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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:RZ190009
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid RZ190009 vom 30.10.2019 (ZH)
Datum:30.10.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Unterhalt und weitere Kinderbelange (Gutachten, Kindervertretung)
Schlagwörter : Beschwerde; Rechtsmittel; Beklagten; Partei; Entscheid; Verfügung; Vorinstanz; Parteien; Berufung; Unterhalt; Prozessleitende; Nachteil; Abgewiesen; Bundesgericht; Bezirksgericht; Winterthur; Vi-Urk; Dispositiv; Ziffer; Antrag; Klägers; Massnahmen; Vertreten; Obhut; Angefochten; Rechtsmitteleingabe; Vorsorgliche; Beschwerdeverfahren; Zürich
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 145 ZPO ; Art. 299 ZPO ; Art. 319 ZPO ; Art. 322 ZPO ; Art. 93 BGG ; Art. 95 ZPO ;
Referenz BGE:138 I 49;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: RZ190009-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichter Dr. M. Kriech und Oberrichter lic. iur. A. Huizinga sowie Gerichtsschreiber lic. iur. F. Rieke

Beschluss vom 30. Oktober 2019

in Sachen

A. ,

Beklagte und Beschwerdeführerin

vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X.

gegen

  1. B. ,
  2. C. ,

Kläger und Beschwerdegegner

  1. vertreten durch Inhaber der elterlichen Sorge C.

  2. vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y.

    betreffend Unterhalt und weitere Kinderbelange (Gutachten, Kindervertretung)

    Beschwerde gegen eine Verfügung des Einzelgerichts im vereinfachten Verfahren am Bezirksgericht Winterthur vom 8. Juli 2019 (FK190003-K)

    Erwägungen:

    1. a) Der Kläger 1 ist der Sohn der Beklagten und des Klägers 2. Am

  1. Januar 2019 reichten die Kläger beim Friedensrichteramt D.

    ein

    Schlichtungsgesuch betreffend Obhut, Betreuung und Unterhalt des Klägers 1 ein (Vi-Urk. 4/3). Am 25. Januar 2019 reichten die Kläger beim Bezirksgericht Winterthur (Vorinstanz) ein Gesuch um vorsorgliche, teilweise superprovisorisch anzuordnende, Massnahmen betreffend Obhut, Betreuung und Unterhalt des Klä- gers 1 ein (Vi-Urk. 1 und 2). Mit Verfügung vom 30. Januar 2019 teilte die Vorinstanz (u.a.) superprovisorisch die Obhut für den Kläger 1 dem Kläger 2 zu und regelte den Betreuungsanteil der Beklagten (Vi-Urk. 10). Nach Durchführung der Verhandlung über vorsorgliche Massnahmen am 12. April 2019 (Vi-Prot. S. 7 ff.) und diversen Eingaben beider Parteien erliess die Vorinstanz am 8. Juli 2019 die folgende Verfügung betreffend vorsorgliche Massnahmen (Urk. 2 S. 49 ff.):

    1. Dem Kläger 2 wird die Obhut für den Sohn B. , geb. tt.mm.2015, für die Dauer des vorliegenden Verfahrens zugeteilt.

    2. Die Beklagte wird berechtigt und verpflichtet, den Sohn B. , geb. tt.mm.2015, wie folgt zu betreuen:

      [...]

    3. Die elterliche Sorge für den Sohn B. wird bezüglich der gesundheitlichen und schulischen Belange alleine auf den Kläger 2 übertragen.

    4. Der Antrag der Beklagten, der Kläger 2 sei zu verpflichten, sie bei den Bestrebungen zu unterstützen, B._ für ein Jahr von der Einschulung zurückzustellen, wird abgewiesen.

    5. Die Beklagte wird mangels Leistungsfähigkeit nicht zur Bezahlung von Unterhaltsbeiträgen für den Kläger 1 verpflichtet.

      Dem Kläger 2 fehlt zur Deckung des Unterhalts von B. ein Betrag von Fr. 215.- pro Monat (Barunterhalt).

    6. Die Beklagte wird verpflichtet, die Kinderzulagen für B. für die Zeit vom 1. Oktober 2018 bis zum 31. Januar 2019 zu beantragen und die betreffenden Fr. 800.- nach deren Erhalt an den Kläger 2 weiterzuleiten.

    7. Die mit Verfügung des Bezirksgerichts Winterthur vom 28. Juni 2017 für B. angeordnete Beistandschaft wird weitergeführt. Der Beiständin werden folgende zusätzlichen Aufgaben übertragen:

      [...]

    8. Der Antrag der Beklagten, es sei ein weiteres Erziehungsfähigkeitsgutachten einzuholen, wird abgewiesen.

    9. Der Antrag beider Parteien auf die Bestellung einer Vertretung des Kindes im Sinne von Art. 299 ZPO wird abgewiesen.

    10. Der Antrag der Beklagten, die Rechtsvertreterin des Klägers 2 sei wegen eines Verstosses gegen Art. 12 lit. c BGFA von dessen Vertretung auszuschliessen, wird abgewiesen.

    11. [Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeistän- dung]

    12. [Entscheid über die Prozesskosten mit der Hauptsache]

    13. [Schriftliche Mitteilungen]

    14. Eine Berufung gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, Postfach, 8021 Zürich, erklärt werden. In der Berufungsschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen.

      Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO). Dieser Entscheid ist sofort vollstreckbar (Art. 315 Abs. 4 lit. b ZPO).

      1. Am 22. Juli 2019 erhob die Beklagte fristgerecht (vgl. Vi-Urk. 65) ein als Berufung bezeichnetes Rechtsmittel und stellte die Rechtsmittelanträge (Urk. 1 S. 2):

        1. Dispositiv Ziffer 8 der Verfügung des Bezirksgerichts Winterthur vom 8.

        Juli 2019 sei aufzuheben und es sei ein weiteres Erziehungsfähigkeitsgutachten einzuholen.

