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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:HG210102
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HG210102 vom 09.08.2021 (ZH)
Datum:09.08.2021
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 4A_455/2021
Leitsatz/Stichwort:Forderung
Schlagwörter : Klägerin; Beklagte; Schreiben; Januar; Urteil; Oktober; Mahnung; Schuldner; Zahlung; Rechnung; Beklagten; Leistung; Kommentar; Rückweisung; August; SIA-Norm; Ligkeit; Fälligkeit; Dezember; Digung; Kommentar; Ziffer; Stellt; Forderung; Wiesen; Beschwerde; Erwägung; Rückweisungsurteil; Vertraglich
Rechtsnorm: Art. 102 OR ; Art. 103 OR ; Art. 104 OR ; Art. 106 OR ; Art. 107 OR ; Art. 366 OR ; Art. 373 OR ; Art. 377 OR ; Art. 75 OR ; Art. 87 OR ;
Referenz BGE:110 II 141; 116 II 220; 116 II 450; 123 III 241; 129 III 535; 130 III 302; 130 III 591; 131 III 91; 133 III 201; 133 III 675; 135 III 334; 143 II 37; 144 III 152; 29 II 260; 94 II 26; 97 II 58;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Handelsgericht des Kantons Zürich

Geschäfts-Nr.: HG210102-O U/mk

(vormals HG180062-O)

Mitwirkend: Oberrichter Roland Schmid, Präsident, Oberrichter Dr. Daniel Schwander, Handelsrichter Ruedi Kessler, Michael Küttel und Christoph Pfenninger sowie Gerichtsschreiber Jan Busslinger

Urteil vom 9. August 2021

in Sachen

  1. AG,

    Klägerin und Widerbeklagte

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X1. vertreten durch Rechtsanwalt MLaw X2.

    gegen

  2. AG,

    Beklagte und Widerklägerin

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y1. vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. Y2.

    betreffend Forderung

    Rechtsbegehren Klage:

    (act. 1 S. 2)

    • Die Beklagte sei zur Zahlung von CHF 998'580.99 zzgl. Zins von 5% seit 18. Januar 2016 zu verpflichten.

      Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten.

      Rechtsbegehren Widerklage:

      (act. 12 S. 2)

    • 1. Die Klage sei vollumfänglich abzuweisen.

      1. Die Klägerin und Widerbeklagte sei widerklageweise zu verpflich- ten, der Beklagten und Widerklägerin CHF 30'812.35 inkl. MWSt. zuzüglich 5 % Zins seit 7. August 2015, eventualiter CHF 140'812.35 inkl. MWSt. zuzüglich 5 % Zins auf CHF 22'012.35 seit 2. Juli 2015 und zuzüglich 5 % Zins auf

        CHF 118'800.00 seit 7. August 2015, [zu] bezahlen.

      2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (inkl. MWSt.) zu Lasten der Klägerin und Widerbeklagten.

        Rechtsbegehren Widerklagereplik:

        (act. 29 S. 2)

    • 1. Die Klage sei vollumfänglich abzuweisen.

      1. Die Klägerin und Widerbeklagte sei widerklageweise zu verpflich- ten, der Beklagten und Widerklägerin CHF 48'667.75 inkl. MWSt. zuzüglich 5 % Zins seit 7. August 2015, eventualiter CHF 158'667.70 inkl. MWSt. zuzüglich 5 % Zins auf CHF 22'012.35 seit 2. Juli 2015 und zuzüglich 5 % Zins auf

        CHF 136'655.35 seit 7. August 2015, [zu] bezahlen.

      2. Die Klägerin und Widerbeklagte sei zu verpflichten, der Beklagten und Widerklägerin die folgenden, mit der Überbauung «C. » in D. im Zusammenhang stehenden Unterlagen herauszu- geben:

        • Regierapporte betreffend Gipserarbeiten der E. GmbH bei der Überbauung «C. » in D.

        • Tagesrapporte betreffend Gipserarbeiten der E. GmbH bei der Überbauung «C. » in D.

        • Interne und externe Korrespondenz betreffend die durch die E. GmbH bei der Überbauung «C. » in D. ausgeführten Gipserarbeiten

        • Abrechnungen betreffend Gipserarbeiten der E. GmbH bei der Überbauung «C. » in D.

        • Protokolle betreffend Gipserarbeiten der E. GmbH bei der Überbauung «C. » in D.

      3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (inkl. MWSt.) zu Lasten der Klägerin und Widerbeklagten.

Sachverhalt und Verfahren
  1. Sachverhalt

    Die Ausführungen zum Sach- und Streitstand im Urteil HG180062-O vom

    12. Oktober 2020 gelten unverändert.

  2. Prozessverlauf

Der Prozessverlauf bis zur Fällung des Urteils HG180062-O vom 12. Oktober 2020 findet sich dort wiedergegeben. Dieser ist folgendermassen zu ergänzen:

Mit Urteil HG180062-O vom 12. Oktober 2020 wurde die Beklagte ver- pflichtet, der Klägerin CHF 262'815.70 zuzüglich Zins zu 5 % seit dem

23. April 2018 zu bezahlen; im Mehrbetrag wurde die Klage abgewie- sen; die Widerklage wurde vollumfänglich abgewiesen (act. 44).

Gegen das Urteil HG180062-O vom 12. Oktober 2020 erhob die Kläge- rin mit Eingabe vom 18. November 2020 eine bundesrechtliche Beschwerde in Zivilsachen an das Schweizerische Bundesgericht (act. 46). Mit Urteil 4A_605/2020 vom 24. März 2021 wurde die Beschwerde der Klägerin durch das Bundesgericht teilweise gutgeheis- sen; das Urteil vom 12. Oktober 2020 wurde aufgehoben und die Sa- che zu neuer Entscheidung über den Zinsenlauf zurückgewiesen; im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf eingetreten wurde (act. 52).

