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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:PA200036
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PA200036 vom 07.08.2020 (ZH)
Datum:07.08.2020
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Fürsorgerische Unterbringung Beschwerde gegen einUrteil des Einzelgerichtes des Bezirksgerichtes Bülach vom 17. Juli 2020 (FF200049)
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführer; Klinik; Unterbringung; Beschwerdeführers; Behandlung; Gutachter; Fürsorgerisch; Fürsorgerische; Zustand; Mutter; Vorinstanz; Person; Fürsorgerischen; Entscheid; Nahrung; Massnahme; Schutz; Störung; Entlassung; Klinikaufenthalt; Zeigt; Nahrungsaufnahme; Psychischen; Essen; Schizophrenie; Gezeigt; Krankheits
Rechtsnorm: Art. 426 ZGB ; Art. 450e ZGB ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PA200036-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach so- wie Gerichtsschreiberin MLaw M. Schnarwiler

Urteil vom 7. August 2020

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführer,

sowie

Klinik B. , Verfahrensbeteiligte,

betreffend

fürsorgerische Unterbringung

Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes des Bezirksgerichtes Bülach vom 17. Juli 2020 (FF200049)

Erwägungen:

  1. Sachverhalt und Prozessgeschichte

        1. Der 19-jährige Beschwerdeführer, welcher sich bereits als Kind und Jugend- licher infolge Zwangsstörungen in psychiatrischer Behandlung befunden hatte, ist aktuell zum zweiten Mal stationär im Zentrum B. ( , fortan Klinik) fürsorge- risch untergebracht.

          Seine erste stationäre Behandlung wurde am 17. April 2020 durch die SOS- Ärztin Dr. C. im Rahmen einer ärztlichen fürsorgerischen Unterbringung angeordnet. Damals war die anordnende Ärztin durch die Mutter des Beschwer- deführers aufgeboten worden. Laut Anordnung (vgl. act. 9/2) habe der Beschwer- deführer da auch seit vier Tagen nicht geredet und kaum gegessen und getrun- ken, habe sich in seinem Zimmer verschanzt und - nachdem er schliesslich auf Polizeiaufforderung hin die Türe geöffnet habe - bewegungslos in Hemd und Krawatte am Schreibtisch gesessen und nicht auf Gesprächsversuche reagiert. Die fürsorgerische Unterbringung erfolgte unter Verdacht auf eine schwere de- pressive Episode unter bestehender Selbstgefährdung (vgl. auch act. 9/3). Der Beschwerdeführer trat auf eigenen Wunsch nach einer dreitägigen Kriseninter- vention und fehlenden Hinweisen auf eine bestehende Selbst- oder Fremdgefähr- dung am 21. April 2020 wieder aus der Klinik aus (act. 6).

        2. Am 9. Juli erfolgte durch den SOS-Arzt Dr. D. erneut die fürsorgeri- sche Unterbringung des Beschwerdeführers in der Klinik. Dies infolge eines drin- genden Verdachtes auf ein psychotisches Zustandsbild sowie Weglaufgefähr- dung. Die Mutter beschrieb gegenüber dem anordnenden Arzt, dass der Beschwerdeführer sich seit rund zehn Tagen zunehmend psychotisch gezeigt habe. Er habe sich sozial zurückgezogen, in seinem verdunkelten Zimmer gesessen und auf den leeren Bildschirm gestarrt und nur noch sehr wenig gegessen und getrunken - die Eltern seien mit der Situation überfordert. Der SOS-Arzt be- schrieb den Beschwerdeführer als wach aber mutistisch, er nehme keinen Blick- kontakt auf und eine Kontaktaufnahme sei nicht möglich gewesen (act. 2 u. 3).

    1.2. Mit Schreiben vom 10. Juli 2020 erhob der Beschwerdeführer beim Einzel- gericht des Bezirksgerichtes Bülach (fortan Vorinstanz) Beschwerde gegen die fürsorgerische Unterbringung (act. 1). Nach Beizug der Akten und erfolgter Stel- lungnahme durch die Klinik (act. 14) fand am 16. Juli 2020 die vorinstanzliche Hauptverhandlung statt, an welcher Dr. med. E. das Gutachten erstattete und der Beschwerdeführer sowie für die Klinik Dr. med. F. angehört wurden (Prot. Vi. S. 7 ff.). Mit Urteil vom selben Tag wies die Vorinstanz die Beschwerde ab. Der Entscheid wurde dem Beschwerdeführer nicht mündlich, sondern in be- gründeter Ausfertigung schriftlich eröffnet bzw. zugestellt (vgl. Prot. Vi. S. 18 ff.; act. 17 = act. 20, nachfolgend zitiert als act. 12).

