Betäubungsmittelgesetz hinsichtlich der Ausweisung zwecks Verhinderung neuer Straftaten zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit grundsätzlich rigoros zeigt und auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und der EuGH, welche die schweizerische Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem FZA beeinflussen, Drogenhandel als schwerwiegende Rechtsgutverletzung sehen (BGE 6B_659/2018 E. 3.4; BGE 2C_387/2017 E. 3.2; BGE 6B_1027/2018 E. 1.5.2; BGE 6B_371/2018 E. 3.3; BGE 2C_831/2016 E. 3.2.1; BGE 2C_406/2014 E. 2.3 und 4.2; BGE 139 I 16 E. 2.2.2; BGE 139 II 121 E. 6.3; BGE

      2C_238/2012 E. 2.3; BGE 136 II 5 E. 4.2; BGE 2A.749/2004 E. 4.1; BGE 130 II

      176 E. 3.4.1; BGE 129 II 215 E. 7.4; BGE 122 II 433 E. 2c). Auch wenn dem Be schuldigten im Rahmen des Strafvollzugs der teilbedinge Vollzug gewährt wurde, muss im Zusammenhang mit der Frage der Landesverweisung eine Prognose zum künftigen Verhalten des Beschuldigten erstellt werden. Positiv wirken sich die zu erwartende abschreckende Wirkung der teilbedingten Strafe von 28 Monaten sowie der Umstand aus, dass sich der Beschuldigte bei neuerlicher Delinquenz kaum mehr auf einen Härtefall würde berufen können. Insbesondere prognosebelastend ist andererseits zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte nach wie vor enorme Spielschulden hat, was nach seinen Angaben zufolge der Auslöser für die Delinquenz gewesen ist (vgl. Ziff. II 1.3. 2). Zudem kann nach jahrelangem problematischem Spielverhalten des Beschuldigten - trotz positiv verlaufender Therapie - der weitere Verlauf seiner Spielsucht nur schwer abgeschätzt werden, wobei darauf hinzuweisen ist, dass Rückfälle praxisgemäss leider keine Seltenheit sind. Die Prognose betreffend das künftige Verhalten des Beschuldigten erscheint vor diesem Hintergrund nicht uneingeschränkt positiv. Andererseits ist zudem zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte - abgesehen von einer Vorstrafe wegen Verletzung der Verkehrsregeln - nicht vorbestraft ist und es sich vorliegend um eine einmalige Entgleisung zu handeln scheint. Der Beschuldigte ist sodann nicht drogenabhängig und die Therapie seiner Spielsucht verläuft bis anhin äusserst positiv. Dazu kommt der Umstand, dass er wieder in der Arbeitswelt Fuss fassen konnte. Es ist auch belegt, dass er bemüht ist, seine Schulden abzubezahlen (Urk. 77/5 und 77/6). Der Beschuldigte ist bemüht, der Öffentlichkeit nicht zur Last zu fallen. Dabei kann er auf grossen Rückhalt in Familie zählen. Aufgrund dieser positive Signale ist wohlwollend dennoch davon auszugehen, dass der Beschuldigte sich zukünftig wohl verhalten wird.

    12. nsgesamt greift der Verlust des Aufenthaltsrechts in der Schweiz sehr tief in die Lebensgestaltung des Beschuldigten ein. Angesichts der konkreten Umstände ist sein Interesse am Verbleib in der Schweiz höher als das öffentliche Interesse an der Ausweisung zu gewichten. Es ist von einer Landesverweisung abzusehen.

  2. Kostenund Entschädigung
  1. Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist auf Fr. 2'500.- festzusetzen.

  2. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO).

  3. Der Beschuldigte obsiegt mit seiner Berufung insofern, als von der Anordnung einer Landesverweisung abgesehen wird. Er unterliegt hingegen mit den Anträ- gen betreffend Strafe und Vollzug. Bei diesem Ausgang des Verfahrens erscheint es als angemessen, dem Beschuldigten ½ der zweitinstanzlichen Gerichtskosten

    aufzuerlegen und die verbleibenden Kosten von ½ auf die Gerichtskasse zu nehmen (Art. 426 Abs. 1 StPO).