Das Verfahren wird unter Geschäfts-Nr. HG210102-O fortgeführt. Das Rückweisungsurteil 4A_605/2020 vom 24. März 2021 bietet keinen An- lass zu weiteren Verfahrensschritten. Das Verfahren ist spruchreif.

Das Urteil ergeht in gegenüber dem Urteil HG180062-O vom

12. Oktober 2020 unveränderter Gerichtsbesetzung.

Erwägungen

1. Die Rückweisung versetzt das Verfahren hinsichtlich der aufgehobenen Punkte in die Lage, in welcher es sich vor Fällung des angefochtenen Entscheids befunden hat (BGE 116 II 220 E. 4a S. 222). Die Vorinstanz, an welche das Bun- desgericht die Sache zur Neubeurteilung zurückweist, ist an die rechtlichen Erwä- gungen des Rückweisungsentscheids gebunden, soweit diese die Sache definitiv entscheiden (BGE 133 III 201 E. 4.2 S. 208; BGE 131 III 91 E. 5.2 S. 94 m.Nw.;

BGer 4A_226/2019 v. 18.11.2019 E. 2), ebenso an die nicht angefochtenen tat- sächlichen Feststellungen (BGE 131 III 91 E. 5.2 S. 94 m.Nw.). Es ist ihr ver- wehrt, der Beurteilung des Rechtsstreits einen anderen als den bisherigen Sach- verhalt zu unterstellen oder die Sache unter rechtlichen Gesichtspunkten zu prü- fen, die im Rückweisungsentscheid ausdrücklich abgelehnt oder überhaupt nicht in Erwägung gezogen worden waren (BGE 135 III 334 E. 2 S. 335; BGer 4A_226/2019 v. 18.11.2019 E. 2). Entsprechend dem Rückweisungsauftrag sind die notwendigen Erwägungen zum Zinsenlauf anzustellen.

    1. In Auseinandersetzung mit Erwägung 2.11.1 des Urteils HG180062-O vom

      12. Oktober 2020 hält das Bundesgericht im Rückweisungsurteil 4A_605/2020 vom 24. März 2021 fest: Die Beschwerdeführerin macht mit präzisen Aktenhin- weisen geltend, sie habe im vorinstanzlichen Verfahren behauptet, die Beschwer- degegnerin am 26. April 2016 gemahnt zu haben. [ ] In der Tat behauptete die Beschwerdeführerin in der Klage bei Rz. 32, sie habe mit Schreiben vom 26. April 2016 die Bezahlung der Schlussrechnung über Fr. 1'280'286.-- verlangt. Dieses Schreiben reichte sie als Klagebeilage 6 ins Recht. Darin informierten die Rechts- vertreter der Beschwerdeführerin den Projektleiter der Beschwerdegegnerin, ge- mäss den beiliegenden Rechnungen sei der Gesamtbetrag von Fr. 1'280'286.-- offen geblieben. Sie baten 'um Begleichung der Forderung innert 5 Tagen' und wiesen darauf hin, die Fälligkeit sei spätestens am 18. Januar 2016 eingetreten. (Rückweisungsurteil 4A_605/2020 vom 24. März 2021 E. 7.3 und 7.4).

    2. Die Divergenz zwischen dem Urteil HG180062-O vom 12. Oktober 2020 und dem Rückweisungsurteil 4A_605/2020 vom 24. März 2021 besteht in den Anfor- derungen an eine prozesskonforme Einführung des Inhalts des Schreibens vom

      26. April 2016 und dessen Würdigung (vgl. Urteil HG180062-O vom 12. Oktober 2020 E. 2.11.2.1 - 2.11.2.3 je am Ende). Das Handelsgericht ist an die Auffassung des Rückweisungsurteils gebunden.

    3. Mit Schreiben vom 26. April 2016 verlangte die Klägerin von der Beklagten die Bezahlung der Schlussrechnung über CHF 1'280'286.00 und setzte eine Zah- lungsfrist von 5 Tagen. Dieses Schreiben ist als befristete Mahnung i.S.v. Art. 102 Abs. 1 OR zu qualifizieren.

    1. Gemäss Art. 102 Abs. 2 Var. 2 OR kommt der Schuldner in Verzug, wenn sich infolge einer vorbehaltenen und gehörig vorgenommenen Kündigung ein Verfalltag ergibt. Die Bestimmung sieht eine Ausnahme vom Erfordernis einer Mahnung nach Art. 102 Abs. 1 OR dar. Zweck des Mahnungserfordernisses ist der Schutz des Schuldners vor Härten bei unbestimmter oder unbekannter Erfül- lungszeit (BGE 97 II 58 E. 5 S. 64; MARIUS SCHRANER, in: Zürcher Kommentar, Teilband V 1 e, hrsg. von Peter Gauch/Jörg Schmid, 3. Aufl. 2000, N. 34 zu Art. 75 OR; ANDREAS VON TUHR/ARNOLD ESCHER, Allgemeiner Teil des Schweizeri- schen Obligationenrechts, Band II, 3. Aufl. 1974, S. 136). Dieser Zweck entfällt, wenn der Schuldner über Leistungspflicht und Leistungszeit nicht im Zweifel ist (ALFRED KOLLER, Die Verbindung von teleologischer Reduktion und Analogie, dar- gestellt am Beispiel von Art. 102 Abs. 1 und 2 OR, in: Privatrecht und Methode, Festschrift für Ernst A. Kramer, hrsg. von Heinrich Honsell/Roger Zäch/Franz Ha- senböhler/Friedrich Harrer/René Rhinow, Basel 2004, S. 528; VON TUHR/ESCHER, a.a.O., S. 139). Der Begriff der Kündigung umfasst sowohl die Konkretisierung der Leistungszeit durch Abruf (sog. Fälligkeitskündigung) als auch die Begründung der Leistungspflicht durch eine Gestaltungserklärung (sog. Beendigungskündi- gung; KOLLER, in: Berner Kommentar, N. 133 zu Art. 366 OR; DERS., in: FS Kra- mer, S. 527; ROLF H. WEBER/SUSAN EMMENEGGER, in: Berner Kommentar, hrsg. von Regina E. Aebi-Müller/Christoph Müller, 2. Aufl. 2021, N. 124, 126 zu Art. 102 OR).

