STK 2020 12 - fahrlässige schwere Körperverletzung, pflichtwidriges Verhalten bei Unfall
Urteil vom 15. Oktober 2020
STK 2020 12 und 13
Mitwirkend
Kantonsgerichtspräsident Dr. Urs Tschümperlin,
Kantonsrichter lic. iur. Walter Züger, Reto Fedrizzi,
Bettina Krienbühl und Dr. Veronika Bürgler Trutman,
Gerichtsschreiber lic. iur. Mathis Bösch.
In Sachen
A.________,
Beschuldigter und Berufungsführer,
erbeten verteidigt durch Rechtsanwalt B.________,
gegen
1. Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln, Postfach 128, 8832 Wollerau,
Anklagebehörde und Berufungsgegnerin,
vertreten durch Staatsanwältin C.________,
2. D.________,
Privatklägerin und Berufungsgegnerin,
vertreten durch Rechtsanwältin E.________,
sowie
Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln, Postfach 128, 8832 Wollerau,
Anklagebehörde und Berufungsführerin,
vertreten durch Staatsanwältin C.________,
gegen
A.________,
Beschuldigter und Berufungsführer,
erbeten verteidigt durch Rechtsanwalt B.________,
betreffend
fahrlässige schwere Körperverletzung, pflichtwidriges Verhalten bei Unfall
(Berufungen gegen das Urteil des Bezirksgerichts Höfe vom 29. Oktober 2019, SGO 2019 7);-
hat die Strafkammer,
nachdem sich ergeben:
A. Mit Schreiben vom 12. April 2018 verzeigte D.________ den Verkehrsunfall mit Personenschaden vom 23. März 2018 und beantragte die Bestrafung von A.________ wegen schwerer, evtl. einfacher, evtl. fahrlässiger Körperverletzung, Unterlassung der Nothilfe, Verletzung der Verkehrsregeln und pflichtwidrigen Verhaltens beim Unfall (U-act. 3.1.01). Am 10. Juli 2019 erhob die Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln beim Bezirksgericht Höfe Anklage gegen A.________ wegen fahrlässiger schwerer, eventualiter einfacher Körperverletzung und des vorsätzlichen, eventualiter des fahrlässigen pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall gestützt auf folgenden Sachverhalt (Vi-act. 1):
Am Freitag, 23. März 2018, ca. 14:30 Uhr, lenkte A.________ den Personenwagen der Marke VW mit den Kontrollschildern SZ xx in Wollerau SZ vom Dorfkern Wollerau herkommend auf der Verenastrasse in Fahrrichtung Autobahneinfahrt A3. Nachdem er auf der Höhe Feldmoos verkehrsbedingt angehalten hatte und anschliessend nach links abgebogen war, um weiter auf der Verenastrasse zu bleiben, verlor er die Herrschaft über sein Fahrzeug und fuhr links ab der Fahrbahn auf das Trottoir, wo er mit dem Gartenzaun der Liegenschaft Nr. yy kollidierte. In der Folge lenkte A.________ den Personenwagen ungebremst nach rechts zurück auf die Fahrbahn, wobei er die sich auf dem Trottoir befindliche D.________ frontal erfasste, wodurch diese auf die Motorhaube geschleudert wurde. Ohne anzuhalten oder zumindest die Geschwindigkeit deutlich zu reduzieren fuhr A.________ zurück auf die Fahrbahn, während sich D.________ weiterhin auf der Motorhaube befand, wobei diese nach ca. 16 Metern ohne Fremdeinwirkung seitlich ab der Motorhaube auf die Strasse stürzte.
[Verletzungen von D.________].
