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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:PC160010
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PC160010 vom 30.06.2016 (ZH)
Datum:30.06.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Ehescheidung (Edition durch Dritte)
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführerin; Recht; Verfügung; Gericht; Urkunde; Urkunden; Vorinstanz; Mitwirkung; Klägers; Verfahren; Auskunft; Unentgeltliche; Beklagten; Verweigerung; Ziffer; Dispositiv; Partei; Geschäftsführer; Edition; Prozesskosten; Einzureichen; Firma; Rechtspflege; Unberechtigt; Kontoblätter; Geschäftsgeheimnis; Beschwerdeverfahren; Gesuch; Parteien
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 117 ZPO ; Art. 156 ZPO ; Art. 159 ZPO ; Art. 160 ZPO ; Art. 165 ZPO ; Art. 166 ZPO ; Art. 167 ZPO ; Art. 170 ZGB ; Art. 172 ZGB ; Art. 292 StGB ; Art. 296 ZPO ; Art. 320 ZPO ; Art. 321 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 53 ZPO ; Art. 8 ZGB ; Art. 93 BGG ;
Referenz BGE:101 IV 312; 138 III 672; 141 IV 155;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PC160010-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. M. Spahn und Oberrichter Dr. M. Kriech sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. E. Iseli

Beschluss vom 30. Juni 2016

in Sachen

  1. GmbH,

    Beschwerdeführerin

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

    gegen

  2. ,

    Kläger und Beschwerdegegner

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.

    sowie

  3. ,

    Beklagte und Beschwerdegegnerin

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Z.

    betreffend Ehescheidung (Edition durch Dritte)

    Beschwerde gegen eine Verfügung des Einzelgerichts im ordentlichen Verfahren am Bezirksgericht Dielsdorf vom 17. Dezember 2015 (FE140066-D)

    Erwägungen:

    I.
    1. Der Kläger und Beschwerdegegner (fortan: Kläger) und die Beklagte und Beschwerdegegnerin (fortan: Beklagte) stehen sich seit April 2014 vor dem Bezirksgericht Dielsdorf in einem Scheidungsprozess gegenüber. Mit Verfügung vom 26. Februar 2015 wurde dem Kläger Frist angesetzt, um verschiedene Urkunden, unter anderem die Bilanzund Erfolgsrechnungen sowie sämtliche Kontoblätter der A. GmbH (fortan: Beschwerdeführerin) für die Jahre 2012 und 2014 einzureichen (Urk. 7/35). Der Kläger reichte die vorgenannten Urkunden mit seiner Eingabe vom 23. März 2015 nicht ein. Zur Begründung führte er an, der Inhaber der Beschwerdeführerin und Bruder des Klägers verweigere dies. Er stelle sich auf den Standpunkt, dass die genannten Unterlagen dem Geschäftsgeheimnis unterliegen würden. Der Kläger selbst sei nicht an der Beschwerdeführerin beteiligt (Urk. 7/39 S. 2). Mit Eingabe vom 17. April 2015 stellte die Beklagte vor Vorinstanz den Antrag, dem Kläger sei mit sofortiger Wirkung die unentgeltliche Rechtspflege zu entziehen, da er der gerichtlichen Urkundeneditionspflicht nur teilweise nachgekommen sei. Der Kläger leite die Beschwerdeführerin faktisch ebenfalls als Inhaber und Geschäftsführer und habe deshalb - wie seine Brüder - Einblick in die Buchhaltung und die angeblichen Geschäftsgeheimnisse. Ein Geheimhaltungsinteresse bestehe deshalb nicht. Da der Kläger weiterhin seine Einkommenssituation verschleiere, sei ihm ein monatliches Einkommen von

      Fr. 9'000.- anzurechnen, womit er keinen Anspruch auf unentgeltliche Rechtpflege habe (Urk. 7/41).

    2. Die Vorinstanz erliess in der Folge am 12. Mai 2015 folgende Verfü- gung (Urk. 7/44):

1. Die A. GmbH (CHE-494.543.787) wird verpflichtet, innert 14 Tagen ab Zustellung dieser Verfügung dem Gericht die folgenden Urkunden einzureichen:

- Bilanzund Erfolgsrechnungen sowie sämtliche Kontoblätter der A. GmbH für die Jahre 2012 und 2014.

