Zusammenfassung des Urteils LZ160005: Obergericht des Kantons Zürich
Die Klägerin hat beim Obergericht des Kantons Zürich Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichts Uster eingereicht, das ihre Klage auf Kinderunterhaltsbeiträge abgewiesen hat. Das Gericht entschied, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei, die Unterhaltsansprüche ihrer Kinder einzuklagen. Die Klägerin argumentierte jedoch, dass sie als Inhaberin der elterlichen Sorge zur Geltendmachung der Ansprüche berechtigt sei. Das Gericht gab der Klägerin schliesslich Recht und wies die Sache zur erneuten Prüfung an die Vorinstanz zurück. Die Gerichtskosten wurden dem Beklagten auferlegt, und die Klägerin erhielt eine Parteientschädigung. Das Gericht entschied, dass der Beklagte die Prozesskosten tragen muss und wies sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LZ160005 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 23.12.2016 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Unterhalt |
Schlagwörter : | Recht; Berufung; Unterhalt; Kinder; Kindes; Berufungsverfahren; Sorge; Beklagten; Vorinstanz; Bundesgericht; Töchter; Eltern; Verfahren; Parteien; Klage; Entscheid; Prozessstandschaft; Hinweis; Interesse; Gesuch; Kinderunterhalt; Interessen; Prozesskosten; Prozesskostenvorschuss; Rechtspflege; Aktivlegitimation; Vertreter; Rechtsprechung; ührt |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 14 ZGB ;Art. 277 ZGB ;Art. 279 ZGB ;Art. 289 ZGB ;Art. 306 ZGB ;Art. 318 ZGB ;Art. 93 BGG ; |
Referenz BGE: | 136 III 365; 142 III 78; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LZ160005-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende,
Oberrichterin Dr. D. Scherrer und Oberrichter lic. iur. M. Spahn sowie Gerichtsschreiber lic. iur. A. Baumgartner
Beschluss vom 23. Dezember 2016
in Sachen
,
Klägerin und Berufungsklägerin
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
,
Beklagter und Berufungsbeklagter
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y.
betreffend Unterhalt
Erwägungen:
a) Mit Eingabe vom 19. Mai 2016 (bei der Vorinstanz am 14. Juni 2016 eingegangen) stellte die Klägerin und Berufungsklägerin (fortan Klägerin) unter Beilage der Klagebewilligung des Friedensrichteramtes C. vom 18. März 2016 (Urk. 2A) bei der Vorinstanz die folgenden Anträge (Urk. 1 S. 2):
1. Der Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin angemessene Kinderunterhaltsbeiträge für die gemeinsamen Kinder D. , geb. tt.mm.2007, und E. , geb. tt.mm.2009, rückwirkend gemäss Art. 279 Abs. 1 ZGB ein Jahr vor Klageerhebung und künftig, zu bezahlen; zahlbar monatlich im Voraus, jeweils auf den Ersten eines jeden Monats.
Der Beklagte sei zu verpflichten, für die rückwirkend geschuldeten Unterhaltsbeiträge Verzugszinsen von 5 % ab Fälligkeit zu bezahlen.
Der Beklagte sei zu verpflichten, sich hälftig an den ausserordentlichen Kinderkosten (mehr als CHF 100.pro Ausgabeposition, z.B. Zahnarztkosten, Kosten für schulische Förderungsmassnahmen, Brillenkosten etc.) zu beteiligen.
unter Kostenund Entschädigungsfolgen zzgl. 8 % MwSt zu Lasten des Beklagten.
Sodann stellte sie folgende prozessualen Anträge (Urk. 1 S. 3):
Der Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin einen Prozesskostenvorschuss von CHF 5'000.zzgl. 8 % MwSt zu bezahlen.
Eventualiter sei der Klägerin die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren und in der Person von Rechtsanwalt lic. iur. X. der unentgeltliche Rechtsbeistand zu bestellen.
