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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB180334
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB180334 vom 24.05.2019 (ZH)
Datum:24.05.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Amtsmissbrauch etc.
Schlagwörter : Privatklägerin; Schuldig; Beschuldigte; Polizei; Schuldigten; Beschuldigten; Erklärte; Recht; Rippe; Person; Rippen; Aussage; Berufung; Staatsanwaltschaft; Wohnung; Schlaf; Schlafzimmer; Anklage; Einvernahme; Verfahren; Unentgeltlich; Polizeibeamte; Unentgeltliche; Aussagen; Polizeibeamten
Rechtsnorm: Art. 122 StGB ; Art. 126 StGB ; Art. 138 StPO ; Art. 14 StGB ; Art. 312 StGB ; Art. 325 StPO ; Art. 333 StPO ; Art. 402 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 432 StPO ; Art. 436 StPO ; Art. 437 StPO ; Art. 82 StPO ;
Referenz BGE:139 IV 45; 141 IV 262; 143 IV 154;
Kommentar zugewiesen:
DONATSCH, Kommentar zum StGB, 2018
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB180334-O/U/cs

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, Oberrichterin lic. iur. WasserKeller und Oberrichterin lic. iur. Bertschi sowie die Gerichtsschreiberin MLaw Höchli

Urteil vom 24. Mai 2019

in Sachen

  1. ,

    Privatklägerin und Berufungsklägerin

    unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X1. ,

    sowie

    Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich,

    Anklägerin

    gegen

  2. ,

Beschuldigter und Berufungsbeklagter verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.

betreffend Amtsmissbrauch etc.

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom 11. Juni 2018 (GG170184)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 5. September 2017 (Urk. 34) ist diesem Urteil beigeheftet.

Verfügung der Vorinstanz:

Der Rückweisungsantrag sowie der Beweisantrag der Privatklägerin vom 11. Juni 2018 werden abgewiesen.

Urteil der Vorinstanz:

  1. Der Beschuldigte ist der Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 StGB und des Amtsmissbrauchs im Sinne von Art. 312 StGB nicht schuldig und wird vollumfänglich freigesprochen.

  2. Die Schadenersatzund Genugtuungsbegehren der Privatklägerin werden abgewiesen.

  3. Die Gerichtsgebühr fällt ausser Ansatz; die übrigen Kosten (Untersuchungskosten, Kosten der unentgeltlichen Rechtsvertretung sowie allfällige weitere Kosten des gerichtlichen Verfahrens) werden auf die Gerichtskasse genommen.

  4. Rechtsanwalt MLaw X2. wird für seine Aufwendungen als Vertreter der Privatklägerin mit Fr. 15'087.50 (inkl. Barauslagen und MwSt.) entschä- digt.

  5. Rechtsanwalt lic. iur. Y. wird für seine Aufwendungen als erbetener Verteidiger des Beschuldigten mit Fr. 17'010.95 (inkl. Barauslagen und MwSt.) entschädigt.

  6. Der Beschuldigte wird im Umfang von Fr. 25.20 für seine Umtriebe entschä- digt.

Berufungsanträge:

  1. Des Verteidigers des Beschuldigten: (Urk. 102 S. 2)

    1. Es sei das Urteil der Vorinstanz zu bestätigen und der Beschuldigte wegen Körperverletzung und Amtsmissbrauch freizusprechen.

    2. Es sei der Kostenentscheid der Vorinstanz zu bestätigen und die Verfahrenskosten dieses Berufungsverfahrens seien auf die Staatskasse zu nehmen, soweit nicht die Privatklägerin zur Kostentragung verpflichtet wird.

    3. Es sei der Beschuldigte für das Verfahren vor Vorinstanz und das Berufungsverfahren angemessen aus der Staatskasse zu entschädigen.

  2. Des Vertreters der Privatklägerin: (Urk. 100 S. 1 f.)

    1. Ziffer 1 des Urteils sei vollumfänglich aufzuheben und der Beschuldigte sei im Sinne der Anklage schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen.

    2. Ziffer 2 des Urteils sei vollumfänglich aufzuheben und der Beschuldigte sei zu verpflichten, der Privatklägerin Schadenersatz in der Höhe von Fr. 1'749.80 sowie eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 8'000.- jeweils zzgl. Zins seit dem 1. September 2015 zu bezahlen.

    3. Ziffer 4 des Urteils sei teilweise aufzuheben und die Kosten des Untersuchungsund Gerichtsverfahrens seien dem Beschuldigten aufzuerlegen.

    4. Ziffer 6 des Urteils sei aufzuheben und es sei dem Beschuldigten für seine Umtriebe keine Entschädigung zuzusprechen.

    5. Im Übrigen sei Ziffer 1 der Verfügung vollumfänglich aufzuheben und die Anklage sei an die Staatsanwaltschaft zur ergänzenden Anklage des Tatbestandes der versuchten schweren Körperverletzung zurückzuweisen, allenfalls unter vorgängiger Einholung eines Gutachtens.

    6. Der Sprechende sei für seine Bemühungen als unentgeltlicher Rechtsvertreter der Privatklägerin im Berufungsverfahren gemäss Kostennote angemessen aus der Staatskasse zu entschädigen.

  3. Der Staatsanwaltschaft: (Urk. 84, schriftlich)

Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.

Erwägungen:

  1. Gegenstand des Berufungsverfahrens

    Mit Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom 11. Juni 2018 wurde der Beschuldigte vom Vorwurf der Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 StGB und des Amtsmissbrauchs im Sinne von Art. 312 StGB freigesprochen. Die Schadenersatzund Genugtuungsbegehren der Privatklägerin wurden abgewiesen. Die Kosten wurden auf die Staatskasse genommen und dem erbetenen Verteidiger des Beschuldigten wurde eine Entschädigung von

    Fr. 17'010.95 und dem Beschuldigten persönlich eine Umtriebsentschädigung von Fr. 25.20 zugesprochen (Urk. 76).

    Gegen das Urteil hat die Privatklägerin mit Eingabe vom 12. Juni 2018 Berufung angemeldet (Urk. 69) und mit Eingabe vom 27. August 2018 fristgerecht die Berufungserklärung eingereicht (Urk. 78). Sie beantragt, die Anklage sei an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen zur ergänzenden Anklage bezüglich des Tatbestands der versuchten schweren Körperverletzung, allenfalls unter vorgängiger Einholung eines Gutachtens. Eventualiter sei der Beschuldigte im Sinne der Anklage schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen. Der Beschuldigte sei zu verpflichten, ihr Schadenersatz in der Höhe von Fr. 1'749.80 sowie eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 8'000.- zu bezahlen (Urk. 78).

    Der Beschuldigte und die Staatsanwaltschaft haben auf Anschlussberufung verzichtet. Die Staatsanwaltschaft beantragte ausdrücklich die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (Urk. 84).

    Der Antrag der Privatklägerin auf Rückweisung der Anklage an die Staatsanwaltschaft zur Ergänzung betreffend den Tatbestand der versuchten schweren Kör- perverletzung wurde mit Präsidialverfügung vom 11. Oktober 2018 einstweilen abgewiesen. Bereits in der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass im Berufungsverfahren zunächst zu prüfen sei, ob sich eine der beiden Anklagesachverhaltsvarianten erstellen lasse, und erst dann gestützt auf Art. 333 StPO zu prüfen sein werde, ob der Staatsanwaltschaft im Sinne des Antrags der Privatklägerin Gelegenheit zu geben sei, die Anklage zu ergänzen (Urk. 86).

    Mit Eingabe vom 6. März 2019, hierorts eingegangen am 12. März 2019, ersuchte die Privatklägerin um einen Wechsel ihrer unentgeltlichen Rechtsvertretung

    (Urk. 89). In der Folge wurde Rechtsanwalt MLaw X2. mit Präsidialverfü- gung vom 12. März 2019 Frist angesetzt, um zu diesem Gesuch der Privatklägerin Stellung zu nehmen (Urk. 90). Nachdem dieser mit Eingabe vom 25. März 2019 erklärte, nach einer Besprechung mit der Privatklägerin bestätigen zu kön- nen, dass das Vertrauensverhältnis gestört sei (Urk. 93), wurde Rechtsanwalt MLaw X2. mit Präsidialverfügung vom 26. März 2019 als unentgeltlicher

    Privatklägervertreter entlassen. Gleichzeitig wurde er darum ersucht, seine Honorarnote einzureichen, und es wurde Rechtsanwalt lic. iur. X1. - um dessen Bestellung als neuen Rechtsbeistand die Privatklägerin mit Schreiben vom

    22. März 2019 ersuchte (Urk. 92) - als neuer unentgeltlicher Rechtsbeistand der Privatklägerin bestellt (Urk. 95).

    Gemäss Art. 402 StPO in Verbindung mit Art. 437 StPO wird die Rechtskraft des angefochtenen Urteils im Umfang der Anfechtung gehemmt. Nicht angefochten und in Rechtskraft erwachsen ist der vorinstanzliche Entscheid damit hinsichtlich der Dispositivziffern 4 und 5 (Entschädigung der unentgeltlichen Privatklägervertretung und der erbetenen Verteidigung), was vorab mittels Beschluss festzustellen ist.

  2. Sachverhalt
  1. Anklagevorwurf

    1. Alternativanklage

      Die Staatsanwaltschaft erhob eine Alternativanklage im Sinne von Art. 325 Abs. 2 StPO. Den beiden Anklagesachverhaltsvarianten gemein ist die Vorgeschichte zu den dem Beschuldigten in den beiden Sachverhaltsvarianten gemachten Vorwür- fen. Demnach sei es am 1. September 2015 um 05.30 Uhr an der strasse in

      Zürich zu einem Einsatz der Interventionseinheit der Kantonspolizei Zürich, welcher der Beschuldigte als Funktionär angehörte, gekommen. Die Interventionseinheit habe den Auftrag gehabt, den mutmasslich bewaffneten Lebenspartner der Privatklägerin, C. , im Auftrag der Staatsanwaltschaft St. Gallen zu verhaften. Nachdem die Wohnungstüre gewaltsam geöffnet worden sei, soll der Beschuldigte als erster der Gruppe laut Polizei schreiend in die Wohnung der Privatklägerin gestürmt sein. Zu seinem Schutz habe er einen grossen Schild in der einen und eine Waffe in der anderen Hand gehalten. Dabei sei er unmittelbar gefolgt von weiteren Polizeibeamten auf direktem Weg in das Schlafzimmer

      gerannt, in welchem C. und die Privatklägerin bereits neben dem Bett gestanden seien.

    2. Anklagesachverhaltsvariante 1.1

      Gemäss der ersten Sachverhaltsvariante sollen der Beschuldigte sowie unmittelbar nach ihm auch die nachfolgenden Polizeibeamten C. und die Privatklä- gerin aufgefordert haben, sich auf den Boden zu legen. In der Folge habe

      C. sich in Bauchlage auf das Bett gelegt, mit den Händen hinter dem Kopf verschränkt, wo er von den anderen Polizeibeamten verhaftet worden sei. Die Privatklägerin dagegen sei trotz mehrmaliger Aufforderung, sich auf den Boden zu legen, stehen geblieben. Dem Beschuldigten, welcher Thaiboxen betreibe und beide Hände voll gehabt habe, wird sodann vorgeworfen, ihr mit dem linken Fuss einen Tritt in den Bereich der rechten Hüfte verpasst zu haben, woraufhin die Privatklägerin nach hinten auf das Gesäss fallend zu Boden gegangen sei. Dabei soll sich die Privatklägerin eine Fraktur der 6. bis 8. Rippe auf der rechten Seite zugezogen haben. Hinsichtlich dieses Verhaltens wird dem Beschuldigten angesichts der Intensität des Trittes, welchen er gegenüber der relativ zierlichen Privatklägerin angewandt habe, zur Last gelegt, zumindest in Kauf genommen zu haben, dass er die Privatklägerin dadurch verletzen würde, zumal ihm die Wirkung des Trittes aus dem Thaiboxtraining bekannt gewesen sei und er nicht ein milderes Mittel zur Anwendung gebracht habe, wie z.B. das Umschubsen der Privatklägerin mit dem Schild.

