Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HE210097 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 16.08.2021 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Vorsorgliche Massnahmen |
Schlagwörter : | Gesuch; Gesuchstellerin; Gesuchsgegnerin; Aktien; -Aktien; Rechts; Gericht; Herausgabe; Massnahme; Griechische; Anordnung; Massnahmen; Namenaktien; Gerichts; Rechtsbegehren; Behörde; Anordnungen; Agreement; Verfügung; Valorennummer; Gemäss; Vorsorgliche; Griechischen; Partei; Control; Befolgung; Agreements; Ausländische |
Rechtsnorm: | Art. 104 ZPO ; Art. 236 ZPO ; Art. 263 ZPO ; Art. 292 StGB ; Art. 337 ZPO ; Art. 46 BGG ; Art. 6 ZPO ; |
Referenz BGE: | 131 III 473; 138 III 378; 138 III 726; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Einzelgericht
Geschäfts-Nr.: HE210097-O U/mk
Mitwirkend: Oberrichterin Nicole Klausner sowie die Gerichtsschreiberin Dr. Corina Bötschi
in Sachen
A. AG,
Gesuchstellerin
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. X1. vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X2.
gegen
B. AG,
B1. AG,
Gesuchsgegnerinnen
1, 2 vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y1. 1, 2 vertreten durch Rechtsanwalt MLaw Y2.
betreffend vorsorgliche Massnahmen
(act. 1 S. 2 ff.)
a) Es sei die B.
zu verpflichten, der Gesuchstellerin die
804'728 Namenaktien der A. AG (Valorennummer 1; ISIN
2), die auf dem bei der B.
geführten und auf C.
S.A.1 lautenden Depot verwahrt werden, auf das Depot Nr. 3 lautend auf die Gesuchstellerin bei der D. (Schweiz) AG,
Zürich (BIC 4) Zug um Zug gegen die Übergabe des Originals der Erklärung der Gesuchstellerin vom 23. Juni 2021 betreffend Rückgabe von 804'728 Namenaktien der A. AG gemäss Beilage B zu übertragen.
Eventualiter sei die B.
zu verpflichten, die 804'728
Namenaktien der A. AG (Valorennummer 1; ISIN 2), die
auf dem bei der B.
geführten und auf C.
S.A.2
lautenden Depot verwahrt werden, auf ein auf den Namen der
Gesuchstellerin zu eröffnendes Depot bei der B. zu
übertragen, wobei der Gesuchstellerin unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe nach Art. 292 StGB zu verbieten sei, bis zum rechtskräftigen Entscheid über den Herausgabeanspruch der Gesuchstellerin über die 804'728 Namenaktien der A. AG zu verfügen.
Subeventualiter sei die B.
zu verpflichten, die 804'728
Namenaktien der A. AG (Valorennummer 1; ISIN 2), die
auf dem bei der B.
geführten und auf C.
S.A.3
lautenden Depot verwahrt werden, bei der Gerichtskasse zu hinterlegen.
Es sei der B. jedes Verhalten zu verbieten, das die Rechte der
Gesuchstellerin an den von der B.
verwahrten 804'728
Namenaktien der A.
AG (Valorennummer 1; ISIN 2)
untergehen lässt oder in der Durchsetzung erschwert oder verhindert, wie insbesondere
die Herausgabe der 804'728 Namenaktien der A. AG
(Valorennummer 1; ISIN 2) oder eines Teils davon an andere Personen als an die Gesuchstellerin;
die Herausgabe der 804'728 Namenaktien der A. AG
(Valorennummer 1; ISIN 2) oder eines Teils davon an eine ausländische Behörde oder an ein ausländisches Gericht wie insbesondere an eine griechische Behörde oder ein griechisches Gericht;
die Befolgung von Anordnungen von anderen Personen als der Gesuchstellerin in Bezug auf die 804'728 Namenaktien der A. AG (Valorennummer 1; ISIN 2) oder eines Teils davon, insbesondere die Befolgung von in der Schweiz nicht vollstreckbaren Anordnungen einer ausländischen Behörde oder eines ausländischen Gerichts, namentlich einer griechischen Behörde oder eines griechischen Gerichts;
jegliche Vorbereitungshandlung zu a) bis c).
Für den Fall einer Widerhandlung gegen die Massnahmen gemäss Rechtsbegehren Ziff. 1 und Ziff. 2 sei den verantwortlichen Organen der B. die Bestrafung nach Art. 292 StGB anzudrohen.
