ZK1 2016 14 - Erbschaftsklage
Urteil vom 20. Dezember 2016
ZK1 2016 14
Mitwirkend
Kantonsgerichtsvizepräsidentin lic. iur. Daniela Pérez-Steiner,
Kantonsrichter Walter Christen, Hannelore Räber,
Pius Schuler und Jörg Meister,
Gerichtsschreiber MLaw Patrick Neidhart.
In Sachen
A.__,
Kläger und Berufungsführer,
vertreten durch Rechtsanwalt B.__,
gegen
1. C.__,
2. D.__,
Beklagte und Berufungsgegner,
beide vertreten durch Rechtsanwalt E.__,
betreffend
Erbschaftsklage
(Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Gersau vom 10. Februar 2016, ZGO 2014 1);-
hat die 1. Zivilkammer,
nachdem sich ergeben:
A. Aus der Ehe zwischen F.__, und H.__, gingen die beiden Söhne I.__, und A.__, hervor. Am 29. Juni 1985 schlossen die Eltern mit I.__ einen Erbauskaufund Erbverzichtsvertrag (Vi-act. KB 1), wonach I.__ sowie dessen Erben bzw. Nachkommen beim Tode seiner Eltern als Erben nicht in Betracht kommen, und regelten die Modalitäten dieses Auskaufs (Vi-act. KB 1). F.__ verstarb am xx (Vi-act. BB 1).
Mit letztwilliger Verfügung vom 5. September 2004, welche einleitend mit Datum vom 5. Oktober 2004 versehen wurde, setzte H.__ A.__ auf den Pflichtteil, wies die verfügbare Quote den beiden Söhnen von I.__, C.__, und D.__, zu und setzte Rechtsanwalt J.__ als Willensvollstrecker ein (Vi-act. KB 2). Am 23. April 2008 schlossen H.__ und ihr Sohn I.__ einen Erbverzichtsvertrag, hoben den Erbauskaufund Erbverzichtsvertrag vom 29. Juni 1985 auf und regelten den Erbverzicht von I.__ zugunsten seiner Söhne (Vi-act. KB 3). Gleichentags verfügte H.__ erneut letztwillig; demnach sollte A.__ (unter Auflagen) nicht mehr auf den Pflichtteil gesetzt sein (Vi-act. KB 4). Mit neuerlicher letztwilliger Verfügung vom 21. Dezember 2009 hob sie die Verfügung vom 5. Oktober 2008 (recte wohl eher: 5. Oktober 2004 bzw. 5. September 2004 [vgl. vorstehende Ausführungen]) auf, setzte A.__ wiederum auf den Pflichtteil und wies die verfügbare Quote den Söhnen von I.__ zu (Vi-act. KB 5). Am 1. April 2010 verfügte H.__ abermals letztwillig, widerrief sämtliche bisherigen Verfügungen und ordnete die gesetzliche Erbfolge an (Vi-act. KB 6). Diese Verfügung hob sie zwei Tage später mit letztwilliger Verfügung vom 3. April 2010 auf und erklärte, dass sie die Erbfolge gemäss den vorherigen Testamenten geregelt haben will (Vi-act. KB 7). H.__ (nachfolgend Erblasserin) verstarb am yy.
B. A.__ (nachfolgend Kläger) erhob am 13. Juni 2014 Klage gegen C.__ (nachfolgend Beklagter 1) und D.__ (nachfolgend Beklagter 2) sowie gegen J.__ (nachfolgend Beklagter 3) mit folgendem Rechtsbegehren (Vi-act. 1):
Es seien sämtliche Testamente der am yy in Gersau verstorbenen H.__ für ungültig zu erklären, soweit sie mit dem Erbvertrag vom 29. Juni 1985 zwischen ihr und ihrem Ehemann F.__ sowie ihrem Sohn I.__, im Widerspruch stehen bzw. diesen verletzen und die Beklagten 1 und 2 I.__ als Vermächtnisnehmer einsetzen zu Erben erklären, und es sei der Beklagte 3 zu verpflichten, den Nachlass der H.__ an den Kläger herauszugeben,
alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten.
Mit Klageantwort vom 21. Oktober 2014 stellten die Beklagten 1 und 2 folgende Anträge (Vi-act. 7):
1. Die klägerischen Rechtsbegehren seien vollumfänglich, sofern auf diese eingetreten werden kann, abzuweisen, d.h. der Klage sei nicht stattzugeben und es seien keine Testamente der H.__ für ungültig zu erklären und der Beklagte Ziff. 3 sei nicht zu verpflichten, den Nachlass von H.__ herauszugeben.