  1. Sollten sich diese Urkunden nicht in ihrem Besitz befinden, hat die A. GmbH innert der gleichen Frist dem Gericht schriftlich Auskunft über deren Verbleib zu geben. Art. 165 f. ZPO bleiben vorbehalten.

  2. Verweigert die A. GmbH die Mitwirkung unberechtigterweise, so kann das Gericht eine Ordnungsbusse anordnen, ein Busse nach Art. 292 StGB aussprechen, die zwangsweise Durchsetzung anordnen oder Prozesskosten auferlegen, die durch die Verweigerung verursacht worden sind.

    Säumnis hat die gleichen Folgen wie die unberechtigte Verweigerung der Mitwirkung (Art. 167 Abs. 2 ZPO). Vorbehalten bleibt das umfassende sowie beschränkte Verweigerungsrecht (Art. 165 f. ZPO).

  3. (Mitteilung)

  4. (Beschwerde)

Mit Verfügung vom 19. Mai 2015 verpflichtete die Vorinstanz die Beschwerdeführerin zudem, die Bilanzund Erfolgsrechnung sowie sämtliche Kontoblätter für das Jahr 2013 einzureichen. Im Übrigen lautete die Verfügung gleich wie diejenige vom 12. Mai 2015 (Urk. 7/45).

3. Die Beschwerdeführerin erhob mit Eingaben vom 22. Mai 2015 fristgerecht zwei Beschwerden mit den Anträgen, die Verfügungen des Einzelgerichts im ordentlichen Verfahren des Bezirksgerichtes Dielsdorf, Dispositiv-Ziffern 1 bis 3, vom 12. und 19. Mai 2015 seien aufzuheben (Urk. 7/52 S. 5). Mit Beschluss vom

8. September 2015 trat die Kammer auf die Beschwerden nicht ein. Begründet wurde dies damit, dass die Urkundenedition Dritter zweistufig zu erfolgen hat. Zunächst ist der Dritte, der über relevante Urkunden verfügt, zu ersuchen, diese einzureichen und darauf aufmerksam zu machen, dass unberechtigte Weigerung bestraft werden kann. Trägt der Dritte Einwendungen vor, ist darüber zu entscheiden, ob die geltend gemachten Verweigerungsgründe berechtigt oder unberechtigt sind. Bei unberechtigter Weigerung ist eine erneute Aufforderung zu erlassen in Form einer Verpflichtung zur Einreichung der Urkunden unter Androhung der im Gesetz vorgesehenen Säumnisfolgen. Erst diese definitive Aufforderung ist mit Beschwerde anfechtbar, die blosse Aufforderung zur Mitwirkung hingegen noch nicht. Von der Vorinstanz war noch nicht über die Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführerin entschieden worden. Dementsprechend fehlte ein Anfechtungsobjekt für die Beschwerden (Urk. 7/52 S. 6 f.).

4. Die Vorinstanz prüfte in der Folge die von der Beschwerdeführerin in ihren Beschwerden geltend gemachten Einwendungen und erliess am

  1. Dezember 2015 (versandt am 1. Februar 2016) folgende Verfügung (Urk. 2):

    1. Die A. GmbH wird verpflichtet, inne rt 20 Tagen ab Zustellung dieser Verfügung dem Gericht die folgenden Urkunden einzureichen:

    - Bilanzund Erfolgsrechnungen mit sämtlichen Kontoblättern für die Jahre 2012, 2013 und 2014. Für das Jahr 2015, soweit bereits vorhanden.

    1. Sollten sich diese Urkunden nicht in ihrem Besitz befinden, hat die A. GmbH innert der gleichen Frist dem Gericht schriftlich Auskunft über deren Verbleib zu geben.

    2. Verweigert die A. GmbH die Mitwirkung unberechtigterweise, so kann sie mit einer Ordnungsbusse bis zu Fr. 1'000.- bestraft und es können ihr die Prozesskosten auferlegt werden, welche durch die Verweigerung verursacht werden. Die verantwortlichen Personen (gemäss Handelsregistereintrag zum Handeln für die Firma Berechtigte) können überdies wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung im Sinne von Art. 292 StGB (Busse bis zu Fr. 10'000.-) bestraft werden.