  4. Die amtliche Verteidigung des Beschuldigten reichte im Berufungsverfahren eine Honorarnote für ihren Aufwand sowie Barauslagen ein und stellte einen Betrag von Fr. 14'857.50 in Rechnung (Urk. 74).

    1. Die Entschädigung für die anwaltliche Verteidigung bestimmt sich grundsätzlich nach der Verordnung über die Anwaltsgebühren vom 8. September 2010 (Anwaltsgebührenverordnung; LS 215.3; vgl. auch § 1 AnwGebV; Art. 135 Abs. 1 StPO). Gemäss § 1 Abs. 2 AnwGebV setzt sich die Entschädigung aus der Gebühr und den notwendigen Auslagen zusammen. Die Gebühr für die Führung eines Strafprozesses (einschliesslich Vorbereitung des Parteivortrages und Teilnahme an der Hauptverhandlung) beträgt im Bereich der Zuständigkeit des Bezirksgerichts - auch im Berufungsverfahren - in der Regel Fr. 1'000.- bis Fr. 28'000.-, wobei auch zu berücksichtigen ist, ob das vorinstanzliche Urteil ganz oder nur teilweise angefochten wurde (§ 18 Abs. 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 lit. b AnwGebV). Innerhalb dieses Rahmens wird die Grundgebühr nach den besonderen Umständen, namentlich etwa nach Art und Umfang der Bemühungen und Schwierigkeiten des Falles, bemessen.

    2. Gemäss Praxis ist bei so genannten einfachen Standardverfahren von den in der Anwaltsgebührenverordnung angeführten Ansätzen auszugehen. Die Anwaltsgebührenverordnung ist jedoch so auszulegen, dass die Kosten der Verteidigung - zumindest weitestgehend - gedeckt sind.

    3. Bei der Festsetzung der Entschädigung der Verteidiger ist daher primär zu beurteilen, ob es sich vorliegend um ein so genanntes einfaches Standardverfahren handelt. Dies beurteilt sich nach folgenden Kriterien: Aktenumfang, Komplexität und Schwierigkeit des Falles (sowohl in tatsächlicher als auch rechtlicher Hinsicht), Bedeutung des Verfahrens für die betroffene Person und Anzahl der angeklagten und zu beurteilenden Delikte (Urteil des Bundesgerichts 6B_336/2014 vom 6. Februar 2015 E. 2.2 ff.; ZR 111 [2012] Nr. 16 mit Verweis auf Beschlüsse

      des Kassationsgerichtes AC040089 vom 23. Dezember 2004, E. II.3c, und AC070031 vom 11. Juli 2008, E. 4.5).

    4. Vorliegend ist der Umfang der Akten gering und im Berufungsverfahren ist nur noch eine kleine Anzahl relevanter Aktenstücke dazugekommen. Moniert wurde im Berufungsverfahren explizit nur die Bemessung und Art der Strafe sowie der Landesverweisentscheid (vgl. Urk. 60). Sodann wurde eine Berufungsverhandlung durchgeführt (Prot. II S. 3 ff.), wobei die Staatsanwaltschaft sich hat dispensieren lassen und lediglich die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils beantragte (Urk. 66). Die amtliche Verteidigung hatte sich deshalb nicht mit neuen Argumenten der Staatsanwaltschaft auseinanderzusetzen. Ferner ging es um ein einziges Delikt, welches zu beurteilen war. In Würdigung der gesamten Umstände handelte es sich beim vorliegenden Verfahren sowohl in qualitativer als auch quantitativer Hinsicht nicht um ein besonders schwieriges und aufwändiges Verfahren, sondern um ein Standardverfahren im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung. Deshalb ist bei der Bemessung der Entschädigung für den Verteidiger grundsätzlich von den in der Anwaltsgebührenverordnung angeführten Ansätzen auszugehen.

    5. Die Grundgebühr umfasst die gewöhnlichen, d.h. regelmässig anfallenden Bemühungen des Verteidigers im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens sowie der Vorbereitung für dieses. Dazu zählen im Berufungsverfahren namentlich eine Besprechung mit dem Beschuldigten, das Aktenstudium, die Vorbereitung und Teilnahme an der Berufungsverhandlung (inkl. Verfassen des Plädoyers) sowie das Studium des Berufungsurteils (ZR 111 [2012] Nr. 15 E. 2.3.1.; ZR 101 [2002] Nr. 19 E. 3b).