2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten des Klägers.
Am 2. Januar 2015 erstattete der Kläger die Replik und hielt an seinen Rechtsbegehren gemäss Klageschrift vom 13. Juni 2014 fest (Vi-act. 13). Mit Verfügung vom 2. Februar 2015 trennte die Vorinstanz das Verfahren und führte die Klage betreffend die Beklagten 1 und 2 unter der Verfahrensnummer ZGO 1-14 fort, während es die Klage gegen den Beklagten 3 im Verfahren ZGO 1-15 weiterführte (Vi-act. 12). Die Beklagten 1 und 2 erstatteten am 10. Mai 2015 die Duplik und hielten ihrerseits an den Rechtsbegehren gemäss Klageantwort vom 21. Oktober 2014 fest (Vi-act. 18). Am 1. Februar 2016 fand die Hauptverhandlung statt (Vi-act. 31).
Mit Urteil vom 10. Februar 2016 wies das Bezirksgericht Gersau die Klage ab, soweit es darauf eintrat, auferlegte dem Kläger die Gerichtskosten und verpflichtete ihn, den Beklagten 1 und 2 je eine Parteientschädigung in Höhe von Fr. 5‘000.00 zu bezahlen (KG-act. 1/1).
C. Gegen dieses Urteil erhob der Kläger am 14. März 2016 Berufung und stellte folgende Rechtsbegehren (KG-act. 1):
3. Es sei das Urteil des Bezirksgerichts Gersau vom 10. Februar 2016 im Prozess ZGO 1-14 aufzuheben;
4. Es seien sämtliche Testamente der am yy in Gersau verstorbenen H.__ sowie der Erbvertrag vom 23. April 2008 zwischen ihr und ihrem Sohn I.__, für ungültig zu erklären, soweit sie mit dem Erbvertrag vom 29. Juni 1985 zwischen ihr und ihrem Ehemann F.__ sowie ihrem Sohn I.__ im Widerspruch stehen bzw. diesen verletzen und die Berufungsbeklagten 1 und 2 I.__ als Vermächtnisnehmer einsetzen zu Erben erklären;
5. Eventualiter sei die Sache zur Neuentscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen;
6. alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Berufungsbeklagten.
Am 20. April 2016 erstatteten die Beklagten 1 und 2 die Berufungsantwort mit folgenden Anträgen (KG-act. 7):
7. Das Urteil des Bezirksgerichtes Gersau vom 10. Februar 2015 im Prozess ZGO 1-14 sei nicht aufzuheben.
8. Die klägerischen Rechtsbegehren bzw. die Klage seien vollumfänglich, sofern auf diese eingetreten werden kann, abzuweisen, d.h. es seien keine Testamente der H.__ und nicht der Erbvertrag vom 23. April 2008 für ungültig zu erklären.
9. Die Sache sei nicht zur Neuentscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
10. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten des Klägers.
Mit Berufungsreplik vom 29. April 2016 hielt der Kläger an seinen Anträgen vollumfänglich fest (KG-act. 10). Am 15. Mai 2016 reichten die Beklagten 1 und 2 die Berufungsduplik ein und hielten ebenfalls an den gestellten Rechtsbegehren fest (KG-act. 13).
D. Auf die einzelnen Vorbringen wird soweit für die Berufung notwendig in den Erwägungen Bezug genommen;-
in Erwägung:
11. a) Die Durchführung eines ordnungsgemässen Schlichtungsverfahrens bzw. das Vorliegen einer Klagebewilligung ist Prozessvoraussetzung, sofern ein vorgängiges Schlichtungsverfahren vorgesehen ist (Zürcher, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2016, N 57 zu Art. 59 ZPO; Zingg, in: Hausheer/Walter [Hrsg.], Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Band I, 2012, N 161 zu Art. 59 ZPO). Das Gericht prüft von Amtes wegen, ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 60 ZPO). Gemäss Art. 197 ZPO geht dem Entscheidverfahren ein Schlichtungsversuch vor einer Schlichtungsbehörde
voraus. Erst nach gescheitertem Schlichtungsversuch erteilt die Schlichtungsbehörde der klagenden Partei die Klagebewilligung (Art. 209 Abs. 1 ZPO), welche während dreier Monate zur Einreichung der Klage beim Gericht berechtigt (Art. 209 Abs. 3 ZPO). Das Schlichtungsverfahren entfällt nach der Bestimmung von Art. 198 ZPO im summarischen Verfahren (lit. a), bei Klagen über den Personenstand (lit. b), im Scheidungsverfahren (lit. c), im Verfahren zur Auflösung der eingetragenen Partnerschaft (lit. d), bei bestimmten Klagen aus dem SchKG (lit. e), bei Streitigkeiten, für die eine einzige kantonale Instanz zuständig ist (lit. f), bei der Hauptintervention, der Widerklage und der Streitverkündungsklage (lit. g) sowie wenn das Gericht Frist für eine Klage gesetzt hat (lit. h). Die Parteien können gemeinsam auf die Durchführung des Schlichtungsverfahrens verzichten bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten mit einem Streitwert von mindestens Fr. 100‘000.00 (Art. 199 Abs. 1 ZPO). Dieser Verzicht kann auch durch konkludentes Verhalten erfolgen, indem sich die beklagte Partei einer Klage nicht widersetzt, die ohne vorgängiges Schlichtungsverfahren eingereicht wurde. Lässt sich die beklagte Partei vorbehaltlos auf eine solche Klage ein, ist von einem gemeinsamen Verzicht auszugehen (Infanger, in: Spühler/Tenchio/Infanger, Basler Kommentar, ZPO, 2013, N 4 zu Art. 199 ZPO; Egli, in: Brunner/Gasser/Schwander, ZPO Kommentar, 2016, N 8 zu Art. 199 ZPO).