    2. Die Klägerin kann aus dem im Schreiben vom 26. April 2016 behaupteten Fälligkeitstermin vom 18. Januar 2016 keinen Zinsanspruch ableiten, da die Fäl- ligkeit der Leistung notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für den Eintritt des Schuldnerverzugs darstellt (VON TUHR/ESCHER, a.a.O., S. 136; WE- BER/EMMENEGGER, in: Berner Kommentar, N. 55 zu Art. 102 OR; vgl. BGer 4A_11/2013 v. 16.05.2013 E. 5). Der Hinweis auf den 18. Januar 2016 stützt sich offenbar auf das in den Akten liegende Schreiben der Beklagten vom 18. Januar 2016, mit welchem diese gestützt auf Art. 107 Abs. 2 OR den Rücktritt vom Werk- vertrag erklärte (Urteil HG180062-O vom 12. Oktober 2020 E. A.b, E. 2.1.2; act. 3/6).

      Die Würdigung des Schreibens vom 18. Januar 2016 als Mahnungsäquivalent

      i.S.v. Art. 102 Abs. 2 OR verbietet sich bereits deshalb, weil dieser rechtliche Ge- sichtspunkt weder im Urteil HG180062-O vom 12. Oktober 2020 noch im Rück- weisungsurteil 4A_605/2020 vom 24. März 2021 in Erwägung gezogen worden ist. Sie erweist sich auch in der Sache als unbegründet. Das Schreiben vom

      18. Januar 2016 beendete den Werkvertrag nicht durch Kündigung nach Art. 377 OR, sondern durch Rücktritt nach Art. 366 Abs. 1 OR (Urteil HG180062-O vom

      12. Oktober 2020 E. 2.1.2). Der eingeklagte Vergütungsanspruch der Klägerin ergibt sich daraus, dass die Beklagte lediglich für die noch nicht erbrachten Leis- tungen vom Werkvertrag zurücktritt und deshalb keine Rückabwicklung der be- reits erbrachten Leistungen erfolgt (BGE 116 II 450 E. 2a/aa S. 452; GAUDENZ G. ZINDEL/BERTRAND G. SCHOTT, in: Obligationenrecht I, Basler Kommentar, hrsg. von Corinne Widmer Lüchinger/David Oser, 7. Aufl. 2020, N. 21 zu Art. 366 OR). Die Kündigung als Mahnungsäquivalent i.S.v. Art. 102 Abs. 2 OR richtet sich an den Schuldner. Die Klägerin als Adressatin des Schreibens vom 18. Januar 2016 ist nicht Schuldnerin, sondern Gläubigerin der Vergütungsforderung. Die Parteirol- len sind gerade umgekehrt verteilt, als sie es bei einer Kündigung i.S.v. Art. 102 Abs. 2 OR sind. Nur eine Erklärung der Klägerin wäre geeignet, die Beklagte dar- über ins Bild zu setzen, dass die Klägerin die Leistung verlangt. Das Schreiben vom 18. Januar 2016 erfüllt diese Anforderungen nicht.

    3. Das Schreiben vom 18. Januar 2016 ist nicht als Mahnungsäquivalent i.S.v. Art. 102 Abs. 2 OR zu berücksichtigen. Die Erwägungen im Urteil HG180062-O vom 12. Oktober 2020 sind deshalb nicht in diesem Sinne zu ergänzen. Es bleibt anzufügen, dass sich die Nichtberücksichtigung aufgrund der vertraglichen Fällig- keitsregelung nicht auf das Ergebnis auswirken wird.

    1. Neben den Mahnungsäquivalenten nach Art. 102 Abs. 2 OR werden weitere Fälle diskutiert, in welchen das Festhalten am Erfordernis einer Mahnung als un- billig erscheint (BGE 97 II 58 E. 5 S. 64; BGE 94 II 26 E. 3a S. 32). Bei einer Erfül- lungsverweigerung des Schuldners lässt sich Art. 108 Ziff. 1 OR analog anwen- den (BGE 143 II 37 E. 5.2.2 S. 44; BGE 97 II 58 E. 5 S. 64, E. 6 S. 65; BGer 4A_206/2007 v. 08.11.2007 E. 6.3, nicht publ. in BGE 133 III 675; 5C.152/2003 v.

      05.02.2004 E. 4.1.3, nicht publ. in BGE 130 III 302; WEBER/EMMENEGGER, in: Ber- ner Kommentar, N. 148, 151 zu Art. 102 OR; CORINNE WIDMER LÜCHIN-

      GER/WOLFGANG WIEGAND, in: Obligationenrecht I, Basler Kommentar, hrsg. von Corinne Widmer Lüchinger/David Oser, 7. Aufl. 2020, N. 11 zu Art. 102 OR). Eine Mahnung erweist sich somit als entbehrlich, wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde (Art. 108 Ziff. 1 OR). Diese Voraussetzung liegt vor, wenn der Schuldner unmissverständlich er- klärt oder zum Ausdruck bringt, dass er nicht leisten werde (BGE 143 II 37

      E. 5.2.2 S. 44 m.Nw.; WIDMER LÜCHINGER/WIEGAND, in: Basler Kommentar, N. 11

      zu Art. 102 OR). Auch unter der SIA-Norm 118 beanspruchen diese Grundsätze ihre Gültigkeit (vgl. PETER GAUCH/HUBERT STÖCKLI, in: Kommentar zur SIA-Norm 118, hrsg. von Peter Gauch/Hubert Stöckli, 2. Aufl. 2017, N. 13 zu Art. 190 SIA- Norm 118). Im Unterschied zum Mahnungsäquivalent i.S.v. Art. 102 Abs. 2 OR geht es um ein Verhalten des Schuldners. Eine Mahnung erweist sich hingegen nicht als entbehrlich, wenn der Schuldner blosse Zweifel an seiner Leistungs- pflicht äussert, aber die korrekte Leistung noch möglich erscheint (BGE 143 II 37 E. 5.2.2 S. 44 m.Hw. auf BGE 110 II 141 E. 1b S. 143-144).