    3. Anklagesachverhaltsvariante 1.2

      Der zweiten Sachverhaltsvariante entsprechend sollen der Beschuldigte und unmittelbar darauf auch die weiteren Polizeibeamten C. und die Privatklägerin aufgefordert haben, sich auf den Boden zu legen. Daraufhin habe C. sich in Bauchlage, mit beiden Händen hinter dem Kopf, auf das Bett gelegt, wo er von den anderen Polizeibeamten habe arretiert werden können. Die Privatklägerin ihrerseits habe sich mit ausgestreckten Armen und mit dem Bauch nach unten auf den Boden gelegt. Sodann wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, der Privatklä- gerin in der Absicht, ihr zu schaden, einen kräftigen Tritt auf die rechte Seite ihres

      Oberkörpers verpasst zu haben, obwohl sie sich so verhalten habe, wie es ihr befohlen worden sei. Anschliessend habe er ihr auf dem Rücken Handschellen angezogen. Durch den Tritt des Beschuldigten habe sich die Privatklägerin eine Fraktur der 6. bis 8. Rippe auf der rechten Seite zugezogen, was ihr überdies starke Schmerzen verursacht habe.

  2. Standpunkt des Beschuldigten

    Der Beschuldigte bestätigte stets, dass er am fraglichen Polizeieinsatz als erster, die Wohnung und nachfolgend auch das Schlafzimmer betreten habe. Auch stellte er die in beiden Sachverhaltsvarianten übereinstimmende weitergehende Umschreibung des Ablaufs des Polizeieinsatzes nicht in Abrede (Urk. 7/10 S. 2 ff.; Prot. II S. 11 ff.). Da sich seine diesbezüglichen Angaben mit den Umschreibungen der übrigen damals anwesenden Personen und insbesondere auch mit den Aussagen der Privatklägerin decken, erweist sich der in beiden Sachverhaltsalternativen umschriebene Ablauf des Polizeieinsatzes bis zum Zeitpunkt, als der Beschuldigte das Schlafzimmer der Privatklägerin betreten hatte, als erstellt.

    Was den weiteren Verlauf jenes Polizeieinsatzes betrifft, macht der Beschuldigte geltend, dass die Privatklägerin seiner wiederholten Aufforderung, sich auf den Boden zu legen, nicht gefolgt sei und er ihr daher einen Tritt in ihren Hüftbereich versetzt habe, um sie zu Fall zu bringen. Diesbezüglich machte er geltend, dass sein diesbezügliches Verhalten geboten gewesen sei, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Ausserdem habe es sich beim von ihm ausgeführten Tritt um das in jener Situation mildeste zur Verfügung stehende Mittel gehandelt (Urk. 7/10 S. 7 ff.; Urk. 7/17 S. 4; Prot. I S. 14; Prot. II S. 12 ff.). Dass dieser Tritt zu den in der Anklageschrift umschriebenen Verletzungsfolgen geführt haben soll, bestreitet der Beschuldigte hingegen (Urk. 7/10 S. 13). Gänzlich in Abrede stellt der Beschuldigte auch, dass er die Privatklägerin gemäss deren Vorbringen getreten habe, als sie auf dem Boden gelegen sei (Urk. 7/17 S. 5; Prot. I S. 17).

    Zu prüfen ist daher anhand der nachfolgend darzulegenden Beweismittel, ob sich eine der Anklagesachverhaltsvarianten über den vom Beschuldigten anerkannten Sachverhaltsteil hinaus erstellen lässt.

  3. Beweismittel

    1. Sachliche Beweismittel

      1. Verhaftsrapport

        Bei den Akten befindet sich einerseits der Verhaftsrapport von C. aus den Akten des gegen diesen geführten Strafverfahrens (Urk. 10/5) und andererseits liegen diesen zwei weitere Berichte der Polizei zur Verhaftung von C. und der Privatklägerin bei (Urk. 3). Allen diesen Berichten ist zu entnehmen, dass nach der Verhaftung ein Notfallschreiner zur Reparatur der Wohnungstüre aufgeboten worden sei. Ausserdem wurde festgehalten, dass die Privatklägerin noch am Morgen der Polizeiintervention von der Sanität ins Waidspital Zürich gebracht worden sei, da sie über Schmerzen bei den Rippen geklagt habe. Nach dem Untersuch durch das Spitalpersonal, welches keinerlei gravierende Verletzungen (möglicherweise und maximal eine Prellung) habe feststellen können, sei sie am Ende des Einsatzes am 1. September 2015 um ca. 11.00 Uhr wieder auf freien Fuss entlassen worden (Urk. 3; Urk. 10/5 S. 2). Aus dem Bericht zur Verhaftung der Privatklägerin geht zusätzlich hervor, dass ihr die Handfesseln nur für wenige Minuten angezogen worden seien und sie insbesondere beim Transport ins Waidspital Zürich durch die Sanität ungefesselt gewesen und lediglich durch einen Funktionär der Kantonspolizei Zürich zur Kollusionsverhinderung begleitet worden sei (Urk. 3).

      2. Arztberichte

        Aus einem Bericht des Stadtspitals Waid Zürich über die ambulante Behandlung der Privatklägerin vom 3. September 2015 geht hervor, dass sich die Privatklägerin am 3. September 2015 von sich aus in das Spital begeben habe, nachdem sie bereits am Vortag via Sanität aufgrund einer Auseinandersetzung mit der Polizei und eines Trittes in den rechten Hemithorax in das Spital gekommen sei. Weiter wurde vermerkt, dass sie aktuell über stärkste Schmerzen, vor allem beim Husten, berichtet habe. Als Diagnose wurde eine Kontusion thorakal rechts am

        1. September 2015 mit Rippenserienfraktur (Rippe 6-8) rechts vermerkt (Urk. 9/2).

        Zudem wurde von der Staatsanwaltschaft beim D. Gesundheitszentrum, Dr. med. E. , ein ärztlicher Befund betreffend die Privatklägerin eingeholt. Die gestellten Fragen wurden in der Folge handschriftlich beantwortet. Aus der Beantwortung der Fragen geht jedoch weder hervor, wer die entsprechenden Antworten verfasste noch wann die Beantwortung erfolgte. Auch eine Unterschrift der antwortenden Person fehlt (Urk. 9/1). Aus diesem Grund erweist sich der entsprechende ärztliche Bericht nicht als zulasten des Beschuldigten verwertbar.

    2. Aussagen

      1. Aussagen der Privatklägerin

        Die Privatklägerin wandte sich nach dem Polizeieinsatz vom 1. September 2015 zunächst an Rechtsanwalt Dr. X3. . Dieser wandte sich mit Schreiben vom

  4. September 2015 wiederum zunächst an die Kantonspolizei St. Gallen, welche die Verhaftung des Partners der Privatklägerin, C. , ursprünglich in Gang setzte. In jenem Schreiben wies Rechtsanwalt Dr. X3. darauf hin, dass bei der gewaltsamen Stürmung der Wohnung der Privatklägerin durch eine Polizeieinheit Glasmobiliar zerschlagen worden sei, ein Teppich Feuer gefangen habe und die Wohnung mithin in heillos chaotischem Zustand hinterlassen worden sei. Zusätzlich wies er darauf hin, dass die Privatklägerin bei jenem Einsatz verletzt worden sei. So habe sie, als sie mehr oder weniger nackt am Boden gelegen sei, von einem der vermummten Polizisten einen Tritt in die Brust erhalten, wodurch sie sich zwei Rippen gebrochen habe (Urk. 1). Dieses Schreiben wurde in der Folge an die Kantonspolizei Zürich weitergeleitet, da diese den in Frage stehenden Einsatz durchgeführt hatte (Urk. 2 S. 1).

    In der Folge wurde die Privatklägerin am 16. Oktober 2015 erstmals polizeilich zur Sache befragt. Zum Vorfall erklärte sie damals, C. und sie seien am schlafen gewesen und hätten dann einen Riesenknall gehört, weshalb sie aufgeschreckt seien. Bei jenem Knall sei die Wohnungstüre aufgebrochen worden. Im nächsten Moment sei eine Blendgranate in das Schlafzimmer geflogen, welche explodiert sei. Es sei alles voller Rauch gewesen (Urk. 7/1 S. 1 f.).

    Die weitere Aussage der Privatklägerin wurde wie folgt protokolliert: In diesem Moment wurde ich von ca. 3 schwarz vermummten Personen, die hysterisch schrien zu Boden Boden geworfen. Diese so protokollierte Aussage wurde von der Vorinstanz in dem Sinne aufgefasst und wiedergegeben, dass die Privatklägerin damit erklärt habe, von ca. drei schwarz vermummten Personen, die hysterisch geschrien hätten, zu Boden geworfen worden zu sein (Urk. 76 S. 11). Demgegenüber brachte der derzeitige Rechtsvertreter der Privatklägerin im Rahmen der Berufungsverhandlung vor, dass die protokollierte Aussage nicht mit dem tatsächlich Gesprochenen in Einklang gebracht werden könne, zumal die Privatklä- gerin diesen Satz sicher nicht mit einer doppelten Erwähnung des Wortes Boden ausgesagt habe. Ausserdem finde sich auch im vorangehend protokollierten Satz ein offensichtlicher Fehler. So stehe im Protokoll geschrieben: ( ) im nächsten Moment folg eine Blendgranate in das Schlafzimmer und explodierte. Dabei habe die Privatklägerin sicher auch nicht folg gesagt. Die doppelte Niederschrift des Wortes Boden mache vielmehr den Anschein, dass die Privatklä- gerin mit ihrer damaligen Aussage habe zum Ausdruck bringen wollen, dass die Polizisten geschrien hätten zu Boden, zu Boden. Weiter erklärte der Privatklä- gervertreter, dass die Privatklägerin ihm gegenüber auch erklärt habe, dass sie sich nicht vorstellen könne, dass sie etwas in dem Sinne gesagt haben könnte, dass sie auf den Boden geworfen worden wäre (Urk. 100 S. 2 f.; Prot. II S. 17). Entgegen der Auffassung des derzeitigen Privatklägervertreters besteht jedoch kein Anlass dazu, von einem Missverständnis des Protokollierenden oder der Vorinstanz auszugehen. Abgesehen davon, dass das Wort Boden doppelt geschrieben steht, liegen keine weiteren Hinweise dazu vor, dass sich die Privatklä- gerin schon in jener Einvernahme - wie später bei der Staatsanwaltschaft

    (Urk. 7/12 S. 3 f.) - dahingehend geäussert haben könnte, dass sie der Aufforderung der Polizei, sich auf den Boden zu legen, nachgekommen sei und diese Aussage versehentlich falsch protokolliert wurde. Vielmehr besteht der Eindruck, dass es sich bei dieser Wortverdoppelung genauso wie bei der Protokollierung von folg statt flog um ein offensichtliches Versehen handelte, welches einem gewissen Zeitdruck bei der Protokollierung zuzuschreiben ist. So korrigierten denn auch weder die Privatklägerin selbst noch ihr in jener Einvernahme anwesender vormaliger Rechtsvertreter den Wortlaut des Protokolls, gemäss welchem sie zu Boden geworfen worden sei (Urk. 7/1 S. 2). Zudem wurde auch weder von ihr noch von ihrem vormaligen Rechtsvertreter bei der Staatsanwaltschaft oder vor Vorinstanz vorgebracht, dass es zu einer fehlerhaften Protokollierung gekommen wäre (Urk. 7/12 S. 1 ff.; Urk. 61). Entsprechendes machte der damalige Rechtsvertreter der Privatklägerin, welcher ihre Aussagen bei der Polizei gehört hatte, insbesondere selbst dann nicht geltend, nachdem der Verteidiger vor Vorinstanz auf den aufgrund dieser Angabe bestehenden Widerspruch in den Schilderungen der Privatklägerin ausdrücklich hingewiesen hatte (Urk. 64 S. 4 ff.;

    Prot. I S. 22 f.). Es bestehen daher keine Zweifel daran, dass die Privatklägerin im Rahmen ihrer polizeilichen Einvernahme erklärte, sie sei von ca. drei schwarz vermummten Personen, welche hysterisch geschrien hätten, zu Boden geworfen worden (Urk. 7/1 S. 2).

