Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB140231 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 05.11.2014 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Urkundenfälschung etc. |
Schlagwörter : | Schuldig; Beschuldigte; Verfahren; Schuldigten; Berufung; Verjährung; Beschuldigten; Verfahren; Recht; Recht; Privatkläger; Verteidigung; Urteil; Amtlich; Verfahrens; Amtliche; Verfahrens; Anklage; Erstinstanzliche; Staatsanwaltschaft; Rungsfrist; Entschädigung; Privatklägers; Untersuchung; Berufungsverhandlung; Vorinstanz; AStGB; Rechtsmittel; Verjährungsfrist; Genugtuung |
Rechtsnorm: | Art. 126 StPO ; Art. 2 StGB ; Art. 28 ZGB ; Art. 32 BV ; Art. 329 StPO ; Art. 337 StGB ; Art. 389 StGB ; Art. 405 StPO ; Art. 423 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 433 StPO ; Art. 49 OR ; |
Referenz BGE: | 120 Ia 147; 129 IV 49; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB140231-O/U/cs
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Naef, Präsident, Ersatzoberrichterin lic. iur.
Affolter und Ersatzoberrichter lic. iur. Huizinga sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. Aardoom
Beschluss vom 5. November 2014
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
amtlich verteidigt durch Rechtsanwältin lic. iur. X.
gegen
betreffend Urkundenfälschung etc.
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 25. September 2013 (Urk. 84) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
Der Beschuldigte ist schuldig
der Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 StGB
der ungetreuen Geschäftsbesorgung im Sinne von Art. 158 Ziff. 1 Abs. 3 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 12 Monaten Freiheitsstrafe sowie einer Busse von Fr. 1'000.- als Zusatzstrafe zu der mit Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten, Deutschland, vom 19. November 2007 ausgefällten Strafe.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen.
Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte gegenüber dem Privatkläger
B. aus dem eingeklagten Ereignis dem Grundsatze nach schadenersatzpflichtig ist. Zur Feststellung des Umfanges des Schadenersatzanspruches wird der Privatkläger B. auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 3'000.00 ; die weiteren Kosten betragen: Fr. 2'000.00 Gebühr Anklagebehörde
Fr. 2'838.52 Auslagen Untersuchung
Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger B. für das gesamte Verfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 30'000.- zu bezahlen.
Berufungsanträge:
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 133 S. 2)
Es sei das Verfahren gegen den Beschuldigten zufolge Verjährung einzustellen.
Es seien die Kosten des erstund des zweitinstanzlichen Verfahrens vollumfänglich auf die Staatskasse zu nehmen.
Es sei der Beschuldigte aus der Staatskasse für die ihm aus dem erstinstanzlichen Verfahren (Untersuchung und gerichtliches Verfahren) erwachsenen Kosten und Umtriebe für seine anwaltliche Verteidigung plus MwSt. und seine persönlichen Kosten zu entschädigen sowie eine angemessene Genugtuung auszurichten.
Es sei der Beschuldigte aus der Staatskasse für die ihm aus dem zweitinstanzlichen Verfahren erwachsenen persönlichen Kosten zu entschädigen sowie eine angemessene Genugtuung auszurichten.
Es sei die amtliche Verteidigerin für das zweitinstanzliche Verfahren plus MwSt. aus der Staatskasse zu entschädigen.
Der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat: (Urk. 120; schriftlich)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils
Der Privatklägerschaft:
Keine Anträge.
Erwägungen:
Prozessgeschichte
Der Beschuldigte wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 18. Februar 2014 der Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 StGB sowie der ungetreuen Geschäftsbesorgung im Sinne von Art. 158 Ziff. 1 Abs. 3 StGB schuldig gesprochen und mit einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten bestraft, als Zusatzstrafe zu der mit Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten vom 19. November 2007 ausgefällten Strafe, sowie einer Busse von Fr. 1'000.-. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde aufgeschoben, bei einer Probezeit von 2 Jahren. Ferner wurde festgestellt, dass der Beschuldigte dem Privatkläger gegenüber dem Grundsatze nach schadenersatzpflichtig ist; schliesslich wurde der Beschuldigte zur Bezahlung einer Prozessentschädigung an den Privatkläger in Höhe von
Fr. 30'000.- verpflichtet (Urk. 116 S. 42 f.).