    2. Mit Schreiben vom 18. Januar 2016 verzichtete die Klägerin auf die nach- trägliche Leistung i.S.v. Art. 107 Abs. 2 OR (Urteil HG180062-O vom 12. Oktober 2020 E. 2.1.2.3, 2.1.2.4). Das Schreiben hält fest: [Die Klägerin] befindet sich [ ]

      mit der Ausführung der vertraglich geschuldeten Leistung in Verzug, weshalb auch die Zahlungen zurückbehalten worden sind. Ergänzend ist darauf hinzuwei- sen, dass die bisher geleistete Arbeit nicht den qualitativen bzw. den vertraglich geschuldeten Anforderungen entspricht. (act. 3/6 S. 1). Die Beklagte machte den direkt an die Subunternehmerin bezahlten Betrag von CHF 185'000 mit Rechnung vom 14. Januar 2016 bei der Klägerin geltend (Urteil HG180062-O vom

      12. Oktober 2020 E. 2.1.4.4). Darauf nahm sie im Schreiben vom 18. Januar 2016 Bezug (act. 3/6 S. 2). Schliesslich behielt sich die Beklagte die Geltendmachung des [ihr] aus der nicht rechtzeitigen bzw. nicht vertragsgemässen Erfüllung ent- stehenden bzw. bereits entstandenen Schadens [ ] ausdrücklich vor (act. 3/6

      S. 2). Die Argumentation der Beklagten im Schreiben vom 18. Januar 2016 und ihr weiteres Verhalten belegen, dass sie bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bereit war, der Klägerin eine weitere Vergütung zu bezahlen. Die Beklagte leistete denn auch nach dem Schreiben vom 26. April 2016 keine Zahlung mehr an die Kläge- rin. Eine Mahnung hätte sich deshalb als nutzlos erwiesen. Die Ausführungen im Urteil HG180062-O vom 12. Oktober 2020 E. 2.11.1 erweisen sich bei nochmali- ger Betrachtung insofern als unzutreffend bzw. unvollständig, als im konkreten Fall am Mahnungserfordernis nicht festzuhalten gewesen wäre.

    3. Die Würdigung des Schreibens vom 18. Januar 2016 als Leistungsverweige- rung mit verzugsbegründender Wirkung analog Art. 108 Ziff. 1 OR verbietet sich jedoch, da auch das Rückweisungsurteil 4A_605/2020 vom 24. März 2021 eine Leistungsverweigerung mit analoger Anwendung von Art. 108 Ziff. 1 OR nicht in Erwägung zieht. Dessen Erwägungen verweisen darauf, dass der Zahlungsver- zug des Bauherrn [ ] gemäss Art. 102 Abs. 1 OR und Art. 190 Abs. 1 Satz 3 und 4 SIA-Norm 118 [neben] Fälligkeit der Forderung eine Mahnung voraus[setzt] (Rückweisungsurteil 4A_605/2020 vom 24. März 2021 E. 7.1). Dem Handelsge- richt ist es verwehrt, den Rechtsstreit unter rechtlichen Gesichtspunkten zu prü- fen, die im Rückweisungsentscheid nicht in Erwähnung gezogen worden sind. Auch hier bleibt allerdings anzufügen, dass sich das Ergebnis aufgrund der ver- traglichen Fälligkeitsregelung nicht ändert.

    1. Im Ergebnis ist der Entscheidung über den Zinsenlauf das Schreiben vom

      26. April 2016 als die verzugsbegründende Mahnung durch die Klägerin zugrunde zu legen. Zu prüfen sind jedoch auch die weiteren Voraussetzungen der Inver- zugsetzung, namentlich das Vorliegen der Fälligkeit der Vergütungsforderung. Im Unterschied zur Mahnung behandelt das Rückweisungsurteil 4A_605/2020 vom

      24. März 2021 diese Frage nicht definitiv. Da eine Auseinandersetzung mit der vertraglichen Fälligkeitsregelung durch die Rückweisung verursacht worden ist, erweist sich eine Ergänzung des Urteils HG180062-O vom 12. Oktober 2020 in diesem Punkt als zulässig. Die Rückweisung darf nicht dazu führen, dass der Klägerin Ansprüche zugesprochen werden, für welche die Voraussetzungen nicht vorliegen.

    2. Die Erwägung 2.11 des Urteils HG180062-O vom 12. Oktober 2020 ist fol- gendermassen neu zu fassen:

        1. Verzugsschaden

          1. Der Zahlungsverzug setzt die Fälligkeit der Forderung und die Inverzugsetzung des Schuldners voraus (BGE 129 III 535 E. 3.2 S. 541).

