E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Kantonsgericht (SZ)

Zusammenfassung des Urteils BEK 2021 150: Kantonsgericht

Die Beschwerdekammer hat entschieden, dass keine Strafuntersuchung gegen einen Polizisten eingeleitet wird, der angeblich das Amtsgeheimnis verletzt hat. Zwei Privatkläger haben Beschwerde eingereicht, um eine Untersuchung zu fordern. Die Staatsanwaltschaft beantragt, die Beschwerden abzuweisen. Die Beschwerdeführer sind als unmittelbar betroffene Parteien berechtigt, Beschwerde zu führen. Die Beschwerden wurden abgewiesen, und die Kosten des Verfahrens wurden den Beschwerdeführern auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts BEK 2021 150

Kanton:SZ
Fallnummer:BEK 2021 150
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:-
Kantonsgericht Entscheid BEK 2021 150 vom 21.12.2021 (SZ)
Datum:21.12.2021
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Nichtanhandnahme Strafverfahren
Schlagwörter : Beschuldigte; Staatsanwaltschaft; Polizist; Zeugin; Tatsache; Gespräch; Vater; Polizisten; Geheimnis; Beschuldigten; Nichtanhandnahme; Verfahren; Beschwerden; Untersuchung; Vermutung; Opfer; Verfahren; Täter; Verfügung; U-act; Unbekannt; Partner; Gesprächs; Abteilung; Zeugeneinvernahme; Presse; Beziehung; KG-act
Rechtsnorm:Art. 30 StPO ;Art. 320 StGB ;Art. 42 BGG ;Art. 428 StPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:

Entscheid des Kantongerichts BEK 2021 150

BEK 2021 150 - Nichtanhandnahme Strafverfahren
Beschluss vom 21. Dezember 2021
BEK 2021 150 und 151

Mitwirkend
KantonsgerichtsvizePräsidentin lic. iur. Daniela Pürez-Steiner,
Kantonsrichterinnen Clara Betschart und lic. iur. Ilaria Beringer,
Gerichtsschreiber lic. iur. Mathis B?sch.


In Sachen
1. A.__,
Privatkläger und Beschwerdeführer (BEK 2021 150),
vertreten durch Rechtsanwalt B.__,
2. C.__,
Privatklägerin und Beschwerdeführerin (BEK 2021 151),
vertreten durch Rechtsanwältin D.__,

gegen

1. E.__,
Beschuldigter und Beschwerdegegner,
2. Staatsanwaltschaft, 4. Abteilung, Postfach 128, 8832 Wollerau,
StrafverfolgungsBehörde und Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Staatsanwältin F.__,


betreffend
Nichtanhandnahme Strafverfahren
(Beschwerden gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 7. Oktober 2021, SU 2021 8415);-

