Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB180352 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 26.06.2019 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_1108/2019 |
Leitsatz/Stichwort: | Sachentziehung |
Schlagwörter : | Schuldig; Beschuldigte; Kleider; Geschädigte; Beschuldigten; Vorinstanz; Schädigten; Sauna; Geschädigten; Berufung; Anklage; Kleidern; Urteil; Verteidigung; Sachen; Sachentziehung; Nachteil; Staatsanwaltschaft; Sachverhalt; Geldstrafe; Haufen; Recht; Verfahren; Aussage; Beweis; Erwiesen; Verlassen |
Rechtsnorm: | Art. 139 StPO ; Art. 141 StGB ; Art. 181 StGB ; Art. 197 StGB ; Art. 2 StGB ; Art. 31 StGB ; Art. 391 StPO ; Art. 400 StPO ; Art. 44 StGB ; Art. 45 StGB ; Art. 49 StGB ; Art. 82 StPO ; |
Referenz BGE: | 126 I 19; 133 IV 235; |
Kommentar zugewiesen: | Donatsch, Kommentar zum StGB, 2018 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
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Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB180352-O/U/cwo
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. R. Naef, Präsident, lic. iur. B. Gut und die Oberrichterin lic. iur. R. Affolter sowie die Gerichtsschreiberin MLaw T. Künzle
Urteil vom 26. Juni 2019
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
vertreten durch Staatsanwältin lic. iur. P. Brunner,
Anklägerin und Berufungsbeklagte betreffend Sachentziehung
Anklage:
Der Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 8. September 2017 (act. 15) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 45 S. 30 f.)
Es wird erkannt:
Der Beschuldige ist schuldig der Sachentziehung im Sinne von Art. 141 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 160.-.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:
Fr. 1'600.-; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 800.- Gebühr für das Vorverfahren Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten zu zwei Drittel auferlegt und zu einem Drittel auf die Staatskasse genommen.
Dem Beschuldigten wird eine reduzierte Prozessentschädigung für anwaltliche Vertretung von Fr. 1'425.60 (inkl. MwSt) zugesprochen.
Mitteilungen
Rechtsmittel
Berufungsanträge:
(Prot. II S. 8)
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 67 S. 2)
In Gutheissung der Berufung sei das Urteil des Bezirksgerichts Zürich,
Abteilung, Einzelgericht, vom 30. Mai 2018 (GB180006-L) aufzuheben und der Beschuldigte freizusprechen;
2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen für das Erstinstanzliche und das Berufungsverfahren zzgl. 8 % bzw. 7.7 % MWST;
Der Staatsanwaltschaft:
(Urk. 72; schriftlich und sinngemäss) Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
Erwägungen:
Prozessuales / Prozessgeschichte
Verfahrensgang
Zum Verfahrensgang bis zum vorinstanzlichen Urteil kann zwecks Vermeidung von unnötigen Wiederholungen auf die Erwägungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Urk. 45 S. 3 ff.).
Gegen das vorstehend wiedergegebene mündlich eröffnete Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 30. Mai 2018 (Prot. I S. 11) liess der Beschuldigte durch seine Verteidigung am 31. Mai 2018 (Datum Poststempel) fristgerecht Berufung anmelden (Urk. 40). Nach Zustellung des begründeten Urteils am 14. August 2018 (Urk. 44/2) reichte die Verteidigung mit Eingabe vom 31. August 2018 (Urk. 49) - ebenfalls fristgerecht - dem Obergericht die Berufungserklärung ein
und stellte Beweisanträge. Mit Präsidialverfügung vom 4. September 2018 wurde die Berufungserklärung in Anwendung von Art. 400 Abs. 2 und 3 StPO der Staatsanwaltschaft zugestellt, um gegebenenfalls Anschlussberufung zu erheben oder ein Nichteintreten auf die Berufung zu beantragen und gleichzeitig Frist angesetzt, um Stellung zu den Beweisanträgen des Beschuldigten zu nehmen (Urk. 51). Innert Frist erklärte die Staatsanwaltschaft, auf eine Anschlussberufung zu verzichten, beantragte die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils und die Abweisung der Beweisanträge des Beschuldigten (Urk. 53). Mit Präsidialverfügung vom 10. Oktober 2018 wurden die Beweisanträge des Beschuldigten abgewiesen (Urk. 54). Mit Eingabe vom 8. November 2018 liess der Beschuldigte um Durchführung des schriftlichen Verfahrens ersuchen (Urk. 56). Mit Präsidialverfügung vom 21. November 2018 wurde das schriftliche Berufungsverfahren
im Einverständnis mit der Staatsanwaltschaft - angeordnet (Urk. 60 und 61). Gleichzeitig wurde dem Beschuldigten Frist zur Erstattung der Berufungsbegrün- dung und zur Stellung von Beweisanträgen angesetzt (Urk. 61). Mit Eingabe vom
11. Februar 2019 ging die schriftliche Berufungsbegründung innert Frist ein. Zudem liess der Beschuldigte im Sinne von Beweisanträgen beantragen, dass er mit allen Belastungszeugen, insbesondere mit der Geschädigten B. , zu konfrontieren und ihm die Gelegenheit zu geben sei, ihr/ihnen Ergänzungsfragen zur
Sache zustellen, sowie dass C.
als Zeugin zu befragen sei (Urk. 67). Mit
Eingabe vom 18. Februar 2019 verzichtete die Staatsanwaltschaft innert Frist auf Erstattung einer Berufungsantwort und Stellungnahme zu den Beweisanträgen des Beschuldigen (Urk. 72). Die Vorinstanz verzichtete ebenfalls ausdrücklich am
20. Februar 2019 auf eine Vernehmlassung (Urk. 74). Mit Eingabe vom 24. April 2019 reichte der Verteidiger des Beschuldigten seine Honorarnote für das vorliegende Berufungsverfahren ins Recht (Urk. 78).