            1. Die Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, zu welchem der Gläubiger die Leistung fordern kann und der Schuldner erfüllen muss (BGE 129 III 535 E. 3.2.1 S. 541; s. auch CORINNE WIDMER LÜCHIN-

              GER/WOLFGANG WIEGAND, in: Obligationenrecht I, Basler Kommentar, hrsg. von Corinne Widmer Lüchinger/David Oser, 7. Aufl. 2020, N. 4 zu Art. 102 OR). Bei der Fälligkeitsregelung ist zwischen der Schlussrech- nung und den von der Schlussrechnung nicht erfassten Rechnungen für Regiearbeiten zu unterscheiden (Art. 153 Abs. 2 Satz 1 SIA-Norm 118). Für die Schlusszahlung beträgt die Zahlungsfrist 90 Tage nach beidseits anerkannter Schlussrechnung (Art. 190 Abs. 1 Satz 1 SIA- Norm 118 i.V.m. Art. 7.1.5 des Werkvertrags vom 3. Dezember 2014). Zur Prüfung der Schlussrechnung steht der Bauleitung eine Frist von einem Monat zu (Art. 154 Abs. 2 Satz 1 SIA-Norm 118). Bei Über- schreitung der Prüfungsfrist kann der Unternehmer eine Nachfrist von

              einem Monat ansetzen, mit deren Ablauf seine Forderung auch ohne Bescheid der Bauleitung fällig wird (Art. 155 Abs. 2 SIA-Norm 118). Für die Regiearbeiten beträgt die Zahlungsfrist 60 Tage (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 und Art. 190 Abs. 1 Satz 1 SIA-Norm 118 i.V.m. Art. 7.1.4 des

              Werkvertrags vom 3. Dezember 2014).

              Die Klägerin stellte der Beklagten die Schlussrechnung mit Schreiben vom 26. April 2016 zu (Ziffer 2.1.5 oben). Diese bestand aus der Rech- nung RE-2016-0016 vom 12. April 2016 über CHF 464'215.15 für den Pauschalpreis (act. 3/8), aus den Rechnungen RE-2016-0017 vom

              12. April 2016 über CHF 13'442.55 [durch Bezahlung der Rechnungen RE-2015-0018 vom 7. Juli 2015 über CHF 12'322.30 und RE-20150022 vom 28. Juli 2015 über CHF 1'120.25 beglichen; Ziffer 2.3.1

              oben], RE-2016-0018 vom 12. April 2016 über CHF 102'316.05 (act. 3/12), RE-2016-0019 vom 12. April 2016 über CHF 59'046.50 (act. 3/13.1), RE-2016-0020 vom 12. April 2016 über CHF 232'192.80

              (act. 3/14) und RE-2016-0021 vom 12. April 2016 über CHF 17'697.10 (act. 3/15) für die Nachträge Nr. 1-5, aus der Rechnung RE-2016-0022 vom 13. April 2016 über CHF 177'521.60 für Regiearbeiten (act. 3/20 [teilweise durch Bezahlung der Rechnungen RE-2015-0013 vom 4. Mai 2015 über CHF 3'236.80, RE-2015-0017 vom 21. August 2015 über

              CHF 23'444.60 und RE-2015-0021 vom 21. August 2015 über CHF 5'830.70 beglichen; Ziffer 2.4.1 oben]) sowie aus den diversen Aufwendungen gemäss der Zusammenfassung vom 13. April 2016 (Rechnungen RE-2015-0008 über CHF 7'673.40, RE-2016-0023 über CHF 4'149.50, RE-2016-0024 über CHF 12'161.95, RE-2016-0025 über CHF 93'312.00 und RE-2016-0026 über CHF 110'000.00,

              act. 4/6.3; act. 1 Rz. 33; act. 4/6). Bei einem postalisch zugestellten Schreiben spricht eine natürliche Vermutung dafür, dass dieses am entsprechenden Datum versandt und am Tag danach zugestellt wor- den ist. Diese natürliche Vermutung ist nicht widerlegt worden. Das Schreiben vom 26. April 2016 ging der Beklagten demnach am

              27. April 2016 zu.

              Für die Schlussrechnung lief die Prüfungsfrist am 27. Mai 2016 ab (Art. 77 Abs. 1 Ziff. 3 OR). Die Klägerin behauptet nicht, der Beklagten eine Nachfrist gemäss Art. 155 Abs. 2 SIA-Norm 118 angesetzt zu ha- ben. Die Ansetzung einer Nachfrist erweist sich jedoch als entbehrlich, wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde (Art. 108 Ziff. 1 OR). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Schuldner unmissverständlich erklärt oder zum Aus- druck bringt, dass er nicht leisten werde (BGE 143 II 37 E. 5.2.2 S. 44 m.Nw.; WIDMER LÜCHINGER/WIEGAND, in: Basler Kommentar, N. 11 zu Art. 102 OR).

              Mit Schreiben vom 18. Januar 2016 verzichtete die Beklagte auf die nachträgliche Leistung i.S.v. Art. 107 Abs. 2 OR (Ziffer 2.1.2.3 oben,

              2.1.2.4 oben). Das Schreiben hielt fest: [Die Klägerin] befindet sich [ ] mit der Ausführung der vertraglich geschuldeten Leistung in Verzug, weshalb auch die Zahlungen zurückbehalten worden sind. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die bisher geleistete Arbeit nicht den qua- litativen bzw. den vertraglich geschuldeten Anforderungen entspricht. (act. 3/6 S. 1). Die Beklagte machte den direkt an die Subunternehme- rin bezahlten Betrag von CHF 185'000 mit Rechnung vom 14. Januar 2016 bei der Klägerin geltend (Ziffer 2.1.4.4 oben). Darauf nahm sie im Schreiben vom 18. Januar 2016 Bezug (act. 3/6 S. 2). Schliesslich be- hielt sich die Beklagte die Geltendmachung des [ihr] aus der nicht rechtzeitigen bzw. nicht vertragsgemässen Erfüllung entstehenden bzw. bereits entstandenen Schadens [ ] ausdrücklich vor (act. 3/6

              S. 2). Die Argumentation der Beklagten im Schreiben vom 18. Januar 2016 und ihr weiteres Verhalten belegen, dass sie bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bereit war, der Klägerin eine weitere Vergütung zu be- zahlen. Die Beklagte leistete denn auch nach dem Schreiben vom

              26. April 2016 keine Zahlung mehr an die Klägerin. Die Ansetzung ei- ner Nachfrist hätte sich deshalb als nutzlos erwiesen.