        1. it Schreiben vom 24. Juli 2020 (Datum Poststempel) erhob der Beschwer- deführer sinngemäss Beschwerde gegen den Entscheid vom 17. Juli 2020 an das Obergericht (act. 21). Wann der vorinstanzliche Entscheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, liess sich nicht rekonstruieren (vgl. act. 22). Angesichts der er- wähnten Daten erfolgt die Beschwerde zweifellos rechtszeitig, so dass sich Weite- rungen erübrigen.

        2. Vom Einholen einer Stellungnahme bzw. von Vernehmlassungen wurde ab- gesehen. Das Verfahren ist spruchreif.

  2. Prozessuale Vorbemerkungen

    1. Bei einer ärztlich angeordneten fürsorgerischen Unterbringung kann diese innert zehn Tagen beim zuständigen Gericht durch die betroffene Person mittels Beschwerde angefochten werden (Art. 439 Abs. 1 Ziff. 1 i.V.m. Art. 450 i.V.m. 450b Abs. 2 ZGB). Das Obergericht ist gemäss § 64 EG KESR für die zweitin- stanzliche Beurteilung solcher Beschwerden zuständig.

      Aus der Beschwerde geht hervor, dass sich diese gegen die angeordnete fürsorgerische Unterbringung richtet (vgl. act. 21). Die rechtzeitig erhobene Beschwerde genügt den Formerfordernissen und braucht mit Blick auf Art. 450e Abs. 1 ZGB insbesondere nicht begründet zu werden, was mangels abweichen- der Regelung im EG KESR auch für das zweitinstanzliche Beschwerdeverfahren zu gelten hat (vgl. OGer ZH, PA170031, vom 28. November 2017, E. 2.2 m.w.H.).

    2. Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen der fürsorgerischen Unterbrin- gung erfüllt sind, verfügt die Beschwerdeinstanz über volle Kognition. Im Rahmen der fürsorgerischen Unterbringung geht es damit nicht bloss um die Rechtskon- trolle des vorinstanzlichen Entscheides. Vielmehr hat die zweite Beschwer- deinstanz selbstständig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Massnahme nach den Art. 426 ff. ZGB erfüllt sind.

  3. Fürsorgerische Unterbringung

    1. Eine natürliche Person, die an einer psychischen Störung oder an einer geistigen Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann (Art. 426 Abs. 1 ZGB). Eine fürsorgerische Unterbrin- gung setzt somit das Vorhandensein eines materiellen Einweisungsgrundes vo- raus, d.h. eines im Gesetz genannten Schwächezustandes, aus welchem eine besondere Schutzbedürftigkeit des Patienten oder der Patientin resultiert, die eine nur in einer Anstalt erbringbare Behandlung erforderlich macht. Die fürsorgerische Unterbringung muss folglich stets ultima ratio sein, und sie muss sich in Würdi- gung aller Umstände als verhältnismässig - also als geeignet, als erforderlich und als verhältnismässig im engeren Sinne - erweisen. Nachfolgend ist zu prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind.

    2. Schwächezustand

      1. Damit von einer psychischen Störung im Sinne der genannten Bestimmung gesprochen werden kann, muss zum einen ein entsprechendes Krankheitsbild vorliegen. Dieses muss sich zum anderen erheblich auf das soziale Verhalten des Patienten auswirken. Massgeblich ist, ob die betroffene Person ihre Entschei- dungsfreiheit behalten hat und am sozialen Leben teilnehmen kann (BSK ZGB I- GEISER/ETZENSBERGER, 6. Aufl. 2018, Art. 426 N 15).