Die zugefügten Verletzungen von D.________ verursachte A.________ ungewollt infolge pflichtwidriger Unvorsichtigkeit. A.________ ist der ihm als Fahrzeugführer obliegenden Pflichten, sein Fahrzeug ständig so zu beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann, ungewollt nicht ausreichend nachgekommen. Obwohl A.________ bemerkte, dass er durch das Ausweichmanöver das Trottoir befuhr und mit dem Zaun kollidierte, reduzierte er seine Geschwindigkeit nicht und brachte sein Motorfahrzeug auch nicht spätestens unmittelbar nach der Kollision mit dem Zaun zum Stillstand, sondern lenkte es ohne deutliche Geschwindigkeitsreduktion über das Trottoir zurück auf die Fahrbahn. Die Kollision und die damit verbundenen Verletzungen von D.________ waren für A.________ als Folge seines sorgfaltswidrigen Verhaltens voraussehbar, nachdem er anstatt noch auf der Fahrbahn eine Vollbremsung zu machen, nach links auf das Trottoir auswich und auch nach der Kollision mit dem Gartenzaun den Personenwagen nicht zum Stillstand brachte. A.________ hätte die Kollision und die dadurch hervorgerufenen Verletzungen von D.________ vermeiden können, wenn er seinen Pflichten als Fahrzeugführer mit der gebotenen Sorgfalt nachgekommen wäre, das Fahrzeug insbesondere rechtzeitig abgebremst hätte.
Nach der Kollision mit D.________ und dem Gartenzaun verliess A.________ die Unfallstelle, obwohl er zumindest die Kollision mit dem Gartenzaun bemerkt hatte. Aufgrund des Vorgefallenen und der Überquerung eines Trottoirs sowie des Umstands, dass er durch die Sonne geblendet wurde und deswegen die Unfallstelle nicht überblicken konnte, konnte er nicht ausschliessen, einen Passanten angefahren zu haben. Dadurch, dass er sich ohne anzuhalten vom Kollisionsort entfernte, kam er der ihm als unfallbeteiligten Fahrzeugführer auferlegten Pflichten, nach einem Verkehrsunfall mit verletzten Personen sofort anzuhalten, für Hilfe zu sorgen und die Polizei zu benachrichtigen sowie die Unfallstelle nicht zu verlassen, nicht nach. Mit der Wegfahrt und dem Verlassen der Unfallstelle nahm er zumindest in Kauf, die ihm auferlegten Pflichten zu verletzen und die Klärung des Schadens sowie die Feststellung und Beweissicherung der relevanten Tatsachen zu erschweren.
Eventualiter:
A.________ verliess nach der Kollision mit D.________ die Unfallstelle, wobei er aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit die Kollision mit D.________ und ihre damit einhergehenden Verletzungen nicht bemerkte. Bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit hätte er indes erkennen können, dass er D.________ mit der Fahrzeugfront erfasste und diese sich infolge der Kollision verletzte respektive verletzt haben könnte. A.________ missachtete pflichtwidrig unvorsichtig die ihm als schädigendem Fahrzeuglenker obliegenden Pflicht, bei Unfällen mit Verletzungen sofort anzuhalten, für Hilfe zu sorgen und die Polizei zu benachrichtigen. Er verliess stattdessen die Unfallstelle in der irrigen Annahme, niemanden verletzt zu haben. Aufgrund des Unfallhergangs, namentlich der Kollision mit dem Gartenzaun sowie die Überquerung eines Trottoirs und der Sonnenblendung, hätte A.________ bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit damit rechnen müssen, dass er einen Verkehrsteilnehmer verletzte oder zumindest einen Schaden am Gartenzaun verursachte, weshalb er verpflichtet gewesen wäre, sofort anzuhalten.
B. Das Bezirksgericht Höfe erkannte mit Urteil vom 29. Oktober 2019 den Beschuldigten der fahrlässigen einfachen Körperverletzung sowie des vorsätzlichen pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall für schuldig und bestrafte ihn mit einer bei einer Probezeit von zwei Jahren bedingten Geldstrafe von 144 Tagessätzen zu Fr. 460.00 und mit einer Busse von Fr. 16‘560.00 bzw. einer Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Tagen (Dispositivziff. 1 und 2). Ausserdem auferlegte es ihm die Verfahrenskosten von insgesamt Fr. 8‘108.70 (Ziff. 3) und verpflichtete ihn, der Privatklägerin Fr. 20‘037.85 als Schadenersatz für Anwaltskosten und Fr. 20‘000.00 zuzüglich Zins seit 23. März 2018 Genugtuung zu zahlen (Ziff. 4).