    Die Privatklägerin führte zum weiteren Ablauf sodann aus, dass sie, als sie auf dem Boden gelegen sei, einen Fusstritt in die rechte Seite verpasst erhalten habe. Dabei habe sie sogar gehört, wie ihre Rippen gebrochen seien. Sie habe sich dann umgedreht und gesagt: Geht es noch, eine Frau zu treten, die am Boden liegt. Anschliessend seien ihr Handschellen angelegt worden und man habe sie ins Wohnzimmer geschleift und auf das Sofa gesetzt (Urk. 7/1 S. 2). Zu einem späteren Zeitpunkt in jener Einvernahme erklärte sie zudem, dass durch den Polizeieinsatz auch Sachschaden entstanden sei. So sei die Glasfront ihres Kleiderschranks im Schlafzimmer zerborsten, ein Teppich im Schlafzimmer sei wegen der Petarde abgebrannt und auch der Parkett im Schlafzimmer sei verbrannt. Zudem sei die Wohnungstüre aufgebrochen worden und im Wohnzimmer sei eine Glaslampe zu Bruch gegangen (Urk. 7/1 S. 4). Zum weiteren Verlauf jenes Tages erklärte sie, dass sie zunächst im Wohnzimmer habe warten müssen, bis ihr Freund weggebracht worden sei. Dabei habe sie zunächst rund eine Stunde mit Handschellen auf dem Rücken auf dem Sofa sitzen müssen. Aufgrund ihrer Schmerzen sei dann ein Krankenwagen gerufen worden, welcher sie in Begleitung eines Polizisten ins Waidspital gebracht habe. Der Befund habe damals gelautet, dass keine Brüche, sondern eine starke Prellung der Rippen vorgelegen habe. Nachdem sie dann noch an ihren Arbeitsort, ein studio im Kreis , gebracht und dieses Studio durchsucht worden sei, habe sie gehen können (Urk. 7/1

    S. 2). Da sie wegen ihrer Schmerzen fast nicht habe arbeiten können, sei sie am

    1. September 2015 erneut ins Waidspital gegangen. Damals sei dann der Rippenserienbruch (Rippe 6 - 8) festgestellt worden. Um arbeiten zu können, habe sie Morphium erhalten (Urk. 7/1 S. 2).

      Am 19. Dezember 2016 wurde die Privatklägerin in Anwesenheit des Beschuldigten durch die Staatsanwaltschaft einvernommen. Dabei schilderte sie erneut, dass C. und sie am fraglichen Morgen um ca. 05.30 Uhr durch einen lauten Knall geweckt worden seien. Ihr Freund und sie seien aufgestanden. In jenem Augenblick sei eine Rauchpetarde in ihr Schlafzimmer geflogen und unmittelbar neben ihrem Glasschrank explodiert, so dass die Glastüre des Schranks in die Brüche gegangen sei und Scherben herumgeflogen seien. Hinter der Rauchbombe seien dann gleich mehrere Polizeibeamte in Vollmontur entgegengekommen. Weiter erklärte sie, dass es sehr laut geworden sei, als sie ins Zimmer gekommen seien. Es sei geschrien worden auf den Boden, auf den Boden. Sie sei wie unter Schock gestanden (Urk. 7/12 S. 3). Sie habe sich mit ausgestreckten Armen auf den Boden gelegt. Als sie dann mit dem Bauch und ausgestreckten Armen auf dem Boden gelegen sei, habe sie einen Tritt in die rechte Rippenseite gespürt. Sie sei dann liegen geblieben, habe ihren Kopf leicht nach oben gehoben und gesagt: Gahts eigentli no, e Frau, wo am Bode lit, ginge. Auf Nachfrage gab sie an, dass ihr dann auf dem Rücken Handschellen angezogen worden seien und sie ins Wohnzimmer gebracht worden sei. Auf die Frage, wie lange sie etwa dort gewesen sei, erklärte sie, dass ihr Zeitgefühl irgendwie ausgesetzt habe. Sie hätte Schmerzen in der Rippengegend gehabt und überdies habe sie das Problem gehabt, dass sie direkt aus dem Bett gekommen sei und daher nur leicht bekleidet gewesen sei (Urk. 7/12 S. 4). Im weiteren Verlauf der Einvernahme erklärte sie, dass der Tritt erfolgt sei, nachdem sie bereits schon sicher eine Minute mit ausgestreckten Armen auf dem Boden gelegen sei (Urk. 7/12 S. 5). Die Frage, ob sie gesehen habe, von wem sie den Tritt erhalten habe, beantwortete sie damit, dass sie nur sagen könne, dass mehrere Polizisten im Zimmer in Reih und Glied gestanden seien, wobei sich zwei Polizisten in ihrer Nähe befunden hätten, sie diese

      aber nicht mehr wiedererkennen könnte, da sie lediglich ihre Augen gesehen habe (Urk. 7/12 S. 5).

        1. Aussagen des Beschuldigten

          Der Beschuldigte liess der Staatsanwaltschaft ca. im Juli 2016 über seinen Verteidiger mitteilen, dass er unter Umständen die gesuchte Person sei (Urk. 13). In der Folge wurde der Beschuldigte am 19. Dezember 2016 und mithin über ein Jahr nach dem Vorfall erstmals durch die Staatsanwaltschaft zur Sache befragt (Urk. 7/10). Zunächst erklärte der Beschuldigte, dass er sich noch daran erinnern könne, dass der damalige Einsatzbefehl gelautet habe, die zwei Zielpersonen,

          C. und die Privatklägerin, zu verhaften. Ausserdem könne er sich daran erinnern, dass vorgängig auf die besondere Gefährlichkeit von C. sowie darauf, dass dieser relativ kräftig sei und er sich mit Messern auskenne, hingewiesen worden sei (Urk. 7/10 S. 2 f.). Weiter erklärte der Beschuldigte, dass er damals der erste Mann der Einheit gewesen sei, der ins Objekt hineingegangen sei (Urk. 7/10 S. 3). Er sei quasi der Sicherungsmann gewesen und habe ein Schild vor seinem Körper gehalten (Urk. 7/10 S. 4). Zum genauen Ablauf, was geschehen sei, nachdem er die Wohnung betreten habe, gab der Beschuldigte an, dass er am Ende des Ganges eine männliche Person beim Schlafzimmer stehen gesehen habe. Diese Person habe sich dann ins Schlafzimmer zurückgezogen. Er selbst sei sofort durch die ganze Wohnung direkt ins Schlafzimmer gerannt

          (Urk. 7/10 S. 5). Auf entsprechende Nachfragen erklärte er, C. sei rechts vor dem Bett gestanden und die Privatklägerin links von ihm (Urk. 7/10 S. 6). Weiter erklärte er, dass sie bereits beim Betreten der Wohnung Polizei gerufen hät- ten. Dies hätten sie dann noch einmal gemacht, als sie quasi Täterkontakt gehabt hätten. Dann hätten sie beiden verbal befohlen, sich auf den Boden zu legen.

          C. habe sich nicht auf den Boden, sondern bäuchlings auf das Bett gelegt und die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Demgegenüber habe die Privatklägerin gar nichts gemacht (Urk. 7/10 S. 6). Auf die Frage, wie dies zu verstehen sei, gab der Beschuldigte an, dass er bzw. sie die Privatklägerin angeschrien und gerufen hätten Polizei, auf den Boden, sie aber einfach stehen geblieben sei. Auf weitere Nachfrage, wie lange sie stehen geblieben sei, gab er an, keine Zeit nennen zu können, es ihm aber auf jeden Fall lange vorgekommen sei. Als er dann gemerkt habe, dass sie auf seine verbalen Aufforderungen nicht reagiere, sei ihm dies komisch vorgekommen. Da sie so stehend nach wie vor eine Gefahr dargestellt habe, habe er sie zu Fall gebracht. Auf weitere Nachfrage erklärte er sodann, dass er einen geraden Fusstritt in ihre Hüftgegend ausgeführt habe und sie daraufhin zu Boden gegangen sei. Sie sei dann nach hinten sitzend zu Boden gegangen, sofern er sich richtig erinnere. In jener Position sei sie dann einen Augenblick verharrt, worauf ein vierter Mann gekommen sei, sie gepackt und nach draussen geführt habe. Daraufhin wurde der Beschuldigte ersucht, erneut zu schildern, in welcher Position die Privatklägerin am Boden verharrt habe, bis sie nach draussen geführt worden sei. Diesbezüglich erklärte der Beschuldigte, dass sie auf dem Hintern auf dem Boden gesessen sei und eine Position zwischen aufrecht sitzend und liegend gehabt habe (Urk. 7/10 S. 7). Im weiteren Verlauf der Einvernahme wurde er gefragt, wo genau er die Privatklägerin mit seinem Fuss getroffen habe. Diesbezüglich gab er an, zu glauben, sie auf der rechten Seite, irgendwo im Bereich der Hüften getroffen zu haben. Ebenfalls auf Nachfrage erklärte er, den Fuss benutzt zu haben, da er die Hände mit dem Schild und der Waffe voll gehabt habe (Urk. 7/10 S. 8). Zum Tritt erklärte er auf weitere Nachfrage, dass er diesen bereits einmal in der Polizeischule ausgeführt habe (Urk. 7/10

          S. 9). Weiter führte er aus, dass er den Tritt mit seinem linken Bein, welches sein schwächeres sei, ausgeführt habe. Dieses habe er eingesetzt, weil er mit diesem bereits leicht nach vorne gestanden sei und es schnell habe gehen müssen. Ausserdem habe er in seiner Ausrüstung ohnehin nicht viel Bewegungsspielraum gehabt. Zur Ausrüstung erklärte er zudem, dass er die normalen Kampfstiefel getragen habe, die man bei der Polizei trage (Urk. 7/10 S. 9). Es habe sich sodann um einen schwachen Tritt gehandelt, der mit seinem schwächeren Bein ausgeführt worden sei. Überdies lasse sich der Tritt mit der ganzen Ausrüstung gar nicht stark ausführen (Urk. 7/10 S. 10). Ziel des Trittes sei gewesen, dass die Privatklägerin zu Boden gehe, da ein Täter nicht mehr gefährlich oder weniger gefährlich sei, wenn er am Boden liege und sein Handlungsspielraum so auch eingeschränkt sei (Urk. 7/10 S. 10). Auf konkrete Nachfrage erklärte er sodann, dass es zwar nicht vordefiniert gewesen sei, dass er hätte dafür sorgen müssen, dass die

          Privatklägerin zu Boden gehe. In der konkreten Situation habe sich dies aber so ergeben und es sei seine Aufgabe gewesen (Urk. 7/10 S. 10). Weiter erklärte er, dass er am Rande mitbekommen habe, dass sie sich in dem Sinne geäussert habe, dass ihr etwas weh tue (Urk. 7/10 S. 8). Der Beschuldigte erklärte schliesslich, dass es nach dem Einsatz noch ein Debriefing gegeben habe, welches von

          F. geleitet worden sei. Dort sage jeweils jeder, was gut und was schlecht gelaufen sei. Auf die Frage, was gut gelaufen sei, gab der Beschuldigte dann alles zur Antwort. Weiter wurde er gefragt, ob der Tritt in die Hüfte der Privatklägerin in irgendeiner Form zur Diskussion gestanden sei. Dazu erklärte er, dass dieser nicht eigentlich zur Diskussion gestanden sei. Er aber davon erzählt habe, weil es sozusagen niemand mitbekommen habe (Urk. 7/10 S. 11 f.). Er habe die Situation und seine Beweggründe geschildert. Kritik habe es deswegen keine gegeben (Urk. 7/10 S. 12). Auf Nachfrage gab er auch an, Thaiboxen auszuüben (Urk. 7/10 S. 13). Schliesslich erklärte er auf entsprechenden Vorhalt, dass er sich nicht vorstellen könne, dass sein Tritt bei der Privatklägerin eine Rippenfraktur verursacht habe (Urk. 7/10 S. 13).

          Am 26. Juli 2017 fand die Schlusseinvernahme des Beschuldigten statt. Auf den ihm gemachten Vorhalt angesprochen, er hätte ein milderes Mittel, insbesondere ein Schubsen mit dem Schild anwenden können, erklärte der Beschuldigte, dass er das mildeste zielführende Mittel angewendet habe. Für ein Schubsen mit dem Schild hätte er zu nahe an die Person herantreten müssen, was für ihn gefährlich wäre (Urk. 7/17 S. 4). Was die zweite Anklagesachverhaltsvariante betrifft, welche im Wesentlichen auf den Angaben der Privatklägerin gründet, gab der Beschuldigte an, dass diese absolut nicht zutreffe. Ferner nehme er mit Irritation zur Kenntnis, dass er ihr anscheinend die Handschellen angelegt haben solle. Das stehe nirgends in den Akten (Urk. 7/17 S. 5). Die Frage, ob er die Privatklägerin noch in irgendeiner Form berührt oder mit ihr Kontakt gehabt habe, als diese am Boden gelegen sei, verneinte der Beschuldigte. Er habe die Hände voll gehabt. Ausserdem wäre es ihm im Traum nicht in den Sinn gekommen, eine Person, die am Boden liege, noch in irgendeiner Form anzugehen (Urk. 7/17 S. 5).

          Anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung vom 11. Juni 2018 bestätigte der Beschuldigte, dass der Tritt damals das mildeste zielführende Mittel gewesen sei. Ausserdem fügte er an, dass er dies jederzeit wieder machen würde (Prot. I

          S. 14). Auf den Vorhalt, dass die Staatsanwaltschaft geltend mache, er hätte die Privatklägerin schubsen können, statt sie zu treten, wiederholte er, dass ein Stoss mit dem Schild gefährlich gewesen wäre, wenn er die Distanz hätte überwinden müssen. Durch den Tritt habe er hingegen eine geringe Sicherheitsdistanz, welche er brauche. Bei einem Stoss könne sie ihn packen, was für ihn nicht gut sei. Ausserdem wisse er nicht, wie sich die Staatsanwältin dies vorstelle. Er habe einen Schild am Unterarm gehabt. Es sei nicht einfach, damit einen solchen Stoss auszuführen, zumal er nicht sicher sein könne, dass die Privatklägerin in der Folge auch umfallen würde. Es könne auch hinsichtlich des immensen Verletzungsrisikos nicht im Interesse der Staatsanwaltschaft sein, dass er mit dem Unterarm, gestärkt durch den Schild, einen Stoss gegen die Privatklägerin ausgeübt hätte, da mit diesem auch schwere Verletzungen zugefügt werden könnten. In der anderen Hand habe er eine Waffe gehalten, welche ebenfalls eine Gefahr dargestellt hätte, wenn er damit zu nahe an die Privatklägerin herangegangen wäre (Prot. I

          S. 15). Zur zweiten Anklagevariante erklärte er erneut, dass es ihm im Traum nicht in den Sinn käme, eine Person, die am Boden liegt und sich ergeben hat, noch anzugehen (Prot. I S. 17).

          Im Rahmen der Berufungsverhandlung wiederholte der Beschuldigte seine bisherige Darstellung. Er erklärte erneut, dass die Privatklägerin den Anweisungen, sich auf den Boden zu legen, keine Folge geleistet habe und er sie daher zu Boden habe bringen müssen. Zudem bestritt er weiterhin, dass die Rippenbrüche der Privatklägerin durch seinen Vorwärtsfusstritt in ihren Hüftbereich hervorgerufen worden seien (Prot. II S. 11 ff.).

        2. Aussagen von C.

          Im Rahmen der vorinstanzlichen Hauptverhandlung vom 11. Juni 2018 wurde

          C. als Zeuge einvernommen. Den Vorfall vom 1. September 2015 schilderte er so, dass die Polizei die Wohnung gestürmt habe und die Polizisten wild auf den Boden, auf den Boden herumgeschrien hätten. Die Privatklägerin sei zu Boden gegangen, er aber nicht, da er eine Rückenoperation gehabt habe. Er habe gedacht, dass es nicht gut wäre, wenn er auf dem Bauch liegen würde und sie ihm mit dem Knie in die Operationsnarbe drücken würden. Er habe sich daher auf das Bett gelegt. Sie hätten ihn dann arretiert. Er habe noch gehört, wie die Privatklägerin geschrien habe: Gaht's no, e Frau wo am Bode liit go ginge. Er bestä- tigte weiter, dass sie erst erwacht seien, als die Polizei die Wohnung gestürmt habe. Sie seien dann aber gleich aufgestanden und seien daher auch nicht mehr im Bett gewesen, als die Polizisten ins Schlafzimmer gekommen seien (Urk. 59

          S. 4). Auf Nachfrage bestätigte er, dass er mit dem Bauch nach unten auf dem Bett gelegen sei. Den Kopf habe er etwas abgedreht, damit er Luft bekommen habe. Die Privatklägerin habe er nicht sehen können, aber sie sei schon vor ihm auf den Boden gegangen. Danach habe er nichts mehr gesehen. Auf konkrete Nachfrage bestätigte er ausdrücklich, dass er gesehen habe, dass sie vor ihm auf den Boden gegangen sei. Die weitere Frage, wie sie auf den Boden gegangen sei, beantwortete er damit, dass sie sich sofort auf den Bauch gelegt habe. Dazu fügte er an, dass die Polizei ja geschrien habe auf den Boden, auf den Boden (Urk. 59 S. 5). Weiter gab er auf Nachfrage an, dass sie sich neben den Schrank, auf der linken Seite, wenn man das Zimmer betrete, hingelegt habe (Urk. 59 S. 6). Im Rahmen seiner Ergänzungsfragen forderte der Verteidiger C. auf, nochmals zu schildern, wie die Privatklägerin zu Boden gegangen sei. Er erklärte daraufhin, dass die Privatklägerin in Panik gewesen sei, als die Polizei hereingestürmt sei und auf den Boden, auf den Boden geschrien habe, und sei sofort auf den Boden gegangen. Sie sei selbständig zu Boden gegangen, das heisse, er habe ihr keinen Tritt verpasst oder sonst irgendetwas. Auf Vorhalt der Aussage der Privatklägerin, sie sei von drei Beamten zu Boden geworfen worden, erklärte C. , dass er das nicht gesehen habe und er das nicht sagen könne. Die Vorderrichterin erkundigte sich anschliessend bei C. , ob es zutreffe, dass er nicht sagen könne, ob die Privatklägerin von drei Personen zu Boden geworfen worden sei. Dazu erklärte dieser, dass er das nicht gesehen habe. So viel er wisse, sei sie selbständig auf den Boden gegangen und sei dann auf dem Boden gelegen. Er könne nichts sagen, das er nicht wisse und wobei er sich nicht sicher sei (Urk. 59 S. 9).

        3. Aussagen der Polizeibeamten

Im Juli und August 2016 fanden bei der Kantonspolizei Zürich Einvernahmen der beim Polizeieinsatz vom 1. September 2015 beteiligten Polizeibeamten als Auskunftspersonen statt, um herauszufinden, welche dieser Personen sachdienliche Angaben zum Vorwurf der Privatklägerin machen könnten (Urk. 7/2-9). Im Rahmen dieser Einvernahmen stellte sich sodann heraus, dass die Polizeibeamten G. , H. , I. und J. zur fraglichen Zeit im Schlafzimmer der Privatklägerin im Einsatz waren (Urk. 7/5 S. 2; Urk. 7/6 S. 2; Urk. 7/8 S. 2;

Urk. 7/9 S. 2).

G. und H. wurden in der Folge am 9. Mai 2017 und I. sowie J. am 12. Juni 2017 und mithin knapp zwei Jahre nach dem in Frage stehenden Vorfall als beschuldigte Personen durch die Staatsanwaltschaft befragt (Urk. 7/13-16).

G. erklärte in jener Einvernahme, dass er damals als zweiter nach dem Be-

schuldigten die Wohnung betreten habe (Urk. 7/13 S. 5). Weiter erklärte er, sich erinnern zu können, dass darauf hingewiesen worden sei, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Zielperson bewaffnet sei, hoch sei. Hinsichtlich des damals erteilten mündlichen Einsatzbefehls gab er hingegen an, dass er sich daran nicht mehr erinnere und dies reine Spekulation wäre (Urk. 7/13 S. 3). Zum Ablauf in der Wohnung führte er aus, dass er noch vage in Erinnerung habe, dass sie davon ausgegangen seien, dass sich die Zielperson in der Verlängerung der Wohnungseingangstüre in jenem Zimmer befunden habe. Er habe aber nicht so genau dorthin gesehen, da der Beschuldigte relativ gross sei (Urk. 7/13 S. 5). Ob die Frau, die noch im Zimmer gewesen sei, auch arretiert worden sei, wisse er nicht. Eine Antwort wäre reine Spekulation. Auf die Frage, ob er sich erinnern könne, ob die Privatklägerin auch aufgefordert worden sei, sich auf den Boden oder auf das Bett zu legen, gab G. an, dass er sich nicht mehr daran erinnern könne. Er könne sich nur noch daran erinnern, dass der Beschuldigte mit etwas beschäftigt gewesen sei und deshalb nicht zur Zielperson habe vorstossen können. Deshalb habe er das vornehmen müssen (Urk. 7/13 S. 6). Er erklärte sodann, weder gesehen zu haben, dass der Beschuldigte die Privatklägerin in den Hüftbereich getreten habe, als diese noch gestanden sei, noch dass dieser sie getreten hätte, als diese bereits am Boden gelegen sei (Urk. 7/13 S. 7). Ob sich die Privatklägerin direkt über einen allfälligen Tritt in die Rippengegend beschwert habe, wisse er nicht, da er mehr oder weniger nichts mit ihr zu tun gehabt habe (Urk. 7/13 S. 8). Auf die Frage, ob er sich daran erinnern könne, ob er den Beschuldigten einen Fusskick auf Rippenhöhe habe ausführen gesehen, verneinte er dies. Dazu fügte er an, dass er auch ziemlich sicher sei, dass er so etwas nicht hätte sehen kön- nen, da der Beschuldigte vor ihm gestanden sei und dieser auch grösser sei als er. Ausserdem sei er auf die Zielperson, C. , fixiert gewesen (Urk. 7/13 S. 9).

Auch H.

erklärte in seiner staatsanwaltschaftlichen Einvernahme, dass da-

mals von einer gefährlichen und bewaffneten Täterschaft ausgegangen worden sei, wenn er sich richtig erinnere (Urk. 7/14 S. 3). Er habe die Wohnung damals an dritter oder vierter Position betreten (Urk. 7/14 S. 4). Er sei für die Privatklägerin zuständig gewesen. Sie sei ihm zugeteilt worden, als er das Schlafzimmer betreten habe (Urk. 7/14 S. 5). Auf Nachfrage erklärte er, dass sie sich in der Verlängerung des Ganges im Schlafzimmer vor der Wand oder einem Schrank befunden habe, als er das Schlafzimmer betreten habe. Weiter wurde er gefragt, in welcher Position er die Privatklägerin dort angetroffen habe. Dazu gab er an, dass sie sitzend oder kauernd gewesen sei (Urk. 7/14 S. 5 f.). H. erklärte auf weiteres Befragen, dass die Privatklägerin herumgeschrien und geschimpft habe, worauf er ihr dann gesagt habe, sie solle sich beruhigen. Daran, was sie genau gesagt habe, könne er sich aber nicht mehr erinnern. Anschliessend antwortete er auf die Frage, ob er die Privatklägerin zu einem Zeitpunkt auf dem Schlafzimmerboden liegend gesehen habe, dass dies nicht so gewesen sei, soweit er sich erinnern könne (Urk. 7/14 S. 7). Im weiteren Verlauf der Einvernahme bejahte er, dass der Privatklägerin dann Handschellen angezogen worden seien. Er gab auch an, dass er davon ausgehe, dass er es gewesen sei, der ihr das Schliesszeug angezogen habe (Urk. 7/14 S. 8). Ausserdem verneinte er, gesehen zu haben, wie jemand die Privatklägerin getreten hätte (Urk. 7/14 S. 8). Als er im weiteren Verlauf der Einvernahme dann gefragt wurde, ob sich die Privatklägerin über Schmerzen in der Rippengegend beklagt habe, gab er an, dass sie ihre untere Rippengegend gehalten und gesagt habe, sie hätte Schmerzen. Wo ihre Hand

genau gewesen sei, könne er aber nicht mehr genau sagen. Er habe dann geschaut, ob sie irgendwie blute. Als dies nicht der Fall gewesen sei, habe er sie beruhigt und gesagt, dass dies nachher angeschaut würde (Urk. 7/14 S. 9). Auch gab er an, dass die Privatklägerin, soweit er sich erinnern könne, kein Thema im Debriefing gewesen sei (Urk. 7/14 S. 11). Weiter bestätigte er auf entsprechende Nachfrage, dass im Wohnzimmer etwas beschädigt worden sei. Was es gewesen sei, wisse er nicht mehr. Es habe aber Scherben gegeben (Urk. 7/14 S. 11).