      2. Die Vorinstanz bejahte das Vorliegen einer psychischen Störung im Sinne des Gesetzes aufgrund der Ausführungen des Gutachters anlässlich der Haupt- verhandlung (act. 20 E. 3.2.). Dem ist aus nachfolgend dazulegenden Umständen zuzustimmen:

      3. Der von der Vorinstanz bestellte Gutachter führte aus, der Beschwerdefüh- rer leide ganz klar an einer Schizophrenie, hauptsächlich katatonen Einschlages, möglicherweise mit paranoiden Elementen. Anhand der Antworten des Beschwerdeführers zur Frage der Entlassung sei dessen Ambivalenz erkennbar - er sei hin- und hergerissen. Der Beschwerdeführer sei hauptsächlich mutistisch und spreche häufig am Thema vorbei, sei in seiner Wortwahl manieriert und spreche sehr hochgestochen. All dies seien wichtige Hinweise für eine Schizophrenie. Der Gutachter wies sodann darauf hin, dass es keiner Fachkenntnisse bedürfe, um zu erkennen, dass man eine leidende Kreatur vor sich habe. Er bezeichnete den Beschwerdeführer als sehr krank (Prot. Vi. S. 11).

        Die Klinik führte in ihrer am 14. Juli 2020 bei der Vorinstanz eingereichten Stellungnahme aus, der Beschwerdeführer leide an einer akuten psychotischen Störung, aber (entgegen dem Gutachter) ohne Symptome einer Schizophrenie, und es seien Zwangsgedanken und -handlungen aktenanamnestisch. Indes wies die Klinik in der Stellungnahmen darauf hin, eine Anamneseerhebung sowie eine genauere Erhebung des Psychostatus sei angesichts des dekompensierten psy- chischen Zustandes derzeit nicht möglich. Zum Zustand des Beschwerdeführers führte die Klinik immerhin aus, bei seinem Eintritt habe der Beschwerdeführer ein eigentümliches, nahezu mutistisches Verhalten mit fast fehlender Mimik und star- rem Blick gezeigt und sei misstrauisch, affektiv arm und verflacht sowie formalge- danklich gehemmt gewesen. An diesem Zustandsbild habe sich bisher nichts ge- ändert. Eine Kontaktaufnahme zum Beschwerdeführer sei verbal nicht möglich, die einzigen Angaben seinerseits seien bisher das Rekurs Gesuch sowie das Zi- tieren von Bibelversen. Der Blickkontakt werde nicht gehalten und der Kontakt teils auch durch das Tragen von Ohropax verhindert bzw. vermieden. Die Ein- nahme von Medikation lehne der Beschwerdeführer ab, ebenso die Nahrungsauf- nahme (act. 14; vgl. auch den Verlaufsbericht, act. 5 u. 12).

        Der für die Klinik anwesende Arzt, Dr. med. F. , widersprach sodann der von Gutachter E. gestellten Diagnose der Schizophrenie anlässlich der Verhandlung vom 16. Juli 2020 nicht. Er wies darauf hin, dass sich der Zustand des Beschwerdeführers in der Woche, in welcher er sich in der Klinik befinde,

        nicht verbessert habe und dass er jegliche Gespräche und Untersuchungen ver- weigere (Prot. Vi. S. 16).

        Der Beschwerdeführer antwortete auf die Fragen des Gerichts, ob er an sei- nem Gesuch um gerichtliche Beurteilung der fürsorgerischen Unterbringung fest- halten und entlassen werden wolle vage bzw. gab wiederholt zu Protokoll, falls er entlassen werden sollte, würde er dies 'so nehmen' bzw. entlassen werden wol- len. Auf die Fragen nach dem Grund seines Klinikaufenthaltes bzw. seines Zu- standes und seiner Situation antwortete der Beschwerdeführer gar nicht und liess damit insbesondere auch keine Krankheits- oder Behandlungseinsicht erkennen. Auf die Frage, ob er dem Gericht etwas von sich aus mitteilen wolle, machte er wirre Ausführungen religiösen Inhaltes. Auf weitere, die Religion betreffende Fra- gen des Gerichts antwortete der Beschwerdeführer wiederum wirr und machte grösstenteils losgelöst von den gestellten Fragen Ausführungen religiösen Inhal- tes (Prot. Vi. S. 8 ff.). Die Befragung des Beschwerdeführers spiegelt damit einer- seits die vom Gutachter geschilderte Ambivalenz im Hinblick auf seine Entlassung wider, zum andern zeigt sich aber auch, dass der Beschwerdeführer gar nicht o- der nicht adäquat antwortet und von religiösen Gedanken getrieben bzw. be- herrscht zu sein scheint. Der vom Beschwerdeführer durch seine Antworten ver- mittelte Eindruck unterstreicht damit insgesamt die Einschätzung der Fachperso- nen.

