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Urteil Versicherungsgericht (SO)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:VSBES.2016.177
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:-
Versicherungsgericht Entscheid VSBES.2016.177 vom 10.12.2019 (SO)
Datum:10.12.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Invalidenrente und berufliche Massnahmen
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführer; Explorand; IV-Nr; Arbeit; Beschwerdegegnerin; Untersuchung; Abklärung; Leistung; Behandlung; Exploranden; Cannabis; Medizinisch; Massnahme; Medizinische; Recht; Massnahmen; Gericht; Gutachten; Psychiatrisch; Müsse; Störung; Verhalten; Diagnose; Berufliche; Psychiatrische; Sozial; Akten; Verfügung; Beschwerdeführers
Rechtsnorm: Art. 16 ATSG ; Art. 21 ATSG ; Art. 43 ATSG ; Art. 44 ATSG ; Art. 6 ATSG ; Art. 7 ATSG ; Art. 8 ATSG ;
Referenz BGE:115 V 62; 117 V 261; 122 V 47; 125 V 193; 125 V 351; 126 V 353; 132 V 215; 134 I 140; 135 V 465; 139 V 496; 141 V 281; 143 V 269; 143 V 418; 145 V 215;
Kommentar zugewiesen:
Ueli Kieser, Kommentar zum ATSG, 2015
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Urteil vom 10. Dezember 2019

Es wirken mit:

Präsident Flückiger

Oberrichter Marti

Oberrichter von Felten

Gerichtsschreiber Häfliger

In Sachen

A.___ vertreten durch Rechtsanwalt Claude Wyssmann

Beschwerdeführer

gegen

IV-Stelle Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil,

Beschwerdegegnerin

betreffend Invalidenrente und berufliche Massnahmen (Verfügung vom 18. Mai 2016)


zieht das Versicherungsgericht in Erwägung:

I.

1. Am 19. November 1993 meldeten die Eltern des 1991 geborenen A.___ (nachfolgend Beschwerdeführer) ihren Sohn bei der IV-Stelle des Kantons Solothurn (nachfolgend Beschwerdegegnerin) zum Bezug von IV-Leistungen für Minderjährige an (IV-Stelle Beleg [IV-]Nr. 1.8). In der Folge wurden dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den Geburtsgebrechen Nr. 279, 303, 395 und 404 Leistungen zugesprochen (IV-Nr. 1.9).

2.

2.1 Nach einer Anmeldung durch das Kinderheim [...] (IV-Nr. 13) sprach die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer am 25. November 2005 Leistungen in Form von Berufsberatung und Abklärung der Eingliederungsmöglichkeiten zu (IV-Nr. 16).

2.2 Am 27. Juli 2007 teilte die Beschwerdegegnerin der Mutter des Beschwerdeführers mit, dass sie die Kosten für ein Vorbereitungsjahr auf die erstmalige berufliche Ausbildung zum Elektronikmitarbeiter in der Genossenschaft B.___, [...], übernehme (IV-Nr. 43). Im Anschluss daran wurde dem Beschwerdeführer eine erstmalige berufliche Ausbildung (Dauer vom 6. August 2008 bis 5. August 2010) zum Elektronikbaugruppenmonteur (BBT-Anlehre), ebenfalls in der Genossenschaft B.___, zugesprochen (Mitteilung vom 29. Juli 2008, IV-Nr. 54; vgl. Lehrvertrag, IV-Nr. 65). Der Beschwerdeführer schloss die BBT-Anlehre im August 2010 erfolgreich ab (vgl. Schlussbericht, IV-Nr. 88). Anschliessend übernahm die Beschwerdegegnerin die Kosten für eine Verlängerung der erstmaligen beruflichen Ausbildung im Rahmen eines Praktikums bei der C.___ in [...], das unter der Ägide der Invalidenversicherung bis Ende Juli 2011 dauerte (Mitteilung vom 19. August 2010, IV-Nr. 93, 100, 106; anschliessend kam es noch zu einer Verlängerung ausserhalb der IV). Schliesslich wurden die Eingliederungsmassnahmen abgeschlossen (Abschlussbericht vom 15. Juni 2012, IV-Nr. 117).

2.3 Parallel zu den beruflichen Massnahmen erfolgten Kostengutsprachen für ambulante Psychotherapie vom 1. Januar 2007 bis 30. November 2011 (IV-Nr. 49, 58, 82; vgl. IV-Nr. 96 S. 2 f.).

3.