Umfang der Berufung
Der Beschuldigte ficht das vorinstanzliche Urteil vollumfänglich an (Urk. 67 S. 2), weshalb der angefochtene Entscheid im Rahmen des Berufungsverfahrens unter Vorbehalt des Verschlechterungsverbotes gesamthaft zur Disposition steht (Art. 391 Abs. 2 StPO).
Strafantrag / Einstellung
Der Beschuldigte wurde von der Vorinstanz der Sachentziehung im Sinne von Art. 141 StGB schuldig gesprochen. Dabei handelt es sich um ein Antragsdelikt, weshalb ein gültiger Strafantrag eine Prozessvoraussetzung darstellt. Die Geschädigte B. hat am 4. Dezember 2016, mithin einen Tag nach dem inkriminierten Vorfall vom 3. Dezember 2016, und damit innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Monaten (Art. 31 StGB) einen Strafantrag wegen sexueller Belästigung / Sachentziehung gegen den Beschuldigten gestellt (Urk. 2), weshalb die Prozessvoraussetzung erfüllt ist (vgl. so auch die Vorinstanz in Urk. 45 S. 5).
Die Vorinstanz hat sich ausführlich mit dem Einwand der Verteidigung in der Hauptverhandlung auseinandergesetzt, dass mit der Einstellungsverfügung vom
8. September 2017 betreffend die Vorwürfe der sexuellen Nötigung und sexuellen Belästigung auch der inkriminierte Sachverhalt (Vorwurf der Sachentziehung) nicht mehr verfolgt werden dürfe. Auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz kann vollumfänglich verwiesen werden (Urk. 45 S. 9 ff.), zumal die Verteidigung dagegen im Berufungsverfahren ohnehin nicht mehr opponiert.
Anklagegrundsatz
Die Verteidigung rügt im Hauptund Berufungsverfahren die Verletzung des Anklagegrundsatzes. Entgegen dem Dafürhalten der Vorinstanz umschreibe die Anklage nur den ersten Teil des Straftatbestandes der Sachentziehung, namentlich das Entziehen einer beweglichen Sache. Der Taterfolg, in concreto das Zufügen eines erheblichen Nachteils, und die dazugehörige Absicht des Beschuldigten, seien in der Anklageschrift hingegen nicht erwähnt (Urk. 67 Rz. 4.5 f.).
Für die theoretischen Ausführungen zum Anklagegrundsatz kann vorab
um unnötige Wiederholungen zu vermeiden - auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 42 S. 6 ff.; vgl. dazu auch die Neuauflagen der Werke SCHMID/JOSITSCH, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts,
3. Aufl., Zürich/St. Gallen 2019, N 209 und N 1267 ff.; SCHMID/JOSITSCH, StPO
Praxiskommentar, 3. Aufl., Zürich/St. Gallen 2018, Art. 9 N 1 ff., Art. 325 N 7 ff.).
Die Anklage hat die der beschuldigten Person zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe in objektiver und subjektiver Hinsicht genügend konkretisiert sind. Die Anklageschrift bezeichnet insbesondere möglichst kurz, aber genau: die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten mit Beschreibung von Ort, Datum, Zeit, Art und Folgen der Tatausführung (Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO). Das Anklageprinzip bezweckt zugleich den Schutz der Verteidigungsrechte der beschuldigten Person und dient dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Informationsfunktion; BGE 133 IV 235 E. 6.2 f. mit Hinweisen). Entscheidend ist, dass der Angeklagte genau weiss, was ihm konkret vorgeworfen wird, damit er seine Verteidigungsrechte angemessen ausüben kann (BGE 126 I 19 E. 2a S. 21). Ungenauigkeiten in den Ortund Zeitangaben sind solange nicht von entscheidender Bedeutung, als für die beschuldigte Person keine Zweifel darüber bestehen können, welches Verhalten ihr vorgeworfen wird (Urteile 6B_1121/2013 vom 6. Mai 2014 E. 3.2, 6B_210/2013 vom 13. Januar
2014 E. 1.2 und 6B_441/2013 vom 4. November 2013 E. 3.2; je mit Hinweisen). Allgemein gilt, je gravierender die Vorwürfe, desto höhere Anforderungen sind an das Akkusationsprinzip zu stellen (Urteile 6B_432/2011 vom 26. Oktober 2011
E. 2.2 und 6B_899/2010 vom 10. Januar 2011 E. 2.4). Es dürfen hingegen keine überspitzt formalistischen Anforderungen an die Anklageschrift gestellt werden. Die Anklageschrift ist kein Urteil (Urteil 6B_799/2014 vom 11. Dezember 2014
E. 1.4.2). Die Strafbehörden haben schliesslich das Recht von Amtes wegen anzuwenden. Der Anklagegrundsatz gilt deshalb für die rechtliche Würdigung der angeklagten Lebensvorgänge durch die Anklagebehörde nicht (iura novit curia, SCHMID/JOSITSCH, Handbuch, a.a.O., N 212).
Dem Beschuldigten wird vorliegend vorgeworfen, am 3. Dezember 2016,
zwischen ca. 18.00 Uhr bis 20.30 Uhr, im D.
an der
-strasse in Zürich die Kleider der Geschädigten B.
nach
einem gemeinsamen Saunabesuch versteckt und ihr die Kleider trotz ihrer mehrfachen Bitte nicht mehr zurückgegeben zu haben. Der Beschuldigte habe die Kleider nicht für sich behalten, sondern es sei ihm einzig und allein darum gegangen, das Eigentum der Geschädigten vorzuenthalten (Urk. 15 S. 2 f.).