In seiner staatsanwaltschaftlichen Einvernahme gab auch I.

zunächst an,

dass die Gruppe K. aufgrund der erhöhten Gefährdung für den fraglichen Einsatz beigezogen worden sei. Zusätzlich erklärte er, dass er damals Gruppenführer gewesen sei (Urk. 7/15 S. 2 f.). Dabei sei es seine Aufgabe gewesen, die Einteilung der Polizeibeamten vorzunehmen. Er selbst habe die Wohnung dann an fünfter Stelle betreten (Urk. 7/15 S. 3). Auf die Frage, was bei jenem Einsatz in Bezug auf die Privatklägerin festgelegt worden sei, erklärte I. , dass nichts spezielles festgelegt worden sei, es bei ihnen aber Standard sei, dass sie wollen würden, dass alle Anwesenden unter Kontrolle seien und sie diese auch fesseln würden, wenn sie in eine Wohnung gehen (Urk. 7/15 S. 4). Zur Situation, die er angetroffen habe, als er das Zimmer betreten habe, erklärte er, dass von der Türe aus gesehen in seinem linken Blickwinkel eine Frau gestanden sei und einer seiner Kollegen bei ihr gestanden sei. Sein Augenmerk habe er dann auf die Verhaftung der Zielperson gerichtet. Dort seien die Kollegen gerade daran gewesen, die Zielperson zu verhaften (Urk. 7/15 S. 5). Er wurde auch dazu befragt, ob es bei der Sicherung der Privatklägerin Probleme gegeben habe. Diesbezüglich erklärte er, dass es aus seiner Sicht keine Probleme gegeben habe. Als sie wieder in der Kaserne eingetroffen seien, sei ihm von einem Stationierten telefonisch mitgeteilt worden, dass die Privatklägerin über Schmerzen klagen würde und sie mit der Sanität ins Spital gebracht werde. Gestützt auf diesen Anruf habe er dann auch seine Gruppe gefragt, ob jemand etwas wisse. Der Beschuldigte habe in der Folge gesagt, dass er bei der Frau gestanden sei und er sie nach mehrmaliger mündlicher Aufforderung, sich auf den Boden zu legen, habe mit einem Fusstritt zu Boden bringen müssen (Urk. 7/15 S. 6). Auf die Frage, weshalb er sie habe zu Boden bringen müssen, erklärte I. , dass das bei ihnen normal sei. Sie würden die Personen jeweils zu Boden befehlen, damit sie sie fesseln könnten und sie die Lage wieder unter Kontrolle hätten (Urk. 7/15 S. 6 f.).

J. gab anlässlich der Einvernahme vom 12. Juni 2017 an, dass er nicht

mehr genau sagen könne, welche Position er bei jenem Einsatz inne gehabt habe, er aber im hinteren Teil der Gruppe gewesen sei. Auch er erklärte, dass sie, soweit er sich erinnern könne, im Briefing betreffend die Gefährlichkeit von

C. gewarnt worden seien (Urk. 7/16 S. 3). Er schilderte die Situation, als er das Schlafzimmer betreten habe, so, dass er von der Türe aus gesehen habe, dass die Zielperson rechts auf dem Bett gelegen sei und eine Person von der Interventionseinheit neben ihm gewesen sei. Er habe dann als Unterstützung mit dem bereits anwesenden Interventionisten die Zielperson arretiert. Dass es noch weitere Personen im Schlafzimmer gehabt habe, habe er dann erst später mitbekommen. Diesbezüglich wurde er gefragt, wann später gewesen sei. Er erklärte, dass er das nicht sagen könne. Er sei auf die Zielperson fokussiert gewesen und habe gesehen, dass es ihn dort brauche. Irgendwann im Verlauf, als die Wohnung sicher gewesen sei, habe er dann mitbekommen, dass noch eine weitere Person anwesend gewesen sei (Urk. 7/16 S. 5). Daran, was dann im Debriefing besprochen worden sei, könne er sich nicht mehr erinnern (Urk. 7/16 S. 7).

  1. Beweiswürdigung

    1. Glaubwürdigkeit der Privatklägerin und Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen

      1. Was die Glaubwürdigkeit der Privatklägerin betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass sich der von ihr erhobene Vorwurf des Tritts in ihre Rippen ursprünglich nicht ausdrücklich gegen den Beschuldigten richtete. Hinweise darauf, dass sie dem Beschuldigten feindlich gesinnt sein und ihn aus diesem Grund zu Unrecht belastet haben könnte, liegen daher keine vor. Hingegen ist bei der Würdigung ihrer Aussagen zu berücksichtigen, dass sie Schadenersatzund Genugtuungsansprü- che gegen den Beschuldigten geltend machen liess und sie mithin finanzielle Interessen am Ausgang des Verfahrens hat. Dabei ist entgegen dem Vorbringen ihres Rechtsvertreters unerheblich, dass nicht sie ursprünglich Strafanzeige erhoben hatte, sondern die Strafuntersuchung auch ohne ihre explizite Strafanzeige eröffnet wurde (Urk. 2 S. 1; Urk. 100 S. 3, Prot. I S. 18 f.). So erstattete sie später dennoch ausdrücklich eine Anzeige bzw. stellte einen Strafantrag und konstituierte sich zudem als Privatklägerin, als welche sie sodann auch finanzielle Ansprü- che geltend machte (Urk. 2 S. 2; Urk. 7/1 S. 4; Urk. 11/3). Der Polizeieinsatz war aufgrund der gesamten Umstände schockierend für sie. Sie macht geltend, schmerzhafte Verletzungen aus dem Einsatz davongetragen zu haben, was ihre Haltung gegenüber der Polizei belasten kann. Zudem ist zu beachten, dass der Polizeieinsatz in ihrer Wohnung und an ihrem Arbeitsort auch von ihren Nachbarn nicht unbemerkt blieb. Darauf, dass sie deswegen Probleme gehabt und Kunden verloren habe, wies sie auch von sich aus hin (Urk. 7/12 S. 7). Dass für sie die Wahrung ihres Ansehens ein Motiv dargestellt haben könnte, um den Polizeieinsatz zumindest als teilweise ungerechtfertigt erscheinen zu lassen, ist daher bei der Würdigung ihrer Aussagen ebenfalls zu berücksichtigen. Dieser Umstand sowie ihre finanziellen Interessen begründen zwar nicht per se Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit, jedoch sind diese Umstände bei der Beweiswürdigung einzubeziehen.

      2. Die Angaben der Privatklägerin dazu, wie sie den Polizeieinsatz vom 1. September 2015 wahrgenommen hatte, sind grundsätzlich konstant. Ihre Kernaussagen aus ihrer polizeilichen und ihrer staatsanwaltschaftlichen Einvernahme stimmen denn auch mit den Angaben überein, welche dem unmittelbar nach dem Vorfall verfassten Schreiben von Rechtsanwalt lic. iur. X3. vom 4. September 2015 zu entnehmen sind. Was den Ablauf des Geschehens bis zum Zeitpunkt, als die Polizeibeamten das Schlafzimmer betreten hatten, sowie ab dem Zeitpunkt, als die Privatklägerin ins Wohnzimmer gebracht wurde, betrifft, stimmen ihre Angaben denn auch mit denjenigen der übrigen Befragten überein. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass auch ihre übrigen Beanstandungen unwidersprochen blieben. So beanstandete sie neben dem Tritt in ihre Brust, als sie am Boden gelegen sei, weitere Vorfälle im Zuge des Polizeieinsatzes. Sie brachte beispielsweise vor, es seien der Parkettboden sowie die Glasfront ihres Schrankes beschädigt worden. Auch beschwerte sie sich darüber, dass bei jenem Einsatz keine Frau anwesend gewesen sei und man ihr erst spät Gelegenheit dazu gegeben habe, sich anzuziehen und sie auf diese Weise lange Zeit nur leicht bekleidet in

        ihrer Nachtwäsche auf dem Sofa habe ausharren müssen. Ihre diesbezüglichen Angaben wurden nicht bestritten und was die Scherben betrifft, die es gemäss der Privatklägerin gegeben habe, wurden ihre Angaben auch ausdrücklich vom Polizeibeamten H. bestätigt (Urk. 7/14 S. 11). Am Wahrheitsgehalt ihrer diesbezüglichen Angaben bestehen somit keine Zweifel. Was den durch den Beschuldigten bestrittenen Kerngehalt der Anklagesachverhaltsvariante 2 bzw. den Tritt in ihre Brust zum Zeitpunkt, als sie bereits am Boden gelegen sei, betrifft, weisen ihre Aussagen jedoch einen Widerspruch auf. So beschrieb sie die Situation in ihrer polizeilichen Einvernahme vom 16. Oktober 2015 so, dass sie im Schlafzimmer von ca. drei schwarz vermummten Personen, die hysterisch geschrien hätten, zu Boden geworfen worden sei, bevor sie dann am Boden liegend in die rechte Seite getreten worden sei (Urk. 7/1 S. 2). Anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 19. Dezember 2016 gab sie dann aber an, dass sie sich entsprechend der Aufforderung der Polizisten von sich aus mit ausgestreckten Armen auf den Boden gelegt habe, bevor der Tritt erfolgt sei

        (Urk. 7/12 S. 4). In Anbetracht dessen, dass ihre erste geschilderte Variante, wonach sie von ca. drei Polizisten zu Boden gestossen worden sei, von einer gewissen Dramatik geprägt ist, ist kaum vorstellbar, dass sie den Umstand, umgestossen worden zu sein, bis zu ihrer staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vergessen haben könnte. Auch besteht ein wesentlicher Unterschied darin, ob sie nun umgestossen wurde oder ob sie sich ohne Fremdeinwirkung auf den Boden gelegt hat. Zu beachten ist zudem, dass ihre staatsanwaltschaftliche Einvernahme unmittelbar nach der ersten Einvernahme des Beschuldigten, anlässlich welcher er erstmals behauptete, die Privatklägerin habe sich seiner Aufforderung, sich auf den Boden zu legen, widersetzt, stattfand. Vor diesem Hintergrund entsteht vielmehr der Eindruck, dass es sich bei ihrer neuen Darstellung um einen Versuch handelte, ihr eigenes Verhalten so darzustellen, dass dieses zu keinen Beanstandungen Anlass hätte geben können. Gerade da dieser Widerspruch den Kerngehalt des Anklagesachverhalts betrifft, bestehen daher Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer diesbezüglichen Angaben.

    2. Glaubwürdigkeit des Beschuldigten und Glaubhaftigkeit seiner Aussagen

      1. Als direkt durch das Verfahren Betroffener hat der Beschuldigte ein legitimes Interesse an einem für ihn günstigen Ausgang des Verfahrens, insbesondere auch da sich der angeklagte Vorfall im Rahmen seiner Berufsausübung ereignete. Insofern sind seine Aussagen mit einer gewissen kritischen Zurückhaltung zu würdigen. Dennoch ist seine Glaubwürdigkeit aber nicht von vornherein zweifelhaft.

      2. Der Beschuldigte schilderte seine Sicht des Polizeieinsatzes vom 1. September 2015 im Laufe des Verfahrens grundsätzlich konstant und schlüssig. Ausserdem enthalten seine Angaben auch Umschreibungen seiner Gedankengänge, die er zum Zeitpunkt des Einsatzes hatte. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich jeweils um naheliegende Anmerkungen handelte, wie beispielsweise, dass es ihm komisch vorgekommen sei, dass die Privatklägerin so lange stehen geblieben sei und sie stehend nach wie vor eine Gefahr dargestellt habe (Urk. 7/10 S. 7), und diesen daher keine besondere Originalität zukommt. Zu beachten ist weiter, dass der Beschuldigte erst mehr als ein Jahr nach dem Vorfall erstmals zur Sache befragt wurde. In der Zwischenzeit und insbesondere auch in der Zeit, die seit dem Zeitpunkt, als er durch seinen Verteidiger mitteilen liess, dass er die gesuchte Person sein könnte, bis zur Einvernahme verstrich, hätte für ihn grundsätzlich die Möglichkeit bestanden, sich eine für ihn möglichst günstige Darlegung der Ereignisse zurechtzulegen. Seitens der Privatklägerschaft wird denn auch in den Raum gestellt, dass er sie eigentlich brutal getreten habe und er dies zwar nicht habe zugeben wollen, er gleichzeitig aber auch seine Kollegen aus dem Schussfeld habe nehmen wollen und er daher - weil er etwas zu verbergen habe - diese Geschichte erfunden habe (Urk. 61 S. 13, 16; Urk. 100 S. 6 f., Prot. II S. 20). Dem ist jedoch zu entgegnen, dass der Beschuldigte selbst erklär- te, dass sozusagen niemand seinen Tritt gegen die Privatklägerin mitbekommen habe (Urk. 7/10 S. 12). Wie sich aufgrund der Aussagen der übrigen Polizeibeamten zeigt, hat sich diese Angabe des Beschuldigten auch bewahrheitet. Auch über einen Tritt des Beschuldigten gegen die am Boden liegende Privatklägerin wurde nicht berichtet. Vor diesem Hintergrund wäre dann, wenn der Beschuldigte die Privatklägerin tatsächlich getreten hätte, als sie bereits auf dem Boden lag und er sich daher einer gewissen Schuld bewusst gewesen wäre, viel eher zu erwarten

        gewesen, dass er es hätte darauf ankommen lassen und er sich mithin nicht von sich aus gemeldet und auch den Tritt gegen ihre Hüfte nicht erwähnt hätte, um sich gar nicht erst dem Risiko eines entsprechenden Verdachts auszusetzen. Auch aus dem Umstand, dass sich der Beschuldigte von sich aus bei der Staatsanwaltschaft als mögliche gesuchte Person meldete, lässt sich somit nichts ableiten, was die Glaubhaftigkeit seiner Angaben in Frage zu stellen vermöchte.