3.1 Am 8. Mai 2012 meldete die damalige Beiständin den Beschwerdeführer zum Bezug einer Rente an (IV-Nr. 116). Die Beschwerdegegnerin holte daraufhin Berichte von Dr. med. D.___, Facharzt für Allgemeine Medizin FMH, [...], vom 6. August 2012 (IV-Nr. 118) und von Dr. med. E.___, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, [...], vom 13. August 2012 (IV-Nr. 119) ein. Weiter zog sie Akten des kinderund jugendpsychiatrischen Dienstes der F.___ bei (IV-Nr. 123). Med. pract. G.___, Praktische Ärztin FMH, vom Regionalen Ärztlichen Dienst der Invalidenversicherung (RAD) veranlasste daraufhin eine IV-interne Begutachtung mit Untersuchungen durch Dr. phil. H.___, Fachpsychologe für Neuropsychologie FSP (Bericht vom 20. Februar 2013, IV-Nr. 134) und durch Dr. med. I.___, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie FMH (Bericht vom 4. März 2013, IV-Nr. 135), beide vom RAD.

3.2 Der Beschwerdeführer liess am 24. April 2013 durch seine Beiständin beantragen, ihm sei eine Rente zu gewähren, die in ein bis zwei Jahren zu überprüfen sei, und zudem sei Kostengutsprache für eine psychologische Betreuung zu leisten (IV-Nr. 139). Nachdem Drogenurintests positiv auf Cannabinoide ausgefallen waren (vgl. IV-Nr. 144, 150, 159, 170, 180), wurde eine ambulante Behandlung im psychiatrischen Ambulatorium [...] der F.___ eingeleitet, die im Januar 2014 begann (vgl. IV-Nr. 157). Nach einer interdisziplinären Besprechung vom 18. August 2014 (IV-Nr. 182) forderte die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22. August 2014 (IV-Nr. 164) zur Mitwirkung bei bestimmten medizinischen und pädagogischen Massnahmen auf und drohte ihm an, andernfalls Leistungen zu verweigern.

3.3 Dr. med. J.___, Oberärztin, und M. Sc. K.___, Psychologe, vom psychiatrischen Ambulatorium der F.___ berichteten am 23. Februar 2015 über den Verlauf der Behandlung (IV-Nr. 178). Nachdem einige Urinproben negativ ausgefallen waren (vgl. IV-Nr. 184, 189, 191), kam es in der Folge wieder zu positiven Proben (IV-Nr. 194, 195). Am 5. November 2015 erstatteten die psychiatrischen Dienste der F.___ einen durch den Psychologen K.___ veranlassten Abklärungsbericht betreffend Früherkennung von Psychosen (IV-Nr. 200). Am 26. November 2015 hielt die RAD-Ärztin med. pract. G.___ fest, aus versicherungsmedizinischer Sicht bestehe aktuell kein invalidisierender Gesundheitsschaden (IV-Nr. 199).

4.

4.1 Mit Vorbescheid vom 10. Dezember 2015 stellte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer in Aussicht, sie werde einen Anspruch auf weitere berufliche Eingliederungsmassnahmen sowie eine Invalidenrente verneinen (IV-Nr. 204). Dagegen liess der Beschwerdeführer am 29. Januar bzw. 3. März 2016 Einwände erheben (IV-Nr. 211).

4.2 Mit Verfügung vom 18. Mai 2016 verneinte die Beschwerdegegnerin einen Anspruch des Beschwerdeführers auf weitere berufliche Massnahmen und auf eine Invalidenrente (IV-Nr. 213; Aktenseiten [A.S.] 1 ff.).

5. Gegen diese Verfügung lässt der Beschwerdeführer am 22. Juni 2016 Beschwerde beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn erheben. Er stellt und begründet folgende Rechtsbegehren (A.S. 4 ff.):

1.    Die Verfügung der IV-Stelle Solothurn vom 18. Mai 2016 sei vollumfänglich aufzuheben.

2.   a) Es seien dem Beschwerdeführer die gesetzlichen Leistungen nach Massgabe einer Erwerbsunfähigkeit von 100 % zzgl. einem Verzugszins zu 5 % ab wann rechtens auszurichten.

b) Eventualiter: Es seien weitere medizinische Abklärungen anzuordnen

3.    Dem unterzeichneten Rechtsanwalt seien aufgrund kurzfristiger Mandatierung und Aktenbesitz eine Frist bis 9. August 2016 zur Ergänzung der Beschwerdebegründung anzusetzen.