Mit Urteil vom 17. Juni 2016 erkannte der erstinstanzliche Richter das Folgende (Urk. 7 S. 6 f.):
1. Die Klage wird abgewiesen.
Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 200.festgesetzt.
Die Entscheidgebühr wird der Klägerin auferlegt.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
(Schriftliche Mitteilung.)
(Rechtsmittelbelehrung.)
Mit Verfügung vom gleichen Tag wies der vorinstanzliche Richter das Gesuch der Klägerin um Zusprechung eines durch den Beklagten und Berufungsbeklagten (fortan Beklagter) zu leistenden Prozesskostenvorschusses ab. Ebenfalls abgewiesen wurde ihr Eventualbegehren um Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung und Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes (Urk. 7
S. 5 f. Dispositivziffern 1 f.).
b) Innert Frist erhob die Klägerin mit Eingabe vom 22. Juli 2016 Berufung mit den folgenden Anträgen (Urk. 6 S. 2):
1. Das Urteil und die Verfügung vom 17. Juni 2016 des Bezirksgerichts Uster im Verfahren FK160012-I sei vollumfänglich aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, auf die Klage der Berufungsklägerin vom 19. Mai 2016 einzutreten.
Unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich 8% MWST) zu Lasten der Berufungsbeklagten.
Der Berufungsbeklagte sei zu verpflichten, der Berufungsklägerin einen Prozesskostenvorschuss von CHF 5'000.zzgl. 8 % MwSt für das Berufungsverfahren zu bezahlen.
Eventualiter sei der Berufungsklägerin die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren und in der Person von Rechtsanwalt lic. iur. X. der unentgeltliche Rechtsbeistand zu bestellen.
Mit Verfügung vom 10. August 2016 wurde dem Beklagten Frist zur Beantwortung der Berufung und zur Stellungnahme zum prozessualen Antrag der Klägerin, er sei zu verpflichten, ihr einen Prozesskostenvorschuss von Fr. 5'000.zzgl. 8 % MwSt für das Berufungsverfahren zu bezahlen, angesetzt (Urk. 12). Mit fristgerechter Eingabe vom 6. September 2016 beantwortete der Beklagte die Berufung (Urk. 15 S. 2 f.). Sodann nahm er zum prozessualen Antrag der Klägerin Stellung (Urk. 15 S. 3 ff.). Ferner stellte er das Gesuch, es sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen und in der Person von Rechtsanwältin lic. iur.
Y. eine unentgeltliche Rechtsvertreterin beizugeben (Urk. 15 S. 3). Mit Verfügung vom 8. September 2016 wurde der Klägerin die Eingabe des Beklagten
vom 6. September 2016 zur Kenntnisnahme zugestellt (Urk. 19). Bis zum heutigen Tag ging hierorts keine weitere Eingabe der Parteien ein.
c) Auf die Ausführungen der Parteien im Berufungsverfahren ist nachfolgend nur insoweit einzugehen, als sich dies für die Entscheidfindung als notwendig erweist.
a) Gemäss den vorinstanzlichen Erwägungen halte das Bundesgericht zur Frage der Aktivlegitimation bei einer Kindesunterhaltsklage in seinem Entscheid vom 19. März 2009 fest, dass Art. 279 ZGB das Kind als zur prozessualen Durchsetzung des Unterhaltsrechts - dessen Träger es im Übrigen sei aktivlegitimiert erkläre. Das Kind sei denn auch ab seiner Geburt parteifähig, wobei der gesetzliche Vertreter für das Kind handle, solange dieses noch nicht selbst prozessfähig sei (unter Hinweis auf BGer 5A_104/2009, E. 2.2 m.w.H.). Die bundesgerichtliche Rechtsprechung gehe diesbezüglich nur dann von einer Prozessstandschaft bzw. Prozessführungsbefugnis aus, wenn wie im Zusammenhang mit den sogenannten eherechtlichen Verfahren eine besondere Rechtsgrundlage vorliege. Das sei im Falle der Unterhaltsklage des Kindes gestützt auf Art. 279 ff. ZGB nicht der Fall (unter Hinweis auf Hausheer/Spycher, in: Handbuch des Unterhaltsrechts, 2010, Rz 06.37). Ausserhalb der eherechtlichen Verfahren sei der Kindesunterhalt durch den gesetzlichen Vertreter im Namen des aktivlegitimierten Kindes geltend zu machen (unter Hinweis auf Hausheer/Spycher, a.a.O., Rz 06.37). Dass ausserhalb der gesetzlich vorgesehenen Spezialfälle jedenfalls im Bereich des Familienrechts keine Prozessstandschaft möglich sei, folge aus dem Grundsatz, dass zur Sache legitimiert sei, wer am streitigen Recht materiell zuständig sei, und aus dem prozessualen Effekt, dass dem Prozessstandschafter Parteistellung zukomme mit der Folge, dass damit Rechtsträgerschaft und Aktivlegitimation auseinanderfallen würden (unter Hinweis BGer 5A_104/2009, E. 2.2).