Der Beschuldigte meldete am 25. Februar 2014 rechtzeitig Berufung gegen das vorinstanzliche Urteil an (Urk. 111). Die Berufungserklärung datiert vom
3. Juni 2014 (Urk. 117) und erfolgte damit ebenfalls fristgerecht (vgl. Urk. 115/2). Der Beschuldigte focht das vorinstanzliche Urteil vollumfänglich an, beantragte einen Freispruch unter Kostenund Entschädigungsfolge sowie die Bestellung einer amtlichen Verteidigung (Urk. 117 S. 2). Letzteres Gesuch wurde mit Präsidialverfügung vom 9. Juli 2014 mit Wirkung ab 25. Juni 2014 bewilligt (Urk. 124).
Anschlussberufung wurde nicht erhoben (Urk. 120), die Staatsanwaltschaft ersuchte indes um Dispensation von der Teilnahme an der Berufungsverhandlung. Mit Beschluss vom 9. September 2014 wurde die Berufungsverhandlung einstweilen auf die Frage der Verjährung und die Kostenund Entschädigungsfolgen eingeschränkt. Zudem wurde der Staatsanwaltschaft die Teilnahme an der Verhandlung freigestellt (Urk. 129).
Beweisergänzungsanträge wurden nicht gestellt.
Nach durchgeführter Berufungsverhandlung wurde der amtlichen Verteidigerin Frist angesetzt, ihre Honorarnote zu substantiieren, ansonsten ein Aktenentscheid ergehen würde (Prot. II S. 8). Die korrigierte Honorarnote inkl. Beilage (Urk. 137/1-3) ging am 6. Oktober 2014 bei der hiesigen Kammer ein und wurde der Staatsanwaltschaft und der Privatklägerschaft mit Präsidialverfügung vom
7. Oktober 2014 zur freigestellten Vernehmlassung zugestellt (Urk. 138). Beide verzichteten auf Stellungnahmen (Urk. 140 und 141).
Verjährung
Dem Beschuldigten werden ungetreue Geschäftsbesorgung sowie Urkundenfälschung zur Last gelegt, wobei die strafbaren Handlungen gemäss Anklagevorwurf den Zeitraum Juli und/oder August 1999 betreffen. Aufgrund dessen ist auf das per 1. Oktober 2002 revidierte Verjährungsrecht hinzuweisen (Art. 70 ff. aStGB); seit dem 1. Januar 2007 gilt zudem der revidierte Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches, der die Verjährung nunmehr in Art. 97 ff. StGB regelt. Die Kammer hat zu prüfen, ob das seit dem 1. Oktober 2002 geltende Recht der Verjährung für den Beschuldigten milder als das alte Recht ist, da der Grundsatz der lex mitior gemäss Art. 2 Abs. 2 StGB auch in Bezug auf die Verjährung gilt
(vgl. Art. 389 StGB resp. Art. 337 aStGB; BGE 129 IV 49 ff., 51). Grundsätzlich gelangt das im Zeitraum der Tatbegehungen geltende Verjährungsrecht zur Anwendung, ausser das neuere Recht würde sich für den Beschuldigten als milder erweisen.
Die massgeblichen Verjährungsfristen bestimmen sich in abstrakter Weise,
d.h. entsprechend den höchsten Strafen, die das Gesetz für die einzelnen strafbaren Handlungen androht und nicht aufgrund der Strafe, die einem Täter gemäss der Strafzumessung im Einzelfall auferlegt wird (vgl. ZURBRÜGG, in: NIGGLI/- WIPRÄCHTIGER, BSK-Strafrecht I, 3. Aufl., Basel 2013, N 37 zu Art. 97). Die ordentliche Verjährungsfrist nach dem alten Recht beträgt demzufolge zehn Jahre (Art. 70 Abs. 2 aStGB).
Die per 1. Oktober 2002 in Kraft getretenen revidierten Verjährungsbestimmungen sehen für die vorliegend relevanten Tatbestände eine 15-jährige Verjäh- rungsfrist vor (Art. 70 Abs. 1 lit. b aStGB), wobei sie aber die Institute des Ruhens und der Unterbrechung nicht mehr kennen und überdies in Art. 70 Abs. 3 aStGB festhalten, dass mit dem erstinstanzlichen Urteil innert der Verjährungsfrist die Verjährung nicht mehr eintreten kann; gemäss vorher gültigem Verjährungsrecht musste innert Frist ein formell rechtskräftiges Urteil ergehen. Die Revision des Allgemeinen Teils des StGB per 1. Januar 2007 brachte dagegen in materieller Hinsicht keine Änderung der Bestimmungen über die Verfolgungsverjährung mit sich, sondern führte in Art. 97 f. StGB lediglich zu terminologischen Anpassungen (Freiheitsstrafe statt Zuchthaus bzw. Gefängnis).
