Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PF190011 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 27.03.2019 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Ausweisung |
Schlagwörter : | Beschwerde; Beschwerdeführer; Vorinstanz; Recht; Beschwerdegegner; Ausweisung; Entscheid; Fähig; Partei; Verfahren; Urteil; Beistand; Vorinstanzliche; Frist; Handlung; Kündigung; Unrichtig; Unrichtige; Vorinstanzlichen; Mietobjekt; Eingabe; Bundesgericht; Finanzielle; Unterstützung; Zweitinstanzliche; Beschwerdeführers; Beschwerdeverfahren |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ; Art. 17 ZGB ; Art. 257 ZPO ; Art. 257d OR ; Art. 266l OR ; Art. 320 ZPO ; Art. 321 ZPO ; Art. 322 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 394 ZGB ; Art. 67 ZPO ; Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PF190011-O/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichterin
lic. iur. A. Katzenstein und Oberrichter Dr. S. Mazan sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. K. Würsch
in Sachen
,
Gesuchsgegner und Beschwerdeführer,
gegen
,
Gesuchsteller und Beschwerdegegner,
betreffend Ausweisung
Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes Audienz des Bezirksgerichtes Zürich vom 28. Februar 2019 (ER180221)
1.
A. (ehemals C. ) mietete mit Vertrag vom 30. Juni 2009 von B. eine 1-Zimmerwohnung an der D. -Str. in Zürich zu einem
monatlichen Bruttomietzins von Fr. 869.00 (act. 3/2; act. 1b). Per 1. Oktober 2017 wurde der Mietzins auf Fr. 754.00 gesenkt (act. 3/4). Das Mietverhältnis wurde von B. gestützt auf Art. 257d OR mit amtlich genehmigtem Formular vom
22. Oktober 2018 per 30. November 2018 gekündigt (act. 3/12).
Mit Eingabe vom 4. Dezember 2018 (Datum Poststempel: 7. Dezember 2018) gelangte B. (Gesuchsteller und Beschwerdegegner, fortan Beschwerdegegner) an das Bezirksgericht Zürich, Einzelgericht Audienz (fortan Vorinstanz), und verlangte unter Androhung der Zwangsvollstreckung die Ausweisung von A. (Gesuchsgegner und Beschwerdeführer, fortan Beschwerdeführer; act. 1). Mit Verfügung vom 12. Dezember 2018 setzte die Vorinstanz dem Beschwerdeführer eine Frist zur Stellungnahme zum Ausweisungsbegehren an (act. 5). Der Beschwerdeführer äusserte sich mit Schreiben vom 17. Dezember 2018 (act. 9). Die Eingabe wurde dem Beschwerdegegner mit Verfügung vom
21. Januar 2019 zugestellt und dieser äusserte sich dazu mit Schreiben vom
28. Januar 2019 (act. 11 und act. 13). Dem Beschwerdeführer wurde wiederum Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, welche er mit Eingabe vom 26. Februar 2019 wahrnahm (act. 14 und act. 19). Mit Urteil vom 28. Februar 2019 hiess die Vorinstanz das Ausweisungsbegehren des Beschwerdegegners gut und verpflichtete den Beschwerdeführer, die 1-Zimmerwohnung im . OG, Nr. inkl. Kellerabteil Nr. an der D. -Strasse in Zürich unverzüglich zu räumen und dem Beschwerdegegner ordnungsgemäss zu übergeben, unter der Androhung der Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall (act. 22 = act. 26 S. 6 f.).
2.
Mit Eingabe vom 11. März 2019 (Datum Poststempel: 13. März 2019) erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde gegen das Urteil der Vorinstanz vom 28. Februar 2019. Er beantragt eine Fristerstreckung für die Wohnungsräumung, dies zusammengefasst unter Verweis auf seinen Aufenthalt in der Psychiatrischen Universitätsklinik und seine Anhörung bei der KESB zur Abklärung, ob eine finanzielle und persönliche Unterstützung durch das Sozialamt ausreiche oder ein Beistand eingesetzt werden müsse (act. 27).