Aufgrund dieser Umschreibung des Tatvorwurfs muss dem Beschuldigten in zeitlicher, örtlicher und inhaltlicher Hinsicht klar sein, was ihm die Staatsanwaltschaft zur Last legt. Entgegen den Ausführungen der Verteidigung ist in diesem Anklagevorwurf auch ein Nachteil mitumschrieben, den der Beschuldigte der Geschä-
digte B.
durch das Verstecken der Kleider zugefügt haben soll. Die Geschädigte B. habe den Beschuldigten mehrfach aufgefordert, ihr die Kleider zurückzugeben. Indem der Beschuldigte dieser Bitte wiederholt nicht nachgekommen sei, lässt sich ohne Weiteres folgern, dass B. gezwungen worden sei, sich in den Räumlichkeiten des D. _s ohne Kleider aufzuhalten. Es versteht sich von selbst, dass die Geschädigte die Lokalität ohne Kleider nicht verlassen konnte. Aufgrund der Formulierung, der Beschuldigte habe die Kleider trotz mehrfacher Bitte nicht zurückgegeben, wird zudem deutlich gemacht, dass das Verbleiben ohne Kleider in der erwähnten Räumlichkeit nicht dem Willen der Geschädigten entsprach. Aus der Schilderung dieser Umstände kann auch darauf geschlossen werden, dass die Zufügung dieses Nachteils - Verbleib im D. ohne Kleider - vom Vorsatz des Beschuldigten mitgetragen wurde, zumal ihm dies aufgrund der mehrfachen Bitte der Geschädigten, ihr die Kleider zurückzugegeben, klar sein musste. Die Anklageschrift ist mithin als Gesamtes im Lichte der übrigen Akten auszulegen. Ob es sich beim zugefügten Nachteil um einen erheblichen Nachteil im Sinne der Tatbestandes der Sachentziehung handelt, ist hingegen, wie die Vorinstanz ebenfalls richtig erkannt hat, eine Rechtsfrage.
Die Anklageschrift genügt nach dem Gesagten den Anforderungen des Anklagegrundsatzes. Der Beschuldigte wusste ohne Weiteres, was ihm zur Last gelegt wird und worin der Nachteil, den er durch das Verstecken der Kleider der Ge-
schädigten B.
zugefügt habe, bestehen soll. Die Geschädigte B.
musste sich gemäss Anklagebehörde entgegen ihrem gegenüber dem Beschuldigten mehrfach bekundeten Willen nach dem gemeinsamen Saunabesuch für eine gewisse Zeit ohne ihre Kleider im D. aufhalten, zumal sie ohne Kleidung die Lokalität nicht verlassen konnte.
Formelles
Soweit für die tatsächliche und die rechtliche Würdigung des eingeklagten Sachverhaltes auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen wird, so erfolgt dies in Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO, auch ohne dass dies jeweils explizit Erwähnung findet.
Im Übrigen ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass sich die urteilende Instanz nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen muss (BGE 141 IV 249
E. 1.3.1 mit Hinweisen). Die Berufungsinstanz kann sich somit auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken.
II. Schuldpunkt
Sachverhalt und Parteistandpunkte
Dem Beschuldigten wird das einleitend umschriebene Verhalten zur Last gelegt. Der Beschuldigte hielt anlässlich seiner ersten Befragung vom 26. Januar 2017 im Sinne seiner Sachdarstellung zum Vorfall vom 3. Dezember 2016 am Abend, ca. 18.00 Uhr, zusammengefasst fest, dass er und C. (seine Freundin und zudem Halbschwester der Geschädigten) nach dem ersten Saunagang
bewusst die Kleider der Geschädigten B. , C.
und ihm in einen
Schrank unter dem Lavabo im Saunaraum getan hätten, wobei man diesen Schrank mit den Händen hätte aufziehen können, was die Geschädigte dann auch gemacht habe. Während den Saunagängen seien die Geschädigte und E. immer wieder reingekommen und hätten nach den Kleidern gefragt und diese gesucht. Nach etwa rund einer halben Stunde habe die Geschädigte den erwähnten Unterschrank aufgezerrt und seine Schlüssel gefunden. Die Kleider habe sie übersehen, was C. und ihn etwas amüsiert, aber auch verwundert habe. Er schätze, die Geschädigte habe etwas 30 bis 45 Minuten nach den Kleidern gesucht. Dabei habe sie immer das gleiche Badetuch an gehabt. Er und C. hätten einfach den ganzen Haufen an Kleidern genommen und in den Schrank getan, damit die Geschädigte und E. nicht hätten abhauen können. Er habe nichts gesagt, als die Geschädigte ihn nach den Kleidern gefragt habe.
Er und C. hätten sich nicht vorschreiben lassen wollen, wann sie hätten gehen müssen. Es stimme, dass die Geschädigte und E. hätten gehen wollen. Er und C. seien der Auffassung gewesen, dass sich die Geschädigte und E. an ihre Vorgaben halten müssten, da die Geschädigte unbedingt nach Zürich und in die Sauna gewollt habe. Er schätze, die Geschädigte habe die Tanzschule zwischen 20.00 bis 20.30 Uhr verlassen, wobei sie dann die Kleider seiner Schwester getragen habe (zum Ganzen Urk. 6; und ausführlich nochmals hernach unter Ziffer 1.7).
An der Einvernahme bei der Staatsanwaltschaft vom 12. Januar 2018 hat der Beschuldigte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht (Urk. 21). An der Hauptverhandlung vom 30. Mai 2018 machte der Beschuldigte ebenfalls keine Aussagen mehr zur Sache (Urk. 36 S. 6 ff.).
Die Verteidigung bringt zunächst vor, die Aussagen des Beschuldigten anlässlich der Befragung vom 26. Januar 2017 seien nicht verwertbar, da dem Beschuldigten zu Beginn der Einvernahme kein tatrespektiver Vorhalt im Sinne von Art. 158 Abs. 1 lit. a StPO gemacht worden sei. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz habe der Beschuldigte keineswegs ein Geständnis abgegeben. In der Einvernahme vom 26. Januar 2017 sei dem Beschuldigten überhaupt kein Sachverhalt vorgehalten worden. Der Beschuldigte sei auch nicht in allgemeiner Weise und nach dem aktuellen Verfahrensstand darüber aufgeklärt worden, was ihm
mit Blick auf die eingangs vorgehaltenen Tatbestände der sexuellen Belästigung
/ Sachentziehung - genau vorgeworfen werde (Urk. 67 Rz. 14 ff.).
Gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. a StPO ist die beschuldigte Person zu Beginn der ersten Einvernahme darauf hinzuweisen, dass gegen sie ein Vorverfahren eingeleitet worden ist und welche Straftaten Gegenstand des Verfahrens bilden. Erforderlich ist, dass der Beschuldigte in allgemeiner Weise aufgeklärt wird, welches Delikt ihm zur Last gelegt wird. Vorzuhalten sind folglich die äusseren Umstände der Straftat hinsichtlich Ort, Zeit und Tatumstände. Die Orientierungspflicht hat so konkret zu erfolgen, dass der Beschuldigte den gegen ihn gerichteten Vorwurf erfassen und sich entsprechend verteidigen kann (SCHMID/JOSITSCH, StPO Praxiskommentar, a.a.O., Art. 158 N 8). Ob die Information genügend war, bemisst sich daran, ob die beschuldigte Person sich gegen die konkreten Tatvorwür- fe wehren konnte (BSK StPO I-RUCKSTUHL, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 158 N 22b).
Vorliegend wurde dem Beschuldigten zu Beginn der polizeilichen Einvernahme vom 26. Januar 2017 mitgeteilt, dass gegen ihn ein Strafverfahren wegen sexueller Belästigung / Sachentziehung eröffnet worden sei. Dabei handle es sich um einen Vorfall vom 3. Dezember 2016 in den D'. . B. habe Anzeige erstattet. Zudem wurde der Beschuldigte darauf hingewiesen, dass er das Recht habe, die Aussage und Mitwirkung zu verweigern. Sein Verteidiger war an der Einvernahme ebenfalls zugegen (Urk. 6 S. 1). Es mag zutreffen, dass diese Orientierung etwas allgemein gehalten wurde. Den spezifischen und detaillierteren Tatvorwurf hielt die Polizei dem Beschuldigten dann gegen Ende der Befragung vor (Urk. 6 S. 7 Frage 54). Dennoch wusste der Beschuldigte anhand der ihm zu Beginn zugetragenen Angaben, um welchen Vorfall es ging und nahm im Sinne seiner eigenen, soeben wiedergegebenen, Sachdarstellung dazu Stellung. Der Beschuldigte konnte sich damit in genügender Form wehren und wusste aufgrund seiner eigenen Ausführungen, dass die Strafanzeige der Geschädigten B. unter anderem auf dem Vorwurf basierte, dass er ihre Kleider versteckt und sie ihr trotz mehrfacher Aufforderung nicht mehr zurückgegeben haben soll. Ansonsten hätte er sich in seiner Sachdarstellung nicht entsprechend geäussert. Es ist der Verteidigung jedoch insofern Recht zu geben, dass bei dieser Sachlage entgegen den Erwägungen der Vorinstanz nicht von einem Geständnis des Beschuldigten ausgegangen werden kann, zumal sich der Beschuldigte nicht der Sachentziehung schuldig erklärte, sondern vielmehr einfach seine Sachdarstellung bzw. Sichtweise zum Vorfall vom 3. Dezember 2016 schilderte. Den Anforderungen von Art. 158 Abs. 1 lit. a StPO ist nach dem Gesagten jedoch rechtsgenügend nachgekommen worden.
Die Verteidigung rügt im Weiteren, dass die Aussagen der Geschädigten
B.
und der Auskunftspersonen E.
und C.
von der Vorinstanz
nicht hätten verwertet werden dürfen, da der Beschuldigte an deren Einvernahme nicht habe teilnehmen können und mit welchen er während der gesamten Untersuchung auch nicht konfrontiert worden sei (Urk. 67 Rz. 13). Bezüglich der Verwertbarkeit der Aussagen von B. und E. hat sich die Vorinstanz zutreffend geäussert. Darauf kann vollumfänglich verwiesen werden (Urk. 45 S. 5 f.). Dieser Einwand der Verteidigung erweist sich als unbegründet, zumal sich die Vorinstanz bei der Sachverhaltserstellung einzig auf die Aussagen des Beschuldigten stützte und die Aussagen der übrigen Verfahrensbeteiligten, d.h. von B. und E. , nur ergänzend berücksichtigte, soweit sie ohnehin deckungsgleich mit den Aussagen des Beschuldigten gewesen seien (Urk. 45 S. 15 f.). C. , die Freundin des Beschuldigten und Halbschwester der Geschädigten, verweigerte die Aussage ohnehin gänzlich (vgl. Urk. 5).
Die Verteidigung bringt sodann in materieller Hinsicht vor, der Geschädigten B. sei weder ein erheblicher Nachteil zugefügt worden noch habe der Beschuldigte in entsprechender Absicht gehandelt. Es fehle an einem Vorenthalten, geschweige denn an einer Wegnahme und damit an einem Nachteil, der über einen Bagatellcharakter hinausginge. Es stehe fest, dass die Geschädigte B. die Kleider schneller hätte finden können, zumal es sich um einen sehr kleinen und überschaubaren Saunabereich gehandelt habe (vgl. Urk. 69/1). Die Geschädigte wäre jederzeit in der Lage gewesen, ihre Kleider zu finden und zu behändigen, da sie gewusst habe, dass ihre Kleider im Saunabereich gewesen seien. Die Geschädigte habe nie behauptet, der Beschuldigte habe mit ihren Kleidern den Saunaund Aufenthaltsbereich verlassen (Urk. 67 Rz. 18 f.).
Wie bereits erwähnt, ist die Frage, ob der Geschädigten durch das Vorenthalten der Kleider ein erheblicher, mithin ein über eine Bagatelle hinausgehender Nachteil, zugefügt wurde, eine Rechtsfrage (vgl. dazu hernach Ziffer 4.2).