        Eventualiter sei ein Obergutachten einzuholen.

        1. Es sei für das Kind B._ , geboren tt.mm.2015, ein Kindsvertreter im Sinne von Art. 299 ZPO zu ernennen.

        2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich 7,7 % MwSt) zulasten des Klägers 2.

  1. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen. Da sich das Rechtsmittel sofort als unzulässig erweist, kann auf weitere Prozesshandlungen verzichtet werden (vgl. Art. 312 Abs. 1, Art. 322 Abs. 1 ZPO).

  1. a) Die Vorinstanz hat in ihrer Verfügung vom 8. Juli 2019 neben vorsorglichen Massnahmen - welche mit Berufung hätten angefochten werden kön- nen (Art. 308 Abs. 1 lit. b ZPO) - auch prozessleitende Entscheide erlassen (Dispositiv-Ziffern 8 ff.; vgl. oben Erw. 1.a). Die Rechtsmitteleingabe der Beklagten richtet sich einzig gegen die Abweisung ihrer Anträge auf Einholung eines weiteren Erziehungsfähigkeitsgutachtens (Dispositiv-Ziffer 8) und auf Bestellung einer Kindesvertretung (Dispositiv-Ziffer 9). Beide Entscheide stellen prozessleitende Verfügungen dar (Gutachten: BK ZPO II-Brönnimann, Art. 154 N 5; Kindesvertretung: BK ZPO II-Spycher, Art. 299 N 14-16). Diese können lediglich mit einer Beschwerde angefochten werden (vgl. Art. 308 f. und Art. 319 ZPO). Die als Berufung bezeichnete Rechtsmitteleingabe ist daher als Beschwerde entgegenzunehmen.

    1. Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergibt sich, dass den Parteien aufgrund einer unrichtigen oder unklaren Rechtsmittelbelehrung keinerlei Nachteile erwachsen dürfen (BGE 138 I 49 E. 8.3). Eine Partei kann sich jedoch auf diesen Grundsatz nur dann berufen, wenn sie sich im guten Glauben auf die Angabe gestützt hat. Dies ist nicht der Fall, wenn die Partei den Irrtum bemerkt hat oder ihn bei gebührender Aufmerksamkeit hätte bemerken müssen. Gegen eine prozessleitende Verfügung ist die Beschwerde - neben hier nicht zutreffenden, vom Gesetz speziell vorgesehenen Fällen (Art. 319 lit. b Ziff. 1 ZPO) - wiederum nur zulässig, wenn durch sie ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht (Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO; Staehelin, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO-Komm., Art. 135 N 5). Ein solcher liegt vor, wenn er auch durch einen für die beschwerdeführende Partei günstigen Endentscheid nicht mehr beseitigt werden kann oder wenn die Lage der betroffenen Partei durch den angefochtenen Entscheid erheblich erschwert wird. Dabei ist bei der Annahme eines drohenden, nicht leicht wiedergutzumachenden Nachteils grundsätzlich Zurückhaltung geboten; der Gesetzgeber hat die selbstständige Anfechtung prozessleitender Verfügungen absichtlich erschwert, denn der Gang des Prozesses sollte nicht unnötig verzögert werden (Botschaft zur ZPO, BBl 2006 S. 7221, 7377).

      Ein solcher Nachteil ist sodann - im Sinne einer Eintretensvoraussetzung - in der Beschwerde geltend zu machen, d.h. von der beschwerdeführenden Partei zu behaupten und nachzuweisen, soweit er nicht offensichtlich ist (BK ZPO IISterchi, Art. 321 N 17, Art. 319 N 15). In der ganzen Rechtsmitteleingabe findet sich dazu jedoch kein Wort, obwohl der anwaltlich vertretenen Beklagten ohne weiteres bewusst sein musste, dass gegen die angefochtenen prozessleitenden Verfügungen lediglich eine Beschwerde möglich ist und diese wiederum nur unter der Voraussetzung, dass ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht (vgl. vorstehende Erwägungen). Ein solcher ist auch nicht offensichtlich.

    2. Nach dem Gesagten kann auf die Rechtsmitteleingabe der Beklagten weder als Berufung (oben Erw. 2.a) noch als Beschwerde (oben Erw. 2.b) eingetreten werden.

  2. a) Das Beschwerdeverfahren beschlägt eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr ist in Anwendung von § 9 Abs. 1 und § 12 der Gerichtsgebührenverordnung auf Fr. 1'000.-- festzusetzen.

  1. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sind ausgangsgemäss der Beklagten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO).

  2. Die Beklagte hat ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt (Urk. 1 S. 2, S. 7 f.). Dieses ist jedoch zufolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde (vgl. vorstehende Erwägungen) abzuweisen (Art. 117 lit. b ZPO).

  3. Für das Beschwerdeverfahren sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen, der Beklagten zufolge ihres Unterliegens, den Klägern mangels relevanter Umtriebe (Art. 106 Abs. 1, Art. 95 Abs. 3 ZPO).

Es wird beschlossen:

  1. Das Gesuch der Beklagten um unentgeltliche Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren wird abgewiesen.

  2. Auf das Rechtsmittel wird nicht eingetreten.

  3. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 1'000.-- festgesetzt.

  4. Die Gerichtskosten des Rechtsmittelverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

  5. Für das Rechtsmittelverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Kläger unter Beilage der Doppel von Urk. 1, 4 und 5/2-7, sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

    Die vorinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  7. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert

30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

Zürich, 30. Oktober 2019

Obergericht des Kantons Zürich

  1. Zivilkammer

Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. F. Rieke versandt am:

am

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