Da das alte Recht der Verfolgungsverjährung noch eine absolute Verjäh- rungsfrist kannte, die dem anderthalbfachen der ordentlichen Verjährungsfrist entsprach (Art. 72 Ziff. 2 Abs. 2 aStGB), während es gemäss dem revidierten Recht nach dem erstinstanzlichen Urteil keine Verjährung mehr gibt, ist für Taten, die vor dem 1. Oktober 2002 begangen wurden, grundsätzlich Ersteres anwendbar (Z URBRÜGG, in: NIGGLI/WIPRÄCHTIGER, Strafrecht I, a.a.O., Art. 97 N 77; vgl. auch Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 4. Februar 2014; SB130347
E. III./1.3). So verhält es sich auch bezüglich den vorliegend zur Anklage gebrachten Handlungen, zumal ein erstinstanzliches Urteil bereits gefällt wurde.
Die erste Untersuchungshandlung wurde vor dem Jahr 2009 vorgenommen (vgl. Urk. 1 ff.; Urk. 16), womit die zehnjährige ordentliche Verjährungsfrist unterbrochen wurde. Die absolute Verjährungsfrist nach altem Recht für die Anklagevorwürfe beträgt wie erwähnt 15 Jahre (Art. 70 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 72
Ziff. 2 Abs. 2 aStGB). Vor diesem Hintergrund sind die dem Beschuldigten zur Last gelegten strafbaren Handlungen verjährt. Das Verfahren ist demzufolge einzustellen (Art. 405 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 339 Abs. 2 lit. b StPO i.V.m. Art. 329 Abs. 4 StPO). Ausgangsgemäss ist die Zivilklage (vgl. Urk. 104 S. 2) auf den Weg des Zivilprozesses zu verweisen (Art. 126 Abs. 2 lit. a StPO).
Kostenund Entschädigungsfolge
Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens
Die Kosten einer Strafuntersuchung trägt der Staat, sofern keine gesetzliche Grundlage eine Kostenauflage an Parteien oder andere Verfahrensbeteiligte vorsieht (Art. 423 StPO). Einer beschuldigten Person sind die Kosten bei einer Verurteilung aufzuerlegen (Art. 426 Abs. 1 StPO). Wird das Verfahren eingestellt, so können ihr die Verfahrenskosten dann ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn sie rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat (Art. 426 Abs. 2 StPO).
Der Beschuldigte liess dazu an der Berufungsverhandlung auf die Ausfüh- rungen seiner Verteidigerin vor Vorinstanz verweisen (Urk. 133 S. 4). Der Privatkläger stellte zwar keine Anträge, führte jedoch in einer Stellungnahme anlässlich der Berufungsverhandlung aus, er sei der Ansicht, der Beschuldigte solle wenigstens für die Kosten aufkommen müssen (Urk. 135 S. 3).
Nach der Rechtsprechung zu Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK dür- fen einem Beschuldigten bei Freispruch/Einstellung nur dann Kosten auferlegt werden, wenn er durch ein unter rechtlichen Gesichtspunkten vorwerfbares Verhalten die Einleitung eines Strafverfahrens veranlasst oder dessen Durchführung erschwert hat. Bei der Kostenpflicht des freigesprochenen oder aus dem Verfahren entlassenen Beschuldigten handelt es sich nicht um eine Haftung für ein strafrechtliches Verschulden, sondern um eine zivilrechtlichen Grundsätzen angenä- herte Haftung für ein fehlerhaftes Verhalten, durch das die Einleitung oder Erschwerung eines Strafverfahrens verursacht wurde. Es ist mit Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK ohne weiteres vereinbar, einem nicht verurteilten Ange-
schuldigten die Kosten aufzuerlegen, wenn er in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise gegen eine Verhaltensnorm, die sich aus der Gesamtheit der schweizerischen Rechtsordnung ergeben kann, klar verstossen und dadurch das Strafverfahren veranlasst oder dessen Durchführung erschwert hat (vgl. BGer 1B_345/2011, Urteil vom 8. Dezember 2011 E. 3.1). Dabei darf sich die Kostenauflage in tatsächlicher Hinsicht nur auf unbestrittene oder bereits klar nachgewiesene Umstände stützen (Pra 2010 Nr. 48 S. 351). Hingegen verstösst eine Kostenauflage bei Freispruch oder Einstellung des Strafverfahrens gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung, wenn dem Beschuldigten in der Begründung des Kostenentscheids direkt oder indirekt vorgeworfen wird, er habe sich strafbar gemacht bzw. es treffe ihn ein strafrechtliches Verschulden (BGE 120 Ia 147 E. 3b S. 155). Die Kostenauflage bei Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung darf sich demnach nicht auf die Begründetheit des strafrechtlichen Vorwurfs stützen (vgl. BGer, Urteil vom 14. Januar 1999, zusammengefasst in SZIER 1999, S. 555). Was den Umfang der Kostenpflicht anbelangt, so darf die Haftung des Beschuldigten nicht weiter gehen, als der Kausalzusammenhang zwischen dem ihm vorgeworfenen fehlerhaften Verhalten und den Kosten verursachenden behördlichen Handlungen reicht (DOMEISEN, in: BSK-StPO, N 32 zu Art. 426).