Für den Fall einer Widerhandlung gegen die Massnahmen gemäss
Rechtsbegehren Ziff. 1 und Ziff. 2 sei der B.
zusätzlich zur
Androhung gemäss Ziff. 3 eine Ordnungsbusse von CHF 1'000 für jeden Tag der Nichterfüllung anzudrohen.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. Mehrwertsteuer zu Lasten der B. .
und folgendem
VERFAHRENSANTRAG
Die Massnahmen gemäss Rechtsbegehren Ziff. 1 bis Ziff. 4 seien superprovisorisch ohne Anhörung der B.
anzuordnen und die zu
erlassende Verfügung der B.
vorab per Telefax (Fax-Nr. ...; mit
Kopie an die Unterzeichneten, Fax-Nr. ) zuzustellen.
Formelles
Prozessverlauf
Am 25. Juni 2021 (überbracht) reichte die Gesuchstellerin ein Gesuch um Erlass superprovisorischer Anordnung vorsorglicher Massnahmen (ohne Anhörung der Gegenpartei) mit obigem Rechtsbegehren ein (act. 1). Mit Verfügung vom
25. Juni 2021 wurde das Dringlichkeitsbegehren teilweise gutgeheissen. Gleich- zeitig wurde der Gesuchstellerin Frist zur Leistung eines Vorschusses für die Ge- richtskosten und den Gesuchsgegnerinnen 1 und 2 Frist zur Stellungnahme zum Massnahmebegehren angesetzt (act. 4). Der Vorschuss für die Gerichtskosten ging innert erstreckter Frist ein (act. 8; act. 10). Die Gesuchsgegnerinnen 1 und 2 erstatteten sodann ihre Gesuchsantwort fristgerecht mit Eingabe vom 19. Juli 2021 (act. 11). Die Gesuchsantwort wurde der Gesuchstellerin zur Kenntnisnah- me zugestellt (Prot. S. 7). Diese nahm mit Eingabe vom 30. Juli 2021 ihr Replik- recht wahr (act. 15). Die Replikeingabe wurde den Gesuchsgegnerinnen 1 und 2 wiederum zur Kenntnisnahme zugestellt (Prot. S. 7). Mit Eingabe vom 6. August 2021 erklärten diese, von einer weiteren Stellungnahme abzusehen (act. 18).
Auf die Vorbringen der Parteien ist nur soweit einzugehen als für die Entscheid- findung erforderlich.
Prozessgegenstand
Die Gesuchstellerin verlangt von den Gesuchsgegnerinnen 1 und 2 die Heraus- gabe/Übergabe bzw. Sicherstellung von 804'728 ihrer Namenaktien (fortan: A. -Aktien). Diese sind bei der Gesuchsgegnerin 2 (siehe hierzu sogleich) sicherungshalber und gestützt auf eine Kontrollvereinbarung i.S.v. Art. 25 BEG (fortan: Control Agreement) hinterlegt. Die Gesuchsgegnerinnen 1 und 2 schliessen auf Abweisung des Herausgabebegehrens.
Internationale, örtliche und sachliche Zuständigkeit
Die internationale, örtliche und sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts des Kantons Zürich ist gegeben und unbestritten (Art. 31 LugÜ i.V.m. Art. 23 LugÜ
i.V.m. Art. 13 lit. a ZPO; Art. 6 Abs. 1 und 2 ZPO i.V.m. Art. 6 Abs. 5 ZPO i.V.m.
§ 44 lit. b GOG).
Rückzug des Begehrens gegenüber der Gesuchsgegnerin 1
Die Gesuchsgegnerinnen 1 und 2 machen geltend, dass infolge einer Vermö- gensübertragung nach Art. 69 ff. FusG die Gesuchsgegnerin 1 heute nicht mehr Vertragspartei des Control Agreements sei und für die Pflichten der Gesuchsgeg- nerin 2 auch nicht solidarisch hafte (act. 11 N. 16). Die Gesuchstellerin anerkann- te dieses Vorbringen und zog in der Folge ihr Gesuch gegenüber der Gesuchs- gegnerin 1 zurück (act. 15 N. 7 ff.). Demzufolge ist das Verfahren gegenüber der Gesuchsgegnerin 1 infolge Rückzug des Gesuchs als erledigt abzuschreiben.