Zu prüfen sei demnach die Frage der Aktivlegitimation der Klägerin. Vorliegend habe die Klägerin die Klage betreffend Kinderunterhaltsbeiträge für ihre Töchter D. und E. in eigenem Namen eingereicht. Als gesetzliche Vertreterin ihrer Kinder sei sie jedoch im Verfahren betreffend Kindesunterhalt
nicht aktivlegitimiert und eine Prozessstandschaft sei, wie ausgeführt, nicht zulässig.
Die Frage der Aktivlegitimation sei im Zivilprozessrecht keine Prozessvoraussetzung, sondern eine Frage der materiellrechtlichen Begründetheit eines eingeklagten Anspruchs (unter Hinweis auf Staehelin/Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, 2. Aufl., 2013, § 23 Rz 2). Dementsprechend sei die vorliegende Klage mangels Aktivlegitimation abzuweisen (Urk. 7 S. 3 f. E. 2.3 ff.).
Die Klägerin führt hierzu aus, dass in Abänderung des von der Vorinstanz zitierten Bundesgerichtsentscheids höchstrichterlich in BGE 136 III 365 der Grundsatz festgehalten worden sei, wonach aufgrund von Art. 318 Abs. 1 ZGB der Inhaber der elterlichen Sorge die Rechte des minderjährigen Kindes in eigenem Namen ausüben und vor Gericht in einer Betreibung geltend machen könne, indem er persönlich als Partei handle. Dieser Grundsatz gelte gemäss zitiertem Bundesgerichtsentscheid für alle Fragen vermögensrechtlicher Natur, einschliesslich diejenigen betreffend die Unterhaltsbeiträge. Die Aktivund Passivlegitimation müsse deshalb dem Inhaber der elterlichen Sorge ebenso wie dem minderjährigen Kind zuerkannt werden. In Erwägung 2.2 stelle das Bundesgericht fest, dass gemäss Art. 318 Abs. 1 ZGB die Eltern, solange ihnen die elterliche Sorge zustehe, das Kindesvermögen verwalten würden. Die Praxis habe daraus abgeleitet, dass der Inhaber der elterlichen Sorge, der das Vermögen des minderjährigen Kinds aufgrund eines selbstständigen Rechts verwalte und nutze, die Vermögensrechte des Kindes in eigenem Namen schützen und sie gerichtlich geltend machen könne, indem der Sorgerechtsinhaber persönlich als Partei, d.h. als Prozessstandschafter, auftrete und handle. Diese Befugnis setze das Bestehen der elterlichen Sorge voraus und ende demnach mit der Volljährigkeit des Kindes. Demnach lasse sich die anderslautende Rechtsprechung, wie sie von der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zitiert werde, nicht aufrechterhalten. Aus den gemachten Ausführungen ergebe sich weiter, dass anders als von der Vorinstanz festgehalten, sie in der Funktion als Prozessstandschafterin zur Klageeinreichung in eigenem Namen und damit zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche für
D. und E. aktivlegitimiert gewesen sei. Der Beklagte und sie übten
die gemeinsame Sorge über die Töchter aus. Die Eltern hätten bis im Oktober 2014 noch eine Lebensgemeinschaft gebildet. Bis und mit November 2015 habe der Beklagte ihrer Mutter, Frau F. , insgesamt Fr. 600.pro Monat für beide Töchter bezahlt. Seit Dezember 2015 bezahle der Beklagte trotz mehrmaliger Aufforderung keine Kinderunterhaltsbeiträge mehr. Auch habe er bisher einer aussergerichtlichen Vereinbarung bei der KESB nicht zugestimmt. Gemäss