Der Beschuldigte gab in der polizeilichen Befragung vom 26. Januar 2017 im Sinne seiner Sachdarstellung zum Abend vom 3. Dezember 2016, ca. 18.00 Uhr, zusammengefasst und sachdienlich an, nach dem ersten Saunagang, der etwa 15 bis 20 Minuten gedauert habe, zusammen mit C. , ganz bewusst alle Kleider, d.h. von der Geschädigten, C. und ihm, den ganzen Haufen, in einen Schrank unter dem Lavabo im Saunaraum getan zu haben, wobei man diesen Schrank einfach mit den Händen hätte aufziehen können. Er und C. hätten noch drei bis vier weitere Saunagänge machen wollen (Urk. 6 Fragen 7, 9
und 15). Dies [das Verstecken der Kleider] hätten sie getan, damit die Geschädigte und E. nicht hätten abhauen können (Urk. 6 Frage 33). Während diesen Saunagängen seien die Geschädigte und E. immer wieder reingekommen, hätten nach den Kleidern gefragt und sie gesucht. Nach rund 30 Minuten habe sich die Geschädigte entschlossen, den erwähnten Unterschrank aufzuzerren. Dabei habe sie alle Kleider übersehen. Seine Schlüssel für das Tanzstudio und auch die privaten Schlüssel seien vorne gelegen. Auf dem Tablar etwas oben seien die Kleider gelegen. Sie [die Geschädigte und E. ] hätten dann den Schlüssel genommen und die ganze Tanzschule und das Büro durchsucht. Die Geschädigte habe insgesamt rund 30 bis 45 Minuten nach den Kleidern gesucht
(Urk. 6 Fragen 11 und 12). Er und C.
hätten die Saunagänge weiter gemacht und das Treiben beobachtet. Sie seien etwas amüsiert, aber auch verwundert gewesen. Nach dem Ende ihres zweitletzten Saunaganges sei die Geschä- digte wieder reingekommen, habe ihre Schuhe geholt und dabei die Kleider seiner Schwester getragen. Die Geschädigte habe während sie ihre Kleider gesucht habe, immer das gleiche Badetuch getragen, wobei er nicht wisse, ob sie darunter etwas an gehabt habe. Wenn sie das Bikiniunterteil und die Unterwäsche [wohl: sinngemäss Unterhose gemeint, da ein Bikinioberteil und BH als verlustig galten] nicht als verlustig angegeben habe, habe sie noch etwas unter dem Badetuch angehabt (Urk. 6 Fragen 14 und 17 f.).
Die Geschädigte sei anfangs - als sie ihre Kleider suchte und danach fragte - hungrig gewesen und bei zweiten, dritten Mal hässig bzw. leicht genervt. Er habe nichts gesagt. C. habe geantwortet, dass sie nichts sage. E. habe dann mehrfach gefragt. Sie hätten beide gesagt, dass sie in der Sauna bleiben und die Saunagänge machen würden. Es stimme, E. und die Geschädigte hätten gehen wollen. Er und C. hätten sich nicht vorschreiben lassen wollen, wann sie gehen. Die Geschädigte habe sich an ihre Vorgaben halten müssen (Urk. 6 Fragen 35 ff.). Er schätze die Geschädigte habe etwa 2 bis 2 ½ Stunden in der Tanzschule verbracht. Sie sei etwa zwischen 20.00 bis 20.30 Uhr gegangen (Urk. 6 Frage 10).
Aufgrund dieser Sachdarstellung des Beschuldigten ist mit der Vorinstanz (Urk. 45 S. 16) ohne Weiteres erstellt, dass der Beschuldigte im inkriminierten Zeitpunkt nach dem ersten Saunagang die Kleider der Geschädigten versteckte, indem er den ganzen Haufen an Kleidern nahm und in den Unterschrank des Lavabos legte. Die Kleider der Geschädigten befanden sich mithin nicht mehr am Ort, wo sie sie hingelegt hatte. Ebenso wenig waren sie entgegen den Ausführungen der Verteidigung jederzeit auffindbar. So handelt es sich doch bei einem Unterschrank eines Lavabos nicht um einen Ort, in dem man üblicherweise Kleider verstaut bzw. erahnt. Irrelevant ist, ob dieser Schrank abgeschlossen war oder nicht. Der Beschuldigte führte aus, die Geschädigte habe immer wieder nach den Kleidern gefragt, wobei er nicht geantwortet habe, und sich nach rund 30 Minuten dazu entschlossen, den Unterschrank aufzuzerren und die Kleider dabei einfach übersehen. Indem der Beschuldigte erklärte, er habe den ganzen Haufen an Kleidern genommen, erstaunt es nicht weiter, dass es für die Geschädigte nicht erkennbar gewesen sein muss bzw. sie es zumindest übersah, dass sich ihre Kleider ebenfalls in diesem Haufen befanden, ansonsten hätte sie ihre Kleider mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an sich genommen und ihre Suche abgebrochen, anstatt die Räumlichkeiten weiter nach ihren Kleidern zu durchsuchen. Kommt hinzu, dass dieser Haufen an Kleidern wohl auch optisch nicht der Menge an ihren Kleidern entsprach, weshalb sie ihre Kleider möglicherweise nicht in diesem Haufen vermutete bzw. auch nicht vermuten musste. Der Beschuldigte amüsierte sich und sagte der Geschädigten immer noch nicht, wo sich ihre Kleider befanden. Stattdessen liess er sie noch weiter suchen, bis sie mit den angezogenen Kleidern seiner Schwester wieder kam, um ihre Schuhe zu holen und schliesslich etwa zwischen 20.00 Uhr und 20.30 Uhr die Lokalität verliess.
Der Beschuldigte tat dies, damit die Geschädigte (und E. ) nicht gehen konnten, wollte er die beiden doch verkuppeln (vgl. Urk. 6 Frage 7), und nicht, weil er sich das Eigentum an den Kleidern verschaffen wollte.