Materielles
Rechtliches
Das Gericht trifft die notwendigen vorsorglichen Massnahmen, wenn die gesuch- stellende Partei glaubhaft macht, dass ein ihr zustehender Anspruch verletzt ist oder eine Verletzung zu befürchten ist (Art. 261 Abs. 1 lit. a ZPO; Verfügungsan- spruch) und ihr aus der Verletzung ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht (Art. 261 Abs. 1 lit. b ZPO; Verfügungsgrund) (siehe zum Ganzen KOF- MEL EHRENZELLER, in: Oberhammer/Domej/Haas [Hrsg.], Kommentar zur schwei- zerischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl., Zürich 2014, Art. 261 N. 4).
Die Gerichte müssen sodann vor der Anordnung von vorsorglichen Massnahmen eine Interessenabwägung vornehmen, gar eine besonders sorgfältige, wenn es nicht nur um Sicherung, sondern um vorläufige Vollstreckung geht, insbesondere bei der Nachteildiskussion (BGE 138 III 378 E. 6.4 S. 381; BGE 131 III 473 E. 2.3
= Pra 95 Nr. 32; Urteil 4A_367/2008 des Bundesgerichts vom
14. November 2008, E. 4.2; ZÜRCHER, in: DIKE-Kommentar zur schweizerischen Zivilprozessordnung, Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2. Aufl., Zürich 2016, Art. 261 N. 33).
Ausgangslage / Unbestrittener Sachverhalt
Ausgangspunkt der Streitigkeit ist der Verkauf und Kauf von Aktien der E.
S.A. (fortan: E. ) und der entsprechende Vollzug eines Aktienkaufvertrags zwischen C. S.A. (fortan: C. ) als Verkäuferin und der Gesuchstelle- rin als Käuferin. Gemäss Stock Purchase Agreement vom 11. Dezember 2013 (fortan: Aktienkaufvertrag) verpflichtete sich C. , 49% der Aktien der E. an die Gesuchstellerin zu verkaufen. In einer ersten Transaktion, die im Jahr 2012 abgewickelt worden war, hatte die Gesuchstellerin von der C. be- reits 51% der Aktien der E. erworben (act. 1 N. 17 ff.; act. 11 N. 18). Die Gesuchstellerin beglich den Kaufpreis für die Aktien der E. teilweise mit ei- genen Aktien. Der Aktienkaufvertrag verpflichtete bei Eintritt bestimmter Bedin- gungen die C. , einen Teil des beim Erwerb fälligen Kaufpreises an die Ge- suchstellerin zurückerstatten (Kaufpreisanpassung) (act. 1 N. 19 f.; act. 11 N. 19). Diese (ursprünglich) insgesamt 1'207'091 Namenaktien der Gesuchstellerin wur- den zur Sicherung eines eventuellen Rückzahlungsanspruchs im Rahmen einer am 13. Dezember 2013 unterzeichneten Kontrollvereinbarung (fortan: Control Agreement) bei der Gesuchsgegnerin 2 hinterlegt. Gestützt auf dieses Control Agreement sind derzeit noch 804'728 Namenaktien im Wert von rund CHF 49.5 Mio. hinterlegt (act. 1 N. 15, N. 20; act. 11 N. 19).
Die Gesuchstellerin und die C.
führten in der Folge ein Schiedsverfahren
über die Kaufpreisanpassung. Die Gesuchstellerin obsiegte vollumfänglich. Mit
Schiedsurteil vom 11. Mai 2021 wurde die C.
u.a. verpflichtet,
EUR 53'015'561.10 innert fünf Tagen ab Rechtskraft des Schiedsurteils an die Gesuchstellerin zu bezahlen. Für den Fall der Nichtzahlung wurde die Gesuch- stellerin ermächtigt, innert sieben Tagen die Herausgabe der A. -Aktien bei der Gesuchsgegnerin 2 zu verlangen (act. 1 N. 2, N. 29, act. 11 N. 21). Da innert Frist keine solche Zahlung geleistet wurde, stellte die Gesuchstellerin mit Schrei- ben vom 2. Juni 2021 die Transfer Notice der Gesuchsgegnerin 2 zu und verlang- te die Herausgabe sämtlicher 804'728 A. -Aktien (act. 1 N. 34 ff.; act. 11 N. 28 ff.). Die Gesuchsgegnerin 2 hat dieser Aufforderung bis anhin nicht Folge ge- leistet.