Ein klar gegen eine Rechtsnorm verstossendes Verhalten ist dem Beschuldigten nicht vorwerfoder nachweisbar, zumal die der Verjährung unterliegenden Aspekte nicht heranzuziehen sind. Das bisherige Strafverfahren legt zwar nahe, dass der Beschuldigte die Know-your-customer-rule nicht beherzigte, also eine klare und detaillierte Formulierung der Anlageziele als auch der Risikoeignung und des Risikobewusstseins des Privatklägers - zur Erstellung eines individuellen Kundenprofils als Basis der Portfoliobetreuung - versäumte. Diesbezüglich bleiben aber die Grundlagen der zwischen dem Beschuldigten und dem Privatkläger vereinbarten Vermögensverwaltung im Dunkeln; weder lag ein schriftlicher Vertrag vor (vgl. Urk. 6 S. 4; Urk. 7 S. 4), noch war offenbar ein Honorar vereinbart (Urk. 6 S. 5; Urk. 7 S. 5), was die Vereinbarung in die Nähe eines Freundschaftsdienstes, einer Gefälligkeit rücken lässt. Ferner sind auch die genauen Kenntnisse der Spekulationstätigkeit seitens des Privatklägers unbekannt. Damit kann nicht zweifelsfrei gesagt werden, der Beschuldigte habe mit fehlerhaftem Verhal-
ten die Einleitung des Strafverfahrens verursacht oder dessen Durchführung erschwert. Die Grundlage für eine Kostenauflage fehlt.
Der Privatklägerschaft können die Verfahrenskosten, die durch ihre Anträge zum Zivilpunkt verursacht worden sind, auferlegt werden, wenn das Verfahren eingestellt wird (Art. 427 Abs. 1 lit. a StPO).
Es sind keine Aufwendungen ersichtlich, die einzig mit Blick auf den Zivilpunkt erfolgten; die Vorinstanz hat insbesondere in Anwendung von Art. 126 Abs. 3 StPO von der vollständigen Beurteilung des Zivilpunktes abgesehen und ihn einzig dem Grundsatz nach entschieden (Urk. 116 S. 38 f.), womit in diesem Zusammenhang keine Kosten für Beweiserhebungen anfielen.
Bei dieser Ausgangslage ist deshalb die erstinstanzliche Kostenaufstellung (Ziffer 6) zwar zu bestätigen, die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens sind jedoch auf die Gerichtskasse zu nehmen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Einem Rechtsmittelkläger können die Verfahrenskosten trotz Obsiegens dann auferlegt werden, wenn die Voraussetzungen für das Obsiegen erst im Rechtsmittelverfahren geschaffen worden sind (Art. 428 Abs. 2 lit. a StPO). Auch wenn vom Wortlaut nicht so gefasst, setzt die Anwendung dieser Bestimmung voraus, dass die, die Berufung führende, obsiegende Partei die eintretenden Voraussetzungen für das Obsiegen zu verantworten hat (vgl. C HRISTEN, in: ZStrR 131/2013 S. 177, Kostenfolge im kantonalen Beschwerdeverfahren in Strafsachen, S. 185 m.w.H.). Das wäre beispielsweise beim Zurückhalten von Noven der Fall, nicht aber beim hier in Frage stehenden Eintritt der Verfolgungsverjährung. Daher fällt die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ausser Ansatz, zumal auch der Privatkläger mangels einer Berufung, Anschlussberufung bzw. Anträgen im Berufungsverfahren nicht als unterliegende Partei zu qualifizieren ist. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sind auf die Gerichtskasse zu nehmen.