Art. 277 Abs. 1 ZGB würden die Eltern gemeinsam für den gebührenden Kinderunterhalt aufkommen, inbegriffen die Kosten von Erziehung, Ausbildung und Kindesschutzmassnahmen. Dabei bestimme Absatz 2, dass der Unterhalt durch Pflege und Erziehung oder, wenn das Kind nicht unter der Obhut der Eltern stehe, durch Geldzahlung geleistet werde. Die beiden Töchter lebten bei ihr. Der Beklagte habe unregelmässig kurzen Kontakt zu den Töchtern, anlässlich welchen er die gemeinsamen Kinder mit sich bzw. zu sich auf Besuch nehme. Aufgrund dieser Situation, da sie die alleinige Obhut über die Kinder ausübe, sei der Beklagte zu verpflichten, ihr angemessene monatliche, im Voraus zahlbare Kinderunterhaltsbeiträge zu bezahlen (Urk. 6 S. 5 f. N 6 ff.).
Der Beklagte führt in der Berufungsantwort aus, dass wie die Vorinstanz richtig ausgeführt habe, das Bundesgericht in BGer 5A_104/2009 vom 19. März 2009 in Erwägung 2.2 ausdrücklich festgehalten habe, dass (abgesehen von eherechtlichen Verfahren) nur das Kind zur prozessualen Durchsetzung des Unterhaltsrechts aktivlegitimiert sei. Lediglich ein Jahr später habe das Bundesgericht in BGE 136 III 365 abrupt seine Meinung geändert und sich in Anwendung von Art. 318 ZGB auf den Standpunkt gestellt, dass die Aktivund Passivlegitimation in Unterhaltsverfahren neben dem Kind auch dem Inhaber der elterlichen Sorge zuerkannt werden müsse. Dieser Entscheid sei in der Lehre heftig kritisiert worden (unter Hinweis auf Herzig Christophe A., Prozessstandschaft im Unterhaltsrecht quo vadis in Kaleidoskop des Familienund Erbrechts, Liber amicarum für Alexandra Rumo-Jungo, 2014, S. 147 ff.). Im BGE 136 III 365 habe die Mutter des minderjährigen Kindes die elterliche Sorge alleine inne gehabt. Vorliegend liege aber eine andere Situation vor. Wie von der Klägerin richtig ausgeführt, übten sie beide die elterliche Sorge über die Töchter D. und E. gemeinsam aus. Die Klägerin und er könnten folglich nur im Einvernehmen das Vermögen ihrer Kinder (Art. 318 Abs. 1 ZGB) verwalten (und dies auch nur mit erheblichen Einschränkungen; unter Hinweis auf Art. 319 ff. ZGB). Unter das Kindesvermögen würden sämtliche dem Kind zustehende vermögenswerte Rechte, so auch Unterhaltszahlungen fallen (unter Hinweis auf Herzig, a.a.O., S. 163). Aufgrund der gemeinsamen elterlichen Sorge der Parteien habe die Klägerin demnach kein alleiniges Dispositionsrecht über das Vermögen der Kinder. Sie könne somit auch nicht allfällige Unterhaltsansprüche ihrer Kinder ohne seine Zustimmung bzw. gegen ihn geltend machen. Die Klägerin sei folglich nicht zur Prozessstandschaft und zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche der Töchter D. und E. (aktiv-)legitimiert, weshalb die vorliegende Berufung abzuweisen sei (Urk. 15 S. 2 f. N 2 f.).