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1-24). Das Verfahren erweist sich sogleich als spruchreif. Auf die Einholung einer Beschwerdeantwort des Beschwerdegegners kann daher in Anwendung von Art. 322 Abs. 1 ZPO verzichtet werden. Ihm ist lediglich mit dem vorliegenden Entscheid eine Kopie von act. 27 zuzustellen.
3.
Beschwerdelegitimiert sind die Parteien des vorinstanzlichen Verfahrens, soweit sie durch den Entscheid der Vorinstanz beschwert sind, wobei zur Erhebung einer Beschwerde in prozessualer Hinsicht Handlungsfähigkeit erforderlich ist (vgl. Art. 67 ZPO). Handlungsunfähig sind insbesondere urteilsunfähige Personen sowie Personen unter umfassender Beistandschaft (Art. 17 ZGB). Zur Wahrnehmung ihrer prozessualen Rechte und Pflichten und damit auch zur Beschwerdeerhebung benötigen diese Personen die Mitwirkung ihres gesetzlichen Vertreters. Ohne diese Mitwirkung sind ihre Handlungen nichtig, desgleichen Entscheidungen, die für oder gegen eine nicht gültig vertretene, prozessunfähige Partei ergangen sind. Solche Nichtigkeit ist stets von Amtes wegen zu beachten (BK ZPO-Sterchi, Bd. I, Bern 2012, Art. 67 N 7 ff.).
Die Vorinstanz erwog, es bestünden keine Anhaltspunkte, die auf eine mangelnde Urteilsfähigkeit des Beschwerdeführers zufolge einer allfälligen psychischen Störung im Zusammenhang mit der vorliegenden Prozesssache hindeuteten. Sie hob hervor, dass sich der Beschwerdeführer jeweils innert der ihm angesetzten Fristen zur Sache geäussert habe. Für das vorinstanzliche Verfahren ging die Vorinstanz von der Prozessfähigkeit des Beschwerdeführers aus. Die von ihm eingereichten Unterlagen, wonach er nicht einvernahmefähig sei, änderten daran nichts (act. 26 S. 3).
Die Urteilsfähigkeit ist grundsätzlich zu vermuten. Sie ist relativ und im Hinblick auf die konkrete, in Frage stehende Handlung im massgebenden Zeitpunkt zu prüfen (BSK ZGB I-Fankhauser, 6. A. , Basel 2018, Art. 16 N 2, 29, 34 und 48). Für das vorliegende Rechtsmittelverfahren ist festzuhalten, dass es dem Beschwerdeführer möglich war, fristgerecht eine Beschwerde bei der Kammer einzureichen, sein Anliegen zu begründen und darzulegen, was er möchte. Es bestehen - auch unter Mitberücksichtigung der vorinstanzlichen Akten - keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer in Bezug auf das Beschwerdeverfahren nicht in der Lage wäre, vernunftgemäss seinen Willen zu bilden und entsprechend zu handeln. Auch ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer unter umfassender Beistandschaft steht resp. seine Handlungsfähigkeit gemäss
Art. 394 Abs. 2 ZGB eingeschränkt ist. Insbesondere ist nach eigenen Angaben des Beschwerdeführers die Bestellung eines Beistandes zur allfälligen Unterstüt- zung in finanziellen und persönlichen Belangen erst in Abklärung.
4.
Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach den Art. 319 ff. ZPO. Mit der Beschwerde kann die unrichtige Rechtsanwendung und die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Die Beschwerde ist bei der Rechtsmittelinstanz innert der Rechtsmittelfrist schriftlich und begründet einzureichen (Art. 321 Abs. 1 ZPO). Aus der Begründungspflicht ergibt sich ferner, dass die Beschwerde zudem (zu begründende) Rechtsmittelanträge zu enthalten hat. Bei Rechtsmitteleingaben von Laien genügt als Antrag eine Formulierung, aus der sich mit gutem Willen herauslesen lässt, wie das Obergericht entscheiden soll. Zur Begründung reicht aus, wenn auch nur ganz rudimentär zum Ausdruck kommt, an welchen Mängeln der angefochtene Entscheid leidet resp. weshalb der angefochtene Entscheid nach Auffassung der Beschwerde füh- renden Partei unrichtig sein soll. Sind auch diese Voraussetzungen nicht gegeben, wird auf eine Beschwerde nicht eingetreten (Art. 321 Abs. 1 und 2 ZPO; vgl. OGer ZH PF130050 vom 25. Oktober 2013, E. II./2.1; vgl. BK ZPO-Sterchi, Bd. II, Bern 2012, Art. 321 N 18 und 22). Neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel sind im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO).
5.
Die Vorinstanz gab die Art. 257 Abs. 1 ZPO, Art. 257d OR und Art. 266l Abs. 2 OR als rechtliche Grundlagen für das vorliegende Ausweisungsverfahren richtig wieder und sie legte in ihrem Entscheid die Voraussetzungen für eine gültige Zahlungsverzugskündigung zutreffend dar (vgl. act. 26 S. 3 f., Erw. 3. und 3.2.). Diese Erwägungen blieben zu Recht unangefochten, weshalb - um unnötige Wiederholungen zu vermeiden - darauf verwiesen werden kann. Die Vorinstanz begründet ihren Ausweisungsentscheid gestützt auf die genannten rechtlichen Grundlagen damit, dass der Beschwerdegegner die Kündigungsandrohung am 12. September 2018 der Post übergeben habe und die Sendung dem Beschwerdeführer am 13. September 2018 zur Abholung gemeldet worden sei. Der Beschwerdeführer habe die Sendung innert der siebentägigen Abholfrist nicht auf der Post abgeholt; die Kündigungsandrohung gelte daher als am 20. September 2018 zugestellt. Die angesetzte 30-tägige Zahlungsfrist habe am 21. September 2018 zu laufen begonnen und am Montag, 22. Oktober 2018 geendet. Die Zustel-
lung der ausserordentlichen Kündigung vom 22. Oktober 2018 sei am 23. Oktober 2018 gescheitert, weil der Beschwerdeführer seinen Briefkasten nicht geleert hatte. Die Vorinstanz befand, dieser Umstand dürfe sich nicht zugunsten des Beschwerdeführers auswirken, weshalb sich rechtfertige, den vorliegenden Fall gleich zu behandeln, wie wenn dem Beschwerdeführer am 23. Oktober 2018 eine Abholungseinladung in den Briefkasten gelegt worden wäre. Es wäre ihm also zumutbar gewesen, die Sendung am Tag nach der erfolglosen Zustellung auf der Post abzuholen. Die Kündigung habe daher als am 24. Oktober 2018 zugestellt zu gelten. Die Vorinstanz kam zum Schluss, der Beschwerdegegner habe somit die Formen sowie Fristen von Art. 257d OR und Art. 266l OR eingehalten und das Mietverhältnis gültig per 30. November 2018 aufgelöst. Der Beschwerdeführer befinde sich heute ohne Rechtsgrund im Mietobjekt, weshalb dem Ausweisungsantrag stattzugeben sei (act. 26 S. 5).
