Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HE190236 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 04.10.2019 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Rechtsschutz in klaren Fällen (Ausweisung) |
Schlagwörter : | Mietzins; Zahlung; Beklagten; Ausweisung; Adresse; Mieterin; Frist; Mietzinse; Ausstehend; Nicht; Ausstehende; Gericht; Vermieterin; Rechtsschutz; Mietvertrag; Zahlungsverzug; Zahlungsfrist; Rechtslage; Kündigung; Ausstehenden; Kanton; Abstellplatz; Gesetzlichen; Geschäftsräume; Sachverhalt; Geleistet; Unbestritten; Beantragt; Höhe; act |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ; Art. 111 ZPO ; Art. 236 ZPO ; Art. 257 ZPO ; Art. 257d OR ; Art. 257e OR ; Art. 261 OR ; Art. 266l OR ; Art. 267 OR ; Art. 33 ZPO ; Art. 337 ZPO ; Art. 6 ZPO ; |
Referenz BGE: | 137 III 208; 138 III 123; 138 III 620; 140 III 244; 142 III 515; |
Kommentar zugewiesen: | MÜLLER, Kommentar, 4. Aufl., 2018 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: | - |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Einzelgericht
Geschäfts-Nr.: HE190236-O U/mk
Mitwirkend: der Oberrichter Dr. Stephan Mazan sowie der Gerichtsschreiber Leonard Suter
in Sachen
Klägerin
gegen
Beklagte
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X. , vertreten durch Rechtsanwalt MLaw Y.
betreffend Rechtsschutz in klaren Fällen (Ausweisung)
(act. 1 S. 2)
1. Die Gesuchsgegnerin sei zu verurteilen, die Geschäftsräumlichkeiten an der [Adresse 1] und die beiden Abstellplätze an der
[Adresse 2] sofort zu verlassen und zu räumen, unter Androhung der gesetzlichen Folgen im Unterlassungsfalle.
Für den Fall, dass die Gesuchsgegnerin die Mietobjekte nicht freiwillig verlassen sollte, wird schon jetzt die polizeiliche Ausweisung verlangt.
Alles unter o/e Kostenfolge zu Lasten der Gesuchsgegnerin.
Sachverhaltsüberblick und Prozessgeschichte
Zwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag über Geschäftsräume an der
[Adresse 1] und zwei Abstellplätze (Mietvertrag Büroraum 1. OG vom 11. April 2018 [act. 2/1], Mietvertrag Abstellplatz EG vom 12. April 2018 [act. 2/2] und Mietvertrag Abstellplatz EG vom 11. April 2018 [act. 2/3]).
Mit Schreiben vom 16. Januar 2019 forderte die Vermieterin (fortan: Klägerin) die Mieterin (fortan: Beklagte) zur Zahlung von ausstehenden Mietzinsen innert 30 Tagen auf, verbunden mit der Kündigungsandrohung im Unterlassungsfall (act. 2/4).
Innert Frist wurde die ausstehende Mietzinszahlung nicht geleistet, weshalb die Klägerin das Mietverhältnis mit Schreiben vom 21. März 2019 per 30. April 2019 kündigte (act. 2/6).
Am 26. Juni beantragte die Klägerin mit dem obgenannten Rechtsbegehren die Ausweisung der Beklagten (act. 1 und act. 2/1-8).
Mit Verfügung vom 27. Juni 2019 wurde der Klägerin Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses und der Beklagten Frist zur Beantwortung der Klage angesetzt (act. 3).
Nachdem sich die rechtshilfeweise Zustellung an die Beklagte mit Sitz im Kanton Zug zunächst ferienbedingt verzögert hatte (act. 6 und 12), konnte die Verfügung vom 27. Juni 2019 schliesslich am 15. August 2019 der zwischenzeitlich anwaltlich vertretenen Beklagten zugestellt werden (act. 13).
Innert einmal erstreckter Frist beantragte die Beklagte am 12. September 2018 die Abweisung der Klage, soweit darauf einzutreten sei (act. 15).
Die Stellungnahme der Beklagten wurde der Klägerin zur Kenntnis zugestellt (act. 17). Das Verfahren ist spruchreif.
Prozessvoraussetzungen
Die Zuständigkeit des Einzelgerichts des Handelsgerichts des Kantons Zü- rich ergibt sich aus Art. 33 ZPO sowie aus Art. 6 ZPO i.V.m. § 44 lit. b GOG (BGE 142 III 515 E. 2.2.4).
Ob über das klägerische Begehren im Rahmen des Rechtsschutzes in klaren Fällen befunden werden kann, ist nachfolgend zu prüfen.
