Kanton: | ZH |
Fallnummer: | RB200016 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 15.09.2020 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Erbteilung (Honorar unentgeltliche Rechtspflege) |
Schlagwörter : | Beschwerde; Unentgeltlich; Unentgeltliche; Beklagten; Anwältin; Entschädigung; Rechtsanwältin; Rechtsbeiständin; Feststellung; Partei; Verfahren; Unentgeltlichen; Verfügung; Beschwerdeverfahren; Entscheid; DIKE-Komm-ZPO; Einzutreten; Parteien; Treten; Bestellung; Beschwerdeführer; Kanton; Leistung; Beschwerdegegner; Festsetzung; Ziffer; Rechtsbeistand; Feststellungsbegehren; Bundesgericht |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ; Art. 110 ZPO ; Art. 119 ZPO ; Art. 123 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
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Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: RB200016-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Vorsitzende, Oberrichterin
Dr. L. Hunziker Schnider und Oberrichter Dr. M. Kriech sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Notz
Beschluss vom 15. September 2020
in Sachen
Beklagter 1 und Beschwerdeführer
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X1. ,
gegen
Beschwerdegegner
vertreten durch Bezirksgericht Zürich, Zivilsachenkanzlei, betreffend Erbteilung (Honorar unentgeltliche Rechtspflege)
Erwägungen:
Im zwischen dem Beklagten 1 und Beschwerdeführer (fortan Beklagter 1)
und seiner Schwester B.
hängigen Erbteilungsverfahren fällte die Vorinstanz am 6. Dezember 2019 ihr Urteil (Urk. 5/4, Urk. 6/368). Dispositiv-Ziffer 20 des Urteils lautet wie folgt: Die unentgeltlichen Rechtsbeiständinnen der Parteien werden mit separater Verfügung entschädigt.. Mit Eingabe vom 6. Juli 2020 er- suchte Rechtsanwältin X1. um Entschädigung als unentgeltliche Rechtsbei- ständin des Beklagten 1 für vier Honorarnoten (Urk. 5/11 = Urk. 6/377).
Mit Verfügung vom 20. Juli 2020 (Urk. 2 = Urk. 6/378) wies die Vorinstanz das Ersuchen von Rechtsanwältin X1. um Entschädigung als unentgeltliche Rechtsbeiständin mangels entsprechender Bestellung ab. Zur Begründung wurde
ausgeführt, auf Gesuch des Beklagten 1 sei Rechtsanwalt X2.
mit Verfügung vom 21. Dezember 2018 als bisheriger unentgeltlicher Rechtsbeistand des Beklagten 1 per 31. Dezember 2018 entlassen worden (Urk. 5/8 = Urk. 6/322). Als Folge davon sei die Vorladung für die Beweisverhandlung vom 8. Januar 2019 abgenommen worden (Urk. 6/321/1-2). Damals sei noch nicht festgestanden, wer künftig die Rechtsvertretung des Beklagten 1 übernehmen werde. Mit Eingabe vom 17. Januar 2019 habe Rechtsanwältin X1. das Gericht über ihre Man- datierung informiert und habe eine entsprechende Vollmacht eingereicht (Urk. 5/9
= Urk. 6/329 f.). Ein Gesuch des Beklagten 1 um eine neue Bestellung einer un- entgeltlichen Rechtsvertreterin sei indessen ausgeblieben. Den Wunsch um Bestellung von Rechtsanwältin X1. zu seiner unentgeltlichen Rechtsvertreterin habe er ebenso nicht angebracht. Mangels eines Gesuchs um neue Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsvertretung sei Rechtsanwältin X1. bis zur erst- instanzlichen Verfahrenserledigung nicht als unentgeltliche Rechtsbeiständin des Beklagten 1 bestellt worden. Sie könne von der Dispositiv-Ziffer 20 des Urteils vom 6. Dezember 2019 ungeachtet des Plurals nicht mitumfasst sein. Sodann fehle mangels der notwendigen Bestellung die Grundlage für eine Entschädigung als unentgeltliche Rechtsbeiständin.
Gegen diese Verfügung erhob Rechtsanwältin X1.
mit Eingabe vom
Juli 2020 sowohl im Namen des Beklagten 1 als auch in eigenem Namen innert Frist (Urk. 1 i.V.m. Urk. 6/378 f.) Beschwerde mit folgenden Rechtsbegehren (Urk. 1 S. 3):
1. Die vorliegende Beschwerde sei gutzuheissen.
Die Verfügung vom 20. Juli 2020 sei aufzuheben.
Es sei festzustellen, dass Rechtsanwältin X1.
seit 17. Januar 2019 im Verfahren Geschäfts-Nr.CP110012-L/Z45 als un- entgeltliche Rechtsbeiständin von A. eingesetzt ist.
Es sei Rechtsanwältin X1.
als unentgeltliche Rechtsbeiständin von A. für das Verfahren Geschäfts-Nr. CP110012- L/Z45 eine Entschädigung in der Höhe von CHF 34'015.10 (inkl. Auslagen und inkl. 7.7 % Mehrwertsteuer) zuzusprechen.