              Da sich eine Nachfrist als entbehrlich erweist, wurde die Forderung mit Ablauf der Prüfungsfrist am 27. Mai 2016 fällig. Die daran anschliessende Zahlungsfrist von 90 Tagen lief am 25. August 2016 ab (Art. 77

              Abs. 1 Ziff. 1 OR).

              Die offen gebliebene Rechnung RE-2016-0022 für die Regiearbeiten wurde sofort mit deren Empfang am 27. April 2016 fällig (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 SIA-Norm 118). Die Zahlungsfrist von 60 Tagen lief am 26. Juli

              2016 ab (Art. 77 Abs. 1 Ziff. 1 OR). Die negative Rundungsdifferenz (Ziffer 2.13 oben) ist auf die Regiearbeiten anzurechnen, da diese For- derung früher fällig geworden ist (Art. 87 Abs. 1 OR).

            2. Gemäss Art. 102 Abs. 1 OR und Art. 190 Abs. 1 Satz 3 und 4 SIA-Norm 118 setzt der Zahlungsverzug des Bauherrn neben Fälligkeit der Forderung eine Mahnung voraus (BGE 143 II 37 E. 5.2.2 S. 43-44;

      BGE 130 III 591 E. 3 S. 596-597; BGE 129 III 535 E. 3.2 S. 541). Unter

      das Tatbestandsmerkmal der Mahnung fällt eine an den Schuldner ge- richtete Erklärung des Gläubigers, die zum Ausdruck bringt, dass er die Leistung ohne Säumnis verlangt (BGE 143 II 37 E. 5.2.2 S. 43-44;

      BGE 129 III 535 E. 3.2.2 S. 541-542). Der Gläubiger kann auch einen späteren Verzugsbeginn festsetzen (sog. befristete Mahnung; ROLF H. WEBER/SUSAN EMMENEGGER, in: Berner Kommentar, hrsg. von Regina

      E. Aebi-Müller/Christoph Müller, 2. Aufl. 2021, N. 76 zu Art. 102 OR). Die vor Fälligkeit erklärte Mahnung behält ihre Wirksamkeit (BGE 29 II 260 E. 5 S.265-266; PETER GAUCH/HUBERT STÖCKLI, in: Kommentar zur

      SIA-Norm 118, hrsg. von Peter Gauch/Hubert Stöckli, 2. Aufl. 2017,

      N.14.2 zu Art. 190 SIA-Norm 118; INGEBORG SCHWENZER/CHRISTIANA

      FOUNTOULAKIS, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil,

      8. Aufl. 2020, N 65.09; WEBER/EMMENEGGER, in: Berner Kommentar,

      N. 106 zu Art. 102 OR), doch treten die Verzugsfolgen erst mit Ablauf des Fälligkeitstermins ein (GAUCH/STÖCKLI, in: Kommentar zur SIA- Norm 118, N. 14.1 zu Art. 190 SIA-Norm 118; SCHWEN- ZER/FOUNTOULAKIS, a.a.O., N 65.09; WIDMER LÜCHINGER/WIEGAND, in:

      Basler Kommentar, N. 8 zu Art. 102 OR; WEBER/EMMENEGGER, in: Ber- ner Kommentar, N. 106 zu Art. 102 OR).

      Mit Schreiben vom 26. April 2016 verlangte die Klägerin die Bezahlung der Schlussrechnung über CHF 1'280'286.00 (act. 1 Rz. 32; act. 12 Rz. 47; act. 4/6). Die Rechtsvertreter der Klägerin baten darin 'um Be- gleichung der Forderung innert 5 Tagen' und wiesen darauf hin, die Fälligkeit sei spätestens am 18. Januar 2016 eingetreten. (Rückwei- sungsurteil 4A_605/2020 vom 24. März 2021 E. 7.3; act. 4/6). Das Schreiben vom 26. April 2016 erfüllt die Voraussetzungen einer Mah- nung i.S.v. Art. 102 Abs. 1 OR (Rückweisungsurteil 4A_605/2020 vom

      24. März 2021 E. 7.3 und 7.5). Nach Treu und Glauben ist zu Gunsten der Beklagten davon auszugehen, dass die nach Tagen bestimmte Zahlungsfrist erst mit der Zustellung des Schreibens vom 26. April 2016 beginnt (MEINRAD VETTER/OLIVIER BUFF, Verzugszinsen bei zahl- bar innert 30 Tagen, SJZ 115/2019, 150, S. 151-152; WIDMER LÜCHIN-

      GER/WIEGAND, in: Basler Kommentar, N. 9b zu Art. 102 OR). Da das Schreiben am 27. April 2016 zugestellt worden war, begann die darin angesetzte Zahlungsfrist am 28. April 2016 zu laufen und lief am 2. Mai 2016 ab (Art. 77 Abs. 1 Ziff. 1 OR; BGE 144 III 152 E. 4.4.2 S. 153).

      Nach Erhalt der Schlussrechnung am 27. April 2016 stand der Beklag- ten jedoch noch die Prüfungsfrist von einem Monat (Art. 154 Abs. 2 Satz 1 SIA-Norm 118) und die Zahlungsfrist von 90 Tagen zu (Art. 190

      Abs. 1 Satz 1 SIA-Norm 118 i.V.m. Art. 7.1.5 des Werkvertrags vom

      3. Dezember 2014; Ziffer 2.11.1.1 oben). Im Zeitpunkt, auf welchen die befristete Mahnung erfolgte, liefen diese Fristen noch. Die Mahnung entfaltete somit erst mit Ablauf der vertraglichen Zahlungsfristen ihre Wirkung.