Materielles
Ist die Mieterin mit der Zahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten im Rückstand, so kann ihr die Vermieterin schriftlich eine Zahlungsfrist ansetzen und ihr androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Diese Frist beträgt bei Wohnund Geschäftsräumen mindestens 30 Tage (Art. 257d Abs. 1 OR). Die Zahlungsfrist beginnt mit dem Zugang bzw. Empfang durch die Mieterin. Bezahlt die Mieterin innert angesetzter Zahlungsfrist nicht, so kann die Vermieterin bei Wohnund Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen (Art. 257d Abs. 2 OR). Bei Kün- digungen gelangt die uneingeschränkte Empfangstheorie zur Anwendung. Eine Kündigung mit eingeschriebenem Brief ist wirksam, wenn die Abholungseinladung in den Briefkasten oder das Schreiben ins Postfach der Mieterin gelegt worden, und die Abholung der Empfängerin nach dem üblichen Lauf der Dinge zumutbar
ist, auch wenn sie erst später davon Kenntnis erlangt (BGE 140 III 244 E. 5.1; BGE 137 III 208 E. 3).
Nach beendetem Mietverhältnis muss die Mieterin der Vermieterin die Sache gemäss Art. 267 OR zurückgeben. Zur Durchsetzung des Rückgabeanspruchs bei Wohnund Geschäftsräumen kann die Vermieterin um die Ausweisung der Mieterin ersuchen (MÜLLER, in: SVIT-Kommentar, 4. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2018, Art. 267-267a N. 26) und Vollstreckungsmassnahmen (d.h. einen Ausweisungsbefehl) beantragen (Art. 236 Abs. 3 ZPO und Art. 337 Abs. 1 ZPO).
Um eine solche Ausweisung kann im Rahmen des Rechtsschutzes in klaren Fäl- len ersucht werden. Das Gericht gewährt nach Art. 257 Abs. 1 ZPO dann Rechtsschutz im summarischen Verfahren, wenn der Sachverhalt unbestritten oder sofort beweisbar (lit. a) und die Rechtslage klar ist (lit. b). Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist auf die Klage nicht einzutreten (Art. 257 Abs. 3 ZPO). Die Rechtslage ist klar, wenn sich die Rechtsfolge bei der Anwendung des Gesetzes - unter Berücksichtigung von Lehre und Rechtsprechung - ohne Weiteres ergibt, und damit die Rechtsanwendung zu einem eindeutigen Ergebnis führt (BGE 138 III 123 E. 2.1.2 m.w.H.). Es muss auch in Anbetracht der Einwendungen und Einreden beklagten Partei ein liquider Sachverhalt, d.h. ein klarer Fall, vorliegen. Offensichtlich haltlose bzw. offensichtlich unbegründete Behauptungen, über die sofort entschieden werden kann, genügen indessen nicht, um einen klaren Fall auszuschliessen (BGE 138 III 620 E. 5.1.1).
Im vorliegenden Fall ist in erster Linie umstritten, ob überhaupt ein Zahlungsverzug vorliegt.
Die Klägerin macht geltend, dass sie die Beklagte am 16. Januar 2019 für ausstehenden Mietzins gemahnt habe (act. 1 Rz. 6), wobei sich aus den Beilagen ergibt, dass es sich beim ausstehenden Betrag um die am 1. Dezember 2018 und
1. Januar 2019 fälligen Mietzinse für den Büroraum und zwei Abstellplätze in der Höhe von CHF 10'570.00 handelt (act. 2/4). Die Beklagte macht geltend, die Klä- gerin habe nicht den strikten Beweis erbracht, dass Mietzinse ausstehend gewesen seien (act. 15 Rz. 7). Dieser Einwand der Beklagten überzeugt nicht. Der
Mietzins ergibt sich aus den Mietverträgen (act. 2/1, act. 2/2 und act. 2/3). Der Umstand, dass die Beklagte Mietzins in der genannten Höhe schuldet, ist somit durch Urkunden sofort beweisbar und im Übrigen auch unbestritten. Für die Behauptung, dass der Mietzins bezahlt - d.h. getilgt - worden ist, ist die Beklagte beweispflichtig. Eine entsprechende Behauptung, dass die per 1. Dezember 2018 und 1. Januar 2019 fälligen Mietzinse getilgt worden seien, hat die Beklagte nicht einmal aufgestellt, geschweige denn bewiesen. Damit sind die von der Klägerin behaupteten Mietzinsausstände klar erstellt und damit im Rahmen des Rechtsschutzes in klaren Fällen bewiesen.
eiter macht die Beklagte geltend, dass der von der Klägerin behauptete Mietzinsausstand durch die Sicherheitsleistung in der Höhe von CHF 29'200.00 gedeckt gewesen wäre, so dass der Klägerin kein finanzieller Schaden gedroht habe (act. 15 Rz. 13). Auch diesen Argument überzeugt nicht. Die Sicherheitsleistung lautet auf den Namen des Mieters und ist daher Teil des Vermögens des Mieters (Art. 257e Abs. 1 OR); allenfalls wurde die Sicherstellung in Form einer Bankgarantie geleistet (Ziff. 10 des Mietvertrages [act. 2/1 S. 5]). So oder anders wurde der fällige Mietzins innert Zahlungsfrist nicht durch das Vorhandensein einer Sicherheitsleistung getilgt. Die Rechtslage ist klar, dass die Beklagte mangels Tilgung der fälligen Mietzinsschuld in Zahlungsverzug ist.