      Säumnis hat die gleichen Folgen wie die unberechtigte Verweigerung der Mitwirkung (Art. 167 Abs. 2 ZPO).

    3. (Mitteilung)

    4. (Beschwerde)

  1. Mit Eingabe vom 12. Februar 2016 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde mit den folgenden Anträgen (Urk. 1 S. 2):

    1. Die Verfügung des Einzelgerichts im o.V. des Bezirksgerichtes Dielsdorf, Dispoziffern 1-3, vom 17.12.2015 (FE140066) sei aufzuheben.

    1. Eventualiter sei die Ziffer 1 der Verfügung des Einzelgerichts im

      o.V. des Bezirksgerichtes Dielsdorf vom 17.12.2015 (FE140066)

      zu beschränken auf genau bezeichnete Dokumente und die Verpflichtung zur Einreichung sämtlicher Kontoblätter der A. GmbH sei zu streichen. Hierzu sei ein kassatorischer Entscheid zu erlassen und die Vorinstanz zur Spezifikation der Dokumente anzuhalten.

    2. Weiter seien für den Eventualfall die notwendigen Massnahmen zum Schutz des Geschäftsgeheimnisses der Beschwerdeführerin zu ergreifen und die Geschäftsunterlagen ausserhalb der Gerichtsakten aufzubewahren und einzig dem Gericht zugänglich zu machen sowie Namen und Firmen zu schwärzen.

    3. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen.

    4. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zzgl. MWST zu Lasten der Beklagten.

Mit Verfügung vom 18. Februar 2016 wurde den Beschwerdegegnern Frist angesetzt, um zum Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung schriftlich Stellung zu nehmen (Urk. 6 Dispositiv-Ziffer 1). Weiter wurde verfügt, dass bis zum Entscheid über das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung alle Vollziehungshandlungen zu unterbleiben haben (Dispositiv-Ziffer 2). Nachdem die Beschwerdeführerin den Kostenvorschuss geleistet hatte (Urk. 6 DispositivZiffer 4 und Urk. 8), wurde der Beschwerde mit Verfügung vom 9. März 2016 be-

treffend Dispositiv-Ziffern 1 bis 3 der angefochtenen Verfügung vom

  1. Dezember 2015 die aufschiebende Wirkung gewährt (Urk. 9). Mit Verfügung vom 15. März 2016 wurde den Beschwerdegegnern Frist zur Beantwortung der Beschwerde angesetzt (Urk. 10). Die Beklagte erstattete ihre Beschwerdeantwort mit Eingabe vom 11. April 2016 (Urk. 11 bis 13/1-15). Der Kläger liess sich nicht vernehmen. Mit Verfügung vom 15. April 2016 wurde die Beschwerdeantwort der Beschwerdeführerin und dem Kläger zur Kenntnisnahme zugestellt (Urk. 14).

    II.
    1. Mit der Beschwerde können unrichtige Rechtsanwendung und offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden

      (Art. 320 ZPO). Neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel sind ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO).

    2. Die Vorinstanz erwog, dass die Entwicklung der beteiligten Firma, die Namensgebung und die Funktionen der beteiligten Personen den Schluss nahelegen würden, dass es sich beim Kläger nicht um einen gewöhnlichen Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin handle, sondern dieser - zusammen mit seinen Brü- dern - mit der Firma eine wirtschaftliche Einheit bilde oder sogar einfach die

      ehemalige Firma des Klägers weitergeführt werde. Dafür spreche auch der Umstand, dass die beiden Brüder gleich viel verdienen würden, obwohl der eine Geldgeber und Geschäftsführer und der andere lediglich Angestellter sei. Der Verdacht, dass sowohl der Kläger als auch sein Bruder versteckte Leistungen von der Firma beziehen würden, die sich auf das Einkommen auswirkten, dränge sich geradezu auf (Urk. 2 S. 8 f.). Es bestehe der Verdacht, dass die im Recht liegenden Lohnausweise nicht die tatsächliche Höhe des Einkommens wiedergeben würden. Die angeforderten Belege hätten daher zweifellos eine beweisrechtliche Relevanz (S. 10). Da das Gericht von Amtes wegen in jedem Verfahrensstadium überprüfen könne, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege nach wie vor gegeben seien, erfolge das Einfordern der Buchhaltungen auch unter diesem Aspekt (S. 11).