Der Anklagesachverhalt ist erstellt.
Beweisanträge des Beschuldigten
Der Beschuldigte lässt, wie eingangs erwähnt, beantragen, C. sei als Zeugin zu befragen. Zudem sei die Geschädigte B. und alle anderen Belastungspersonen nochmals unter Wahrung der Teilnahmerechte des Beschuldigten zu befragen. Namentlich sei zu klären, weshalb die Geschädigte die Kleider nicht behändigte, obschon der Kleiderschrank offen gewesen sei und weshalb sie nach dem Vorfall in aller Ruhe (in fremden Kleidern) mit E. Essen gegangen sei und erst drei Stunden später die Polizei aufsuchte, ihre Kleider nie zurückverlangt und weshalb sie nur den Beschuldigten und nicht auf C. angezeigt habe (Urk. 67 Rz. 25 f.).
Gemäss Art. 139 Abs. 2 StPO ist über Tatsachen die bereits rechtsgenü- gend erwiesen sind, kein Beweis zu führen. Vorliegend ist aufgrund der eigenen Sachdarstellung des Beschuldigten zum Vorfall vom 3. Dezember 2016 der inkriminierte Sachverhalt ohne Weiteres erstellt. Im Übrigen beruht die Begründung der Beweisanträge auf Umständen, die für den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt unerheblich sind. Anzumerken bleibt, wie bereits dargelegt, dass die Geschädigte die Kleider mit praktischer Sicherheit behändigt hätte, wenn sie sie tatsächlich im Haufen erblickt hätte. Sie musste jedoch weder damit rechnen, dass sich ihre Kleider in diesem Haufen befinden würden noch konnte sie diese sofort bzw. jederzeit behändigen. Dies ergibt sich allein aus dem Umstand, dass sie danach noch weiter nach ihren Kleidern suchte und schliesslich die Kleider der Schwester des Beschuldigten anzog, um die Räumlichkeit verlassen zu können. Weshalb die Geschädigte nach dem Vorfall zuerst Essen gegangen und erst spä- ter zur Polizei gegangen sei, ist für die Sachverhaltserstellung nicht von Relevanz, ebenso wenig, weshalb keine Anzeige gegenüber C. erhoben worden sei, zumal die hiesige Kammer ausschliesslich zu prüfen hat, ob der inkriminierte Sachverhalt erstellbar ist oder nicht.
Die Beweisanträge des Beschuldigten sind demnach abzuweisen.
Fazit zum Sachverhalt
Aufgrund der eigenen Sachdarstellung des Beschuldigten ist erstellt, dass er am Abend des 3. Dezember 2016, mutmasslich um etwa 18.15, 18.20 Uhr, nach dem ersten Saunagang, die Kleider von B. versteckte und sie ihn mehrfach erfolglos darum bat, ihr die Kleider zurückzugeben. B. befand sich zu diesem Zeitpunkt ohne Kleider im Saunabereich. Der Nachteil liegt darin, dass sie wäh- rend einer gewissen Zeit nach dem ersten Saunagang, d.h. ca. 1 ½ bis 2 Stunden, nicht im Besitz ihrer Kleider war und sich damit ohne Kleider - entgegen ihrem mehrfach gegenüber dem Beschuldigten bekundeten Willen - in der Räumlichkeit aufhalten musste, obschon sie gehen wollte, was ihr ohne ihre Kleider selbstredend nicht möglich war. Ob dieser Nachteil ein erheblicher gewesen war, ist nachfolgend im Rahmen der rechtlichen Würdigung zu prüfen.
Rechtliche Würdigung
Bezüglich den Tatbestandsvoraussetzungen der Sachentziehung im Sinne von Art. 141 StGB kann vorab - um unnötige Wiederholungen zu vermeiden - auf die theoretischen Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 45
S. 17 f.). Ein Nachteil ist erheblich, wenn er nicht gering im Sinne von Art. 172ter
StGB ist, mithin im Falle einer Vermögenseinbusse Fr. 300.- übersteigt (BSK StGB II-WEISSENBERGER, 4. Aufl. Basel 2019, Art. 141 N 27). Bei immateriellen Nachteilen bedarf es einer Einzelfallbetrachtung für die Beurteilung der Erheblichkeit, wobei verhältnismässig geringfügige Beeinträchtigungen von der Strafbarkeit ausgenommen werden (BSK StGB II-WEISSENBERGER, a.a.O., Art. 141 N 28 ff.).
Aufgrund des erstellten Sachverhalts steht fest, dass der Beschuldigte die Kleider der Geschädigten im Saunabereich versteckte und sie der Geschädigten nicht zurückgab, obschon sie ihn mehrfach darum bat. Das ganze erfolgte nach dem ersten Saunagang. Die Geschädigte war gezwungen während 30 bis 45 Minuten nach ihren Kleidern zu suchen, zumal sie nur mit einem Badetuch und einem Bikiniunterteil bekleidet war (vgl. Urk. 6 Fragen 13 und 17 f.) und in diesem Zustand die Lokalität zweifelsohne nicht hätte verlassen können. Der immaterielle Wert der Kleider war für die Geschädigte zu diesem Zeitpunkt demnach erheblich. Dies wusste der Beschuldigte, indem er selbst angab, er habe die Kleider ver-
steckt, damit sie (die Geschädigte und E. ) nicht hätten abhauen können (Urk. 6 Frage 33). Kommt hinzu, dass es im Zeitpunkt des Vorfalls Winter und Abend war. Die Vorinstanz hat daher zutreffend erwogen, dass von einer emotional belastenden und unangenehmen Situation auszugehen ist und dies als mög- licher Grund dafür angesehen kann, dass die Geschädigte die Kleider im Schrank unterhalb des Lavabos (womöglich) übersah und am Ende fremde Kleider behän- digte, um die Lokalität verlassen zu können (Urk. 45 S. 19). Es ist jedoch letztlich nicht weiter von Relevanz, weshalb sie die Kleider übersah, zumal der Beschuldigte dies offensichtlich bemerkte, sich darüber amüsierte und ihr aber dennoch nicht mitteilte, dass sich ihre Kleider in diesem Haufen unterhalb des Lavabos befänden.