b) Aufgrund der Akten ergibt sich kein Hinweis auf ein Schlichtungsverfahren. Nachdem die Vorinstanz jedoch feststellte, dass der Streitwert über Fr. 1‘000‘000.00 liegt und die Parteien dagegen nicht opponierten, konnten die Parteien auf ein Schlichtungsverfahren verzichten. Die Beklagten brachten im vorinstanzlichen Verfahren nicht vor, die Klageeinleitung ohne vorgängiges Schlichtungsverfahren sei unzulässig, und liessen sich damit vorbehaltlos auf die Klage ein. Dieses Verhalten ist somit als konkludenter Verzicht auf die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens zu verstehen.
12. a) Der Kläger macht zunächst geltend, die Vorinstanz sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er eine Ungültigkeitsklage nach Art. 519 ZGB erhoben habe. Mit Klage vom 13. Juni 2014 habe er eine der Herabsetzungsklage nachgebildete Anfechtungsklage gemäss Art. 494 Abs. 3 ZGB eingereicht. Die Vorinstanz habe zudem anlässlich der Hauptverhandlung vom Kläger eine kurze Klarstellung zur Klageschrift und zur Replik erhalten, aus welcher dies hervorgegangen sei. Die Vorinstanz habe sich damit nicht auseinandergesetzt und die Herabsetzungsansprüche des Klägers nicht geprüft.
Im angefochtenen Urteil hielt die Vorinstanz fest, der Kläger habe beantragt, dass sämtliche Testamente der am yy verstorbenen Erblasserin für ungültig zu erklären seien, soweit sie mit dem Erbvertrag vom 29. Juni 1985 zwischen ihr, ihrem Ehemann sowie I.__ im Widerspruch stünden. Dabei handle es sich um eine Ungültigkeitsklage im Sinne von Art. 519 Abs. 2 ZGB.
Mit Klageschrift vom 13. Juni 2014 beantragte der Kläger, es seien sämtliche Testamente der Erblasserin „für ungültig zu erklären“, soweit sie mit dem Erbvertrag vom 29. Juni 1985 im Widerspruch stünden. In Randziffer 3 der Klagebegründung führte der Kläger aus, dass er gestützt auf Art. 519 ZGB sowie Art. 494 Abs. 3 ZGB klageberechtigt sei (Vi-act. 1, Rz. 3). Sodann gab er in Randziffer 44 an, dass er die letztwilligen Verfügungen der Erblasserin gestützt auf Art. 494 Abs. 3 ZGB anfechte (Vi-act. 1, Rz. 44).
b) Das Gericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 57 ZPO). Die Parteien können in ihren Vorträgen rechtliche Ausführungen machen, es schadet aber nicht, wenn sie ihre Ansprüche auf einen falschen Rechtssatz abstützen, sofern sich dieser aufgrund des Sachverhalts aus einer anderen Rechtsnorm ableitet (Glasl, in: Brunner/Gasser/Schwander, ZPO Kommentar, 2016, N 4 f. zu Art. 57 ZPO). Das Gericht kann somit von Amtes wegen Anträge einer Partei gestützt auf eine andere materiell-rechtliche Bestimmung als die vorgebrachte anwenden (Sutter-Somm/Seiler, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2016, N 17 zu Art. 57 ZPO).