      4. Die Darstellungen von Klinik und Gutachter lassen am Vorhandensein einer psychischen Störung im Sinne von Art. 426 Abs. 1 ZGB keine Zweifel offen, auch wenn die konkrete Diagnosestellung nicht einheitlich erfolgte, bzw. von Seiten der Klinik noch unklar zu sein scheint. Wie sich aus der Darstellung der Klinik ergibt, war ihr indes eine Diagnosestellung bisher aufgrund der fehlenden Kooperations- bereitschaft des Beschwerdeführers nicht möglich (vgl. auch act. 2). Dr. med.

        F. widersprach zumindest der Diagnose durch den Gutachter nicht. Einst- weilen ist damit mit dem Gutachter vom Vorliegen einer Schizophrenie auszuge- hen. Zum Vorliegen eines psychischen Störung passt auch das sich aus dem Pro- tokoll der Vorinstanz ergebende Bild des Beschwerdeführers.

    3. Schutzbedürftigkeit und Verhältnismässigkeit

      1. ie bereits erwähnt, wird für die Anordnung einer fürsorgerischen Unter- bringung vorausgesetzt, dass die Betreuung oder die Behandlung der betroffenen Person nötig ist und nicht auf andere Weise als durch eine Unterbringung in einer Einrichtung erfolgen kann (Art. 426 Abs. 1 ZGB). Mit anderen Worten muss die betroffene Person eines besonderen Schutzes bedürfen, der eben nur mit einer Freiheitsentziehung erbracht werden kann; die Freiheitsentziehung muss die per- sönliche Fürsorge für den Betroffenen sicherstellen. Diese umfasst einerseits the- rapeutische Massnahmen und andererseits jede Form von Betreuung, deren eine Person für ein menschenwürdiges Dasein bedarf. Darunter fallen so elementare Bedürfnisse wie Essen, Körperpflege, Kleidung usw. Dem Schutz der Umgebung kommt nur, aber immerhin, eine subsidiäre Bedeutung zu (Art. 426 Abs. 2 ZGB). Eine Fremdgefährdung ist damit weder eine Unterbringungsvoraussetzung, noch vermag sie für sich alleine eine fürsorgerische Unterbringung zu rechtfertigen. Der Schutz und die Belastung anderer Personen darf jedoch in die Beurteilung mitein- bezogen werden (vgl. zum Ganzen BSK ZGB I-GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426 N 8, 10 und N 41 ff.).

        Schliesslich muss die fürsorgerische Unterbringung verhältnismässig sein. Sie ist nur dann zulässig, wenn keine leichteren Massnahmen der betroffenen Person einen genügenden Schutz gewähren, mit dieser Massnahme hingegen ein solcher voraussichtlich erreicht werden kann (vgl. auch BSK ZGB I- GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426 N 22 ff.).

      2. Nach Ansicht des Gutachters erfordert der gegenwärtige Zustand des Beschwerdeführers die Unterbringung und entsprechende Behandlung in einer Ein- richtung. Bei einer jetzigen Entlassung würde der Gesundheitszustand des Beschwerdeführer sich - so der Gutachter - zunehmend verschlechtern. So sei der Rückzug, welchen der Beschwerdeführer zeige, das Zeichen einer Reizüberflu- tung. Er sei nicht in der Lage, verschiedene Reize auf verschiedenen Ebenen aufzunehmen, weshalb er sich zurückziehe und sein Zimmer abdunkle, was sich bei einer sofortigen Entlassung fortsetzen und intensivieren würde. Dies könne so weit gehen, dass dem Beschwerdeführer ein gesellschaftliches Funktionieren