Eventualiter sei die Sache mit klaren Anweisungen zur neuen Festsetzung der Entschädigung der Beschwerdeführerin 2 im Sinne der nachstehenden Begründung an die Vorinstanz zurück- zuweisen.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Staa- tes. Der Beschwerdeführerin 2 sei insbesondere eine angemes- sene Partei- bzw. Umtriebsentschädigung für das Verfahren vor dem Obergericht des Kantons Zürich zuzusprechen.
Es wurden zwei Verfahren angelegt, das vorliegende Verfahren RB200016
i.S. des Beklagten 1 und das Verfahren RB200018 i.S. X1. je gegen den Kanton Zürich. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (Urk. 6/1-380 in LB200010).
4. Vorab ist zu prüfen, ob der Beklagte 1 zur Einlegung der Beschwerde legiti- miert ist. Fehlt es an der Zulässigkeitsvoraussetzung der Legitimation, ist auf das Rechtsmittel nicht einzutreten (ZK ZPO-Reetz, Vorbem. zu den Art. 308-318 N 50; BK ZPO-Sterchi, Vorbem. zu Art. 308 N 15; Blickenstorfer, DIKE-Komm-ZPO, Vor Art. 308-334 N 70; BSK ZPO-Spühler, Vor Art. 308-334 N 10, wonach bei fehlen- der Legitimation jedoch Abweisung des Rechtsmittels erfolgt).
Ein Entscheid betreffend die Festsetzung der Entschädigung des unentgelt- lichen Rechtsbeistandes betrifft die Prozesskosten. Er stellt einen Kostenent- scheid dar, der selbständig mit Beschwerde anfechtbar ist (Art. 319 lit. b Ziff. 1
i.V.m. Art. 110 ZPO; vgl. statt Vieler ZR 111 (2012) Nr. 53, E. 3; BK ZPO-Bühler,
Art. 122 N 42 und N 74 m.w.Hinw.; Huber, DIKE-Komm-ZPO, Art. 122 N 27). Die
Legitimation zur Beschwerde hängt von der angefochtenen Anordnung (Anfech- tungsobjekt) ab. Zur Beschwerde gegen den Entschädigungsentscheid legitimiert ist primär der unentgeltliche Rechtsbeistand (ZR 111 (2012) Nr. 53, E. 3; BK ZPO-Bühler, Art. 122 N 46 m.w.Hinw.). Gegenpartei (Beschwerdegegner) ist der Staat. Wegen der Nachzahlungspflicht (Art. 123 ZPO) kommt auch der unentgelt- lich vertretenen Partei die Legitimation zur Beschwerde zu, wenn sie eine zu hohe Entschädigung ihres unentgeltlichen Rechtsbeistandes geltend macht (OGer ZH PP170047 vom 13. Februar 2018, E. 2.1 m.w.Hinw.; BK ZPO-Bühler, Art. 122 N 47; Huber, DIKE-Komm-ZPO, Art. 122 N 27 f. m.w.Hinw.). Zur Geltendmachung einer zu tiefen Entschädigung ist die unentgeltlich vertretene Partei mangels eines schutzwürdigen Interesses nicht legitimiert (BGer 4D_24/2014 vom 14. Oktober 2014, E. 4.1; BGer 4A_382/2015 vom 4. Januar 2016, E. 2.1; BK ZPO-Bühler,
Art. 122 N 48).
Dem Beklagten 1 fehlt es hinsichtlich der Verfügung der Vorinstanz vom
20. Juli 2020 betreffend die Festsetzung der Entschädigung von Rechtsanwältin
X1.
nach dem Gesagten an der erforderlichen Rechtsmittellegitimation.
Diese käme ihm nur zu, wenn er eine zu hohe Entschädigung seiner unentgeltli- chen Rechtsbeiständin geltend machen wollte, was vorliegend nicht der Fall ist. Auf seine Beschwerde ist daher bezüglich der Ziffern 4 und 5 seines Rechtsbe- gehrens nicht einzutreten. Der Klarheit halber anzumerken bleibt, dass die ange- fochtene Verfügung keine Entscheidung betreffend die Verweigerung oder den Entzug (so der Beklagte 1, Urk. 1 S. 6 Ziff. 4.2) der unentgeltlichen Rechtspflege darstellt, bezüglich welcher das Beschwerderecht allein dem Beklagten 1, nicht hingegen seiner Rechtsvertreterin zustehen würde. Gegenstand des angefochte- nen Entscheides bildet allein die Festsetzung der staatlichen Entschädigung sei- ner Rechtsvertreterin.