Mit der Ungültigkeitsklage gemäss Art. 519 Abs. 1 ZGB kann eine Verfügung von Todes wegen auf Klage hin für ungültig erklärt werden, wenn sie vom Erblasser zu einer Zeit errichtet worden ist, da er nicht verfügungsfähig war (lit. a), wenn sie aus mangelhaftem Willen hervorgegangen ist (lit. b) wenn ihr Inhalt eine ihr angefügte Bedingung unsittlich rechtswidrig ist (lit. c). Gemäss Art. 494 Abs. 3 ZGB unterliegen Verfügungen von Todes wegen Schenkungen, die mit den Verpflichtungen aus einem Erbvertrag nicht vereinbar sind, der Anfechtung. Die Anfechtungsklage ist dabei der Herabsetzungsklage (Art. 522 ff. ZGB) nachgebildet; die entsprechenden Bestimmungen finden daher analog Anwendung (Grundmann, in: Abt/Weibel, Praxiskommentar Erbrecht, 2015, N 18 zu Art. 494 ZGB; Brückner/Weibel, Die erbrechtlichen Klagen, 2012, S. 57). Die von Brückner/Weibel vorgeschlagene Formulierung der Rechtsbegehren einer Anfechtungsklage nach Art. 494 Abs. 3 ZGB lautet: „Es sei die Verfügung vom zugunsten des Beklagten ungültig zu erklären“ (Brückner/Weibel, a.a.O., S. 61). Die vom Kläger gewählte Formulierung der Rechtsbegehren entspricht genau diesem Formulierungsvorschlag. Sie stellt somit kein Indiz dafür dar, dass er eine Ungültigkeitsklage im Sinne von Art. 519 ZGB geltend machte. Aus der Klagebegründung geht sodann hervor, dass der Kläger die Verfügungen von Todes wegen, welche die Erblasserin nach dem Erbauskaufund Erbverzichtsvertrag vom 29. Juni 1985 anordnete, insoweit anfocht, als sie dem Erbauskaufund Erbverzichtsvertrag vom 29. Juni 1985 widersprechen. Demzufolge machte er eine Anfechtungsklage im Sinne von Art. 494 Abs. 3 ZGB anhängig, die analog der Herabsetzungsklage nach Art. 522 ff. ZGB zu behandeln ist.
13. Des Weiteren rügt der Kläger, die Vorinstanz sei zu Unrecht davon ausgegangen, er habe den Erbverzichtsvertrag vom 23. April 2008 nicht angefochten. Auch wenn er den Erbverzichtsvertrag vom 23. April 2008 in seinen Rechtsbegehren nicht explizit erwähnt habe, sei bereits aufgrund der Umstände und der Natur der Klage klar gewesen, dass er auf eine Anfechtung dieses Erbverzichtsvertrags nicht habe verzichten wollen. Die Ungültigkeit des Erbverzichtsvertrags habe er sodann in der Klagebegründung klar ausgeführt.
a) Die Vorinstanz hielt im angefochtenen Urteil fest, der Kläger habe lediglich die „Testamente der Erblasserin“ angefochten, aber nicht explizit den Erbverzichtsvertrag vom 23. April 2008, weshalb dieser Gültigkeit habe. Mit diesem Erbverzichtsvertrag sei der Erbauskaufund Erbverzichtsvertrag 1985 zugunsten der Enkel der Erblasserin aufgehoben worden (angefochtenes Urteil, E. 19).
b) Gemäss der in Art. 58 ZPO verankerten Dispositionsmaxime darf das Gericht einer Partei nicht mehr und nichts anderes zusprechen, als sie verlangt, und nicht weniger, als die Gegenpartei anerkannt hat. Grundsätzlich sind die Rechtsbegehren massgebend und so bestimmt zu formulieren, dass sie bei einer Gutheissung zum Urteil erhoben werden können. Dies verbietet es dem Gericht aber nicht, den eigentlichen Sinn des Rechtsbegehrens zu ermitteln. (Glasl, a.a.O., N 13 zu Art. 58 ZPO; Sutter-Somm/Seiler, a.a.O., N 10 zu Art. 58 ZPO). Das Gericht greift auf die Begründung zurück, wenn das Begehren unklar ist und einer Auslegung bedarf. Es hat eine objektive Auslegung nach allgemeinen Grundsätzen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben im Lichte der Begründung zu erfolgen (Sutter-Somm/Seiler, a.a.O., N 9 zu Art. 58 ZPO).