Die Geschädigte hatte letztlich einfach Glück bzw. es war dem Zufall zu verdanken, dass sie die Kleider der Schwester des Beschuldigten fand. Ansonsten wäre sie womöglich noch länger den Spielereien des Beschuldigten ausgesetzt gewesen, welcher sich eigenen Angaben zufolge über das Verhalten der Geschädigten amüsierte bzw. wunderte und keine Anstalten zeigte, die Geschädigte von ihrer Suche zu erlösen. Damit hat der Beschuldigte den Bogen klar überspannt. Nach dem Gesagten ist ein erheblicher (immaterieller) Nachteil zu bejahen. Entgegen den Ausführungen der Verteidigung und mit der Vorinstanz schliesst die Bejahung der Erheblichkeit die Anwendung von Art. 172ter StGB aus (Urk. 67 Rz. 24; Urk. 45
S. 19; BSK StGB II-WEISSENBERGER, a.a.O., Art. 141 N 17, 28 ff.).
Erforderlich ist in subjektiver Hinsicht ein Handeln mit Vorsatz und ohne Aneignungsabsicht (TRECHSEL/CRAMERI in: TRECHSEL/PIETH (Hrsg.), StGB Praxiskommentar, 3. Aufl., Zürich/St. Gallen, Art. 141 N 9). Der Beschuldigte versteckte die Kleider der Geschädigten bewusst, um sie daran zu hindern, die Lokalität nach ihrem Ansinnen verlassen zu können. So gab er an, er und C. hätten das Programm, mehrere Saunagänge, bestimmt. Es ging ihm mithin darum, die Kleider der Geschädigten vorzuenthalten, damit sie nicht gehen konnte. Er wollte die Geschädigte mit E. verkuppeln. Eine Aneignungsabsicht für ihre Kleider bestand hingegen nicht. Dem Beschuldigten musste durch sein Handeln klar sein, dass er die Geschädigte in eine äussert unangenehme Situation brachte, indem
er ihr trotz ihrer mehrfachen Bitte die Kleider nicht zurückgab, womit er auch in Kauf nahm, dass sie nur mit einem Badetuch und Bikiniunterteil im D. ihre Kleider suchen musste, zumal es selbsterklärend ist, dass sie ohne Kleider im Winter und zu Abendstunden nicht gehen konnte. Dies bestätigte der Beschuldigte implizit auch durch seine Aussage, die Kleider versteckt zu haben, um sie am Gehen zu hindern. Die Lokalität konnte die Geschädigte schliesslich nur verlassen, weil sie die Kleider der Schwester des Beschuldigten anzog, was dem Beschuldigten indes nicht zugute gehalten werden kann.
Der Schuldspruch der Vorinstanz ist nach dem Gesagten zu bestätigen. Der Beschuldigte hat sich der Sachentziehung im Sinne von Art. 141 StGB schuldig gemacht und ist entsprechend zu bestrafen.
Im Übrigen ist an dieser Stelle anzumerken, dass das anklagegemäss erstellte Verhalten des Beschuldigten durchaus auch als Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB hätte qualifiziert werden können. Es handelt sich dabei nicht um den gleichen Lebenssachverhalt der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 8. September 2017 (Urk. 12). Nachdem die Staatsanwaltschaft aber diesbezüglich keine Nötigung angeklagt hat und dem Beschuldigten vor erster Instanz die mögliche andere rechtliche Würdigung nicht vorgehalten wurde, hat es damit sein Bewenden.
Sanktion / Vollzug
1. Die Sachentziehung sieht als Sanktion eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor (Art. 141 StGB).
Die Vorinstanz hat die theoretischen Massstäbe zur Strafzumessung richtig wiedergegeben und zutreffend festgehalten, dass zwischen Tatund Täterkomponente zu unterscheiden ist. Darauf kann grundsätzlich verwiesen werden (Urk. 42 S. 20 ff.). Ergänzend nur das Folgende:
Der Beschuldigte hat die zu beurteilenden Straftaten vor Inkrafttreten der seit
1. Januar 2018 geltenden neuen Bestimmungen des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches (Änderung des Sanktionenrechts; AS 2016 1249) begangen. Das geltende (neue) Recht ist auf diese nur anzuwenden, sofern es für den Beschuldigten im konkreten Fall zu einem günstigeren Ergebnis führt (Art. 2 Abs. 2 StGB; DONATSCH, in: DONATSCH/HEIMGARTNER/ISENRING/WEDER [Hrsg.], Kommentar
zum StGB, 20. Auflage 2018, Art. 2 N 10).
Vorliegend ist in Wahrnehmung des Verschlechterungsverbotes (Art. 391 Abs. 2 Satz 1 StPO) ohnehin eine Geldstrafe von höchstens 20 Tagessätzen auszusprechen. Da das geltende (neue) Sanktionenrecht diesbezüglich keine mildere Bestrafung vorsieht, gelangt dieses somit nicht zur Anwendung.
Der Beschuldigte beging das heute zu beurteilende Delikt, bevor er mit Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 15. Oktober 2018 wegen mehrfachen Herstellens von Pornografie zum eigenen Konsum nach Art. 197 Abs. 5 StGB verurteilt und mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen (zu je Fr. 50.-) bestraft wurde (Urk. 82). Es ist daher zu prüfen, ob für das vorliegende Verfahren eine Zusatzstrafe auszusprechen ist.
Gegen das Urteil des Kantonsgericht Luzern wurde Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht erhoben, weshalb nach wie vor kein rechtskräftiges Urteil vorliegt (Urk. 76). Eine Zusatzstrafe scheidet demnach aus (Art. 49 Abs. 2 StGB).