Entschädigung / Genugtuung
Gemäss Art. 436 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO hat die beschuldigte Person, wenn das Verfahren gegen sie eingestellt wird, Anspruch auf Entschädigung für ihre Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte. Die Verteidigung hat für ihre Aufwendungen diverse Honorarnoten eingereicht (Urk. 107, 131/2 und 137/2). Die Vergütung für die Parteivertretung durch Anwälte wird durch die Verordnung über die Anwaltsgebühren (AnwGebV) geregelt. Diese gilt sowohl für die erbetene als auch die amtliche Verteidigung. Der Beschuldigte war bis und mit 24. Juni 2014 erbeten und ab dem
25. Juni 2014 amtlich durch Rechtsanwältin lic. iur. X. vertreten (vgl. Urk. 124).
Im Vorverfahren bemisst sich die Gebühr nach dem notwendigen Zeitaufwand der Vertretung (§ 16 Abs. 1 AnwGebV). Die Verteidigung macht für diesen Zeitabschnitt (vom 29. Juni 2012 bis zur Anklageerhebung am 25. September 2013) einen Zeitaufwand von 2'850 Minuten (entspricht 47,5 Stunden) sowie Barauslagen von Fr. 428.20 geltend (Urk. 107). Einzelne Posten erscheinen dabei als hoch (vgl. z.B. 585 Minuten Aufwand vom 10. bis 31. Juli 2013 für eine 5-seitige Eingabe an die Staatsanwaltschaft [Urk. 78 und 79/7]). Indessen wurden im Rahmen des Vorverfahrens diverse Einvernahmen durchgeführt und handelte es sich nicht um einen Bagatellfall. Der entsprechende Aufwand seiner Rechtsvertreterin von Fr. 13'287.45 (inkl. MwSt.) ist dem Beschuldigten somit zu entschädigen.
Die Aufwendungen nach Anklageerhebung sind im Rahmen der Pauschalgebühr gemäss § 17 AnwGebV (Fr. 600.- bis Fr. 8'000.-) zu entschädigen. Darin enthalten sind die Vorbereitung des Parteivortrags und die Teilnahme an der Hauptverhandlung. Die Aufwendungen für die Verteidigung vor Vorinstanz sind in mehreren Honorarnoten aufgeführt (Urk. 107, Urk. 131/2 und Urk. 137/2). Da die Verteidigung direkt nach Einreichen der Berufungserklärung an die hiesige Kammer in eine amtliche umgewandelt wurde, rechtfertigt es sich, für die erbetene Verteidigung eine Gesamtpauschale (d.h. inklusive der Berufungserklärung) festzulegen. Rechtsanwältin lic. iur. X. macht von der Anklageerhebung bis
zum 24. Juni 2014 einen zeitlichen Aufwand von 2'120 Minuten (entspricht 35,3 Stunden) sowie Barauslagen von Fr. 414.- geltend. Dazu ist anzumerken, dass 225 Minuten davon offenbar für die Eingabe an das Obergericht betreffend amtliche Verteidigung aufgewendet wurden, was nicht zu vergüten ist. Auch erscheint der Aufwand insgesamt als zu hoch. Es handelte sich um einen Straffall von durchschnittlicher Schwere und Bedeutung, für welchen eine Pauschale im mittleren Bereich von Fr. 4'500.- (inkl. Barauslagen und MwSt.) als angemessen erscheint.
Sodann ist die Höhe der Kosten der amtlichen Verteidigung im Berufungsverfahren festzusetzen. Es wird ab dem 25. Juni 2014 ein Zeitaufwand von 1'110 Minuten (entspricht 18,5 Stunden) sowie Barauslagen von Fr. 8.- geltend gemacht (Urk. 131/2). Angesichts der Tatsache, dass sich die Verteidigung bereits am 4. September 2014 beim Referenten nach den Prozessaussichten erkundigte und dieser ihr mitteilte, dass sich die Frage der Verjährung stelle und sie mit der Bearbeitung materieller Fragen noch zuwarten solle - die Kammer würde sich gegebenenfalls mit einem Vorabentscheid bei ihr melden (Urk. 128) - erscheinen die Aufwendungen als deutlich zu hoch (nach besagtem Telefonat noch 570 Minuten, ohne die Berufungsverhandlung). Zudem wurde mit Beschluss der hiesigen Kammer vom 9. September 2014 das Eintreten der Verjährung in Aussicht gestellt und die Berufungsverhandlung vom 30. September 2014 einstweilen auf diese Frage und die Kostenund Entschädigungsfolgen eingeschränkt.