Gläubiger des Unterhaltsanspruchs ist das Kind. Gemäss Art. 279 ZGB ist es zur prozessualen Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs aktivlegitimiert. Es ist denn auch ab seiner Geburt parteifähig, wobei der gesetzliche Vertreter für das Kind handelt, solange es noch nicht prozessfähig ist. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hat es nicht bei dieser Vertretungsbefugnis (Handeln in fremdem Namen) bewenden lassen, sondern darüber hinaus dem Inhaber der elterlichen Sorge gestützt auf Art. 318 Abs. 1 ZGB die Befugnis zuerkannt, die Rechte des unmündigen Kindes in vermögensrechtlichen Angelegenheiten (insbesondere betreffend Unterhaltsbeiträge) in eigenem Namen auszuüben und vor Gericht in einer Betreibung selber geltend zu machen, indem der Sorgerechtsinhaber persönlich als Partei, d.h. als sog. Prozessstandschafter, handelt. Diese Befugnis setzt das Bestehen der elterlichen Sorge voraus (Art. 318 Abs. 1 ZGB) und endet demnach mit der Volljährigkeit des Kindes (Art. 296 ff. i.V.m. Art. 14 ZGB; BGE 142 III 78 E. 3.2 m.w.H.; siehe auch OGer ZH RT150171 vom 05.02.2016, E. 5.2
m.w.H. und Entscheid der 2. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Bern
vom 16. Juni 2011 [ZK 11 225 E. III.b.1]). Der Beklagte weist zwar auf den von Christophe A. Herzig verfassten Beitrag hin, welcher BGE 136 III 365 (= Pra 100 [2011] Nr. 17) kritisiert, er unterlässt es aber, sich in der Berufungsantwort mit der Rechtsprechung in BGE 136 III 365 und der diesbezüglichen Kritik konkret auseinanderzusetzen. Vorliegend besteht daher für die Berufungsinstanz keine Veranlassung, von der mit BGE 136 III 365 begründeten und im aktuellen BGE 142 III 78 bestätigten Rechtsprechung abzuweichen.
Der Beklagte bringt in der Berufungsantwort weiter vor, dass aufgrund der gemeinsamen elterlichen Sorge der Parteien die Klägerin kein alleiniges Dispositionsrecht über das Vermögen der Kinder habe. Sie könne somit auch nicht allfällige Unterhaltsansprüche ihrer Kinder ohne seine Zustimmung bzw. gegen ihn geltend machen (Urk. 15 S. 3 Ziff. 3). Dies beschlägt jedoch nicht die Aktivlegitimation, sondern die Problematik der Interessenkollision. Haben die Eltern in einer Angelegenheit Interessen, die denen des Kindes widersprechen, so ernennt die Kindesschutzbehörde einen Beistand regelt diese Angelegenheit selber
(Art. 306 Abs. 2 ZGB). Dabei ist abstrakt und nicht konkret zu entscheiden, ob ei-
ne Interessenkollision vorliegt (BGer 5A_89/2010 vom 3. Juni 2010, E. 5.3.1 m.w.H.). Besondere Vorkehrungen sind zu treffen, wenn Eltern ihr Kind in einer Sache vertreten sollen, an welcher sie selber gegenteilige Interessen haben (sog. Interessenkonflikt). Die Befugnisse der Eltern in der entsprechenden Angelegenheit entfallen von Gesetzes wegen (Art. 306 Abs. 3 ZGB). So besteht beispielsweise eine Interessenkollision bei der Klage des minderjährigen Kindes auf Unterhalt gegen beide Eltern bei sämtlichen Klagen, bei denen Eltern und Kinder als Prozessgegner auftreten (BSK ZPO-Schwenzer/Cottier, Art. 306 N 5). Vorliegend hat die Klägerin unbestrittenermassen die alleinige Obhut über die gemeinsamen Töchter D. und E. inne (Urk. 1 S. 4 N 6, Urk. 6 S. 6 N 9); gemäss Art. 289 Abs. 1 ZGB wird der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge durch Leistung an den gesetzlichen Vertreter den Inhaber der Obhut erfüllt. Ein Interessenkonflikt ist unter dieser Prämisse nicht ersichtlich. So ist es sowohl im Interesse der Kinder wie auch der