    3. Glaubwürdigkeit von C. und Glaubhaftigkeit seiner Aussagen

      1. C. ist vom vorliegenden Strafverfahren nicht direkt betroffen. Er war jedoch zum Zeitpunkt des Vorfalls in einer Beziehung mit der Privatklägerin. Zwar erklärte er vor Vorinstanz, dass er keine Angaben dazu machen wolle, ob sie noch immer ein Paar seien (Urk. 59 S. 2), der Umstand, dass zwischen ihnen zumindest zum Tatzeitpunkt ein besonderes Näheverhältnis bestanden hatte, ist jedoch bei der Würdigung seiner Aussagen zu berücksichtigen. Was sein Verhältnis zum Beschuldigten betrifft, erklärte er vor Vorinstanz, dass er zu diesem in keiner Beziehung stehe (Urk. 59 S. 2). Dafür, dass C. dem Beschuldigten gegen- über aus persönlichen Gründen feindselig gestimmt gewesen sein könnte und er ihn deshalb zu Unrecht belastet haben könnte, liegen somit keine Anhaltspunkte vor. Hingegen ist zu beachten, dass C. selbst Zielperson der in Frage stehenden Polizeiintervention war und er der Polizei aus diesem Grund möglicherweise generell kritisch gegenübersteht. Auch was ihn betrifft, stellen sein Näheverhältnis zur Privatklägerin und eine mögliche abneigende Haltung der Polizei gegenüber jedoch noch keine Gründe dar, per se an seiner Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Diese Umstände sind jedoch bei der Würdigung seiner Aussagen nicht ausser Acht zu lassen.

      2. Auch C. gab den Ablauf des Polizeieinsatzes vom 1. September 2015 grundsätzlich mit den übrigen Befragten übereinstimmend wieder. Hinsichtlich der zu klärenden Fragen, ob die Privatklägerin der Aufforderung der Polizei, sich auf den Boden zu legen, nachgekommen war und zu welchem Zeitpunkt sie von einem Mitglied des Polizeikommandos getreten wurde, entsprechen seine Angaben denjenigen der Privatklägerin. Insbesondere gab er mit ihr übereinstimmend an, dass sie geschrien habe, ob es noch gehe, eine Frau, die am Boden liege, zu treten (Urk. 59 S. 4). Aufgrund des Näheverhältnisses zur Privatklägerin und in Anbetracht dessen, dass er erst im Rahmen der vorinstanzlichen Hauptverhandlung

        - somit zu einem Zeitpunkt, als er sich nicht mehr in Haft befunden hatte - einvernommen wurde, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass sich

        C. diese Aussage aufgrund eines nachträglichen Austauschs mit der Privatklägerin so eingeprägt hatte. Darauf, dass zwischen ihnen beiden öfters über diesen Vorfall gesprochen worden sei und sie diese Äusserungen ihm gegenüber immer wieder erwähnt habe, wies denn auch der Rechtsvertreter der Privatklägerin anlässlich der Berufungsverhandlung ausdrücklich hin (Urk. 100 S. 8; Prot. II

        S. 19 f.). Zu berücksichtigen ist sodann, dass seine Angaben dazu, dass die Privatklägerin der Aufforderung der Polizei sofort gefolgt sei und sie sich auf den Boden gelegt habe, gewisse Ungereimtheiten aufweisen. So erwecken seine diesbezüglichen Angaben zu Beginn seiner Einvernahme den Anschein, dass er selbst gesehen habe, wie sich die Privatklägerin auf den Boden gelegt habe. In der Folge bestätigte er dies dann auch ausdrücklich (Urk. 59 S. 4 f.). Als ihm dann vorgehalten wurde, dass die Privatklägerin einmal gesagt habe, sie sei von ca. drei Personen zu Boden geworfen worden, relativierte er dann aber seine zuvor gemachten Angaben und erklärte nur noch, dass sie, so viel er wisse, selbständig auf den Boden gegangen sei (Urk. 59 S. 9). Angesichts dieser Relativierung bestehen daher Zweifel daran, dass C. tatsächlich gesehen hat, dass sich die Privatklägerin von sich aus auf den Boden gelegt hatte, und mithin auch an der Glaubhaftigkeit seiner diesbezüglichen Angaben.

    4. Würdigung der Aussagen der Polizeibeamten

      1. Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der als beschuldigte Personen befragten Polizeibeamten ist zu beachten, dass es sich beim Beschuldigten um einen Arbeitskollegen handelt. Dafür, dass zwischen dem Beschuldigten und seinen Arbeitskollegen Unstimmigkeiten bestanden hätten, liegen keine Hinweise vor. Vielmehr ist bei der Würdigung ihrer Angaben zu berücksichtigen, dass diese Polizeibeamten dem Beschuldigten aufgrund ihres kollegialen Verhältnisses eher wohlwollend gesinnt und überdies daran interessiert sein könnten, ihren Berufsstand nicht in ein schlechtes Licht zu rücken. Demgegenüber ist jedoch auch davon auszugehen, dass sie gerade um ihren Ruf zu schützen auch daran interessiert wären, unerwünschtes Verhalten aufzudecken und sanktionieren zu lassen. Auch bei der Würdigung ihrer Angaben ist daher Vorsicht geboten, wobei ihre Glaubwürdigkeit dennoch nicht von vornherein zweifelhaft ist.

      2. Was die Angaben der als beschuldigte Personen befragten Polizeibeamten betrifft, fällt zunächst auf, dass sie auf die meisten ihnen gestellten Fragen zu verstehen gaben, dass sie sich nicht mehr an die genauen Begebenheiten erinnern könnten. Diesbezüglich ist zu bemerken, dass deren staatsanwaltschaftliche Einvernahmen erst rund eineinhalb Jahre nach dem in Frage stehenden Vorfall stattfanden. Aus diesem Grund sowie in Anbetracht dessen, dass sich der Vorfall im Rahmen ihrer Arbeitstätigkeit ereignete und es sich daher bei weitem nicht um den einzigen vergleichbaren Polizeieinsatz handelte, den sie selbst miterlebt hatten, erscheint es nachvollziehbar, dass sie sich nicht mehr detailliert an den Einsatz vom 1. September 2015 zu erinnern vermochten. Ihre Beteuerungen, dass sie sich nicht mehr an alles zu erinnern vermöchten, führen somit nicht dazu, dass die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben von vornherein anzuzweifeln wären. Zu beachten ist jedoch, dass aufgrund des Umstandes, dass es sich bei ihnen um Arbeitskollegen handelt und sie auch mit dem Beschuldigten zusammenarbeiten, nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie miteinander sowohl über den in Frage stehenden Vorfall als auch über das vorliegende Strafverfahren gesprochen haben. H. beispielsweise räumte auf entsprechende Nachfrage auch ein, dass er mit dem Beschuldigten darüber gesprochen habe, dass sie in einem Verfahren seien. Er gab aber auch an, sich ansonsten nicht mit ihm darüber unterhalten zu haben (Urk. 7/14 S. 11). J. hingegen bestätigte, mit dem Beschuldigten auch über den Vorfall gesprochen zu haben, da er in seiner Einheit sei. Sie seien im gleichen Zug und würden auch privat Kontakt pflegen. Auf die Frage, was ihm der Beschuldigte erzählt habe, erklärte er, dass er nicht mehr aktiv sagen könne, welche Informationen er von wem erhalten habe (Urk. 7/16 S. 8). Konkrete Anzeichen dafür, dass sie gezielte Absprachen getroffen hätten, liegen jedoch keine vor. So schilderten alle individuell, welche Aufgabe ihnen beim damaligen Einsatz zugekommen war. Auch finden sich in ihren Einvernahmen weder deckungsgleiche Elemente, die den Beschuldigten besonders entlasten würden, noch solche

        die ihn zusätzlich belasten würden. Die Angaben dieser Polizeibeamten erweisen sich somit als grundsätzlich glaubhaft.

  2. Fazit

In den jeweiligen Rapporten zum Polizeieinsatz betreffend die Verhaftung von C. und der Privatklägerin ist zwar jeweils vermerkt, dass die Privatklägerin

über Schmerzen im Rippenbereich geklagt habe und sie anschliessend ins Waidspital gebracht worden sei. Hinweise darauf, dass sie sich der Aufforderung der Polizei, sich auf den Boden zu legen, widersetzt hätte und ihr in der Folge ein Tritt versetzt worden wäre, sind diesen Rapporten jedoch nicht zu entnehmen (Urk. 3; Urk. 10/5). Vor dem Hintergrund, dass Angaben zur möglichen Ursache jener Schmerzen somit fehlen, stehen diese Rapporte den Angaben der Privatklägerin grundsätzlich nicht entgegen. Sie vermögen sie jedoch auch nicht zu bestätigen. Eine Übereinstimmung finden die Angaben der Privatklägerin in denjenigen ihres damaligen Partners, C. . Auch dieser erklärte, sie habe damals noch auf dem Boden liegend geschrien, dass es nicht angehe, eine Frau, die am Boden liege, zu treten. Wie sich zeigte, weisen seine Angaben jedoch gerade im Hinblick auf die Frage, ob die Privatklägerin den Anweisungen der Polizei ohne Widerstand folgte, und mithin hinsichtlich des zentralen Vorbringens der Privatklägerin Ungereimtheiten auf. Dem Umstand, dass er ihre Angaben grundsätzlich bestätigte, kann daher nicht allzu grosses Gewicht beigemessen werden. Hinzu kommt, dass die Aussagen der Privatklägerin auch gerade hinsichtlich jener Frage einen Widerspruch aufweisen. Zudem liesse sich gerade ihre erste Aussagevariante, wonach sie von ca. drei Personen zu Boden gestossen worden sei, grundsätzlich mit der Angabe des Beschuldigten, wonach sie sich seiner Aufforderung widersetzt und er sie mit einem Tritt zu Boden habe bringen müssen, in Einklang bringen. Es bestehen daher erhebliche Zweifel daran, dass sich die Privatklägerin tatsächlich widerstandslos auf den Boden gelegt hat. Diese werden dadurch verstärkt, dass die Angaben des Beschuldigten nicht mit derjenigen der Privatklägerin, wonach sie zu Boden gestossen worden sei, übereinstimmen, sondern diese teilweise auch in den Angaben der übrigen Polizeibeamten eine Entsprechung finden. Zwar hat keiner seiner Arbeitskollegen erklärt, den durch den Beschuldigten geltend gemachten Tritt gesehen zu haben, auch einen Tritt des Beschuldigten gegen die am Boden liegende Privatklägerin gesehen zu haben, verneinten sie jedoch. Dass sie den Tritt des Beschuldigten gegen die noch stehende Privatklägerin übersehen haben konnten, erscheint in Anbetracht des Grossaufgebots an Polizeibeamten im Zimmer, der Reihenfolge des Betretens des Zimmers, des Rauches sowie der unterschiedlichen Aufgaben, welche den einzelnen Polizeibeamten zukamen, sowie der Dynamik und Hektik des ganzen Geschehens als nachvollziehbar. Eine Übereinstimmung zeigt sich sodann dahingehend, dass

  1. erklärte, er, welcher das Schlafzimmer an dritter oder vierter Stelle betreten habe, habe die Privatklägerin dort sitzend oder kauernd vorgefunden. Soweit er sich erinnern könne, sei sie nie liegend gewesen (Urk. 7/14 S. 5 ff.). Diese Position entspricht der Beschreibung des Beschuldigten, wonach die Privatklägerin nach seinem Tritt nach hinten sitzend zu Boden gegangen sei (Urk. 7/10 S. 7). Darauf, dass sich die Privatklägerin nicht, wie sie behauptete, sofort auf den Boden gelegt habe, sondern stehen blieb, weisen sodann auch die Aussagen von