hat die Beschwerdekammer,

nachdem sich ergeben und in Erwägung:
1. In der Zeugeneinvernahme vom 22. April 2021 nach Anzeigen von C.__ (U-act. 3.1.01) und A.__ (U-act. 3.1.07) gefährten Strafuntersuchung wegen Amtsbzw. Berufsgeheimnisverletzung gegen Unbekannt zum Nachteil der Anzeigeerstatter deponierte H.__ unter anderem folgende Aussagen (U-act. 10.1.02 Rn 68 ff., 78 und 84):
Ehm ja. Ich weiss, dass ich ein Gespräch mit einem Polizisten hatte. Ich ihn angesprochen habe. über das, was man lesen konnte. Er hat es mir bestätigt. Ich dachte nicht, dass es ein Geheimnis ist, was in der Presse steht. (...).
Das war in einem Restaurant in I.__. J.__ heisst es, glaube ich. (...).
Ich habe ihn darauf angesprochen. Wir sassen nebeneinander. Ich hürte, dass er Polizist sei. Ich sprach dann zu ihm. Es sei schon kurrlig. Ich hätte Gehört, dass A.__ der Partner von C.__ sei. In der Presse stehe aber, dass er der Vater sei. Es sei schon komisch. Frau K.__ erzählte, es sei der Partner. Jetzt hüre man, es sei der Vater. Dies sei speziell. Dies ist mir eingefahren. Ich habe es auch nur aus der Presse Gehört.
Sie gab den Namen des Polizisten bekannt (ebd. Rn 80) und auf die Frage, was der Beschuldigte auf ihre Anfrage erwiderte, sagte sie (ebd. Rn 90):
Ja, das dies so ist. Dass dies der Vater ist. Er sagte nicht viel. (...).
Und zum weiteren Verlauf des Gesprächs gab sie an (ebd. Rn 95 ff.):
Ich habe dann von mir aus gesagt, im Sinne von, dann müsse man ja davon ausgehen, dass beides irgendwie gestimmt habe. Also Partner und Vater vom Kind. Also diese beiden Beziehungen. Aber das war meine Vermutung.
Auf die Frage, ob der Beschuldigte darauf etwas gesagt habe, berichtete die Zeugin (ebd. Rn 99 f.):
Ja. Er hat genickt und gesagt, davon kann man ausgehen, dass diese Beziehung so bestehe?. Den ganz genauen Wortlaut kann ich nicht mehr wiedergeben.
Die Staatsanwaltschaft verfügte am 7. Oktober 2021 unter ausDrücklichem Bezug auf den anlässlich der Zeugeneinvernahme bekannt gewordenen Vorfall vom 19. September 2020 in I.__, gegen den beschuldigten Polizisten keine Strafuntersuchung betreffend Verletzung des Amtsgeheimnisses im Sinne von Art. 320 Ziff. 1 StGB durchzuführen, weil nach diversen Medienberichten die Vaterschaft des täters zum Opfer kein Geheimnis und diejenige zu deren Sohn nicht bestätigt worden sei. A.__ am 18. Oktober 2021 (BEK 2021 150) und C.__ am 19. Oktober 2021 (BEK 2021 151) erhoben je rechtzeitig Beschwerde. Sie beantragen, die NichtanhandnahmeVerfügung aufzuheben und gegen den Beschuldigten eine Strafuntersuchung durchzuführen bzw. zu eröffnen. Die Staatsanwaltschaft verlangt vernehmlassend, beide Beschwerden kostenfällig abzuweisen (KG-act. 5 bzw. 3). Die Beschwerdeführerin ersuchte um Vereinigung der beiden Beschwerdeverfahren (BEK 2021 150 KG-act. 4) und nahm in ihrem Verfahren nochmals Stellung (BEK 2021 151 KG-act. 5).
2. Die gegen eine im gleichen Sachverhalt zu Gunsten des beschuldigten Polizisten ergangene NichtanhandnahmeVerfügung gerichteten Beschwerden sind antragsgemäss zu vereinen (Art. 30 StPO). Diese sind zulässig (Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 sowie Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO) und die Voraussetzungen dazu geben abgesehen von der Beschwerdelegitimation zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass. Da Art. 320 StGB neben den Interessen des Staates die Privatsphüre der Beschwerdeführer schätzt (Trechsel/Vest, PK, 4. A. 2021, Art. 320 StGB N 1), sind die Beschwerdeführer grundsätzlich als unmittelbar betroffene Parteien beschwerdelegitimiert (Art. 382 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 lit. b und Art. 115 Abs. 1 bzw. 118 Abs. 1 StPO). Offenzulassen ist, ob dies auch uneingeschränkt im vorliegenden Fall gilt, in welchem eine öffentliche Hauptverhandlung bevorsteht, an welcher die monierten Geheimnisse allgemein zugänglich werden (vgl. dazu noch unten E. 3.c).
3. Nicht beanstandet wird, dass die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, die Tatsache der täterschaft des Vaters des Opfers beim Tütungsversuch in L.