        nicht mehr möglich wäre. Zudem befürchtet der Gutachter, dass der Beschwerde- führer plötzlich keine Nahrung mehr zu sich nehme. Schizophrene Personen könnten sterben, weil sie nichts mehr essen würden. Diese Gefahr bestehe vor- liegend. Zudem scheine der Beschwerdeführer nicht überzeugt zu sein, Medika- mente zu benötigen. Auch deshalb erscheine ein Klinikaufenthalt des Beschwer- deführers als angezeigt. So könne er erkennen, dass die Medikation notwendig sei. Im Übrigen lasse auch die allgemeine Lebenssituation einen Klinikaufenthalt zur Zeit als notwendig erscheinen. So wohne der Beschwerdeführer bei seiner Mutter und gehe wohl keinem Erwerb nach. Der Gutachter bezweifelt, dass die Mutter und der Stiefvater des Beschwerdeführers diesen zur Zeit bei sich zuhause aufnehmen könnten, seien doch die Risiken für die betreuenden Personen hoch (Prot. Vi. S. 12 ff.).

        Auch die Klinik liess vernehmen, dass ein Klinikaufenthalt des Beschwerde- führers zur Zeit notwendig sei. Das aktuelle Zustandsbild wie auch die fremd- anamnestische Information der Mutter machten eine weitere stationäre Abklärung und Behandlung erforderlich. Es bestünden seitens der Klinik auch insbesondere Bedenken bezüglich der Selbstfürsorge seitens des Beschwerdeführers, insbe- sondere betreffend die Nahrungsaufnahme sowie ausreichende Trinkmenge. So sehe man zwar manchmal, wie der Beschwerdeführer Brot esse. Generell sei aber davon auszugehen, dass die Nahrungsaufnahme nicht adäquat bzw. ausrei- chend erfolge. Bei einer anhaltenden Verweigerung der Nahrungsaufnahme so- wie einer fraglich ausreichenden Trinkmenge sei von einer Selbstgefährdung in Form eines Selbstfürsorgedefizits auszugehen. Zudem habe auch die Mutter des Beschwerdeführers vernehmen lassen, der Beschwerdeführer sei zuhause nicht ertragbar und es sei nicht denkbar, dass er nach Hause gehe (act. 14; Prot. Vi.

        S. 16 f.).

      3. estützt auf diese Ausführungen der Fachpersonen, wonach bei einer so- fortigen Entlassung eine Verschlechterung des Krankheitsbildes und mit ihm die bestehende Gefahr eines selbstgefährdenden Verhaltens infolge zunehmender sozialer Abkapselung und insbesondere Verweigerung der Nahrungsaufnahme droht bzw. wahrscheinlich ist, ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass eine

        Unterbringung des Beschwerdeführers aktuell unumgänglich ist, um ihm die er- forderliche Betreuung zukommen zu lassen und einer weiteren Verschlechterung des Krankheitsbildes entgegenzuwirken (vgl. Erwägungen der Vorinstanz, act. 20 E. 3.3. f.).

        Insbesondere zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch das Umfeld des Beschwerdeführers bzw. die auch von der Vorinstanz erwähnte, nicht geklärte Wohnsituation des Beschwerdeführers (vgl. act. 20 E. 3.3.1.): So wohnte er bis zu seinem Klinikaufenthalt bei seiner Mutter, wobei diese gegenüber der Klinik erklärte, ihn im aktuellen Zustand nicht bei sich aufnehmen zu wollen bzw. bereits gegenüber dem SOS-Arzt erklärte, mit der Situation überfordert zu sein (vgl. act. 3; vgl. auch die im Verlaufsbericht erwähnten Auskünfte der Mutter,

        act. 5 S. 3 ff.). Der Gutachter bezeichnete es zudem ebenfalls als mühsam und belastend, den Beschwerdeführer in seinem aktuellen Zustand zuhause zu be- treuen, und er stellte als alternative Möglichkeit die Unterbringung in einem be- treuten Wohnen in den Raum, wobei der Beschwerdeführer im Rahmen eines solchen intensiv betreut und namentlich 24 Stunden überwacht werden müsste, ob er esse und die Medikamente einnehme (Prot. Vi. S. 15).