    3. Die Beklagte scheint ihre Editionsbegehren sowohl vor Vorinstanz (Urk. 7/32 S. 11) als auch vor Beschwerdeinstanz (Urk. 11 S. 4 f.) auf Art. 170 ZGB stützen zu wollen.

Das Auskunftsrecht gemäss Art. 170 ZGB ist eine Eheschutzmassnahme im Sinne von Art. 172 Abs. 3 ZGB und kann als solche Gegenstand eines selbstän- digen Verfahrens sein. Dadurch soll jeder Ehegatte auch ausserhalb eines eherechtlichen Verfahrens die Erteilung von Auskünften über die finanziellen Verhältnisse des anderen Ehegatten gerichtlich durchsetzen können. Solcher Auskünfte bedarf es, um gemäss der allgemeinen Beweislastregel von Art. 8 ZGB gegen- über dem anderen Ehegatten materiellrechtliche Ansprüche überhaupt erst zu begründen (Kokotek, Die Auskunftspflicht des Ehegatten nach Art. 170 ZGB, Diss. Zürich 2012, N 86). Ein Auskunftsbegehren kann sodann auch als Teilantrag innerhalb eines anderen eherechtlichen Verfahrens gestellt werden. Der Prozess gestaltet sich diesfalls so, dass das Verfahren in der ersten Stufe auf den Auskunftsanspruch beschränkt und mittels Teilentscheid erledigt wird. Danach hat der ansprechende Ehegatte die Bezifferung des Hauptanspruchs, von der er bis dahin entbunden war, nachzuholen. Von der materiellen Auskunftspflicht zu Informationszwecken ist die prozessuale Auskunft zu Beweiszwecken zu unterscheiden. Hier hat der Ansprecher die Urkunde als Beweismittel angerufen und

will sie nun dem Richter zugänglich machen, um ihn dadurch von seiner - im Rahmen des Hauptverfahrens aufgestellten - substantiierten Behauptung zu überzeugen. Sie ist rein prozessrechtlicher Natur (vgl. zum Ganzen: ZR 91/92 Nr. 65). In der Praxis dürfte der letztgenannte Fall weitaus am häufigsten anzutreffen sein. Der Auskunftspflicht nach Art. 170 ZGB kommt daher in den eherechtlichen Verfahren oftmals keine eigenständige Bedeutung zu, da die Parteien

schon aufgrund ihrer prozessualen Mitwirkungspflichten zur Einreichung bestimmter Dokumente angehalten werden können. Die Beklagte beruft sich auf Art. 170 ZGB und macht gleichzeitig Beweisofferten (Urk. 7/32 S. 11 f.). Ein materielles Auskunftsbegehren stellte sie nicht. Insofern geht es um einen rein beweisrechtlich begründeten Editionsantrag (sie hat denn auch ihren Unterhaltsanspruch bereits beziffert, Urk. 7/32 S. 3; Pfänder Baumann, DIKE-Komm-ZPO, Art. 271 N 7; OGer ZH PC130052 vom 22.11.2013, E. I./4 und 5.e).

    1. Die Beschwerdeführerin rügt, sie werde in unzulässiger Weise ausgeforscht. Die Edition habe sich gemäss ständiger Praxis auf verhältnismässig wenige und bestimmt zu bezeichnende Aktenstücke zu beziehen (Urk. 1 S. 4 f. und

      S. 10). Der zu edierenden Buchhaltung fehle es zudem an Beweisrelevanz, insbesondere da der Kläger seine Anstellung bei der Beschwerdeführerin per 6. Juli 2015 gekündigt und das Unternehmen verlassen habe (Urk. 1 S. 8 f.). Schliesslich würden durch die Edition ihre schutzwürdigen Interessen, namentlich ihr Geschäftsgeheimnis, verletzt (Urk. 1 S. 11 f.).