__ sei durch die Medien allgemein bekannt gemacht worden und daher weder ein Geheimnis noch eine blosse Vermutung war, welche der Beschuldigte bestätigt hätte. Ebenfalls nicht geltend gemacht wird, dass die Zeugin die Namen von täter und Opfer vom Beschuldigten erfuhr. ?Kurrlig? befand die Zeugin jedoch, dass der täter auch Partner des Opfers und zugleich Vater eines gemeinsamen Kindes sei. Diese zweite Tatsache kommunizierten die Medien nicht, wie die angefochtene Verfügung festhält. Die Staatsanwaltschaft differenziert aber auch den Gehalt des von der Zeugin berichteten Gesprächsinhalts korrekt; denn bezüglich der zweiten Tatsache spricht die Zeugin von einer durch sie in das Gespräch mit dem Beschuldigten eingebrachten eigenen Vermutung. Der Beschuldigte bestätigte diese Vermutung indes nach den Aussagen der Zeugin als seiner Meinung nach möglich und mithin nicht als Tatsache (vgl. auch unten lit. a). Seine diesbezügliche Meinung ist jedoch kein Geheimnis (vgl. Trechsel/Vest, a.a.O., Art. 320 StGB N 4). Zusammenfassend war damit weder die Tatsache eines Kindsverhältnisses zwischen dem Beschwerdeführer und der Beschwerdeführerin geheim noch wurde die Tatsache eines solchen zwischen dem Beschwerdeführer und dem Sohn der Beschwerdeführerin geoffenbart, weshalb keine Amtsgeheimnisverletzung vorliegt. Es kann daher offengelassen werden, ob der Beschuldigte überhaupt in seiner Eigenschaft als Polizist von diesen Tatsachen Kenntnis erhielt. Zu weiteren BeschwerdeEinwänden ist noch Folgendes anzufügen:
a) Bei den angeblich geheimen Ermittlungsergebnissen, mit welchen die Beschwerdeführerin durch K.__ konfrontiert worden sein soll, handelt es sich um andere Lebensvorgänge, die nicht Gegenstand der angefochtenen Verfügung und mithin hier nicht weiter zu behandeln sind. Abgesehen davon verneinte die Zeugin, entsprechende Informationen vom Beschuldigten erhalten zu haben. Mit ihm sprach sie nur darüber, was man lesen könne
(U-act. 10.1.02 Rn 129 ff. bzw. oben E. 1). Sie war der Meinung, dass er ihr nichts erzählte, was ein Geheimnis gewesen wäre bzw. was man nicht schon vorher wusste und das, was er ihr erzählte, sei weder geheim noch eine Bestätigung gewesen (ebd. Rn 147 ff. bzw. 165 ff.). Dass der Beschuldigte während des Gesprächs in I.__ mehr Informationen preisgab, als die Zeugin erinnerlich hatte, ist eine blosse Vermutung, welche keinen hinreichenden Anfangsverdacht begründet, weshalb die angefochtene, fürmlich klar auf den Vorfall in I.__ und inhaltlich auf das Gespräch über die Beziehungen zwischen Opfer und täter beschränkte Nichtanhandnahme nicht zu beanstanden ist. Da insoweit gar kein Verfahren eröffnet wurde, kann auch nicht von einer Abspaltung eines Verfahrens gegen den Beschuldigten von demjenigen, welches gegen Unbekannt eröffnet war, die Rede sein.
b) Die von der Beschwerdeführerin erwähnten Untersuchungshandlungen fanden im Verfahren gegen Unbekannt statt und hindern die Staatsanwaltschaft nicht an der Verfügung, aufgrund des erst in der Zeugeneinvernahme bekannt gewordenen Gesprächs und dessen Inhalts keine Strafuntersuchung gegen den in den Strafanzeigen nicht beschuldigten Polizisten zu eröffnen. Im übrigen steht die NichtEröffnung einer Einvernahme des Polizisten in der
Strafuntersuchung gegen Unbekannt nicht entgegen.
c) Es bleibt darauf hinzuweisen, dass sowohl das Kindsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und der Beschwerdeführerin als auch dasjenige zwischen dem Beschwerdeführer und deren Sohn nicht nur zivilstandsrechtlich erfasst sein sollte, sondern nach erfolgter Anklageerhebung auch anlässlich der bevorstehenden Gerichtsverhandlung allgemein bekannt wird und daher spätestens ab diesem Zeitpunkt nicht mehr geheim ist. Tatsachen, die aber in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung zur Sprache kommen, sind noch nicht offenkundig, ob insofern das Gesetz nicht ?-ffentlichkeit und Geheimhaltung gleichzeitig ?wollen? kann (Trechsel/Vest, a.a.O., Art. 320 StGB N 6), braucht hier nicht weiter erürtert zu werden.
4. Aus diesen Gründen erweisen sich die ungenügend zwischen den verschiedenen Gehalten der Zeugenaussagen differenzierenden Beschwerden als aussichtslos, womit sie in Abweisung der Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren unter Auflage der zufolge Verfahrensvereinigung reduzierten Kosten zu Lasten der Beschwerdeführer (Art. 428 Abs. 1 StPO) abzuweisen sind;-

beschlossen:
1. Die Beschwerden werden abgewiesen.
2. Die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege werden abgewiesen und die Kosten des Beschwerdeverfahrens (Fr. 1500.00) je zur Hälfte (Fr. 750.00) den Beschwerdeführern auferlegt.
3. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung nach Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht in Lausanne eingereicht werden. Die Beschwerdeschrift muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.
4. Zufertigung an die Rechtsvertreter der Beschwerdeführer (je 2/R), den Beschuldigten (1/R, persönlich) und die Staatsanwaltschaft (1/A an die 4. Abteilung und 1/R an die Amtsleitung/zentraler Dienst) sowie nach definitiver Erledigung an die Staatsanwaltschaft (1/R, mit den Akten an die 4. Abteilung) und an die Kantonsgerichtskasse (1/, im Dispositiv).
Namens der Beschwerdekammer
Die KantonsgerichtsvizePräsidentin Der Gerichtsschreiber


Versand
21. Dezember 2021 kau
Quelle: https://gerichte.sz.ch

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.