        Unter Berücksichtigung, dass eine Rückkehr des Beschwerdeführers zu sei- ner Mutter zur Zeit aufgrund seines aktuellen Zustandes noch nicht in Betracht kommt und der Mutter insbesondere nicht zugemutet werden kann, im jetzigen Zustand für den Beschwerdeführer zu sorgen, erscheint der aktuelle Aufenthalt in der Klinik ebenfalls als angezeigt und unumgänglich. Eine Rückkehr zur Mutter kann so in die Wege geleitet bzw. vorbereitet werden, oder - sollte sich zeigen, dass diese Option gänzlich ausser Betracht fällt - als Alternative ein betreutes Wohnen, welches den Bedürfnissen des Beschwerdeführers im vom Gutachter dargelegten Sinn entspräche. Zudem bleibt so auch Zeit, die vom Gutachter emp- fohlene ambulante psychiatrische Behandlung für die Zeit nach dem Klinikaufent- halt in die Wege zu leiten (vgl. diesbezüglich Prot. Vi. S. 13).

      4. Leichtere Massnahmen, welche der erhöhten Schutzbedürftigkeit des Beschwerdeführers gerecht würden, sah die Vorinstanz in Übereinstimmung mit den Fachleuten derzeit zutreffend nicht als möglich an (act. 20 E. 3.4. ff.). So führte

        der Gutachter aus, keine Möglichkeit zu sehen, die Risiken im Falle einer soforti- gen Entlassung mittels anderer Massnahmen einzugrenzen (Prot. Vi. S. 13). Auch die Klinik und der behandelnde Arzt liessen erkennen, momentan keine andere Möglichkeit als die stationäre Behandlung in der Klinik zu sehen (act. 14; Prot. Vi. S. 16 f.).

        Der Behandlungsplan der Klinik (vgl. act. 13) sieht die medikamentöse Be- handlung des Beschwerdeführers mit Olanzapin und Temesta vor, zudem die psychotherapeutische Behandlung mit dem Ziel der Wiederherstellung des Reali- tätsbezuges, der Beobachtung, ob psychotisches Erleben stattfinde, sowie die Er- langung einer Kommunikationsfähigkeit sowie einer Krankheits- und Behand- lungseinsicht. Zudem sei primäres Ziel die Sicherstellung der Hygiene und Nah- rungsaufnahme. Im Weiteren sieht der Behandlungsplan die Teilnahme am sta- tionsinternen Therapieprogramm und die Integration ins Stationsmilieu vor, zudem die Klärung der Wohnverhältnisse, Finanzen und Bedürfnisse des Beschwerde- führers.

        Den Behandlungsplan bezeichnet der Gutachter zwar als vage und stellt in den Raum, dass eine höhere Dosis des Olanzapin allenfalls angezeigt und mög- licherweise auch eine Zwangsmedikation in Betracht zu ziehen sei. Der Gutachter bezeichnet indes die Klinik sowie ihr grundsätzliches Behandlungskonzept als bestens geeignet, dem Beschwerdeführer die nötige Fürsorge, Pflege und Be- handlung zu bieten (Prot. Vi. S. 12). Der an der Hauptverhandlung anwesende Arzt wies zudem hinsichtlich des Behandlungsplans darauf hin, man fange bei der Behandlung mit Olanzapin in der Regel mit einer kleineren Dosis an und steigere diese erst, wenn keine Nebenwirkungen auftreten würden (Prot. Vi. S. 17), womit er den Bedenken des Gutachters Rechnung trug. Die Klinik als auch dies Mass- nahme an sich erscheinen damit insgesamt als geeignet und es ist davon auszu- gehen, dass mit der fürsorgerischen Unterbringung in der Klinik eine Verbesse- rung des Zustandes des Beschwerdeführers erreicht werden kann.

        Die Aufrechterhaltung der fürsorgerischen Unterbringung erweist sich nach dem Gesagten als verhältnismässig.

        Die Voraussetzungen für die fürsorgerische Unterbringung sind nach dem Gesagten im heutigen Zeitpunkt erfüllt, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist.

  4. Kostenfolgen

Bei diesem Ausgang des Verfahrens würde der Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren kostenpflichtig. Umständehalber ist auf die Erhebung von Kosten zu verzichten.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz.

  3. Schriftliche Mitteilung an

    • den Beschwerdeführer,

    • die verfahrensbeteiligte Klinik,

    • das Einzelgericht des Bezirksgerichtes Bülach,

      je gegen Empfangsschein.

      Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmit- telfrist an die Vorinstanz zurück.

  4. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw M. Schnarwiler versandt am:

7. August 2020

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