    2. Wie die Parteien trifft grundsätzlich auch die Drittpersonen eine Mitwirkungspflicht am Beweisverfahren (Art. 160 ZPO). Auch bei Drittpersonen besteht diese Mitwirkungspflicht jedoch unter dem Vorbehalt der gesetzlich normierten Verweigerungsrechte (Art. 165 f.). Art. 165 ZPO regelt ein umfassendes Verweigerungsrecht bei Vorliegen von verwandtschaftlichen oder anderen engen persönlichen Beziehungen (BK ZPO II-Rüetschi, Art. 165 N 1). Art. 166 ZPO regelt das beschränkte Mitwirkungsverweigerungsrecht der Drittpersonen. Als prozessuale Auffangnorm regelt Art. 166 Abs. 2 ZPO das Verweigerungsrecht der Drittpersonen, die sich nicht auf ein Geheimnis gemäss Art. 166 Abs. 1 lit. a bis e ZPO berufen können, aber Träger anderer gesetzlich geschützter Geheimnisse

sind (BK ZPO II-Rüetschi, Art. 166 N 53). Kann die Drittperson als Träger anderer gesetzlich geschützter Geheimnisse nicht glaubhaft machen, dass ihr Geheimhaltungsinteresse das Interesse an der Wahrheitsfindung ausnahmsweise überwiegt, muss sie ihrer Mitwirkungspflicht uneingeschränkt nachkommen. Das Gericht hat eine Abwägung zwischen dem Interesse an der Wahrheitsfindung im Prozess und dem konkreten Geheimhaltungsinteresse vorzunehmen (BK ZPO II-Rüetschi,

Art. 166 N 60 mit Hinweisen; Bracher, Mitwirkungspflichten und Verweigerungsrechte Dritter bei der Beweiserhebung im Zivilprozess, Diss. Basel 2011, S. 59).

      1. Die Beklagte behauptet ein (geschätztes) Nettoeinkommen des Klä- gers von Fr. 9'000.- und stellt dazu Beweisanträge wie Edition von Bilanz und Erfolgsrechnung sowie Kontoblättern der A. GmbH (Urk. 7/32 S. 11 f.). Konkrete Bezüge kann sie naturgemäss nicht behaupten. Dazu bedarf sie zuerst der Einsicht in die Buchhaltung der Beschwerdeführerin. Die Beweisanträge können für die Bezüge des Klägers nicht von vornherein als untauglich qualifiziert werden. Immerhin war der Kläger einmal als Geschäftsführer mit Einzelunterschrift (unter ihrer alten Firma D. GmbH) und bis am 21. September 2015 als Kollektivzeichnungsberechtigter der Beschwerdeführerin im Handelsregister eingetragen. Die Verquickung des Klägers mit der Beschwerdeführerin ist evident: Der Kläger gründete am 16. Dezember 2009 als einziger Gesellschafter mit Einzelunterschrift die A'. GmbH. Am 12. Juli 2012 wurde der Kläger Geschäftsführer bei der D. GmbH. Am 8. Januar 2013 wurde über die A'. GmbH der Konkurs eröffnet. Am 19. März 2013 wurde der Kläger als Geschäftsführer bei der

        D.

        GmbH gelöscht, diese firmiert seither unter A. GmbH (Beschwerdeführerin) und neuer Gesellschafter und Geschäftsführer ist seither E. , der Bruder des Klägers. Er und der Kläger lassen sich jedoch den gleichen Lohn ausbezahlen (Urk. 7/26/4/1-3 und 7/34/8). Die Beschwerdeführerin beinhaltet offensichtlich den Vornamen des Klägers und heisst praktisch gleich wie die alte, im Februar 2013 aufgelöste Firma des Klägers, die A'. GmbH. Dass die Beschwerdeführerin geltend macht, die ähnlichen Namen der Unternehmen habe man gewählt, um die Marke und den Bekanntheitsgrad nicht zu verlieren (Urk. 1