c) Der Kläger verlangte mit seiner Klage vom 13. Juni 2014, es „seien sämtliche Testamente der am yy in Gersau verstorbenen H.__ für ungültig zu erklären, soweit sie mit dem Erbvertrag vom 29. Juni 1985 zwischen ihr und ihrem Ehemann F.__ sowie ihrem Sohn I.__, im Widerspruch stehen bzw. diesen verletzen“ (Vi-act. 1, S. 2). Somit stellte die Vorinstanz zutreffend fest, dass der Kläger den Erbvertrag vom 23. April 2008 nicht explizit anfocht. Zu prüfen ist allerdings, ob das Rechtsbegehren unklar ist und ausgelegt werden muss. Bereits aus dem Rechtsbegehren selbst geht hervor, dass sich der Kläger auf den Erbauskaufund Erbverzichtsvertrag vom 29. Juni 1985 berief und die Testamente, welche nicht im Einklang mit diesem Vertrag stehen, für ungültig erklärt haben wollte. Mit dem Erbverzichtsvertrag vom 23. April 2008 hoben die Erblasserin und I.__ den Erbauskaufund Erbverzichtsvertrag vom 29. Juni 1985 auf. Wollte der Kläger diesen Erbverzichtsvertrag vom 23. April 2008 also tatsächlich nicht anfechten, hätte dies zur Folge, dass der Erbauskaufund Erbverzichtsvertrag vom 29. Juni 1985 aufgehoben wäre, wodurch sich der Kläger nicht mehr auf diesen älteren Erbvertrag berufen könnte und die angefochtenen Testamente auch nicht mehr im Widerspruch zu diesem stehen könnten. Die Klageerhebung macht demzufolge nur Sinn, wenn der Kläger gleichzeitig auch den Erbverzichtsvertrag vom 23. April 2008 anficht, was er aber nicht explizit beantragte. Weil der Kläger bei wortgetreuer Auslegung mit der gewählten Formulierung ein von vornherein nutzloses Rechtsbegehren stellen würde, was aber von ihm kaum beabsichtigt war, ist das Rechtsbegehren gemäss Klage vom 13. Juni 2014 als unklar zu bezeichnen, weshalb für die erforderliche Auslegung des klägerischen Antrags die Klagebegründung heranzuziehen ist.
In der Klagebegründung führt der Kläger unter dem Titel „Ungültigkeit des Testamentes vom 23. April 2008 sowie des Erbverzichtsvertrages vom selben Datum“ aus, dass eine Aufhebung des Erbauskaufund Erbverzichtsvertrages vom 29. Juni 1985 unzulässig sei und dass deshalb „insbesondere der Erbverzichtsvertrag [ ] vom 23. April 2008“ ungültig sei (Vi-act. 1, Rz. 53-59). Diese Begründung zeigt, dass der Kläger auch den Erbverzichtsvertrag zwischen der Erblasserin und I.__ vom 23. April 2008 für ungültig erklären lassen wollte. Demzufolge ergibt die Auslegung der Rechtsbegehren des Klägers, dass er nebst den Testamenten auch den Erbverzichtsvertrag vom 23. April 2008 anfocht. Dass der Kläger in den Rechtsbegehren der Berufung deshalb die Ungültigerklärung des Erbverzichtsvertrags vom 23. April 2008 explizit verlangte, stellt folglich keine Klageänderung dar. Zu prüfen ist demnach zunächst, ob die Erblasserin und I.__ im Rahmen dieses Erbvertrags den Erbauskaufund Erbverzichtsvertrag vom 29. Juni 1985 überhaupt aufheben konnten.
14. a) Grundsätzlich ist es möglich, Erbverträge durch schriftliche Vereinbarung (Art. 513 Abs. 1 ZGB) im Rahmen eines neuen Erbvertrages aufzuheben. Werden jedoch im aufzuhebenden Erbvertrag mehrere Nachlässe geregelt, so ist eine Aufhebung des Erbvertrages als Ganzes nur durch alle Beteiligten möglich (BGer, Urteil 5A_161/2010 vom 8. Juli 2010, E. 3.2). Indes kann ein solcher Erbvertrag auch Bestimmungen enthalten, die nur zwei Personen vertraglich bindet und deshalb auch durch schriftliche Übereinkunft nur dieser beiden Personen aufgehoben werden kann (BGer, Urteil 5A_161/2010 vom 8. Juli 2010, E. 3.3). Fraglich ist, ob nach dem Tod des ersten Ehegatten der überlebende Ehegatte und die Kinder, die am Vertrag mitwirkten, den Erbvertrag in Bezug auf die Regelungen für das Zweitversterben aufheben können. Eine solche Aufhebung ist ausgeschlossen, wenn die vertragliche Bindung des überlebenden Ehegatten auch gegenüber der verstorbenen Vertragspartei besteht. Eine Aufhebung ist also nur dann möglich, wenn sich die beiden Erblasser im ursprünglichen Erbvertrag nicht gegenseitig binden wollten, sondern nur gegenüber den weiteren Vertragsparteien (BGer, Urteil 5A_161/2010 vom 8. Juli 2010, E. 5.2; Grundmann, a.a.O., N 6 ff. zu Art. 513 ZGB). Mit anderen Worten können überlebende Vertragsparteien nur solche Bestimmungen aufheben, die gegenseitig bindend wirken, nicht aber gegenüber der verstorbenen Partei.