    6. In Erwägung all dieser Umstände erscheint in Anwendung von § 18 Abs. 1

      i.V.m. § 17 Abs. 1 lit. a AnwGebV für die Verteidigung für das Berufungsverfahren eine gesamthafte Gebühr von Fr. 6'000.- inklusive Auslagen und Mehrwertsteuer als angemessen.

  5. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden zu ½ einstweilen und zu ½ definitiv auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des

Beschuldigten bleibt im Umfang von ½ dieser Kosten gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 17. Juli 2018 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:

    Es wird erkannt:

    1. Der Beschuldigte ist schuldig der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b BetmG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG.

2. - 5. ( )

  1. Die folgenden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom

    2. März 2018 beschlagnahmten Gegenstände werden eingezogen und der Bezirksgerichtskasse zur Vernichtung bzw. zur gutscheinenden Verwendung überlassen:

    • 1 Mobiltelefon, iPhone 5s, weiss, inkl. 1 SIM-Karte und Ladegerät (bei den Akten)

    • 1 Mobiltelefon, iPhone, schwarz, inkl. brasilianische SIM-Karte und dazugehöriges Verpackungsmaterial (bei den Akten)

  2. Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 27. März 2018 beschlagnahmten und bei der Kantonspolizei Zürich unter der AsservatNr. A011'032'818 aufbewahrten 819 Gramm Kokaingemisch werden eingezogen und sind nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils durch die Kantonspolizei Zürich zu vernichten.

  3. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 1'020.- Auslagen Polizei (EDV-Datensicherung und

    Mobiltelefonauswertung)

    Fr. 20'000.- amtl. Verteidigungskosten (inkl. MwSt.) Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

  4. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt; davon ausgenommen sind die Kosten der amtlichen Verteidigung, welche einstweilen und unter dem Vorbehalt von Art. 135 Abs. 4 StPO von der Gerichtskasse übernommen werden.

  5. (Mitteilungen)

  6. (Rechtsmittel)

2. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte wird bestraft mit 28 Monaten Freiheitsstrafe, wovon 304 Tage durch Untersuchungshaft sowie vorzeitigen Strafvollzug erstanden sind.

  2. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird im Umfang von 18 Monaten aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt. Im Übrigen (10 Monate,

    welche durch Untersuchungshaft und vorzeitigen Strafvollzug bereits erstanden sind) wird die Freiheitsstrafe vollzogen.

  3. Von der Anordnung einer Landesverweisung wird abgesehen.

  4. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 2'500.00 ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 6'000.00 amtliche Verteidigung

  5. Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, werden zu ½ dem Beschuldigten auferlegt und zu ½ auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden zu ½ einstweilen und zu ½ definitiv auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten bleibt im Umfang von ½ dieser Kosten gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.

  6. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland (versandt) sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland

    • das Bundesamt für Polizei

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich

    • die KOST Zürich mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Bestimmung der Vernichtungsund Löschungsdaten

    • die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A.

  7. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer Zürich, 4. Februar 2019

Der Präsident:

Dr. iur. F. Bollinger

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw A. Donatsch

Zur Beachtung:

Der/die Verurteilte wird auf die Folgen der Nichtbewährung während der Probezeit aufmerksam gemacht:

Wurde der Vollzug einer Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben, muss sie vorerst nicht bezahlt werden. Bewährt sich der/die Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit, muss er/sie die Geldstrafe definitiv nicht mehr bezahlen (Art. 45 StGB); Analoges gilt für die bedingte Freiheitsstrafe.

Eine bedingte Strafe bzw. der bedingte Teil einer Strafe kann im Übrigen vollzogen werden (Art. 46 Abs. 1 bzw. Abs. 4 StGB),

  • wenn der/die Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen begeht,

  • wenn der/die Verurteilte sich der Bewährungshilfe entzieht oder die Weisungen missachtet.

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