Parteivorbringen
Die Gesuchstellerin macht geltend, dass sich die Gesuchsgegnerin 2 weigere, die A. -Aktien herauszugeben. Die Gesuchsgegnerin 2 führe diesbezüglich zu Unrecht an, dass die A. -Aktien Gegenstand griechischer Beschlagnahme- verfügungen (Verfügung Nr. /2020 vom 13. Februar 2020, ausgestellt von der griechischen Behörde für die Bekämpfung von Geldwäscherei; Verfügung Nr. /2020, ausgestellt von einer Richterin des 35. Untersuchungsdepartements des erstinstanzlichen Gerichts in Athen) sowie eines griechischen Vollstreckungs- verbots seien (act. 1 N. 77 ff., N. 89 ff.). Vielmehr sei sie (die Gesuchstellerin) ge- stützt auf Ziff. 5(c) des Control-Agreements berechtigt, die Herausgabe der A. -Aktien zu verlangen, ohne dass die Gesuchsgegnerin 2 den Rechts- grund nachprüfen dürfe (act. 1 N. 58 ff.). Ein Anspruch aus Herausgabe stehe ihr auch aufgrund von Ziff. 7 des Security-Agreements zu (act. 1 N. 60 f.). Schliess- lich sei sie (die Gesuchstellerin) mit Schiedsurteil vom 11. Mai 2021 ermächtigt worden, die Herausgabe der A. -Aktien von der Gesuchsgegnerin 2 zu ver- langen. Mit jeder weiteren Verzögerung der Herausgabe der A. -Aktien stei- ge das Risiko von Entwicklungen, die die Durchsetzung ihres ausgewiesenen Rechts an den A. -Aktien verhindern oder massiv erschweren könnten (act. 1 N. 41, N. 97 ff.).
Die Gesuchsgegnerin 2 macht geltend, berechtigt zu sein, die A. -Aktien zu- rückzubehalten. Ziff. 6(e) des Control Agreements sehe vor, dass sie (die Ge- suchsgegnerin 2) die Ausführung einer Weisung bzw. Instruktion verweigern dür- fe, wenn die Befolgung der Anweisung gegen Gesetze und/oder Anordnungen ei- ner Behörde verstossen würde, welcher sie (die Gesuchsgegnerin 2) unterliege oder deren Befolgung durch sie vernünftigerweise erwartet werden dürfe (act. 11
N. 25 f.). Die A. -Aktien seien Gegenstand griechischer Beschlagnahmever- fügungen sowie eines griechischen Vollstreckungsverbots (act. 11 N. 10, N. 37). Sie (die Gesuchsgegnerin 2) laufe bei einer Übertragung der A. -Aktien in Gefahr, nach griechischem Recht Geldwäscherei-Tatbestände zu erfüllen. Bei ei- ner Herausgabe der A. -Aktien ungeachtet dieser Anordnungen würde sie sich selbst und ihre Mitarbeitenden unzumutbaren zivilrechtlichen, strafrechtlichen und aufsichtsrechtlichen Risiken auszusetzen (act. 11 N. 54).
Würdigung
Herausgabebegehren (Rechtsbegehren Ziff. 1 lit. a, b und c)
Die Gesuchstellerin verlangt gestützt auf Ziff. 5(e) des Control Agreements (act. 3/5), auf das Schiedsurteil vom 11. Mai 2021 (act. 3/9) sowie auf Ziff. 7 des Security Agreements die Herausgabe der A. -Aktien (act. 3/11). Konkret be- antragt sie mit Rechtsbegehren Ziff. 1 lit. a die vorsorgliche Herausgabe der A. -Aktien Zug um Zug gegen die Übergabe des Originals der Erklärung, sämtliche 804'728 A. -Aktien an die Gesuchsgegnerin 2 zurückzugeben, sollte sich die beantragte Massnahme nach Abschluss des Hauptverfahrens als unrechtmässig erweisen (Undertaking vom 23. Juni 2021, act. 3/B). Mit Rechts- begehren Ziff. 1 lit. b ersucht sie eventualiter um die Umbuchung der A. - Aktien auf ein allein auf sie (die Gesuchstellerin) lautendes Depot bei der Ge- suchsgegnerin 2. Subeventualiter beantragt sie in Rechtsbegehren Ziff. 1 lit. c die Hinterlegung der A. -Aktien bei der Gerichtskasse.