Klägerin, dass sich der Beklagte in finanzieller Hinsicht am Unterhalt der Kinder beteiligt. Umgekehrt verliert der Beklagte seine Verwaltungskompetenz insoweit, als sein eigener Unterhaltsbeitrag für die nicht unter seiner Obhut stehenden Töchter betroffen ist. Gemeinsame elterliche Sorge bedeutet nicht, dass die Eltern bei der Verwaltung des Kindesvermögens stets gemeinsam handeln müssten. Wie die vorliegende Situation zeigt, gibt es Fälle, in denen zwecks Mehrung des Kindesvermögens das alleinige Handeln eines Elternteils zulässig sogar geboten ist (vgl. BK-Affolter-Fringeli/Vogel, Art. 318
ZGB N 53 f.). Ebenso führt das Bundesgericht in BGE 142 III 78 E. 3.3 S. 83 oben aus, es sei nicht zu entscheiden, ob der gesetzliche Vertreter bzw. Obhutsberechtigte das Betreibungsoder das Rechtsöffnungsverfahren weiterführen könne, wenn er die Betreibung für Kindesunterhalt und/oder das entsprechende Rechts- öffnungsverfahren vor Eintritt der Volljährigkeit des Kindes eingeleitet habe, das Kind aber im Verlauf des Verfahrens volljährig werde.
Aufgrund der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die obhutsberechtigte Klägerin zur Geltendmachung von Unterhaltsbeiträgen für die beiden Töchter der Parteien aktivlegitimiert, weshalb ihre Berufung gutzuheissen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Anhandnahme des Verfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen ist.
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens sind ausgangsgemäss dem Beklagten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO) und gestützt auf § 4 sowie § 12 Abs. 1 und 2 GebV OG auf Fr. 800.festzulegen. Der Beklagte ist in Anwendung von § 4, § 11 Abs. 1 sowie § 13 Abs. 1 AnwGebV zu verpflichten, der Klägerin eine volle Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 1'500.- (inkl. 8 % Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
a) Mit Abschluss des Berufungsverfahrens und vollständigem Obsiegen der Klägerin ist ihr Antrag um Verpflichtung des Beklagten zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses für das Berufungsverfahren in der Höhe von
Fr. 5'000.zuzüglich 8 % Mehrwertsteuer gegenstandslos geworden und abzu-
schreiben.
Beide Parteien beantragen im Sinne von Art. 119 Abs. 5 ZPO für das Berufungsverfahren die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Urk. 6 S. 2, Urk. 15 S. 3).
In Bezug auf die unentgeltliche Rechtspflege gemäss Art. 118 Abs. 1 lit. a und b ZPO ist das Gesuch der Klägerin aufgrund ihres vollständigen Obsiegens im Berufungsverfahren gegenstandslos geworden. Indes ist der Klägerin aufgrund
ihrer finanziellen Verhältnisse Rechtsanwalt lic. iur. X. als unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO).
Das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des Beklagten ist gegenwärtig noch nicht definitiv bestimmbar, da sich dieses aus einem Fixlohn in der Höhe von Fr. 3'000.- (x 13) sowie Provisionen für Autoverkäufe, Leasingprovisionen (Urk. 18/B2 S. 3 Ziff. 6.1 und 6.2) und Leistungsprämien (Urk. 18/B2 S. 3 Ziff. 6.4) zusammensetzt und der Beklagte erst seit Februar 2016 bei der G. AG als Verkäufer tätig ist (Urk. 18/B2 S. 2 Ziff. 2.1). Im Rahmen des Berufungsverfahrens ist daher von der Berechnung des Beklagten auszugehen, weshalb ihm vorderhand ein Einkommen von netto etwa Fr. 4'900.pro Monat (zzgl. Kinderzulagen) anzurechnen ist (vgl. Urk. 15 S. 4 N 6, Urk. 18/B3/1-3). Der Beklagte hat sodann einen belegten monatlichen Bedarf von Fr. 2'818.- (Urk. 15 S. 4 f.