Was die Parteien im Erbvertrag vereinbarten, ergibt sich durch Auslegung des Vertrages. Dabei gelten auch für Erbverträge die obligationenrechtlichen Regeln der Vertragsauslegung (BGE 133 III 406, E. 2.2; BGer, Urteil 5A_161/2010 vom 8. Juli 2010, E. 4.1). Massgebend ist demzufolge der übereinstimmende wirkliche Wille der Parteien. Bleibt dieser unbewiesen, ist der mutmassliche Wille anhand einer Auslegung der Erklärungen der Parteien nach dem Vertrauensprinzip festzustellen. Ausgehend vom Wortlaut ist der wahre Sinn eines Vertrages bzw. einer Vertragsklausel aufgrund des Gesamtzusammenhangs sowie nach den Begleitumständen des Vertragsabschlusses der Interessenlage der Parteien in jenem Zeitpunkt zu ermitteln. Entscheidend ist somit, wie der Vertrag bzw. die Vertragsklauseln nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie nach den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten (BGE 133 III 406, E. 2.2).
b) aa) In Ziff. I des Erbauskaufund Erbverzichtsvertrags vom 29. Juni 1985 hielten die Parteien fest, dass dieser auch gegenüber den Erben von I.__ Gültigkeit habe sowie dass diese Vereinbarung die Grundlage für eine „gegenseitige per Saldo Auseinandersetzung“ bilde und nach dem Vollzug „endgültig abgeschlossen“ sei (Vi-act. KB 1, S. 2). Der Kläger führt aus, dieser Wortlaut lasse keinen Zweifel offen, dass sich die Parteien einerseits gegenseitig binden wollten und der Vertrag anderseits unabänderlich sein sollte. Demzufolge sei bestimmt worden, dass auf jeden Fall, d.h. unter allen Umständen ausgeschlossen sein soll, dass I.__ sowie dessen Erben dereinst noch irgendetwas aus dem Vermögen der Eltern erhalten würden. Die Beklagten machen geltend, der Vertrag binde die Eltern nicht gegenseitig. Zudem handle es sich um einen Erbverzichtsvertrag, weshalb ohnehin nur I.__ gebunden und die Eltern frei seien, den Verzichtenden dessen Nachkommen als Erben einzusetzen.
bb) Gemäss der gewählten Formulierung bildet der Erbauskaufund Erbverzichtsvertrag vom 29. Juni 1985 die Grundlage einer gegenseitigen per Saldo Auseinandersetzung (Vi-act. KB 1, Ziff. I.). Aus den weiteren Vertragsbestimmungen geht hervor, dass I.__ mit der damals ihm gehörenden K.__ AG in finanzieller Schieflage war und dass F.__ mit bis zu Fr. 1‘800‘000.00 bürgte (Vi-act. KB 1, Ziff. III.). Die Parteien vereinbarten sodann, dass F.__ die K.__ AG übernimmt (Vi-act. KB 1, Ziff. III.), dass I.__ von den Eltern zum einen eine monatliche Rente in Höhe von mindestens Fr. 4‘000.00 und zum andern nach Versterben des zweiten Ehegatten ein Legat in Höhe von Fr. 500‘000.00 erhält (Vi-act. KB 1, Ziff. V.) und dass der damit ausgekaufte I.__ sowie dessen Erben beim Tode seiner Eltern als Erben nicht in Betracht kommen (Vi-act. KB 1, Ziff. VIII.). Im Zusammenhang mit diesen weiteren Vertragsbestimmungen ist die Formulierung „gegenseitige per Saldo Auseinandersetzung“ als gewöhnliche Saldoklausel zu verstehen, wonach die Ansprüche sowohl aus der Geschäftsübernahme als auch bezüglich der erbrechtlichen sowie allfällig vergessen gegangenen Anwartschaften mit dieser Vereinbarung ausgeglichen sein sollen. Weil der Vertrag nur Ansprüche zwischen I.__ und seinen Eltern regelt, bezieht sich die Gegenseitigkeit dieser Saldoklausel auch nur auf diese und nicht auf allfällige Ansprüche der Eltern untereinander. Im Übrigen handelt es sich in Ziff. V um Modalitäten, die die Ehegatten gegenüber ihrem Sohn I.__ verpflichten und auf welche Begünstigungen dieser nachträglich ohne Weiteres verzichten kann, was er mit Erbverzichtsvertrag vom 23. April 2008 auch tat. Zu berücksichtigen ist zudem, dass das Legat in der Höhe von Fr. 500‘000.00 gemäss der letztwilligen Verfügung der Erblasserin vom 5. September 2004 bereits nach dem Tod von F.__ ausgezahlt wurde.