Im Verfahren um Erlass vorsorglicher Massnahmen besteht grundsätzlich kein Recht auf definitive Durchsetzung des (behaupteten) materiellen Anspruchs. Sämtliche von der Gesuchstellerin in Rechtsbegehren Ziff. 1 lit. ac verlangten
Anordnungen sind mit einer Umbuchung bzw. der Hinterlegung der Aktien bei ei- ner neuen Stelle (Gerichtskasse) verbunden und entsprächen im Ergebnis wie bereits in der Verfügung vom 25. Juni 2021 ausgeführt (act. 4 E. 11) einem (verpönten) Definitivum. Derartige Massnahmen würden den Ausgang des Haupt- verfahrens mithin präjudizieren. Auch die bezüglich Rechtsbegehren Ziff. 1 lit. a eingereichte Erklärung der Gesuchstellerin betreffend eine allfällige Rückübereig- nung der A. -Aktien kann an diesem Umstand nichts ändern (Untertaking vom 23. Juni 2021, act. 3/B). Solche Massnahmen, die ein Definitivum schaffen können, sind grundsätzlich zu vermeiden bzw. nur äusserst restriktiv zu gewähren (siehe BGE 138 III 726 E. 2.7 = Pra 2013 Nr. 35; ZÜRCHER, in: Dike-Kommentar zur ZPO, Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2016, Art. 262 N. 7).
Die Gesuchsgegnerin 2 bestreitet die (materielle) Berechtigung der Gesuchstelle- rin an den A. -Aktien nicht (act. 11 N. 21 in fine). Ebenso anerkennt sie ge- stützt auf Ziff. 5(c) des Control Agreements im Grundsatz einen Herausgabean- spruch (act. 11 N. 23). Indes leitet sie aus Ziff. 6(e) des Control Agreements ein vertragliches Recht ab, die Ausführung einer Weisung bzw. Instruktion zu verwei- gern, wenn die Befolgung der Anweisung gegen Gesetze und/oder Anordnungen einer Behörde verstossen würde, denen sie (die Gesuchsgegnerin 2) unterliege oder deren Befolgung vernünftigerweise erwartet werden dürfe (act. 11 N. 25; act. 3/5). Namentlich führt sie in diesem Zusammenhang an, dass sie (die Gesuchs- gegnerin 2) bei der Herausgabe der A. -Aktien in Gefahr liefe, Geldwäsche- rei-Tatbestände nach griechischem Recht zu erfüllen (act. 11 N. 54).
Der Streitigkeit liegt eine komplexe internationale Sach- und Rechtslage zugrun- de. Aufgrund der gegensätzlichen Vorbringen der Parteien ist unklar, ob die A. -Aktien von einem behördlichen Beschlag erfasst sind (act. 11 N. 42 ff.; act. 15 N. 15 ff.). Ebenso ist die Rechtswirkung dieser Verfügungen aus der Perspektive des griechischen Rechts auf die Gesuchsgegnerin 2 nicht restlos geklärt. Wie es sich damit im Einzelnen verhält, kann offen bleiben. Unbestritte- nermassen stehen die A. -Aktien zumindest im Fokus der griechischen Be- hörden im Zusammenhang mit Ermittlungen betreffend Geldwäscherei (act. 11 N.
41 ff.; act. 15 N. 15 ff.; act. 13/11). Es ist derzeit nicht absehbar, welche Weite- rungen sich in dieser Hinsicht ergeben. Sowohl die Gesuchstellerin als auch die Gesuchsgegnerin 2 reichen Rechtsgutachten zu den Geldwäscherei- Tatbeständen nach griechischem Recht ein (act. 13/12; act. 16/12). Diese Rechtsgutachten befassen sich u.a. mit den strafrechtlichen Implikationen, die mit den A. -Aktien bzw. deren allfälligen Herausgabe verbunden sind. Sie ge- langen diesbezüglich zu unterschiedlichen Ergebnissen. Vor diesem Hintergrund kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass der Gesuchsgegnerin 2 bei einer Herausgabe der A. -Aktien gewichtige Konsequenzen in zivilrechtlicher (namentlich Doppelzahlungsrisiko), aufsichtsrechtlicher und strafrechtlicher Hin- sicht drohen. Es wird in einem Hauptverfahren vertieft zu prüfen sein, wie sich die verschiedenen vertraglichen Bestimmungen, das Schiedsurteil vom 11. Mai 2021 und die griechischen (Straf-)Gesetze und Anordnungen zueinander verhalten. Angesichts dieser Gemengelage muss jedenfalls eine besonders solide Hauptsa- chenprognose, die für eine vorläufige Gutheissung des Herausgabebegehrens er- forderlich wäre, verneint werden. Vielmehr ist es unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit für die Gesuchstellerin zumutbar, das Hauptverfahren anzu- strengen bzw. dessen Ausgang abzuwarten. Der Sicherungszweck des Mass- nahmebegehrens wird wie sogleich zu zeigen ist auch mit einer milderen Massnahme (Sicherungsbegehren; Rechtsbegehren 2) erreicht. Das Begehren um Erlass von vorsorglichen Massnahmen ist entsprechend in dieser Hinsicht ab- zuweisen.