Sodann wirft die Beklagte der Klägerin vor, eine von ihr am 24. April 2019 vorgeschlagene zahlungsfähige und zumutbare Ersatzmieterin rechtsmissbräuchlich abgelehnt zu haben (act. 15 Rz. 14 und 15). Auch dieses Argument verfängt nicht. Das Thema Nachmieter betrifft die Ansprüche der Vertragsparteien bei vorzeitiger Rückgabe der Mietsache (Art. 261 OR). Hier geht es um die Ausweisung, weil die Beklagte das Mietobjekt noch nicht verlassen hat. In diesem Zusammenhang ist irrelevant, ob ein Nachmieter angeboten wurde oder nicht. Auch der Hinweis auf einen angeblichen Nachmieter ändert an der klaren Rechtslage nichts, dass sich die Beklagte in Zahlungsverzug befindet.
Insgesamt ist der Zahlungsverzug erstellt, und die von der Beklagten vorgebrachten Einwände sind unbegründet.
Die Übrigen Voraussetzungen für die Ausweisung sind unbestritten und belegt.
it Schreiben 16. Januar 2019 forderte die Klägerin die Beklagte entsprechend den gesetzlichen Anforderungen zur Bezahlung der ausstehenden Mietzinse auf und drohte ihr für den Unterlassungsfall die Zahlungsverzugskündigung an (Art. 257d OR, act. 2/4).
Nach Ablauf der Zahlungsfrist wurde der Beklagten unter Einhaltung der Formvorschriften sowie der gesetzlichen Kündigungsfrist und des gesetzlichen Kündigungstermins gekündigt (Art. 257d und Art. 266l OR, act. 2/6).
Aufgrund dieses unbestrittenen Sachverhalts und der klaren Rechtslage ist die Kündigung gültig.
Die Klägerin beantragt Vollstreckungsmassnahmen. Dazu äussert sich die Beklagte nicht. Das Stadtammannamt Zürich ist daher anzuweisen, den Ausweisungsbefehl nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Nichtgewäh- rung der aufschiebenden Wirkung auf erstes Verlangen der Klägerin zu vollstrecken.
Kostenund Entschädigungsfolgen
Ausgangsgemäss wird die Beklagte kostenpflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Eine Entschädigung beantragt die Klägerin nicht.
Praxisgemäss ist von einem Streitwert in der Höhe von sechs (Brutto-) Monatsmietzinsen auszugehen (ZR 114/2015 S. 61), was vorliegend CHF 29'220.00 ergibt. Die Gerichtsgebühr ist auf CHF 2'000.00 festzusetzen (§ 4 Abs. 1 und 2
i.V.m. § 8 Abs. 1 GebV OG). Die Kosten sind aus dem von der Klägerin geleisteten Kostenvorschuss zu decken (Art. 111 Abs. 1 ZPO). Der Klägerin ist hierfür das Rückgriffsrecht auf die Beklagte einzuräumen (Art. 111 Abs. 2 ZPO).
Der Beklagten wird befohlen, die nachfolgenden von ihr gemieteten Objekte an der [Adresse 1] zu räumen, nämlich:
Büroraum an der [Adresse 1] im 1. Obergeschoss
Abstellplatz EG, Liegenschaft [Adresse 2] und
Abstellplatz EG, Liegenschaft [Adresse 2].
Das Stadtammannamt Zürich wird angewiesen, den Befehl gemäss Dispositiv-Ziff. 1 nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Nichtgewährung der aufschiebenden Wirkung auf erstes Verlangen der Klägerin zu vollstrecken. Die Kosten der Vollstreckung sind von der Klägerin vorzuschiessen. Sie sind ihr aber von der Beklagten zu ersetzen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 2'000.00.
Die Kosten gemäss Dispositiv-Ziff. 3 werden der Beklagten auferlegt und vorab aus dem von der Klägerin geleisteten Kostenvorschuss gedeckt. Der Klägerin wird das Rückgriffsrecht für diese Kosten auf die Beklagte eingeräumt.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Klägerin im Doppel für sich und zuhanden des Stadtammannamtes Zürich .
Eine bundesgerichtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder
Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 29'220.00.
Zürich, 4. Oktober 2019
Handelsgericht des Kantons Zürich Einzelgericht
Gerichtsschreiber:
Leonard Suter
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