        S. 8), vermag dieses Vorgehen nicht hinreichend zu erklären.

        Kommt hinzu, dass die Abrechnung von Vorschüssen des Klägers im Jahr 2013 nicht nachvollziehbar ist (Urk. 7/11/26/1/2-13). Zwar hat die Vorinstanz eine falsche Annahme getroffen, wenn sie beim Lohn 2013 von Zahlungen für ein ganzes Jahr ausgeht und daraus auf einen höheren Lohn des Klägers schliesst

        (Urk. 2 S. 8; Urk. 1 S. 5, vgl. Urk. 11 S. 5 und Urk. 4/3 = Urk. 7/26/4/8). Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, dass der Kläger im Scheidungsverfahren selber geltend gemacht habe, dass ihm sowohl der Vorschuss für das Mietzinsdepot im Betrag von Fr. 5'000.- als auch die Kosten für die Benutzung des Fahrzeuges von Fr. 4'200.- vom 13. Monatslohn abgezogen würden. Prüfe man jedoch die Lohnabrechnung Dezember 2013, werde weder der Betrag von Fr. 5'000.- noch derjenige von Fr. 4'200.- ausgewiesen. Zudem resultiere für den Dezember 2013 ein Minus von Fr. 2'984.70, trotzdem seien noch eine Lohnpfändung und ein Abzug an das Jugendsekretariat erfolgt, womit dem Kläger ein weiterer Vorschuss gewährt worden sei (Urk. 11 S. 6 f.;

        Urk. 7/11/26/1/2). Um diesbezüglich Klarheit zu schaffen, genügt es entgegen der Beschwerdeführerin nicht, allfällige Bezüge mittels den Kontoauszügen des Klä- gers zu überprüfen, hat dieser doch Löhne bzw. Vorschüsse auch in bar bezogen (Urk. 7/26/1/11+13). Die Edition der Buchhaltung der Beschwerdeführerin erweist sich auch deshalb als erforderlich.

      2. Wenn die Beschwerdeführerin moniert, eine Edition habe sich auf verhältnismässig wenige und bestimmt zu bezeichnende Aktenstücke zu beschränken, so ist ihr zu entgegnen, dass die Einsicht in Bilanz und Erfolgsrechnung nicht genügt, um verdeckte Privatbezüge bzw. Lohnleistungen überprüfen zu können. Dazu bedarf es der Kontoblätter. Bei der geschilderten Verflechtung des Klägers mit der Beschwerdeführerin erscheint die schriftliche Auskunft (bzw. eine Zeugenbefragung) als milderes Mittel (Urk. 1 S. 10) zum Vorherein nicht geeignet, um verdeckte Privatbezüge des Klägers überprüfen zu können. Im Übrigen kann die Bestätigung der SVA Zürich vom 15. September 2015, wonach die Löhne richtig deklariert worden seien (Urk. 4/6), aus novenrechtlichen Gründen nicht berücksichtigt werden (s. E. 1 oben).

      3. Die Beschwerdeführerin macht zudem geltend, der Kläger habe per

        6. Juli 2015 die Stelle bei ihr gekündigt und das Unternehmen verlassen und arbeite seit Oktober 2015 bei einer Konkurrentin der Beschwerdeführerin (Urk. 1

        S. 8 f.). Auch dieser Einwand ist neu und kann im Beschwerdeverfahren nicht beachtet werden (s. E.1 oben). Ungeachtet davon könnten die Beweisanträge der Beklagten nicht als gegenstandslos erklärt werden. Zu Recht weist sie darauf hin, der Stellenwechsel aus gesundheitlichen Gründen (Urk. 4/8) sei verdächtig und es stelle sich die Frage nach einer freiwilligen, absichtlichen Einkommensreduktion (Urk. 11 S. 7 f.). Es erscheint nicht einleuchtend, weshalb jemand, der gesundheitlich angeschlagen ist, freiwillig auf die Sicherheit eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses verzichtet. Zudem wurde kein neuer Arbeitsvertrag des Klä- gers eingereicht und kein neues Einkommen genannt. Die Argumente der Beschwerdeführerin verfangen damit nicht. Im jetzigen Zeitpunkt kann nicht gesagt werden, es fehle den zu edierenden Urkunden an Beweisrelevanz.