          1. Die Beklagte befand sich nach dem 26. Juli 2016 mit der Zah- lung von CHF 40'542.26 und nach dem 25. August 2016 mit der Zah- lung von CHF 222'273.44 in Schuldnerverzug.

            1. Der Klägerin ist seit dem 26. Juli 2016 bzw. seit dem

              25. August 2016 der gesetzliche Verzugszins von 5 % zuzusprechen (Art. 104 Abs. 1 OR).

            2. Der Gläubiger kann einen die Verzugszinsen übersteigenden Schaden geltend machen, wenn den Schuldner ein Verschulden trifft (Art. 106 Abs. 1 OR). Die Klägerin macht Kosten für die Finanzierung der ausstehenden eingeklagten Forderung von CHF 998'580.99 gel- tend (act. 1 Rz. 192). Die Klägerin beanspruchte zwischen dem

              23. November 2016 und dem 31. Oktober 2017 einen Betriebskredit in der Höhe zwischen CHF 367'000.00 und CHF 560'981.00 zu einem Zinssatz von 5 % (act. 1 Rz. 193, 194; act. 4/11a-11d). Der Gläubiger kann unter Art. 106 Abs. 1 OR einen Zahlungsverzugsschaden nur for- dern, soweit dieser nicht durch den gesetzlichen Verzugszins von Art. 104 Abs. 1 OR gedeckt ist. Der gesetzliche Verzugszinsanspruch ist auf den Schadenersatzanspruch anzurechnen (BGE 123 III 241

              E. 4b S. 245-246). Der Zinssatz des Betriebskredits deckt sich mit dem gesetzlichen Zinssatz von 5 % (Art. 104 Abs. 1 OR). Ein diesen über- steigender Verzugsschaden liegt nicht vor. Der Anspruch ist deshalb abzuweisen.

            3. Die Klägerin beruft sich auf Kosten aus einem Privatdarlehen ihres Inhabers, welches dieser für den Geschäftsbetrieb der Klägerin verwendet habe (act. 1 Rz. 195, 196). Gemäss Darstellung der Kläge- rin liefen Privatdarlehen von CHF 110'000.00 vom 5. Februar 2015 bis zum 15. Februar 2016, von CHF 200'000.00 vom 18. Dezember 2014

      bis zum 31. Dezember 2015 und von CHF 50'000.00 vom 16. Juni

      2016 bis zum 31. Dezember 2016 (act. 1 Rz. 195; act. 4/12a-12c). Gemäss Darlehensabrechnungen beliefen sich die Zinskosten auf CHF 15'204.15 zwischen dem 31. Dezember 2016 und dem

      31. Dezember 2017 sowie auf CHF 8'953.40 zwischen dem

      15. Februar 2017 und dem 15. Februar 2018 (act. 1 Rz. 198; act. 4/13). Die Klägerin macht aus diesen Privatdarlehen jedoch gar keinen An- spruch geltend (act. 1 Rz. 194, 202). Wie es sich damit verhält, ist des- halb nicht zu beurteilen.

      Davon abgesehen wäre ein Anspruch der Klägerin nicht begründet. Die Klägerin ist zur Geltendmachung eines Schadens ihres Inhabers nicht

      aktivlegitimiert. Die Kreditzinsen fielen beim Inhaber der Klägerin als Schuldner an. Die Klägerin legt nicht dar, zu welchen Konditionen der Inhaber der Klägerin dieser die Kreditsumme zur Verfügung gestellt hat. Jedenfalls wären unter Art. 106 Abs. 1 OR nur die den gesetzli- chen Zinssatz von 5 % übersteigenden Zinsen erstattungsfähig. Schliesslich wären nach Darstellung der Klägerin einerseits die drei Kredittranchen am 31. Dezember 2015, 15. Februar 2016 und am

      31. Dezember 2016 ausgelaufen und sollen vor der Aufnahme des Be- triebskredits (Ziffer 2.11.1.2 oben) bestanden haben (act. 1 Rz.195). Andererseits beziehen sich die Zinsabrechnungen auf die Zeit zwi- schen dem 31. Dezember 2016 und dem 31. Dezember 2017 sowie

      zwischen dem 15. Februar 2017 und dem 15. Februar 2018 und sollen die Darlehen im Zeitpunkt der Klageerhebung noch offen gewesen sein (act. 1 Rz. 197, 198). Der Parteivortrag der Klägerin leidet auch an Wi- dersprüchlichkeit und ist deshalb unbeachtlich.

          1. Die Zusprechung weiteren Verzugsschadens setzt ebenfalls die Erfüllung des Verzugstatbestands voraus (Art. 102 Abs. 1 i.V.m. Art. 103 Abs. 1 OR). Für die folgenden von der Klägerin geltend ge- machten Schadenersatzpositionen besteht folglich keine Anspruchs- grundlage:

            1. Expertise-Kosten: Die Klägerin stützt sich auf die Rechnung RE-2016-0023 vom 13. April 2016 über CHF 4'149.50 (act. 1 Rz. 174;

              act. 4/6.4). Dieser liegen die Rechnungen vom 22. September 2015, 18.Dezember 2015 und 9. Februar 2016 für die Privatgutachten vom

              22. September 2015, 27. November 2015, 2. Dezember 2015 und 22. Januar 2016 zugrunde (act. 1 Rz.174-177; act. 4/6.4; act. 3/6.2-6.4

              = act. 26/6.2-6.4; act. 3/6.5). Sämtlicher Aufwand fiel vor dem

              22. Januar 2016 an. Da sich die Beklagte erst nach dem 26. Juli 2016 bzw. nach dem 25. August 2016 in Schuldnerverzug befunden hat, ist dieser nicht als Verzugsschaden ersetzbar.