C. Der Beschuldigte erklärte gegen das Urteil rechtzeitig die Berufung mit den Anträgen, ihn in Abänderung von Dispositivziffer 1 Abschnitt 2 der fahrlässigen Widerhandlung gegen Art. 92 Abs. 2 SVG etc. schuldig zu sprechen und mit einer Geldstrafe von 60 evtl. 90 Tagessätzen zu Fr. 460.00 und einer Busse von Fr. 5‘520.00 evtl. Fr. 8‘280.00 zu bestrafen (STK 2020 12).
Die Staatsanwaltschaft verlangte mit ebenfalls rechtzeitiger Berufungserklärung eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 460.00 und eine Busse von Fr. 10‘000.00 bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 45 Tagen (STK 2020 13).
Die Privatklägerin verzichtete auf Anschlussberufung (STK 2020 12 act. 11) und liess sich im Berufungsverfahren nicht mehr vernehmen.
D. Das Bezirksgericht Höfe überwies die Akten mit dem Hinweis, dass es fälschlicherweise eine Busse über Fr. 10‘000.00 ausgesprochen habe
(je KG-act. 1). Im schriftlichen Verfahren begründeten die Berufungsführer ihre Rechtsmittel am 27. April 2020 (KG-act. 13) bzw. 16. April 2020 (KG-act. 6). Die Staatsanwaltschaft beantwortete die Berufung des Beschuldigten am 8. Juni 2020. Sie stellte den Antrag, die Berufung kostenfällig abzuweisen (STK 2020 12 act. 15). Darauf nahm der Beschuldigte nochmals am 22. Juni 2020 kurz Stellung (ebd. act. 17). Der Beschuldigte beantragte mit seiner Berufungsantwort, die Berufung der Staatsanwaltschaft in Bezug auf die Höchstbusse von Fr. 10‘000.00 gutzuheissen und bezogen auf die beantragte bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen abzuweisen (STK 2020 13 act. 8). Die Staatsanwaltschaft nahm nochmals Stellung, worauf der Beschuldigte am 8. Juni 2020 auf eine Berufungsduplik verzichtete (ebd. act. 10 und 12);-
und in Erwägung:
1. Der Schuldspruch der fahrlässigen Körperverletzung sowie die Entscheide über die Zivilforderungen sind in Rechtskraft erwachsen. Zu beurteilen bleibt, ob, wie der Beschuldigte geltend macht, nur eine fahrlässige Führerflucht vorliegt. Im Übrigen ist das Strafmass zu prüfen.
2. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer als Fahrzeugführer bei einem Verkehrsunfall einen Menschen getötet oder verletzt hat und die Flucht ergreift (Art. 92 Abs. 2 SVG).
a) Die Vorinstanz geht davon aus, dass der Beschuldigte nach der Kollision mit der Privatklägerin zuerst weitergefahren, dann aber umgekehrt und zur Unfallstelle zurückgekehrt sei. Durch dieses Verhalten habe er die Unfallendsituation unwiederbringlich verändert und die Ermittlung des konkreten Tatherganges erschwert. Zudem habe er die verletzte Privatklägerin, ohne für Hilfe zu sorgen, auf der Strasse liegen lassen und auch nicht die Polizei verständigt. Lediglich zufällig habe die Privatklägerin keine gravierenderen Verletzungen davongetragen, weil eine Zeugin genau zu diesem Zeitpunkt vorbeigekommen sei und sich um sie gekümmert habe. Da ein medizinisches Problem für die Kollision auszuschliessen sei, könne der Beschuldigte aus dem „Schockzustand“, in welchem er sich nach der Kollision mit dem Gartenzaun befunden haben wolle, nichts zu seinen Gunsten ableiten. Vielmehr müsse er die Kollision mit der Privatklägerin wahrgenommen haben, da er mit ihr auf der Motorhaube rund 16 Meter weit gefahren sei, bis diese seitlich herunter auf die Strasse gefallen sei. Dass er dies nicht bemerkt haben wolle, sei nach Ausschluss eines medizinischen Problems schlichtweg unglaubhaft und als reine Schutzbehauptung zu werten (angef. Urteil E. 3.3).