cc) Sodann hält der Vertrag in Ziff. I fest, dass die Vereinbarung „nach dem Vollzug endgültig abgeschlossen“ sei (Vi-act. KB 1, Ziff. I.). Der Kläger macht geltend, dies bedeute, dass der Vertrag unabänderlich sei und eine erbrechtliche Berücksichtigung von I.__ bzw. dessen Nachkommen daher ausgeschlossen sei. Auch diese Klausel ist im Gesamtzusammenhang zu betrachten. Die Parteien regelten unter anderem die Geschäftsübernahme durch F.__, die Errichtung einer Rente für I.__ sowie den Erbverzicht von I.__. In Bezug auf die Geschäftsübernahme vereinbarten die Parteien, dass I.__ die Aktien bis spätestens am 2. Juli 1985 bei L.__ treuhänderisch deponiert. Hinsichtlich der Rente für I.__ verpflichteten sich die Eheleute F+H.__ innerhalb von zwei Jahren eine Banksicherheit in der Höhe von Fr. 1‘000‘000.00 zu leisten. Demzufolge hatten beide Parteien nach Unterzeichnung des Erbauskaufund Erbverzichtsvertrages vom 29. Juni 1985 Leistungen zu erbringen. Die Formulierung, die Vereinbarung sei „nach dem Vollzug endgültig abgeschlossen“, ist somit so zu verstehen, dass der Vertrag erst mit Vollzug dieser Verpflichtungen als abgeschlossen zu gelten hat. Entgegen der Ansicht des Klägers ist dieser Vertragsklausel nicht zu entnehmen, dass der Vertrag endgültig und unabänderlich, sondern eben dass der Vertrag erst mit Vollzug gültig abgeschlossen sein soll.
dd) Der Kläger führt ferner aus, Ziff. VIII. des Erbauskaufund Erbverzichtsvertrags vom 29. Juni 1985 zeige ebenfalls auf, dass der Vertrag unabänderlich sei und der überlebende Ehegatte die freie Quote nicht zugunsten von I.__ bzw. dessen Nachkommen, den Beklagten 1 und 2, verwenden durfte. Ziff. VIII. des Erbauskaufund Erbverzichtsvertrags vom 29. Juni 1985 lautet wie folgt (Vi-act. KB 1, Ziff. VIII):
Mit dem Vollzug dieses Erbauskaufvertrages sind die Parteien per Saldo aller Ansprüche auseinandergesetzt. Der ausgekaufte I.__ und dessen Erben bzw. Nachkommen fallen beim Tode seiner Eltern als Erben nicht in Betracht.
Der Erbauskauf ist demzufolge umfassend und unabhängig von der Höhe des dannzumaligen Erbschaftsvermögens der auskaufenden Eheleute F+H.__.
Mit dieser Bestimmung verzichtet I.__ auf seinen gesetzlichen Erbanspruch unabhängig davon, wie sich das elterliche Vermögen dereinst entwickelt. Entgegen der Ansicht des Klägers kann dieser Bestimmung aber kein Hinweis darauf entnommen werden, dass die Eheleute F+H.__ sich gegenseitig verpflichten wollten, I.__ bzw. dessen Nachkommen später nicht als Erben Vermächtnisnehmer einzusetzen, namentlich nachdem ein Ehegatte vorverstorben ist. Vielmehr entsprach es dem Zweck des Erbauskaufund Erbverzichtsvertrages vom 29. Juni 1985, die Eheleute gegen allfällige erbrechtliche Ansprüche des Sohnes I.__ bzw. dessen Nachkommen abzusichern. Eine spätere erbrechtliche Begünstigung seitens beider Eltern ist dadurch aber nicht ausgeschlossen, weshalb es einer expliziten Vertragsklausel bedurft hätte, die eine solche Begünstigung nicht zuliesse. Eine derartige Klausel enthält der Erbauskaufund Erbverzichtsvertrag vom 29. Juni 1985 jedoch nicht.