            2. Arbeitsaufwand für Ausmasse: Die Klägerin stützt sich auf die Rechnung RE-2016-0025 vom 13. April 2016, mit welcher sie der Be- klagten 630.00 Stunden für die Erstellung von Ausmassen in Rechnung stellt (act. 1 Rz. 183; act. 4/6.5). Die Ausmasse für Nachtrag Nr. 2 wur- den am 28. Oktober 2015 (act. 3/38) und am 19. November 2015 (act. 3/39), die Ausmasse für Nachtrag Nr. 3 am 11. November 2015 (act. 3/1.2) und die Ausmasse für die offenen Arbeiten am 27. Januar 2016 (act. 3/6.1) erstellt (act. 1 Rz. 95-97, 182). Sämtlicher Aufwand fiel vor dem 27. Januar 2016 an. Da sich die Beklagte erst nach dem

              26. Juli 2016 bzw. nach dem 25. August 2016 in Schuldnerverzug be- funden hat, ist dieser nicht als Verzugsschaden ersetzbar.

              Eine andere Anspruchsgrundlage ist nicht ersichtlich. Gemäss Art. 142 Abs. 4 SIA-Norm 118 stellt der Unternehmer die für die Ermittlung des Ausmasses erforderlichen Arbeitskräfte und Geräte unentgeltlich zur Verfügung. Eine entgegenstehende Vereinbarung legt die Klägerin nicht dar. Der von der Klägerin angerufene Art. 373 Abs. 2 OR (act. 1 Rz. 185) stellt eine Vergütungs- und keine Schadenersatznorm dar. Für den Aufwand zur Feststellung der offenen Arbeiten am 27. Januar 2016 besteht keine Anspruchsgrundlage, weil die Beklagte berechtig- terweise den Rücktritt vom Werkvertrag vom 3. Dezember 2014 erklär- te (Ziffer 2.1.2.3 oben).

              Die Verletzung einer vorvertraglichen Pflicht (unzutreffende Ausschrei- bungsunterlagen bezüglich Ausmass; act. 1 Rz. 185-188) ist zu vernei- nen, da diese die Klägerin nicht zu einer Forderung aus Mehrmengen berechtigt (Ziffer 2.2.5 oben). Hinsichtlich der Nachträge Nr. 2 und 3 sowie der offenen Arbeiten fehlt es zudem an einem Kausalzusam- menhang. Den durch die behauptete Verletzung der vorvertraglichen Pflicht angefallenen Aufwand legt die Klägerin nicht dar.

            3. Aufteilung der Rechnungen: Die Klägerin stützt sich auf die Rechnung RE-2016-0025 vom 13. April 2016, mit welcher sie der Be- klagten 90.00 Stunden für die Aufteilung der Rechnungen auf die bei-

      den Grundstücke für die Anmeldung des Bauhandwerkerpfandrechts in Rechnung stellt (act. 1 Rz. 189; act. 4/6.5). Sämtlicher Aufwand fiel vor dem 13. April 2016 an. Da sich die Beklagte erst nach dem 26. Juli 2016 bzw. nach dem 25. August 2016 in Schuldnerverzug befunden hat, ist dieser nicht als Verzugsschaden ersetzbar.

    3. Das Ergebnis in Erwägung 2.13 des Urteils HG180062-O vom 12. Oktober 2020 muss am Ende lauten:

      Folglich ist die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin CHF 262'815.70 zuzüglich Zins zu 5 % auf CHF 40'542.26 seit dem 26. Juli 2016 und auf CHF 222'273.44 seit dem 25. August 2016 zu bezahlen. Im Mehr- betrag ist die Klage abzuweisen. Die Widerklage ist vollumfänglich ab- zuweisen.

    4. Sämtliche übrigen Erwägungen des Urteils HG180062-O vom 12. Oktober 2020 werden unverändert übernommen.

6. Im Ergebnis ist Dispositiv-Ziffer 1 des Urteils HG180062-O vom 12. Oktober 2020 folgendermassen neu zu fassen:

Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin CHF 262'815.70 zuzüglich Zins zu 5 % auf CHF 40'542.26 seit dem 26. Juli 2016 und auf CHF 222'273.44 seit dem 25. August 2016 zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird die Klage abgewiesen.

Die übrigen Dispositiv-Ziffern des Urteils HG180062-O vom 12. Oktober 2020 sind unverändert zu übernehmen.

Das Handelsgericht erkennt:
  1. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin CHF 262'815.70 zuzüglich Zins zu 5 % auf CHF 40'542.26 seit dem 26. Juli 2016 und auf CHF 222'273.44 seit dem 25. August 2016 zu bezahlen.

    Im Mehrbetrag wird die Klage abgewiesen.

  2. Die Widerklage wird vollumfänglich abgewiesen.

  3. Die Gerichtsgebühr wird auf CHF 68'000.00 festgesetzt.

  4. Die Kosten werden der Klägerin zu 55 % (CHF 37'400.00) und der Beklag- ten zu 45 % (CHF 30'600.00) auferlegt; diese werden aus den von den Par- teien geleisteten Kostenvorschüssen gedeckt, unabhängig davon, wer sie geleistet hat.

    Der Klägerin wird im Umfang von CHF 9'100.00 das Rückgriffsrecht auf die Beklagte eingeräumt. Der Fehlbetrag von CHF 11'000.00 wird von der Be- klagten nachgefordert.

  5. Die Klägerin wird verpflichtet, der Beklagten eine reduzierte Parteientschä- digung von CHF 4'800.00 zu bezahlen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien.

  7. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert der Hauptklage beträgt CHF 998'583.64. Der Streitwert der Widerklage be- trägt CHF 328'983.65.

Zürich, 9. August 2021

Handelsgericht des Kantons Zürich

Vorsitzender:

Roland Schmid

Gerichtsschreiber:

Jan Busslinger

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