b) Die Verteidigung macht im Berufungsverfahren geltend, die Vorinstanz folge der Staatsanwaltschaft und nehme an, dass der Beschuldigte zumindest die vorangehende Kollision mit dem Gartenzaun bemerkt habe und daher mit dem Entfernen von der Unfallstelle, ohne sich sogleich zu vergewissern, was passiert sei, zumindest in Kauf genommen habe, den ihm vorgängig erwähnten Pflichten bei einem Unfall nicht nachgekommen zu sein. Die Vorinstanz übernehme diese Argumentation ohne Prüfung der tatsächlichen subjektiven Tatbestandsmerkmale der Führerflucht bezogen auf Wissen und Willen. Die staatsanwaltschaftliche Begründung zum subjektiven Tatbestand betreffe jedoch bei näherer Betrachtung den objektiven Tatbestand, wonach der Fahrzeuglenker wisse, dass ein Unfallbeteiligter eine Körperverletzung erlitten habe, zumindest eine solche hätte bemerken müssen. Weiter rügt die Verteidigung die fehlende Abgrenzung von Eventualvorsatz zur unbewussten, allenfalls bewussten Fahrlässigkeit, was die vertiefte Würdigung der Aussagen des Beschuldigten erfordert hätte. Ein Unfall wie der vorliegende sei geeignet, beim Automobilisten einen dem Schock ähnlichen Zustand auszulösen, was anhand dieser Aussagen auch in vorliegendem Fall nachvollziehbar abgeleitet werden könne und zu einem Verhalten geführt habe, das bei entsprechender Sorgfalt und Vorsicht hätte vermieden werden können, ohne dass ein vorsätzliches Handeln vorliege.
c) Mit seiner Argumentation setzt sich der Beschuldigte nicht mit der eigentlichen Begründung der Vorinstanz auseinander, welche seine Behauptung des Eintretens eines schockähnlichen Zustandes in der Überzeugung als Schutzbehauptung wertete, er müsse bemerkt haben, dass er nach der Kollision mit der Privatklägerin auf der Motorhaube 16 m weit gefahren sei. Letzteres ist eine unbestrittene und angeklagte Tatsache und mit der tatsächlichen Annahme, dass der Beschuldigte diese Tatsache bemerkte, verwarf die Vorinstanz das Tatsachenfundament für die Eventualanklage auf Fahrlässigkeit, nämlich dass der Beschuldigte nur aus pflichtwidriger Unaufmerksamkeit der irrigen Annahme war, niemanden verletzt zu haben. Verlangt das Gesetz, dass das Rechtsmittel begründet wird, so hat die das Rechtsmittel ergreifende Person genau anzugeben, welche Gründe einen anderen Entscheid nahelegen (Art. 385 Abs. 1 lit. b StPO). Da sich der Beschuldigte im Berufungsverfahren freiwillig mit der massgeblichen Begründung des Vorsatzes durch die Vorinstanz nicht auseinandersetzt, namentlich nicht geltend macht, es sei unzulässig, von der Tatsache der Privatklägerin auf der Motorhaube darauf zu schliessen, dass er die Kollision mit einer Person bemerkt und folgedessen bei der Weiterfahrt die Möglichkeit einer Personenverletzung in Kauf genommen haben musste, ist auf seine Berufung im Schuldpunkt betreffend vorsätzlicher Tatbegehung mangels Begründung nicht einzutreten (Art. 385 Abs. 2 StPO; vgl. etwa BGer 6B_1162/2016 vom 27. April 2017 E. 2.3). Selbst wenn sich im Langzeitgedächtnis des Beschuldigten die Überraschung über die Privatklägerin auf der Motorhaube nicht verfestigt haben sollte, wäre die Auffassung der Vorinstanz nicht widerlegt, dass sein Verhalten nach der Kollision mit dem Gartenzaun nicht durch einen Schock beeinflusst war. Will sich der damals kerngesunde (U-act. 8.1.04 Nr. 15 ff.) Beschuldigte nicht an die eigentliche Unfallursache erinnern können (U-act. 10.1.01 Rz 106 ff.), liegt vielmehr auch eine Verdrängung dessen nahe, was ihm damals die Möglichkeit einer (noch fahrlässigen) Verletzung der Privatklägerin derart ernsthaft aufdrängen musste, dass seine Weiterfahrt auf seinen (vorübergehenden) Willen schliessen lässt, vor den Konsequenzen der fahrlässigen Unfallverursachung zu flüchten. Damit ist zumindest Eventualvorsatz im Sinne von Art. 12 Abs. 2 Satz 2 StGB gegeben.