  2. hin, der das Schlafzimmer an fünfter Stelle betreten hat. Dieser erklärte, dass von der Türe aus gesehen in seinem linken Blickwinkel eine Frau gestanden sei und einer seiner Kollegen bei ihr gestanden sei (Urk. 7/15 S. 5). Einschrän- kend ist aber auch festzuhalten, dass nicht klar ist, wieviel Zeit verstrichen ist zwischen dem Eintreten des Beschuldigten ins Zimmer und demjenigen von I. , weshalb auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Privatklägerin bereits wieder stand als letzterer ins Zimmer trat. I. bestätigte weiter auch, dass der Beschuldigte nach dem Einsatz darüber berichtet habe, dass dieser bei der Frau gestanden sei und er sie nach mehrmaliger mündlicher Aufforderung, sich auf den Boden zu legen, habe mit einem Fusstritt zu Boden bringen müssen (Urk. 7/15

S. 6). Während sich die Angaben der Privatklägerin, wonach sie sich aufforderungsgemäss auf den Boden gelegt habe und sie dann in die Seite getreten worden sei, aufgrund ihrer widersprüchlichen Aussagen als unglaubhaft erweisen, finden die grundsätzlich glaubhaften Angaben des Beschuldigten auch eine Stüt- ze in den Angaben der übrigen Polizeibeamten. Zudem wäre keinerlei Motiv des Beschuldigten erkennbar, einer ihm unbekannten Person, welche ihn in keinster Wiese provoziert hatte und sich auffoderungsgemäss auf den Boden gelegt hatte,

einen Tritt zu verpassen. Entgegen der Auffassung der vormaligen Rechtsvertretung der Privatklägerin erscheint es auch nicht unglaubhaft, dass der Beschuldigte, welcher als Erster das Zimmer betrat, sich um die Privatklägerin kümmerte und nicht um die Zielperson (Urk. 61 S. 10). Vielmehr hatte der Beschuldigte ausgestattet mit Schutzschild und Waffe die Funktion, die Situation zu sichern, damit die nachfolgenden Kollegen die Zielperson (und die Privatklägerin) arretieren konnten. Zu beachten ist auch, dass die Zielperson der Aufforderung, sich auf den Boden zu legen, nachgekommen war, indem sie sich auf das Bett legte. Dass der Beschuldigte sich deshalb der Privatklägerin zuwandte, welche stehen blieb, erscheint als plausibel. Dass sich die Privatklägerin der Aufforderung des Beschuldigten, sich auf den Boden zu legen, widersetzte und er ihr in der Folge einen Tritt in den Hüftbereich versetzte, erweist sich daher als erstellt.

Bezüglich der Verletzungsfolgen steht angesichts der Diagnose des Waidspitals vom 3. September 2015 fest, dass die Privatklägerin zum Zeitpunkt jener Untersuchung eine Rippenserienfraktur der Rippen 6-8 rechts aufwies (Urk. 9/2). Zu prüfen ist jedoch, ob diese Rippenserienfraktur auf den Tritt des Beschuldigten in ihren Hüftbereich, welcher sich zwei Tage zuvor ereignete, zurückzuführen ist. Die Privatklägerin liess vor Vorinstanz geltend machen, es sei zu bezweifeln, dass ein nicht starker Tritt aus dem Stand gegen eine stehende Person geeignet sei, Rippenbrüche zu verursachen (Urk. 61 S. 11). Dieser Argumentation der Privatklägerin ist nicht zu folgen, zumal der Beschuldigte viel grösser und kräftiger ist als sie und der Tritt mit Kampfstiefeln ausgeführt wurde. Ein solcher Tritt mit Kampfstiefeln in den Hüftresp. Rippenbereich der Privatklägerin war grundsätzlich geeignet, Rippenfrakturen zu verursachen, auch wenn der Tritt nicht mit viel Kraft geführt wurde, zumal es doch darum ging, die Privatklägerin damit zu Boden zu bringen, was einen gewissen Kraftaufwand voraussetzt. Unbestritten ist seitens des Beschuldigten, dass die Privatklägerin bereits während des Polizeieinsatzes über Schmerzen geklagt habe (Urk. 7/10 S. 8). So geht denn auch aus den Verhaftsrapporten hervor, dass sie aufgrund der geltend gemachten Schmerzen im Rippenbereich bereits am fraglichen Morgen mit der Sanität in das Waidspital gebracht worden sei. Zwar wurde damals höchstens eine Prellung festgestellt (Urk. 3; Urk. 10/5 S. 2), jedoch zeigt dies, dass bereits damals zumindest Anhaltspunkte für eine Rippenverletzung bestanden und eine solche nicht gänzlich ausgeschlossen wurde. Anhaltspunkte, welche darauf schliessen liessen, dass sie sich diese Fraktur zwischen dem Polizeieinsatz vom 1. September 2015 und der ärztlichen Untersuchung vom 3. September 2015 zugezogen hätte, liegen keine vor. Daher ist es grundsätzlich nahliegend, dass der Tritt des Beschuldigten diese Verletzungen verursachte. Dennoch ist vorstellbar und nicht auszuschliessen, dass erst ein späteres zusätzliches Ereignis dazu führte, dass aus einer anfänglichen weniger gravierenden Rippenverletzung, welche durch den Tritt des Beschuldigten herbeigeführt wurde, die mehrfache Rippenfraktur resultierte. Angesichts der nachfolgenden Erwägungen zur rechtlichen Würdigung, gemäss welchen ohnehin ein Freispruch zu ergehen hat (vgl. Erw. III.3), kann letztlich offen gelassen werden, ob als rechtsgenügend erstellt zu erachten ist, dass der Tritt des Beschuldigten kausal für die Rippenserienfraktur der Privatklägerin war.

Während sich die Anklagesachverhaltsvariante 1.2 somit als unzutreffend erweist, ist die Variante 1.1, was die Weigerung der Privatklägerin, sich auf den Boden zu legen, und den Tritt des Beschuldigten, um sie zu Boden zu bringen, betrifft, erstellt. Zum Zwecke der nachfolgenden Prüfung, ob sich der Beschuldigte mit seinem Verhalten gemäss der Anklagesachverhaltsvariante 1.1 einer einfachen Kör- perverletzung schuldig gemacht haben könnte, ist zudem auch als erstellt zu erachten, dass er mit seinem Tritt die Rippenserienfraktur der Privatklägerin herbeigeführt hat.

III. Rechtliche Würdigung
  1. Einfache Körperverletzung

    1. Einer einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer vorsätzlich einen Menschen in anderer Weise an Körper oder Gesundheit schädigt. In anderer Weise schädigt der Täter jemanden an Kör- per oder Gesundheit, wenn die Verletzung weder die Voraussetzungen einer schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 StGB noch diejenigen einer Tätlichkeit im Sinne von Art. 126 StGB erfüllt (DONATSCH, in: Donatsch/Heimgartner/Isenring/Weder [Hrsg.], Kommentar zum StGB, 20. Auflage 2018, Art. 123 N 1). Unter den Begriff der schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 StGB fallen Eingriffe in die physische Integrität, welche für das Opfer lebensgefährlich sind, irreversible Beeinträchtigungen nach sich ziehen oder aufgrund ihrer Schwere den vorgenannten Fällen gleichkommen. Als Tätlichkeit gelten Eingriffe, die das allgemein übliche und gesellschaftlich geduldete Mass physischer Einwirkung überschreiten, ohne eine Schädigung des Körpers oder der Gesundheit zur Folge zu haben (DONATSCH, a.a.O., Art. 126 N 1). In subjektiver Hinsicht ist Vorsatz erforderlich, wobei Eventualvorsatz genügt (DONATSCH, a.a.O., Art. 123 N 5).

    2. Die Vorinstanz gelangte bereits zu Recht zum Schluss, dass die Rippenserienfraktur einerseits eine Verletzung der Intensität einer einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB darstellt, und der Beschuldigte eine solche Verletzung zudem durch seinen Tritt in den rechten Hüftbereich der Privatklägerin in Kauf genommen hat. Auf diese zutreffenden Erwägungen kann daher verwiesen werden (Urk. 76 S. 25; Art. 82 Abs. 4 StPO). Somit erfüllte der Beschuldigte mit seinem Verhalten sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand einer einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass auch der erforderliche Strafantrag der Privatklägerin vorliegt (Urk. 7/1 S. 4).

  2. Rückweisungsantrag

    Die Vorinstanz erwog weiter auch in zutreffender Weise, dass der Tatbestand einer versuchten schweren Körperverletzung von vornherein nicht als erfüllt erachtet werden kann, da es an einem entsprechenden Vorsatz des Beschuldigten fehlt. So könne in Anbetracht dessen, dass es sich um einen einmaligen, kontrollierten und wenig intensiven Tritt gegen den Oberkörper der Privatklägerin gehandelt habe und der Beschuldigte dabei lediglich die Absicht verfolgt habe, sie auf den Boden zu bringen und nicht, sie zu verletzen, nicht davon ausgegangen werden, dass er dadurch eine schwere Körperverletzung in Kauf genommen hätte. Auch auf die diesbezüglichen Erwägungen der Vorinstanz kann verwiesen werden (Urk. 76 S. 25 f.; Art. 82 Abs. 4 StPO). Die seitens der Privatklägerin beantragte Rückweisung der Anklage zur Ergänzung des Tatbestandes der versuchten schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 StGB erübrigt sich daher.

  3. Rechtfertigungsgrund

    1. Der Beschuldigte erklärte, dass sich die Privatklägerin seiner mehrmaligen polizeilichen Aufforderung, sich auf den Boden zu legen, widersetzt habe, und er sie daher mit einem Tritt zu Fall gebracht habe, da sie stehend nach wie vor eine Gefahr dargestellt hätte (Urk. 7/10 S. 7). Er macht demnach geltend, rechtmässig gehandelt zu haben und beruft sich somit sinngemäss auf Art. 14 StGB, gemäss welcher Bestimmung sich rechtmässig verhält, wer handelt, wie es das Gesetz gebietet oder erlaubt, auch wenn die Tat nach diesem oder einem anderen Gesetz mit Strafe bedroht ist. Der anklagegegenständliche Vorfall ereignete sich im Rahmen eines Polizeieinsatzes. Ob sich der Beschuldigte in Erfüllung seiner polizeilichen Aufgaben rechtmässig verhalten hat, ist demnach zu prüfen.

    2. Hinsichtlich der theoretischen Voraussetzungen von Art. 14 StGB sowie insbesondere der gesetzlichen Grundlagen polizeilichen Handelns kann auf die detaillierten und zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden

      (Urk. 76 S. 26 f.; Art. 82 Abs. 4 StPO).

    3. Ziel des damaligen Polizeieinsatzes war die Verhaftung von C. , welcher im Voraus als gefährlich eingeschätzt wurde und bezüglich welchem der Verdacht bestand, dieser sei bewaffnet. Um diese polizeiliche Aufgabe zu erfül- len, war es mitunter notwendig, die nach dem Betreten der Wohnung, in welcher sich die Zielperson und die Privatklägerin aufhielten, angetroffene Lage unter Kontrolle zu bringen. In Anbetracht dessen, dass sich die Privatklägerin jedoch weigerte, der Aufforderung, sich auf den Boden zu legen, nachzukommen, bestand daher auch eine Notwendigkeit, einer potenziell von ihr ausgehenden Gefahr zu begegnen und die Lage zu sichern. Dadurch, dass der Beschuldigte ihr einen Tritt versetzte, fiel sie zu Boden und stellte dadurch keine unmittelbare Gefahr mehr dar. Der Tritt des Beschuldigten erweist sich somit auch als geeignet, die Lage unter Kontrolle zu bringen. Fraglich ist jedoch, ob er sich auch als verhältnismässig erweist.

Massgebend ist bei der Beurteilung der Verhältnismässigkeit des Handelns des Beschuldigten, wie sich die Situation aus damaliger Sicht präsentierte. Es darf nicht eine reine ex post Betrachtung erfolgen, wonach die Privatklägerin nicht bewaffnet war und auch keine Waffe in ihrer Reichweite hatte, vielmehr aus dem Schlaf gerissen wurde, schockiert war über den Zugriff und dem Beschuldigten auch körperlich unterlegen war. Vielmehr ist auf das abzustellen, was dem Beschuldigten im Tatzeitpunkt bekannt und für ihn aufgrund der gesamten Umstän- de erkennbar war. Von entscheidender Bedeutung ist, dass es sich beim fraglichen Einsatz nicht um eine durchschnittliche Verhaftsaktion handelte. Da polizeilicherseits von einer besonderen Gefährlichkeit der Zielperson ausgegangen wurde und damit zu rechnen war, dass diese über Waffen verfügte, wurde eine Spezialeinheit mit der Arretierung der Zielperson beauftragt. Der Polizei war nicht bekannt, wie viele Personen sich in der Wohnung aufhielten. Entsprechend wurde auch nicht etwa an der Tür geläutet und um Einlass ersucht, vielmehr erfolgte der Zugriff überraschend, die Wohnungstür wurde gewaltsam geöffnet und eine Blendgranate gezündet. Alles musste schnell erfolgen. Der Ablauf der Geschehnisse war von einer besonderen Dynamik geprägt.