ee) In Anbetracht dieser Erwägungen war zwar eine pauschale Aufhebung des Erbauskaufund Erbverzichtsvertrages vom 29. Juni 1985 nach dem Tod von F.__ nicht mehr möglich, hingegen steht einer Aufhebung bzw. Neuregelung des eigenen Nachlasses des zweitversterbenden Ehegatten nichts entgegen, zumal das vereinbarte Legat von Fr. 500‘000.00 bereits nach dem Versterben von F.__ ausgerichtet wurde und somit die Erbteilung in Bezug auf den Nachlass von F.__ abgeschlossen war. Die Erblasserin und I.__ konnten somit den Erbauskaufund Erbverzichtsvertrag vom 29. Juni 1985 zwar nicht als Ganzes aufheben, immerhin aber hinsichtlich der Punkte, die den Nachlass der Erblasserin betrafen, was sie mit Erbverzichtsvertrag vom 23. April 2008 auch taten. Weil der Erbauskaufund Erbverzichtsvertrag vom 29. Juni 1985 überdies keine expliziten Bestimmungen betreffend den Nachlass der Erblasserin enthält, welche durch eine ihrer letztwilligen Verfügungen den besagten Erbverzichtsvertrag verletzt werden könnten und insbesondere eine spätere Erbeinsetzung der Beklagten nicht eingeschränkt wurde und folglich auch nicht unzulässig war, stehen diese dem Erbauskaufund Erbverzichtsvertrag vom 29. Juni 1985 nicht entgegen und sind daher weder herabzusetzen noch für ungültig zu erklären.
ff) Der Kläger beantragt, die Testamente und der Erbverzichtsvertrag vom 23. April 2008 für ungültig zu erklären, soweit diese im Widerspruch zum Erb-auskaufund Erbverzichtsvertrag vom 29. Juni 1985 stehen. Gemäss den vorstehenden Erwägungen liegt kein solcher Widerspruch vor. Eine anderweitige Herabsetzung Ungültigerklärung aus anderen Gründen macht der Kläger nicht geltend; eine solche ist daher nicht zu prüfen.
15. Ausgangsgemäss trägt der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Darüber hinaus hat er die Berufungsgegner angemessen zu entschädigen. Die Vorinstanz setzte die Entschädigung zugunsten der Beklagten 1 und 2 auf je Fr. 5‘0000.00 (inkl. Auslagen und 8 % MWST) fest (angefocht. Urteil Dispositivziff. 3). Gegen diese Entschädigungsfestsetzung erhoben die Parteien keine begründeten Einwände, weshalb es damit sein Bewenden hat. Im Berufungsverfahren beträgt das Honorar 20 bis 60 % der in den §§ 8 und 9 GebTRA festgesetzten Ansätze, wobei der noch vor der Berufungsinstanz in Frage kommende Streitwert massgebend ist (§ 11 GebTRA). Zu berücksichtigen ist, dass der Rechtsvertreter der Beklagten 1 und 2 eine 33 Seiten umfassende Berufungsantwort sowie eine 20-seitige Stellungnahme einreichte. Weiter ist zu beachten, dass die Streitsache aufgrund des relativ hohen Streitwerts für die Beklagten 1 und 2 von einiger Wichtigkeit ist und sich bezüglich der verschiedenen Erbverträge und Testamente komplexere Fragen stellten. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist die Entschädigung für das Berufungsverfahren für die Beklagten 1 und 2 ermessensweise auf je Fr. 3‘000.00, insgesamt Fr. 6‘000.00 (inkl. Auslagen und 8 % MWST) festzusetzen;-
erkannt:
1. Die Berufung wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von Fr. 10‘000.00 werden dem Berufungsführer auferlegt und vom geleisteten Vorschuss bezogen, der Restbetrag von Fr. 5‘000.00 wird ihm zurückerstattet.
3. Der Berufungsführer hat die Berufungsgegner für das Berufungsverfahren mit je Fr. 3‘000.00 zu entschädigen.
4. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung nach Massgabe von Art. 72 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Zivilsachen beim Bundesgericht in Lausanne eingereicht werden; die Beschwerdeschrift muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen. Der Streitwert beträgt mehr als Fr. 1‘000‘000.00.
5. Zufertigung an Rechtsanwalt B.__ (2/R), Rechtsanwalt E.__ (3/R) und die Vorinstanz (1/A) sowie nach definitiver Erledigung an die Vorinstanz (1/R, mit den Akten) und an die Kantonsgerichtskasse (1/ü, im Dispositiv).
Namens der 1. Zivilkammer
Die Kantonsgerichtsvizepräsidentin
Der Gerichtsschreiber
Versand
22. Dezember 2016 rfl