N 7; Urk. 18/B5-B9, Urk. 18/B10/1 S. 2). Hinzuzurechnen ist der monatliche Grundbetrag von Fr. 1'100.-, da er in Haushaltsgemeinschaft mit einer erwachsenen Person lebt. So bewohnt er gemäss Untermietvertrag vom 31. August 2016 zwei Zimmer der Fünfeinhalbzimmerwohnung von Frau H. , wobei er die Küche, das Bad, das Wohnzimmer, die Waschküche und das Telefon mitbenützen kann (Urk. 18/B5). Unbelegt blieben hingegen die in seiner Bedarfsrechnung geltend gemachten Fr. 220.für auswärtige Verpflegung sowie der Kinderunterhalt für D. und E. von Fr. 600.-. Aus dem von der Klägerin am
27. April 2016 unterzeichneten Kontoauszug (Urk. 18/B11) gehen keine aktuellen
Unterhaltszahlungen für die Töchter D. und E. hervor. Da sodann von Seiten des durch eine Rechtsanwältin vertretenen Beklagten zu den Positionen 'auswärtige Verpflegung' und 'Kinderunterhalt für D. und E. ' keine weiteren Ausführungen gemacht wurden, sind diese vorliegend nicht zu berücksichtigen. Der Beklagte macht zudem Unterhaltsschulden in der Höhe von über Fr. 11'000.geltend (Urk. 15 S. 5 N 8, Urk. 18/B10/1-2). Er behauptet dazu hingegen nicht, dass er regelmässig Abzahlungen leisten würde. Der Beklagte reichte zwar einen Postkontoauszug per 5. September 2016 ein, aus welchem ein Dauerauftrag von Fr. 1'300.hervorgeht (Urk. 18/B12). Aus diesem Auszug ist jedoch nicht ersichtlich, ob es sich dabei überhaupt um das Konto des Beklagten handelt und was der Zahlungszweck dieses Dauerauftrages ist, weshalb ihm
diesbezüglich in seinem Bedarf nichts anzurechnen ist. Es ergibt sich somit monatlich ein Überschuss von ungefähr Fr. 1'000.- (Fr. 4'900.- - Fr. 3'918.-), der dem Beklagten die Bezahlung der Prozesskosten innerhalb eines Jahres erlaubt.
Mit einem monatlichen Überschuss von ungefähr Fr. 1'000.erweist sich der Beklagte nicht als mittellos, weshalb das Gesuch des Beklagten um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Berufungsverfahren abzuweisen ist.
Es wird beschlossen:
Das Urteil des Einzelgerichts im vereinfachten Verfahren am Bezirksgericht Uster vom 17. Juni 2016 wird aufgehoben und die Sache zur Anhandnahme des Verfahrens im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Das Gesuch der Klägerin um Zusprechung eines Prozesskostenvorschusses wird abgeschrieben.
Das Gesuch der Klägerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Berufungsverfahren wird teilweise (Art. 118 Abs. 1 lit. a und b ZPO) abgeschrieben. Der Klägerin wird für das Berufungsverfahren Rechtsanwalt lic. iur. X. als unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt.
Das Gesuch des Beklagten um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Bestellung von Rechtsanwältin lic. iur. Y. als unentgeltliche Rechtsvertreterin für das Berufungsverfahren wird abgewiesen.
Die Entscheidgebühr des Berufungsverfahrens wird auf Fr. 800.festgesetzt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien und die Vorinstanz gegen Empfangsschein.
Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert der Hauptsache übersteigt Fr. 30'000.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 23. Dezember 2016
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. A. Baumgartner versandt am: jo
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