Der Beschuldigte forderte die Privatklägerin mehrfach auf, sich auf den Boden zu legen. Wie bereits die Vorinstanz zutreffend erwog, musste der Privatklägerin insbesondere in Anbetracht dessen, dass ihre Wohnung gerade von mehreren bewaffneten Polizisten gestürmt worden war und sie von diesen aufgefordert wurde, sich auf den Boden zu legen, bewusst sein, dass ihr der Einsatz unmittelbaren Zwangs bevorstehen würde, wenn sie der polizeilichen Anordnung keine Folge leistet (Urk. 76 S. 28). Der Beschuldigte trug sodann in der einen Hand einen Schild und in der anderen eine Waffe. Es bestand mithin eine Einschränkung, was die Bewegungsfreiheit seiner Hände betrifft. Zudem hätte ein Schlag mit seinen Händen gegen die Privatklägerin erfordert, dass er sich ihr noch weiter genähert hätte und er mithin einen gewissen Schutz durch die bestehende Distanz hätte aufgeben müssen. Ausserdem hätte ein Schlag oder ein Schubsen mit seinen Händen oder dem Schild nicht zwingend zur Folge gehabt, dass die Privatklägerin auch das Gleichgewicht verloren hätte und zu Boden gefallen wäre. Dasselbe gilt sodann für einen Tritt des Beschuldigten gegen die Beine der Privatklägerin, wie ihn der unentgeltliche Rechtsvertreter der Privatklägerin als mögliches milderes Mittel ins Spiel brachte (Urk. 61 S. 22 f.). Der Tritt des Beschuldigten in den Hüftbereich der Privatklägerin erweist sich somit entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft als mildestes noch geeignetes Mittel, um die Privatklägerin zu Fall zu bringen. Die Zwangsanwendung des Beschuldigten erweist sich somit unter den gegebenen besonderen Umständen als im Rahmen der Ausübung seiner polizeilichen Aufgaben verhältnismässiges Handeln im Sinne von § 10 des Polizeigesetzes des Kantons Zürich und mithin als rechtmässig. Der Beschuldigte ist daher der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB somit nicht schuldig und ist vollumfänglich freizusprechen.

  1. Zivilforderungen

    Aufgrund des vollumfänglichen Freispruchs des Beschuldigten sind das Schadenersatzsowie das Genugtuungsbegehren der Privatklägerin in Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils gemäss Art. 126 Abs. 1 lit. b StPO abzuweisen.

  2. Kostenund Entschädigungsfolgen
  1. Vorverfahren und erstinstanzliches Verfahren

    1. Kostenfolgen

      Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung (Art. 428 Abs. 3 StPO). Bereits mit dem angefochtenen Urteil wurde der Beschuldigte freigesprochen. Ausgangsgemäss bleibt es daher dabei, dass die erstinstanzliche Gerichtsgebühr ausser Ansatz fällt und die Kosten der Untersuchung (Fr. 1'100.- Gebühr für das Vorverfahren und Fr. 60.- Auslagen) sowie die übrigen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, einschliesslich derjenigen der unentgeltlichen Privatklä- gervertretung, auf die Gerichtskasse zu nehmen sind.

    2. Entschädigungsfolgen

      Der Beschuldigte beantragte vor Vorinstanz die Zusprechung einer Umtriebsentschädigung für Fahrkosten von Fr. 25.20 (Urk. 64 S. 2, 23; Urk. 66). Diese wurde ihm mit dem angefochtenen Urteil auch zugesprochen. Die Privatklägerin liess jedoch beantragen, dass ihm keine solche Umtriebsentschädigung zuzusprechen sei (Urk. 100 S. 1).

      Wird die beschuldigte Person freigesprochen, so hat sie unter anderem Anspruch auf Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, die aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind (Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO). Der Beschuldigte hat die einzelnen Fahrten von seinem Arbeitsort zur Anwaltskanzlei seines Verteidigers aufgelistet (Urk. 66). Die einzelnen geltend gemachten Positionen können somit nachvollzogen werden und sind ausgewiesen. Dem Beschuldigten ist daher für das Vorverfahren sowie das erstinstanzliche Verfahren eine Umtriebsentschädigung von Fr. 25.20 aus der Gerichtskasse zuzusprechen.

  2. Zweitinstanzliches Verfahren

    1. Kostenfolgen

      Die Kosten im Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Da Art. 30 Abs. 1 OHG in Zivilund Strafprozessen nicht gilt, hat auch die im Berufungsverfahren unterliegende Privatklägerschaft die Kosten (ev. anteilig) zu tragen, unabhängig davon, ob allenfalls die Staatsanwaltschaft auch Berufung erhoben hat oder nicht. Wurde der Privatklägerschaft die unentgeltliche Prozessführung gewährt, sind die sie treffenden Kosten einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen, und sie ist in analoger Anwendung von Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO zur Rückzahlung zu verpflichten, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (vgl. BGE 143 IV 154 [6B_370/2016] unpublizierte Erw. 1.2; BGE 141 IV 262 E. 2.2).

      Was die Kosten einer einem Opfer bestellten unentgeltlichen Rechtsverbeistän- dung betrifft, so dürfen ihm diese in Anwendung von Art. 30 Abs. 3 OHG grundsätzlich nicht auferlegt werden, da diese Bestimmung als lex specialis Art. 135 Abs. 4 und Art. 138 Abs. 1 StPO vorgeht. Entsprechend darf in diesen Fällen auch keine Rückforderung vorbehalten werden (BGE 141 IV 262 E. 3). Diese Regelung gilt aber dann nicht mehr, wenn ein erstinstanzlicher Freispruch erfolgt ist und dieser zweitinstanzlich bestätigt wird, da in einem solchen Fall keine Straftat mehr vorliegt, die Voraussetzung dafür wäre, dass jemand als Opfer im Sinne des OHG gelten kann. Dies ändert jedoch nichts an der Gültigkeit von Art. 30 Abs. 3 OHG im vorinstanzlichen Verfahren. Für die Kosten der unentgeltlichen Verbeiständung im Rechtsmittelverfahren ist es dann aber zulässig, für die Privatklägerschaft, die Berufung erhob, einen Rückforderungsvorbehalt für den Fall von verbesserten wirtschaftlichen Verhältnissen anzubringen, zumal Art. 30 Abs. 3 OHG einer bedürftigen Privatklägerschaft, welche eine Opferstellung geltend macht, keinen Anspruch darauf verleiht, ohne jegliches Kostenrisiko über alle Instanzen hinweg zu prozessieren (BGE 143 IV 154 E. 2.3.5).

      Die Privatklägerin, welche den bereits vorinstanzlich erfolgten Freispruch als einzige anfocht, unterliegt mit ihrer Berufung vollumfänglich. Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens, einschliesslich derjenigen der unentgeltlichen Privatklä- gervertretung, sind ihr daher vollumfänglich aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO), jedoch zufolge erteilter unentgeltlicher Rechtspflege einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen (Art. 136 Abs. 2 lit. b StPO). Die Rückzahlungspflicht für den Fall, dass die Privatklägerin in günstige wirtschaftliche Verhältnisse gelangt, ist vorzubehalten.

      Für ihre Bemühungen im Berufungsverfahren sind der vormalige unentgeltliche Rechtsvertreter der Privatklägerin, Rechtsanwalt MLaw X2. , mit Fr. 809.65 (inkl. MwSt.; Urk. 97) und der derzeitige unentgeltliche Rechtsvertreter der Privatklägerin, Rechtsanwalt lic. iur. X1. , mit Fr. 5'000.- (inkl. MwSt.; Urk. 101) aus der Gerichtskasse zu entschädigen.

    2. Entschädigungsfolgen

Der Beschuldigte liess beantragen, für seine Aufwendungen für anwaltliche Vertretung im Berufungsverfahren angemessen entschädigt zu werden (Urk. 102

S. 2).

Die beschuldigte Person, die ganz oder teilweise freigesprochen wird, hat gestützt auf Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO Anspruch auf Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte. Wie das Bundesgericht festhält, leitet sich aus Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO ab, dass die Verteidigungskosten bezogen auf den Strafpunkt dem Grundsatze nach zulasten des Staates gehen (BGE 139 IV 45 E. 1.2.). Gestützt auf Art. 432 StPO in Verbindung mit

Art. 436 Abs. 1 StPO hat die obsiegende beschuldigte Person gegenüber der Privatklägerschaft Anspruch auf angemessene Entschädigung für die durch die Anträge zum Zivilpunkt verursachten Aufwendungen. Schon aus dem Wortlaut von Art. 432 Abs. 1 StPO geht hervor, dass diese Bestimmung nur für den Privatklä- ger im Zivil-, nicht jedoch im Strafpunkt gilt (Schmid/Jositsch, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art, 432 N 1). Wenn ein Rechtsmittel einzig von der Privatklägerschaft erhoben wird, besteht keine Intervention des Staates mehr, weshalb gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung in einem solchen Fall die Privatklägerschaft die Kosten der Verteidigung der beschuldigten Person zu tragen hat (BGE 139 IV 45 E. 1.2). Vorliegend hat zwar einzig die Privatklägerin Berufung erhoben, wogegen die Staatsanwaltschaft den vorinstanzlichen Freispruch akzeptiert hat. Dennoch ist es nicht angezeigt, dem Beschuldigten eine Entschädigung für die Verteidigungskosten im Berufungsverfahren zulasten der Privatklägerin zuzusprechen, da angesichts ihrer schlechten finanziellen Verhältnisse davon auszugehen ist, dass von ihr eine Prozessentschädigung nicht erhältlich gemacht werden könnte. Im Ergebnis würde dies bedeuten, dass der vollumfänglich freigesprochene Beschuldigte seine Verteidigungskosten für das Berufungsverfahren selber tragen müsste. Dies ist in der vorliegenden Konstellation nicht hinzunehmen. Es ist vielmehr dem Grundsatz zu folgen, dass die Verteidigungskosten bezogen auf den Strafpunkt zulasten des Staates gehen. Entsprechend ist dem Beschuldigten für die Kosten seiner Verteidigung im Berufungsverfahren gestützt auf die eingereichte Honorarnote

(Urk. 103) eine Prozessentschädigung von Fr. 5'500.- (inkl. MwSt.) aus der Gerichtskasse zuzusprechen.

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom 11. Juni 2018 bezüglich der Dispositivziffern 4

    und 5 (Entschädigung der unentgeltlichen Privatklägervertretung und der erbetenen Verteidigung) in Rechtskraft erwachsen ist.

  2. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte ist der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB sowie des Amtsmissbrauchs im Sinne von Art. 312 StGB nicht schuldig und wird vollumfänglich freigesprochen.

  2. Die Schadenersatzund Genugtuungsforderung der Privatklägerin wird abgewiesen.

  3. Das erstinstanzliche Kostenund Entschädigungsdispositiv (Dispositivziffern 3 und 6) wird bestätigt.

  4. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr fällt ausser Ansatz. Die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 809.65 vormalige unentgeltliche Vertretung der Privatklägerin (RA X2. )

    Fr. 5'000.- unentgeltliche Vertretung der Privatklägerin (RA

    X1. ).

  5. Die Kosten des Berufungsverfahrens, einschliesslich derjenigen der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerin, werden der Privatklägerin auferlegt, zufolge unentgeltlicher Prozessführung jedoch einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht der Privatklägerin bleibt vorbehalten.

  6. Dem Beschuldigten wird für das Berufungsverfahren eine Prozessentschä- digung von Fr. 5'500.- aus der Gerichtskasse zugesprochen.

  7. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die erbetene Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)

    • die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich

    • den unentgeltlichen Rechtsvertreter der Privatklägerin im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin (übergeben)

      sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die erbetene Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich

    • den unentgeltlichen Rechtsvertreter der Privatklägerin im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • die Koordinationsstelle VOSTRA zur Entfernung der Daten gemäss Art. 12 Abs. 1 lit. d VOSTRA mittels Kopie von Urk. 77

    • die Kantonspolizei Zürich, KDM-ZD, mit separatem Schreiben (§ 54a Abs. 1 PolG).

  8. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 24. Mai 2019

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Spiess

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw Höchli

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