      4. Schliesslich überwiegt das Interesse an der Wahrheitsfindung die Geheimhaltungsinteressen betreffend Kundennamen, Lieferanten, Preise, Umsatzzahlen und Löhne der Mitarbeiter der Beschwerdeführerin (Urk. 1 S. 11). Immerhin geht es vorliegend auch darum, Kinderunterhalt festzusetzen. Das Gericht hat den Sachverhalt damit von Amtes wegen zu erforschen (Art. 296 Abs. 1 ZPO). Was die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Verletzung des Geschäftsgeheimnisses durch den Kläger betrifft, so ist der Versuch der Abwerbung von Lieferanten, Kunden und Arbeitnehmern durch den Kläger zugunsten seines neuen

        Arbeitgebers F.

        bzw. dessen G.

        GmbH (Urk. 1 S. 11 f.) nicht ansatzweise belegt. Es wurde nicht einmal ein neuer Arbeitsvertrag mit der G.__

        GmbH beigebracht. Damit verfängt das Argument, der Kläger und F.

        stünden miteinander in Verbindung und der Kläger liege mit seinem Bruder bzw. der Beschwerdeführerin im Streit, nicht. Zudem sind all diese Einwendungen neu und im Beschwerdeverfahren nicht mehr zu hören (s. E. 1 oben). Es erscheint aufgrund der vorgebrachten Rügen auch nicht angezeigt, sehr weitgehende Schutzmassnahmen wie die Aufbewahrung der zu edierenden Urkunden ausserhalb der Gerichtsakten - mit der entsprechenden Einschränkung des rechtlichen Gehörs der Parteien (Art. 53 Abs. 2 ZPO) - bzw. das Schwärzen von Daten anzuordnen

        (die Beschwerdeführerin macht andernorts geltend, die Kontounterlagen würden jeweils nur die Kontonummern der Überweisungen hervorbringen; Urk. 1 S. 7). Gefährdet die Beweisabnahme die schutzwürdigen Interessen einer Partei oder Dritter, wie insbesondere deren Geschäftsgeheimnisse, so trifft das Gericht die erforderlichen Massnahmen (Art. 156 ZPO). Die Beschwerdeführerin will offenbar nicht, dass die Beklagte über ihre Geschäfte Bescheid weiss, da der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sich selbst in Scheidung befindet und dessen Frau und die Beklagte Kontakt pflegen (Prot. I S. 41 f.). Davon ist in der Beschwerde freilich keine Rede und um eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne von Art. 166 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 159 ZPO handelt es sich hierbei auch nicht. Um den Bedenken der Beschwerdeführerin betreffend allfällige Geschäftsgeheimnisse (Tatsachen des wirtschaftlichen Lebens, an deren Geheimhaltung ein schutzwürdiges Interesse besteht; BGE 141 IV 155 E. 4.2.1 mit Hinweis auf BGE 101 IV 312 E. 1) Rechnung zu tragen, reicht es aus, das Einsichtsrecht auf Seite der Beklagten auf deren Rechtsvertreter zu beschränken (BSK ZPO-Guyan, Art. 156 N 6 unter Hinweis auf Frank/Sträuli/Messmer, § 145 ZPO/ZH N 3a). Die Dispositiv Ziffern 1 bis 3 der angefochtenen Verfügung sind daher mit der folgenden Schutzmassnahme im Sinne von Art. 156 ZPO zu ergänzen:

        3a. Das Einsichtsrecht in die von der A. GmbH gemäss Dispositiv-Ziffer 1

        einzureichenden Unterlagen wird auf Rechtsanwalt Z.

        beschränkt.

        Diesem wird die Verpflichtung auferlegt, die Unterlagen und die darin enthaltenen Informationen weder der Beklagten noch Dritten zugänglich zu machen oder zur Kenntnis zu bringen.

        Im Übrigen sind die Rügen der Beschwerdeführerin unbegründet und ist die Beschwerde abzuweisen. Der Beklagten steht es frei, zu einem späteren Zeitpunkt die Aufhebung der Schutzmassnahme zu beantragen, soweit ihr Rechtsvertreter es für die Verfechtung ihres Prozessstandpunktes als notwendig erachtet (vgl. CAN 2016 Nr. 23 S. 73).