3. Die Vorinstanz hielt eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen insgesamt für schuldangemessen. Die Anzahl Tagessätze reduzierte sie um 20 % zu Gunsten einer unbestritten das Bussenmaximum von Art. 106 Abs. 1 StGB überschreitende Verbindungsbusse von Fr. 16‘560.00 (36 x Fr. 460.00) auf 144. Für den Fall der Bestätigung der vorsätzlichen Führerflucht beantragt der Beschuldigte eine niedrigere Bestrafung mit einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen à Fr. 460.00 und einer Busse von Fr. 8‘280.00. Zutreffend kritisiert er, dass das angefochtene Urteil die Begründungsanforderungen bei der Strafzumessung nicht erfüllt (Art. 50 StGB), nimmt es doch keinen Bezug auf Art. 49 StGB. Ein unheilbarer gravierender Verfahrensfehler im Sinne von Art. 409 Abs. 1 StPO liegt darin aber nicht (siehe auch BGer 6B_843/2016 vom 10. August 2016 E. 3.2). Daran ändert angesichts der Anträge des Beschuldigten in vorliegendem Fall auch der Umstand nichts, dass die vorinstanzliche Strafe in nicht unerheblichem Ausmass über den Antrag der Staatsanwaltschaft, welche eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen und eine Busse von Fr. 10‘000.00 verlangte, hinausgeht. Dies umso weniger als die Staatsanwaltschaft nunmehr mit ihrer Berufung eine Bestrafung mit den höchstzulässigen 180 Tagessätzen Geldstrafe (Art. 34 Abs. 1 StGB) und Busse von Fr. 10‘000.00 (Art. 106 Abs. 1 StGB) verlangt.
Es ist nicht klar, ob die Vorinstanz die mit gleichartigen Strafen bedrohte fahrlässige Körperverletzung oder die vorsätzliche Führerflucht als schwerer im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB erachtete. Die Staatsanwaltschaft geht erstinstanzlich mit Zustimmung des Beschuldigten im Berufungsverfahren von einer Einsatzstrafe von 80 Tagen für die schwerwiegendere Führerflucht aus. Angesichts des im Berufungsverfahren bestätigten Vorsatzes ist diese Vorgehensweise begründet. Dass die Vorinstanz bei beiden Taten die Rechtsgutsverletzung unter der unbestrittenen und zutreffenden Prämisse, dass für den vorstrafenlosen Beschuldigten keine Freiheitsstrafe zur Diskussion steht, als schwer und sein diesbezügliches Verschulden als erheblich erachtete, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Weil der Beschuldigte - was die Vorinstanz zu Gunsten des Beschuldigten unberücksichtigt liess - kurze Zeit später zur Unfallstelle zurückkehrte und mithin ihm abgesehen vom Eventualvorsatz zugute zu halten ist, dass er die Sache doch nicht dem Zufall überlassen wollte, erscheint die von der Staatsanwaltschaft beantragte Einsatzstrafe von 80 Tagen für die Führerflucht angemessen. Nachdem die Vorinstanz rechtskräftig nur knapp auf eine einfache Körperverletzung erkannte, lässt sich auch die von der Staatsanwaltschaft vorgeschlagene Erhöhung der Strafe um 30 Tage unter Berücksichtigung des von der Vorinstanz unerwähnt gelassenen Asperationsprinzips rechtfertigen. Aus nachvollziehbaren Erwägungen relativierte die Vorinstanz die Einsicht und die Strafempfindlichkeit des Beschuldigten (angef. Urteil S. 17), weshalb die Strafe nicht weiter zu reduzieren ist und insgesamt eine Geldstrafe von 110 Tagen gerechtfertigt erscheint. Angesichts des in der Höhe im Berufungsverfahren unbestrittenen Tagessatzes von Fr. 460.00 und des Bussenmaximums ist die Verbindungsbusse für einen unter einem Fünftel liegenden