Der Beklagte 1 stellt neben dem Begehren auf Entschädigung von Rechts-
anwältin X1.
als unentgeltliche Rechtsbeiständin ein Feststellungsbegeh-
ren, wonach festzustellen sei, dass Rechtsanwältin X1.
als unentgeltliche
Rechtsbeiständin eingesetzt sei (Rechtsbegehren Ziffer 3). Die Feststellungsklage ist gegenüber Leistungsklagen grundsätzlich subsidiär, d.h. es fehlt i.d.R. am
schutzwürdigen Feststellungsinteresse (Füllemann, DIKE-Komm-ZPO, Art. 88 N 12; BSK ZPO-Weber, Art. 88 N 15). Wird ein Feststellungsbegehren mit einer Klage auf Leistung verbunden, so kommt jenem in der Regel keine selbständige Bedeutung zu. Vorliegend stellt die Einsetzung von Rechtsanwältin X1. als unentgeltliche Rechtsbeiständin notwendige Vorbedingung einer Entschädigung
dar. Ob Rechtsanwältin X1.
als unentgeltliche Rechtsbeiständin des Beklagten 1 eingesetzt ist, bildet mit anderen Worten eine Vorfrage bzw. ein Be- gründungselement auf dem Weg zu einem Entscheid (Leistungsurteil) bezüglich der anbegehrten Entschädigung von Rechtsanwältin X1. als unentgeltliche Rechtsbeiständin. Daran ändert nichts, dass gerade die Frage der Einsetzung von
Rechtsanwältin X1.
als unentgeltliche Rechtsbeiständin des Beklagten 1
der vorliegend massgeblich umstrittene Punkt ist. Bezüglich des Feststellungsbe- gehrens fehlt es dem Beklagten 1 daher am erforderlichen Feststellungsinteresse, weshalb auch auf dieses Begehren nicht einzutreten ist.
Zwar ist die Erhebung einer Feststellungsklage neben einer Leistungsklage etwa dann zulässig, wenn nicht nur die fällige Leistung verlangt, sondern die Gül- tigkeit des ihr zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses auch für dessen zukünftige Abwicklung festgestellt werden soll, oder wenn die Parteien nur in der grundsätz- lichen Frage des Bestehens einer Verpflichtung uneinig sind und die Erfüllung des Anspruchs nach gerichtlicher Feststellung gesichert ist (vgl. dazu BK ZPO- Markus, Art. 88 N 29 f.; Füllemann, DIKE-Komm-ZPO, Art. 88 N 12 f.). Neue An- träge sind indes im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO). Auf ein entsprechendes neues selbständiges Feststellungsbegehren wäre daher im Beschwerdeverfahren nicht einzutreten.
Überdies ist Gegenstand einer Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens oder nicht Bestehens von Rechten oder Rechtsverhältnissen, nicht je- doch von Tatsachen (KUKO ZPO-Oberhammer, Art. 88 N 4; BK ZPO-Markus, Art. 88 N 35; Füllemann, DIKE-Komm-ZPO, Art. 88 N 4). Die Frage, ob Rechts-
anwältin X1.
als unentgeltliche Rechtsbeiständin des Beklagten 1 einge-
setzt worden ist oder nicht, beschlägt im vorliegenden Verfahren eine Tatsache. Auch deshalb wäre auf das Feststellungsbegehren nicht einzutreten.
Zusammenfassend ist auf die Beschwerde des Beklagten 1 vollumfänglich nicht einzutreten.
Das vorliegende Beschwerdeverfahren ist nicht kostenlos; Art. 119 Abs. 6 ZPO findet keine Anwendung (ZR 111 [2012] Nr. 53 E. 6; OGer ZH RE150018 vom 23.10.2015, E. 4.a). Angesichts des Verfahrensausgangs wird der unterlie- gende Beklagte 1 kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Die Bemessung der Entscheidgebühr richtet sich nach der Gebührenverord- nung des Obergerichts vom 8. September 2010 (GebV OG). Sie ist, basierend auf einem Streitwert von Fr. 31'583.20 (verlangte Entschädigung von Fr. 34'015.10 abzüglich Mehrwertsteuer; vgl. Urk. 5/11), in Anwendung von § 12 Abs. 1 und 2
i.V.m. § 4 Abs. 1 und 2, § 8 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 GebV OG auf Fr. 700.- fest- zusetzen.
Für das vorliegende Beschwerdeverfahren sind keine Parteientschädigun- gen zuzusprechen. Dem Beschwerdegegner sind keine entschädigungspflichtigen Umtriebe entstanden, und der Beschwerdeführer hat als unterliegende Partei oh- nehin keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Es wird beschlossen:
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
Die Entscheidgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf Fr. 700.- fest- gesetzt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beklagten 1 auferlegt.
Für das vorliegende Beschwerdeverfahren werden keine Parteientschädi- gungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Beschwerdegegner unter Bei- lage der Doppel von Urk. 1, 4, 5/2-4 und 5/6-12, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmit- telfrist in die Akten des Berufungsverfahrens LB200010-O.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 31'583.20.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 15. September 2020
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. S. Notz versandt am:
rl
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