Die Pauschale für den Aufwand im Berufungsverfahren wird grundsätzlich nach den für die Vorinstanz geltenden Regeln bemessen (§ 18 AnwGebV). Entsprechend den obigen Ausführungen ist diese im unteren Bereich auf Fr. 1'500.- (inkl. Barauslagen und MwSt.) festzusetzen.
Dem Beschuldigten ist angesichts der diversen Einvernahmen im Rahmen des Strafverfahrens eine persönliche Umtriebsentschädigung zuzusprechen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass er jeweils aus Deutschland anreisen musste (sieben Mal für Einvernahmen der Staatsanwaltschaft, zwei Termine vor Vorinstanz, einer vor Berufungsinstanz. Es rechtfertigt sich, dem Beschuldigten pro Termin
eine Pauschale von Fr. 250.- zuzusprechen (vgl. die geltend gemachten Flugkosten in Urk. 136/2), somit für zehn Termine Fr. 2'500.-.
Eine Genugtuung ist dann auszurichten, wenn die Voraussetzungen dazu im Sinne von Art. 49 OR, Art. 28 Abs. 2 ZGB und Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO erfüllt sind, also eine schwere Verletzung in den persönlichen Verhältnissen gegeben ist. Das Gesetz erwähnt in diesem Zusammenhang insbesondere den Freiheitsentzug. Der Beschuldigte lässt dazu geltend machen, dass das Verfahren einen massgebenden Einfluss auf sein Familienund Beziehungsleben gehabt habe bzw. habe. Die anhaltende Ungewissheit habe massgebende Konsequenzen auf sein Berufsund Privatleben bzw. die Psyche des Beschuldigten gehabt. So leide er an einer Gürtelrose, welche im Zusammenhang mit dem Strafverfahren stehe (Urk. 133 S. 4 f.).
Zwar reichte der Beschuldigte ein ärztliches Attest vom 23. September 2014 ein, in welchem festgehalten ist, dass dieser im Frühsommer 2012 wegen eines Herpes zoster in ärztlicher Behandlung war (Urk. 136/1). Ein Zusammenhang zum vorliegenden Strafverfahren ist jedoch nicht erkennbar. Aufgrund der langen Verfahrensdauer und der damit verbundenen jahrelangen Unsicherheit - die erste Einvernahme mit dem Beschuldigten datiert vom 9. August 2007 (Urk. 6) - ist dem Beschuldigten jedoch eine Genugtuung von Fr. 500.- zuzusprechen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist dem Privatkläger keine Entschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 433 Abs. 1 StPO).
Es wird beschlossen:
Das Verfahren wird eingestellt.
Der Privatklägers B. wird mit seinem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Die erstinstanzliche Kostenfestsetzung (Ziff. 6) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr fällt ausser Ansatz. Die weiteren Kosten betragen:
Fr. 1'500.00 amtliche Verteidigung
Die Kosten der Untersuchung, des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens und des Berufungsverfahrens, einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung, werden auf die Gerichtskasse genommen.
Dem Beschuldigten wird für das gesamte Verfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 17'787.45 für die erbetene anwaltliche Verteidigung und eine persönliche Umtriebsentschädigung von Fr. 2'500.- aus der Gerichtskasse zugesprochen.
Dem Beschuldigten werden Fr. 500.- als Genugtuung aus der Gerichtskasse zugesprochen.
Dem Privatkläger wird keine Entschädigung zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat
die Vertretung des Privatklägers B. im Doppel für sich und zuhanden des Privatklägers B.
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
die Kantonspolizei Zürich, KIA-ZA, mit separatem Schreiben (§ 54a Abs. 1 PolG)
die Koordinationsstelle die Koordinationsstelle VOSTRA zur Entfernung der Daten gemäss Art. 12 Abs. 1 lit. d VOSTRA.
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer Zürich, 5. November 2014
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Naef
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. Aardoom
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