Hinsichtlich der objektiven Tatschwere ist festzuhalten, dass der Beschuldigte die Kleider der Geschädigten aus einer Laune heraus versteckte und sie ihr trotz mehrfacher Bitte nicht zurückgab. Stattdessen beobachtete er das Treiben der Geschädigten, welche nur mit einem Badetuch und Bikiniurteil bekleidet war, amüsierte sich und erlöste sich auch nicht, als sie ihre Kleider im Haufen übersah, sondern liess sie einfach weiter nach ihren Kleidern suchen. Er brachte die Geschädigte dadurch in eine sehr unangenehme und aussichtslose Situation, zumal sie so die Räumlichkeiten nicht verlassen konnte. Die Geschädigte konnte sich nach rund 1 ½ bis 2 Stunden aus der Situation befreien, da sie die Kleider der Schwester des Beschuldigten fand und diese anzog, um die Lokalität verlassen zu können. Dem Beschuldigten ist zugute zu halten, dass sein Vorhaben nicht
plante, sondern den Entschluss spontan fasste, als die Geschädigte zu erkennen gab, nicht mehr bei seinem vorgesehenen Programm (mehrere Saunagänge) mitzuwirken. Dies passte ihm offensichtlich nicht. Das Verschulden wiegt insgesamt leicht.
Zur subjektiven Tatschwere ist auszuführen, dass der Beschuldigte die Kleider bewusst versteckte, weil er die Geschädigte am Verlassen der Lokalität hindern wollte. Dabei nahm er ihn Kauf, dass sie ihre Kleider, nur mit einem Badetuch und Bikiniunterteil bekleidet, suchen musste und ignorierte ihre mehrfache Bitte, ihr die Kleider zurückzugeben. Mithin handelte der Beschuldigte aus rein egoistischen und rücksichtslosen Motiven. Das Treiben der Geschädigten amü- sierte ihn gar. Die subjektive Tatschwere wiegt etwas schwerer als die objektive, aber immer noch leicht.
Die von der Vorinstanz anhand der Tatschwere festgesetzte Einsatzstrafe von 20 Tagessätzen Geldstrafe erscheint angemessen.
Bezüglich der Täterkomponente kann vollumfänglich auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden. Sie verhält sich strafzumessungsneutral (Urk. 42 S. 24). Die Vorinstanz hat ebenfalls richtig erwogen, dass leicht straferhöhend zu werten ist, dass der Beschuldigte während laufender Strafuntersuchung delinquierte und strafmindernd ins Gewicht fällt, dass der Beschuldigte durch seine Sachdarstellung den Anklagevorwurf im Wesentlichen einräumte (Urk. 42 S. 24 f.). Es bleibt bei den 20 Tagessätzen Geldstrafe.
Der Beschuldigte wurde mit Präsidialverfügung vom 4. September 2018 aufgefordert, das Datenerfassungsblatt und Unterlagen zwecks Beurteilung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse einzureichen (Urk. 51). Der Beschuldigte kam dieser Aufforderung nicht nach. Die Erwägungen der Vorinstanz zur Festsetzung der Tagessatzhöhe auf Fr. 160.- sind nicht zu beanstanden und demnach so zu bestätigen (Urk. 42 S. 25 ff.).
Die Vorinstanz hat die theoretischen Grundsätze, die bei der Beurteilung, ob eine Strafe vollzogen werden soll, massgebend sind, korrekt wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden (vgl. Urk. 45 S. 28).
Sie gewährte dem (damals) nicht vorbestraften Beschuldigten den bedingten Vollzug der Geldstrafe mit zutreffender Begründung, auf welche verwiesen werden kann (vgl. Urk. 45 S. 29). Diese Anordnung könnte im Übrigen wegen des Verschlechterungsverbotes auch nicht in Frage gestellt werden und ist damit, zusammen mit der Ansetzung einer zweijährigen Probezeit, welche der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestdauer entspricht (vgl. Art. 44 Abs. 1 StGB), zu bestätigen.
Kostenund Entschädigungsfolgen
Ausgangsgemäss - es bleibt beim vorinstanzlichen Schuldspruch - ist die Kostenregelung der Vorinstanz zu bestätigen (Urk. 45, Dispositivziffer 4, 5 und 6).
Nachdem der Beschuldigte im Berufungsverfahren vollumfänglich unterliegt, sind ihm auch diese Kosten aufzuerlegen. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr ist auf Fr. 3'000.- festzusetzen. Ein Entschädigungsanspruch für die Aufwendungen der erbetenen Verteidigung besteht ausgangsgemäss nicht.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A. ist schuldig der Sachentziehung im Sinne von Art.
141 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 160.-.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf zwei Jahre festgesetzt.
Das erstinstanzliche Kostenund Entschädigungsdispositiv (Ziff. 4, 5 und 6) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 3'000.-.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.
Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an
die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A
Obergericht, III. Strafkammer, Geschäfts-Nr. UH170304.
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer Zürich, 26. Juni 2019
Der Präsident:
lic. iur. R. Naef
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw T. Künzle
Zur Beachtung:
Der/die Verurteilte wird auf die Folgen der Nichtbewährung während der Probezeit aufmerksam gemacht:
Wurde der Vollzug einer Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben, muss sie vorerst nicht bezahlt werden. Bewährt sich der/die Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit, muss er/sie die Geldstrafe definitiv nicht mehr bezahlen (Art. 45 StGB); Analoges gilt für die bedingte Freiheitsstrafe.
Eine bedingte Strafe bzw. der bedingte Teil einer Strafe kann im Übrigen vollzogen werden (Art. 46 Abs. 1 bzw. Abs. 4 StGB),
wenn der/die Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen begeht,
wenn der/die Verurteilte sich der Bewährungshilfe entzieht oder die Weisungen missachtet.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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