Kanton: | ZH |
Fallnummer: | RU190058 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 09.12.2019 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Unentgeltliche Rechtspflege |
Schlagwörter : | Beschwerde; Recht; Unentgeltliche; Beschwerdeführerin; Rechtspflege; Unentgeltlichen; Gesuch; Vorinstanz; Klage; Verfahren; Bezirksgericht; Urteil; Rechtsbeistand; Vorprozessual; Gericht; Partei; Beschwerdeverfahren; Forderung; Verfahrens; Bewilligung; Unentgeltlicher; Angefochten; Beschwerdegegnerin; Einreichung; Akten; Eingabe; Schlichtungsverfahren |
Rechtsnorm: | Art. 119 ZPO ; Art. 121 ZPO ; Art. 320 ZPO ; Art. 321 ZPO ; Art. 322 ZPO ; Art. 324 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 62 ZPO ; Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: RU190058-O/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichter Dr. M. Sarbach sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. K. Würsch
Urteil vom 9. Dezember 2019
in Sachen
Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt MLaw X. ,
betreffend
Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Horgen vom 8. Oktober 2019 (ED190017)
Erwägungen:
1.
Gemäss Darstellung der Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin (nachfolgend: Beschwerdeführerin) verfüge sie über eine Forderung aus dem Arbeitsverhältnis mit der B. GmbH. Mit Eingabe vom 25. Juli 2019 machte die Beschwerdeführerin beim Friedensrichteramt C. ein Schlichtungsverfahren betreffend eine Forderung über Fr. 18'697.00 (Ferienlohn vom 1. September 2009 bis 31. Januar 2018) zuzüglich 5% Zins seit 1. September 2009 anhängig. Anlässlich der Schlichtungsverhandlung vom 27. August 2019 konnte keine Einigung erzielt werden und es wurde am 27. August 2019 die Klagebewilligung ausgestellt (act. 3/3).
Mit Eingabe vom 23. September 2019 (Datum Poststempel: 24. September 2019) stellte die Beschwerdeführerin beim Bezirksgericht Horgen, Einzelgericht im summarischen Verfahren (fortan Vorinstanz) folgendes Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (act. 1 S. 2):
Der Gesuchstellerin sei zwecks Durchführung des Verfahrens vor dem Bezirksgericht betr. Forderung aus Arbeitsvertrag das Recht zur unentgeltlichen Prozessführung seit 23. September 2019 zu gewähren unter Beiordnung des unterzeichnenden Anwalts als unentgeltlicher Rechtsvertreter.
Mit Urteil vom 8. Oktober 2019 wies die Vorinstanz das Gesuch ab (act. 4 = act. 7 S. 7). Sie bejahte zwar die Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin. Jedoch sei nach Ansicht der Vorinstanz die Prüfung der Aussichtslosigkeit der geltend gemachten Ansprüche nicht möglich, da das Gesuch insbesondere keinerlei Angaben zum rechtsrelevanten Sachverhalt enthalte. Es ergäben sich weder aus der Gesuchsbegründung noch aus den dazugehörigen Beilagen genügende Anhaltspunkte für finanzielle Ansprüche der Beschwerdeführerin gegenüber ihrer Arbeitgeberin. Es sei in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht kein ausreichendes Klagefundament glaubhaft gemacht worden und auch aus den Akten nicht ersichtlich. Die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin sei damit ihrer Mitwirkungspflicht bzw. -obliegenheit nicht rechtsgenügend nachgekommen (act. 7 S. 5 f.).
2.
Gegen das vorinstanzliche Urteil vom 8. Oktober 2019 erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 18. Oktober 2019 innert Frist Beschwerde. Sie stellt die folgenden Rechtsmittelanträge (act. 8 S. 2):
1. Der Beschwerdeführerin sei zwecks Durchführung des Verfahrens vor dem Bezirksgericht betr. Forderung aus Arbeitsvertrag das Recht zur unentgeltlichen Prozessführung seit 23. September 2019 zu gewähren unter Beiordnung des unterzeichnenden Anwalts als unentgeltlicher Rechtsvertreter.
Eventualiter sei das angefochtene Urteil der Vorinstanz (Beschwerdegegnerin) aufzuheben und von dieser neu zu beurteilen.
Subeventualiter sei das angefochtene Urteil der Vorinstanz (Beschwerdegegnerin) aufzuheben und von dieser neu zu beurteilen, und es sei der Beschwerdeführerin eine Frist anzusetzen, das Gesuch vom
23. September 2019 nachzubessern.
Zzgl. Kostenund Entschädigungsfolgen inkl. MwSt zu Lasten der Beschwerdegegnerin/Staatskasse.
Die Akten des vorinstanzlichen Verfahrens wurden beigezogen (act. 1-5). Beim Verfahren um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege handelt es sich um ein Verfahren zwischen der ersuchenden Partei und dem Staat. Der Gegenseite des (künftigen) Hauptsachenprozesses kommt im Verfahren betreffend unentgeltlicher Rechtspflege keine Parteistellung zu (vgl. z.B. BGer 5A_381/2013 vom 19. August 2013 E. 3.2 m.w.H.). Die Einholung einer Beschwerdeantwort (Art. 322 Abs. 1 ZPO) kommt nicht in Frage. Von einer Stellungnahme durch die Vorinstanz (Art. 324 ZPO) kann abgesehen werden. Die Sache ist spruchreif.
3.