Anteil von 20 Tagen festzusetzen, mithin der Beschuldigte mit einer Geldstrafe von 90 Tagen und einer Verbindungsbusse von Fr. 9‘200.00 zu bestrafen. Ebenfalls unangefochten geblieben ist der Aufschub der Geldstrafe bei einer Probezeit von zwei Jahren. Soweit die Staatsanwaltschaft in ihrer Berufung gestützt auf einen durch die erste öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts getroffenen Entscheids eine Kumulation von Geldstrafe und Verbindungsbusse verlangt, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Entscheid über Strafbefehlskompetenzen nicht einschlägig ist (BGer 1B_103/2019 vom 10. Januar 2020). Dessen staatsanwaltschaftliche Auslegung widerspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 42 Abs. 4 StGB, wonach die Strafkombination nicht zu einer Straferhöhung bzw. zu einer zusätzlichen Strafe führen darf (s. etwa Heimgartner, OFK, 20. A. 2018, Art. 42 StGB N 27 m.H.).
4. Zusammenfassend ist die Berufung des Beschuldigten im Schuldpunkt, soweit auf sie einzutreten ist, abzuweisen und im Übrigen grossenteils gutzuheissen. Die Berufung der Staatsanwaltschaft ist in Bezug auf das verlangte Strafmass nur betreffend die Überschreitung des Bussenmaximums gutzuheissen, was auch der Beschuldigte beantragte. Der Beschuldigte hat mithin ausgangsgemäss die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen und ist entsprechend reduziert zu entschädigen (Art. 428 Abs. 1 und Art. 436 Abs. 2 StPO; §§ 2, 6 und 13 GebTRA);-
erkannt:
1. Die Berufungen werden teilweise gutgeheissen. Dispositivziffer 2 des angefochtenen Urteils wird aufgehoben und stattdessen der Beschuldigte mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 460.00 (total Fr. 41‘400.00) und mit einer Busse von Fr. 9‘200.00 bestraft.
a) Der Vollzug der Geldstrafe wird bei einer Probezeit von 2 Jahren aufgeschoben.
b) Die Busse ist zu bezahlen. Die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhaftem Nichtbezahlen der Busse beträgt 20 Tage.
Im Übrigen wird die Berufung der Staatsanwaltschaft sowie, soweit auf sie einzutreten ist, die Berufung des Beschuldigten abgewiesen und das angefochtene Urteil bestätigt.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 3‘000.00 (inkl. Kosten der Anklagevertretung von total Fr. 600.00) werden zur Hälfte dem Beschuldigten (Fr. 1‘500.00) auferlegt und gehen im Übrigen zu Lasten des Staates.
3. Der Beschuldigte wird für das Berufungsverfahren mit Fr. 1‘500.00 (inkl. Auslagen und MWST) entschädigt. Die Entschädigung wird mit dem Kostenanteil gemäss Ziff. 2 verrechnet (Art. 442 Abs. 4 StPO).
4. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung nach Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht in Lausanne eingereicht werden. Die Beschwerdeschrift muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.
5. Zufertigung an den Verteidiger (2/R), Rechtsanwältin E.________ (2/R), die Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln (1/A), die Oberstaatsanwaltschaft (1/R), die Vorinstanz (1/A) sowie nach definitiver Erledigung an die Vorinstanz (1/R, mit den Akten), das Amt für Justizvollzug (1/R, zum Inkasso und Vollzug), die KOST (mit Formular) und die Kantonsgerichtskasse (1/ü, im Dispositiv).
Namens der Strafkammer
Der Kantonsgerichtspräsident
Der Gerichtsschreiber
Versand
19. Oktober 2020 kau
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