Sicherungsbegehren (Rechtsbegehren Ziff. 2)
Die Gesuchsgegnerin 2 lässt sich zum Sicherungsbegehren der Gesuchstellerin nicht vernehmen. Die Gesuchstellerin bezweckt damit die Sicherung des beste- henden Zustands. Es gelten entsprechend die üblichen Anforderungen an die Glaubhaftmachung. Die Lage rund um die A. -Aktien ist wie erwähnt weiter- hin völlig unklar. Wie bereits ausgeführt, ist es nicht ausgeschlossen, dass die A. -Aktien behördlich beschlagen sind bzw. werden. In Anbetracht der kon- kreten Umstände ist namentlich ungewiss, ob sie auch künftig im Machtbereich der Gesuchsgegnerin 2 verbleiben. Die Gesuchsgegnerin 2 äussert sich denn
auch nicht zu den von der Gesuchstellerin in diesem Zusammenhang angeführten Befürchtungen bzw. Tatsachenbehauptungen (siehe act. 1 N. 74, N. 102). Die Gesuchsgegnerin 2 anerkennt sodann die materielle Berechtigung der Gesuch- stellerin an den A. -Aktien (act. 11 N. 21 in fine). Angesichts dieser Sach- und Rechtslage erscheint es denn auch verhältnismässig, die mit Verfügung vom
25. Juni 2021 (act. 4) superprovisorisch angeordnete Sicherung der A. - Aktien einstweilen weiterhin aufrechtzuerhalten. In diesem Umfang ist das Ge- such um Erlass vorsorglicher Massnahmen gutzuheissen.
Vollstreckungsmassnahmen
Auf Antrag der obsiegenden Partei ordnet das Gericht Vollstreckungsmassnah- men an (Art. 236 Abs. 3 ZPO und Art. 337 Abs. 1 ZPO). Verschiedene Massnah- men können grundsätzlich kombiniert werden. Über die Anordnung der Mass- nahmen entscheidet das Gericht nach seinem eigenen Ermessen. Dabei hat es den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten (ZINSLI, in: Basler Kommen- tar zur ZPO, Spühler/Tencho/Infanger [Hrsg.], 2. Aufl., Basel 2013, Art. 343 N. 4). Angesichts der auf dem Spiel stehenden Interessen ist eine Androhung der Bestrafung gemäss Art. 292 StGB kombiniert mit einer Ordnungsbusse bis zu 1000. gemäss Art. 343 Abs. 1 lit. c ZPO für jeden Tag der Nichterfüllung ange- messen und zweckmässig.
Prosequierung und weiteres Vorgehen
Der Gesuchstellerin ist Frist anzusetzen, um die Klage in der Hauptsache anhän- gig zu machen (Art. 263 ZPO).
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Die Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen ist gestützt auf Art. 104 Abs. 3 ZPO dem Hauptsachengericht vorzubehalten. Nur für den Fall, dass die Anordnung wegen Nichtanhängigmachens des Prozesses in der Hauptsache da- hinfallen sollte, ist eine definitive (wenn auch bedingte) Anordnung zu treffen. So- wohl die Festsetzung der Gerichtsgebühr als auch die Festsetzung der Parteientschädigung richten sich in erster Linie nach dem Streitwert (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG; § 2 Abs. 1 lit. a AnwGebV).