      5. Die Beschwerdeführerin macht abschliessend eine Entschädigung für ihre Aufwendungen (Bankspesen, Archivarbeit und Erwerbsausfall des Geschäftsführers) von acht Stunden zu Fr. 180.- geltend (Urk. 1 S. 13). Sie setzt sich jedoch mit den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz nicht auseinander, wonach eine allfällige Entschädigung der Beschwerdeführerin gemäss Art. 160

Abs. 3 ZPO nach Einreichung der Urkunden erfolgt (Art. 321 Abs. 1 ZPO). Es

kann hierzu zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 2 S. 12 f.).

III.
    1. Die Beklagte stellte für das Beschwerdeverfahren ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (Urk. 11 S. 2). Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt; und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO).

    2. Die aus der ehelichen Beistandspflicht fliessende Pflicht zur Bevorschussung der Prozesskosten des anderen Ehegatten geht der unentgeltlichen Rechtspflege vor (BGE 138 III 672 E. 4.2.1). Zumindest eine anwaltlich vertretene gesuchstellende Partei hat daher entweder auch einen Antrag auf Ausrichtung eines Prozesskostenvorschusses zu stellen oder aber im Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege darzulegen, weshalb ihrer Ansicht nach auf ein Verfahren auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses verzichtet werden kann, so dass das Gericht diese Auffassung vorfrageweise überprüfen kann (BGer 5A_556/2014 vom 4. März 2015, E. 3.2).

    3. Die Beklagte hat weder einen Antrag auf Leistung eines Prozesskostenvorschusses gestellt noch dargelegt, weshalb auf ein Verfahren auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses verzichtet werden kann (Urk. 11 S. 10 f.). Damit ist sie ihren prozessrechtlichen Obliegenheiten nicht nachgekommen und ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen, soweit es durch die nachfolgende Kostenund Entschädigungsregelung nicht gegenstandslos geworden ist.

2. Abschliessend ist über die Kostenund Entschädigungsfolgen im Beschwerdeverfahren zu befinden. Die Beschwerdeführerin dringt weder mit ihrem Hauptantrag noch mit ihrem Eventualantrag durch. Die anzuordnenden (milderen) Schutzmassnahmen lassen noch keine verhältnismässige Teilung der Prozesskosten als gerechtfertigt erscheinen (Art. 106 Abs. 2 ZPO). Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren ist auf Fr. 2'000.- festzusetzen und ausgangsgemäss der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Beschwerdeführerin ist zudem zu verpflichten, der Beklagten eine Parteientschä- digung von Fr. 1'620.- (Fr. 1'500.- zzgl. 8 % MwSt.; § 6 Abs. 1 in Verbindung mit

§ 5 Abs. 1 und § 13 Abs. 4 AnwGebV) zu bezahlen.

Es wird beschlossen:

  1. Die Verfügung des Bezirksgerichts Dielsdorf, Einzelgericht o.V., vom

    17. Dezember 2015 wird mit folgender Dispositiv-Ziffer 3a. ergänzt:

    3a. Das Einsichtsrecht in die von der A. GmbH gemäss DispositivZiffer 1 einzureichenden Unterlagen wird auf Rechtsanwalt Z. beschränkt. Diesem wird die Verpflichtung auferlegt, die Unterlagen und die darin enthaltenen Informationen weder der Beklagten noch Dritten zugänglich zu machen oder zur Kenntnis zu bringen.

    Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

  2. Das Gesuch der Beklagten, es sei ihr für das Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren, wird als gegenstandslos geworden abgeschrieben. Das Gesuch der Beklagten, es sei ihr in der Person von Rechtsanwalt lic. iur. Z. ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen, wird abgewiesen.

  3. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 2'000.- festgesetzt.

  4. Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden der Beschwerdefüh- rerin auferlegt und mit ihrem Kostenvorschuss verrechnet.

  5. Die Beschwerdeführerin wird verpflichtet, der Beklagten für das Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'620.- zu bezahlen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  7. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.

    Es handelt sich in der Hauptsache um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit. Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

    Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

    Zürich, 30. Juni 2016

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. E. Iseli versandt am:

mc

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