Wird ein Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege ganz oder teilweise abgelehnt, so kann der Entscheid mit Beschwerde angefochten werden (vgl. Art. 121 ZPO). Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach den Art. 319 ff. ZPO. Die Beschwerde ist innert der Rechtsmittelfrist schriftlich und begründet bei der Rechtsmittelinstanz einzureichen (Art. 321 Abs. 1 ZPO). Mit der Beschwerde kann die unrichtige Rechtsanwendung und die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Neue Anträge, neue Tatsachen und neue Beweismittel sind im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (Art. 326 ZPO).
4.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann vor oder nach Eintritt der Rechtshängigkeit gestellt werden (vgl. Art. 119 Abs. 1 und Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO). Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen. Dies führt dazu, dass das nach § 128 GOG/ZH zuständige Gericht die unentgeltliche Rechtspflege bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen und nur vorprozessual einen unentgeltlichen Rechtsbeistand bestellen kann (vgl. OGer ZH VO110051 vom 3. Juni 2011; OGer ZH VO110040 vom 18. Mai 2011;
OGer ZH VO130026 vom 18. März 2013). Für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für ein gerichtliches Verfahren muss gleichzeitig mit der Klage oder später ein (neues) Gesuch beim betreffenden Gericht gestellt werden.
Die Beschwerdeführerin stellt ihr Begehren um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege nach Einreichung eines Schlichtungsgesuches, damit nach Begründung der Rechtshängigkeit (vgl. Art. 62 Abs. 1 ZPO) und nach Abschluss des Schlichtungsverfahrens. Die Klagebewilligung wurde am 27. August 2019 ausgestellt. Eine Klage beim (Sach-)Gericht wurde noch nicht erhoben. Damit besteht - ungeachtet dem unklar formulierten Rechtsbegehren der Beschwerdefüh- rerin vor Vorinstanz (zwecks Durchführung des Verfahrens vor dem Bezirksgericht, act. 1 S. 2) - nur Raum für die gerichtliche Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes zur Prozessvorbereitung (Art. 118 Abs. 1 lit. c letzter Satz).
Nach Art. 118 Abs. 1 lit. c Satz 2 ZPO kann über den verfassungsrechtlichen Mindestanspruch hinaus ein unentgeltlicher Rechtsbeistand auch vorprozessual bestellt werden. Diese Möglichkeit besteht im Sinne einer Ausnahme insoweit, als dies zur Vorbereitung des Prozesses notwendig ist. Der bedürftigen Partei soll in erster Linie ermöglicht werden, die Erfolgsaussichten einer ins Auge gefassten Klage durch eine rechtskundige Person prüfen zu lassen und die dazu vor Klageanhebung nötigen Abklärungen in tatsächlicher und (bei schwierigen Rechtsfragen, ausländischem Recht etc.) rechtlicher Hinsicht zu treffen. Damit soll in erster Linie vermieden werden, dass sich die bedürftige Person mit einer allenfalls aussichtslosen Klage einem unnötigen Prozessrisiko aussetzt. Bei den Vorbereitungshandlungen im Sinne von Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO muss es sich um solche handeln, die von der unentgeltlichen Rechtspflege, die erst das Prozessgericht bewilligen würde, nicht erfasst wären. Dabei ist zu beachten, dass die vom Sachgericht nach Einreichung des Gesuchs erteilte Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege praxisgemäss überblickbare Aufwendungen mitumfasst, die unmittelbar im Zusammenhang mit der Instruktion und der Einleitung der Klage sowie der Stellung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege für den laufenden Prozess stehen. Die Bestellung eines vorprozessualen unentgeltlichen Rechtsbeistandes rechtfertigt sich also nur bei ganz besonderen Umständen und über das übliche Mass hinausgehenden vorprozessualen Aufwendungen des Rechtsvertreters, welche durch die gesuchstellende Person im Gesuch darzulegen sind (vgl. zum Ganzen: ZR 110/2011 Nr. 100 S. 295 E. 2.3.; OberG ZH RU150062 vom
16. November 2015 E. 3.3. m.w.H.; Huber, DIKE-Komm-ZPO, 2. A. 2016, Art. 118
N 14; ZK ZPO-Emmel, 3. A. 2016, Art. 118 N 12; Wuffli, Die unentgeltliche Rechtspflege in der Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich/St. Gallen 2015, Rz. 484 ff.; siehe auch KUKO SchKG-Jent-Sørensen, 2. A. 2014, Art. 118
N 11).
Die Beschwerdeführerin legte weder vor Vorinstanz noch in ihrer Beschwerde dar, inwiefern vorliegend besondere Gegebenheiten und Aufwendungen im obgenannten Sinne bestehen und weshalb ihr das Armenrecht schon vorprozessual (zur Vorbereitung des Prozesses) gewährt werden soll resp. weshalb sich eine unentgeltliche Vertretung bereits vor der Einreichung der Klage aufdränge. Damit sind die Voraussetzungen zur Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes zur Prozessvorbereitung nicht erfüllt. Das vor Vorinstanz gestellte Gesuch und folglich auch die vorliegende Beschwerde sind aus diesem Grunde abzuweisen. Dementsprechend erübrigt es sich, auf die Kriterien der Mittellosigkeit (Art. 117 lit. a ZPO) sowie der Aussichtslosigkeit (Art. 117 lit. b ZPO) bzw. die diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführerin und die entsprechenden Erwägungen der Vorinstanz einzugehen.
5.
Umständehalber ist auf die Erhebung von Kosten für das Beschwerdeverfahren zu verzichten. Eine Parteientschädigung ist nicht zu entrichten.
Es wird erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Kosten erhoben.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Beschwerdeführerin sowie an das Bezirksgericht Horgen, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine arbeitsrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 18'697.00.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
versandt am:
lic. iur. K. Würsch
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