Die Gesuchstellerin beziffert den Streitwert auf rund CHF 49.5 Mio. (act. 1 N. 15). Davon ist auszugehen. Die Gerichtsgebühr ist daher unter Berücksichtigung der Reduktion für das Summarverfahren (§§ 4 und 8 Abs. 1 GebV OG) und in Nach- achtung des Äquivalenzprinzips auf CHF 30'000. festzusetzen und aus dem von der Gesuchstellerin geleisteten Kostenvorschuss zu decken.
Unter Berücksichtigung der konkreten Umstände erscheint es angemessen, die Parteientschädigung auf CHF 30'000. anzusetzen (§§ 4 und 9 AnwGebV).
Das Gesuch gegenüber der Gesuchsgegnerin 1 wird infolge Rückzugs als erledigt abgeschrieben.
Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Erkenntnis.
Der Gesuchsgegnerin 2 wird jedes Verhalten verboten, das die Rechte der Gesuchstellerin an den von der Gesuchgegnerin 2 verwahrten 804'728 Na- menaktien der A. AG (Valorennummer 1; ISIN 2) untergehen lässt o- der in der Durchsetzung erschwert oder verhindert, wie insbesondere
die Herausgabe der 804'728 Namenaktien der A. AG (Valoren- nummer 1; ISIN 2) oder eines Teils davon an andere Personen als an die Gesuchstellerin;
die Herausgabe der 804'728 Namenaktien der A. AG (Valoren- nummer 1; ISIN 2) oder eines Teils davon an eine ausländische Behörde oder an ein ausländisches Gericht wie insbesondere an eine griechische Behörde oder ein griechisches Gericht;
die Befolgung von Anordnungen von anderen Personen als der Gesuch- stellerin in Bezug auf die 804'728 Namenaktien der A. AG (Valoren- nummer 1; ISIN 2) oder eines Teils davon, insbesondere die Befolgung von in der Schweiz nicht vollstreckbaren Anordnungen einer ausländischen Be- hörde oder eines ausländischen Gerichts, namentlich einer griechischen Behörde oder eines griechischen Gerichts;
jegliche Vorbereitungshandlung zu a) bis c).
Im übrigen Umfang wird das Gesuch um Erlass von vorsorglichen Mass- nahmen abgewiesen.
Für den Fall einer Widerhandlung gegen die Anordnungen gemäss Disposi- tiv-Ziff. 1 wird den verantwortlichen Organen der Gesuchsgegnerin 2 (insbe- sondere F. [Präsident des Verwaltungsrats]; G. [Vizepräsidentin des Verwaltungsrats]; H. [Mitglied des Verwaltungsrats]; I. [Mit- glied des Verwaltungsrats]) die Bestrafung nach Art. 292 StGB (Busse bis CHF 10'000.) angedroht.
Art. 292 StGB Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen
Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft.
Für den Fall einer Widerhandlung gegen die Anordnungen gemäss Disposi- tiv-Ziff. 1 wird der Gesuchsgegnerin 2 zusätzlich zur Androhung gemäss Dispositiv-Ziff. 3 eine Ordnungsbusse von CHF 1'000. für jeden Tag der Nichterfüllung angedroht.
Der Gesuchstellerin wird eine Frist bis 19. November 2021 angesetzt, um den Prozess in der Hauptsache anhängig zu machen. Bei Säumnis würden die Anordnungen gemäss Dispositiv-Ziffern 1 bis 4 ohne Weiteres dahinfal- len.
Die Gerichtsgebühr beträgt CHF 30'000.. Sie wird aus dem von der Ge- suchstellerin geleisteten Vorschuss gedeckt. Fallen die vorsorglichen Mass- nahmen wegen Säumnis dahin (vgl. Dispositiv-Ziffer 5), so wird der Kosten- bezug definitiv. Kommt es zum Prozess in der Hauptsache, so bleibt die de- finitive Regelung der Verteilung dem dortigen Verfahren vorbehalten.
Die Regelung der Parteientschädigung wird dem Prozess in der Hauptsache vorbehalten. Fallen die vorsorglichen Massnahmen wegen Säumnis dahin (vgl. Dispositiv-Ziffer 5), hat die Gesuchstellerin der Gesuchsgegnerin 2 eine Parteientschädigung von CHF 30'000. zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchstellerin unter Beilage eines Doppels von act. 18.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streit- wert beträgt CHF 49.5 Mio.
Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 46 Abs. 2 BGG).
Zürich, 16. August 2021
Handelsgericht des Kantons Zürich Einzelgericht
Die Gerichtsschreiberin: Dr. Corina Bötschi
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