Der Beschwerdeführer erklärt, sich seit dem 11. Februar 2019 zum neunten Mal in der Psychiatrischen Universitätsklinik in Behandlung zu befinden. Sein gesundheitlicher Zustand sowie seine finanzielle Situation machten es ihm unmög- lich, die Wohnung zu räumen. Mit Unterstützung durch den Sozialdienst der Klinik
habe er sich beim Sozialzentrum anmelden können und er sei zuversichtlich, dass er bald mit finanzieller sowie persönlicher Unterstützung rechnen könne. Zwischenzeitlich habe auch eine Anhörung bei der KESB stattgefunden. Diese prüfe, ob die Unterstützung des Sozialamtes ausreiche oder ein Beistand eingesetzt werden müsse. Der Beschwerdeführer bittet um eine Fristerstreckung für die Wohnungsräumung, bis er die Angelegenheit zusammen mit dem Sozialzentrum oder dem Beistand regeln könne (act. 27).
Der Beschwerdeführer legt mit diesen Ausführungen nicht dar, dass die vorinstanzlichen Erwägungen falsch seien und die Voraussetzungen für eine Ausweisung aus dem Mietobjekt nicht gegeben wären. Er macht keine unrichtige Rechtsanwendung oder eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz geltend. Er beantragt einzig die Gewährung einer Auszugsfrist. Dafür gibt es bei gegebenem Ausweisungsanspruch - wie vorliegend - keine Rechtsgrundlage; eine Erstreckung ist bei Kündigungen wegen Zahlungsverzugs vielmehr von Gesetzes wegen ausgeschlossen (vgl. Art. 272 Abs. 1 lit. a OR). Im Sinne einer Vollstreckungsmodalität kann das Gericht zwar eine kurze Schonzeit festlegen und so der verpflichteten Partei einen freiwilligen Vollzug ermöglichen. Es kann aber auch davon absehen (OGer ZH LF160040 vom 9. August 2016, Erw. 4.2. m.w.H.; BGer 4A_391/2013 Erw. 7 [übersetzt in mp 2014 S. 167]). Hier ist aber der Beschwerdeführer bereits seit dem 30. November 2018 verpflichtet, aus dem Mietobjekt auszuziehen, und seither ist er mit der Rückgabe des Mietobjekts in Verzug. Eine (weitere) Schonzeit ist ihm darum nicht zu gewähren. Dem Vollstreckungsbeamten ist es aber unbenommen, dem Beschwerdeführer im Rahmen der Vollstreckung aus praktischen bzw. humanitären Überlegungen noch einen kurzen Aufschub zu gewähren.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gegen das vorinstanzliche Urteil vom 28. Februar 2019 abzuweisen.
6.
Im Ausweisungsverfahren bestimmt sich der Streitwert danach, wie lange der Vermieter oder Eigentümer mutmasslich über das Objekt noch nicht verfügen kann. Ausgehend von der Gesuchstellung bei der Vorinstanz am 7. Dezember
2019 ist mit nicht mehr als sechs Monaten Verfahrensdauer bis zur effektiven Ausweisung zu rechnen (Peter Diggelmann, DIKE-Komm-ZPO, Art. 91 N 46). Bei einem monatlichen Mietzins von Fr. 754.00 (vgl. act. 3/4) ergibt sich ein Streitwert von Fr. 4'524.00.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr bemisst sich gestützt auf den Streitwert sowie unter Berücksichtigung des Zeitaufwandes und der Schwierigkeit des Falls (§ 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1 und 3 GebV OG) im summarischen Verfahren auf die Hälfte bis drei Viertel der ordentlichen Gebühr (§ 8 Abs. 1, § 12 Abs. 1 GebV OG). Vorliegend rechtfertigt es sich, die reduzierte Gebühr auf Fr. 250.00 festzusetzen. Ausgangsgemäss wird der Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren kostenpflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Dem Beschwerdegegner ist mangels erheblicher Umtriebe im zweitinstanzlichen Verfahren keine Parteientschädigung zuzusprechen.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 250.00 festgesetzt.
Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens werden dem Beschwerdefüh- rer auferlegt.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Beschwerdegegner unter Beilage einer Kopie von act. 27, sowie an das Bezirksgericht Zürich (Einzelgericht Audienz), je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht,
1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine mietrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 4'524.00.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. K. Würsch versandt am:
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