Zusammenfassung des Urteils ZKBES.2020.126: Zivilkammer
Das Bundesgericht hat in einem Fall über eine Lohnpfändung entschieden und festgestellt, dass auch aussereheliche Kinder zur Familie des Schuldners gehören. Es wurde entschieden, dass Konkubinatsverhältnisse mit Kindern ähnlich wie eheliche Familien behandelt werden sollten. Im konkreten Fall wurden die Unterhaltszahlungen des Beschwerdeführers für seine Ehefrau und die ehelichen Kinder in den gemeinsamen Bedarf mit seiner Konkubinatspartnerin eingerechnet. Das Bundesgericht stellte jedoch fest, dass nur Kosten, die zur gemeinsamen Lebensführung der Konkubinatspartner gehören, in den gemeinsamen Bedarf einbezogen werden sollten. Die Unterhaltsverpflichtungen des Beschwerdeführers aus der Ehe sollten nicht in den gemeinsamen Bedarf einbezogen werden. Es wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht über ausreichende Mittel verfügt, um die Prozesskosten zu bezahlen.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | ZKBES.2020.126 |
Instanz: | Zivilkammer |
Abteilung: |
Datum: | 09.11.2020 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | unentgeltliche Rechtspflege |
Schlagwörter : | Konkubinat; Konkubinatspartner; Überschuss; Kinder; Beschwerdeführers; Konkubinatsverhältnis; Familie; Ermittlung; Urteil; Notbedarf; Unterhaltsbeiträge; Bundesgericht; Notbedarfs; Familienverhältnis; Rechtspflege; Vorderrichter; Unterhaltszahlungen; Berechnung; Bedarfs; Urteile; Mutter; Schuldner; Vater; Grundbetrag; Hausgemeinschaft; Konkubinatspartnerin; Ehefrau |
Rechtsnorm: | Art. 93 KG ; |
Referenz BGE: | 106 III 11; 142 III 36; |
Kommentar: | Sutter-Somm, Freiburghaus, Hasenböhler, Leuenberger, Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Art. 326 ZPO, 2016 |
4. Im vorliegenden Fall rechnete der Vorderrichter zusätzlich die Unterhaltszahlungen des Beschwerdeführers für seine Ehefrau und die beiden ehelichen Kinder in den gemeinsamen Bedarf der Konkubinatspartner ein. Die Antwort darauf, ob dies sachgerecht ist, lässt sich aus dem vom Beschwerdeführer angerufenen BGE 142 III 36 ableiten. Dem angefochtenen Entscheid des Obergerichts Zürich, der sich auf die oben zitierten Urteile stützte, hielt das Bundesgericht entgegen, bei jener Rechtsprechung gehe es nicht um die Frage, ob der ein Konkubinatspartner rechtlich verpflichtet sei, den anderen zu unterstützen, sondern allein um die Berücksichtigung der Tatsache, dass die Kosten der gemeinsamen Lebensführung normalerweise auch im Konkubinat anteilsmässig getragen würden. Jene Rechtsprechung beziehe sich auf die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums bei einem Konkubinatsverhältnis. Die Pflicht, dem anderen in Rechtsstreitigkeiten durch Leistung von Prozesskostenvorschüssen beizustehen, sei eherechtlicher Natur und könne nur den Ehegatten treffen, nicht den Konkubinatspartner. Für Konkubinatspartner bestünden grundsätzlich keine solchen Verpflichtungen, auch nicht im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Rechtspflege. Die Tatsache des gemeinsamen Haushaltes könne bei der Berechnung der Bedürftigkeit des prozessführenden Konkubinatspartners berücksichtigt werden. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass nur Kosten, die zur gemeinsamen Lebensführung der Konkubinatspartner gehören, in den gemeinsamen Bedarf einzubeziehen sind. Das ist bei Unterhaltszahlungen an die Ehefrau und die ehelichen Kinder des Konkubinatspartners nicht der Fall. Die Verpflichtungen des Beschwerdeführers aus der noch bestehenden Ehe und seinen ehelichen Kindern gehören nicht zu den gemeinsamen Kosten des neu eingegangenen Konkubinatsverhältnisses. Dafür, dass der Konkubinatspartner diese Kosten anteilmässig mittragen muss, besteht keine gesetzliche Grundlage. Eine solche Beistandspflicht besteht nur zwischen Ehegatten.
5. Die ehelichen Unterhaltsverpflichtungen des Beschwerdeführers sind somit nicht in den gemeinsamen Bedarf mit seiner Konkubinatspartnerin einzubeziehen. Im Übrigen aber ist es sachgerecht, auf den gemeinsamen Bedarf abzustellen und das Konkubinatsverhältnis, aus dem ein Kind hervorgegangen ist, bei der Ermittlung des Bedarfs gleich zu behandeln wie ein eheliches Familienverhältnis. Werden die Unterhaltsverpflichtungen des Beschwerdeführers bei der Ermittlung des gemeinsamen Bedarfs ausgeklammert, müssen diese aus einem (allfälligen) Überschuss geleistet werden, und zwar aus dem Anteil des Beschwerdeführers an diesem gemeinsamen Überschuss. Der Amtsgerichtspräsident hat verfügbare Mittel von CHF 12'939.75 ermittelt. Ohne die Unterhaltszahlungen des Beschwerdeführers hat der Vorderrichter einen Bedarf von CHF 8'259.00 berechnet (gemeinsamer Bedarf CHF 11'879.30 minus Unterhaltsbeiträge CHF 3'620.30). Daraus ergibt sich ein Überschuss von CHF 4'681.00. Dieser Überschuss ist nach Prozenten der Einkommen der beiden Konkubinatspartner zu teilen und nicht etwa nach grossen und kleinen Köpfen, wie dies der Beschwerdeführer verlangt. Es kann nicht zuerst ein Teil des Überschusses dem Kind zugeteilt und erst nachher über die Bedürftigkeit des Gesuchstellers entschieden werden. Zudem könnte ein solches Vorgehen zur Folge haben, dass zwar das Kind aus dem Konkubinatsverhältnis am Überschuss partizipiert, aber dem Unterhaltsverpflichteten kein genügender Anteil am Überschuss verbleibt, welcher zur Bezahlung der Unterhaltsbeiträge aus dem Eheschutzurteil ausreicht. Genau dies ist vorliegend der Fall. Nach Prozenten des Einkommens der Konkubinatspartner ermittelt beläuft sich der Überschuss des Beschwerdeführers auf CHF 2'870.40 (61,32 % von CHF 4'681.00). Mit diesem Überschuss ist der Beschwerdeführer wie bereits erwähnt rechnerisch nicht einmal in der Lage, die Unterhaltsbeiträge nach dem Eheschutzurteil zu finanzieren. Anzufügen ist, dass es hier allein um die Prüfung der Voraussetzungen für die unentgeltliche Rechtspflege geht und nicht um eine Festsetzung von Unterhaltsbeiträgen, bei welcher alle Kinder gleich zu behandeln sind. Der Beschwerdeführer verfügt somit entgegen der Schlussfolgerung des Vorderrichters nicht über einen Überschuss, der es ihm erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich die Prüfung der weiteren Rügen, die der Beschwerdeführer gegen die Berechnung seines Bedarfs erhebt.
Zivilkammer, Urteil vom 9. November 2020 (ZKBES.2020.126)
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