4.    Das vorliegende Beschwerdeverfahren sei bis zum Vorliegen des fachärztlich-psychiatrischen Gutachtens von Dr. med. L.___ Mitte/Ende Juli 2016 zu sistieren.

5.    Es sei eine öffentliche Gerichtsverhandlung nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK mit Publikumsund Presseanwesenheit einzuberufen und durchzuführen.

6.    Dem Beschwerdeführer sei die volle unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung unter gleichzeitiger Einsetzung des unterzeichneten Rechtsanwalts als unentgeltlicher Rechtsbeistand zu gewähren.

7.    Der Beschwerdeführer sei von der Leistung eines Gerichtskostenvorschusses zu befreien.

8.    Unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Beschwerdegegnerin.

6. Mit prozessleitender Verfügung vom 7. Juli 2016 wird das Gesuch des Beschwerdeführers, das Verfahren sei bis zum Vorliegen des Gutachtens von Dr. med. L.___ sistieren, abgewiesen (A.S. 15).

7. Die Beschwerdegegnerin verzichtet auf das Einreichen einer Beschwerdeantwort und beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen (Schreiben vom 19. September 2016, A.S. 32).

8. Mit Verfügung vom 21. September 2016 wird dem Beschwerdeführer ab Prozessbeginn die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt, und Rechtsanwalt Claude Wyssmann wird als unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt (A.S 33).

9. Am 4. Oktober 2016 lässt der Beschwerdeführer ein von ihm eingeholtes Privatgutachten von Dr. med. L.___, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 15. August 2016 und deren Honorarrechnung vom gleichen Datum einreichen, verbunden mit dem Antrag, die Kosten des Gutachtens von CHF 6'000.00 seien der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen. Ferner gibt sein Vertreter seine Kostennote zu den Akten (A.S. 35 ff.).

10. Die Beschwerdegegnerin reicht am 26. Oktober 2016 im Sinne einer Stellungnahme zur Eingabe des Beschwerdeführers vom 4. Oktober 2016 eine Aktennotiz von med. pract. G.___, RAD, vom 24. Oktober 2016 ein (A.S. 43 ff.).

11.

11.1 Mit Verfügung des Instruktionsrichters vom 6. Juli 2018 wird den Parteien die Einholung eines Gerichtsgutachtens angekündigt. Gleichzeitig wird ihnen mitgeteilt, es sei vorgesehen, mit der Begutachtung Dr. med. M.___, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, [...], und Dr. med. N.___, Facharzt für Neurologie FMH, [...], zu beauftragen, und es werde erwogen, den Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens in zeitlicher Hinsicht bis zur Begutachtung auszudehnen (A.S. 47 ff.).

11.2 Der Beschwerdeführer lässt am 20. Juli 2018 mitteilen, er sei mit der Ausdehnung des Streitgegenstands einverstanden (A.S. 56). Die Beschwerdegegnerin beantragt am 19. Juli 2018 (Posteingang: 23. Juli 2018) zur Hauptsache, vom Einholen eines gerichtlichen Gutachtens wie auch vom Ausdehnen des Streitgegenstands sei abzusehen; eventuell sei die Begutachtung auf wenige konkrete Fragen zu beschränken. Die Beschwerde sei abzuweisen (A.S. 57 f.). Mit Verfügung vom 23. Juli 2018 hält der Präsident des Versicherungsgerichts an der Verfügung vom 6. Juli 2018 (Anordnung Gerichtsgutachten) fest (A.S. 59).

11.3 Dr. med. M.___ und Dr. med. N.___ erstatten das gerichtlich angeordnete Gutachten am 30. August 2018 (A.S. 65 ff.). Die Parteien äussern sich dazu am 22. Oktober 2018 (Beschwerdegegnerin; A.S. 124) respektive am 2. November 2018 (Beschwerdeführer; A.S. 127 f.).

12. Am 16. Januar 2019 reicht der Vertreter des Beschwerdeführers seine ergänzte Kostennote ein (A.S. 132).

Auf die Ausführungen der Parteien in ihren Rechtschriften wird im Folgenden, soweit erforderlich, eingegangen. Im Übrigen wird auf die Akten verwiesen.

II.

1.

1.1 Die Sachurteilsvoraussetzungen (zulässiges Anfechtungsobjekt, Einhaltung von Frist und Form, örtliche, sachliche und funktionelle Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, Legitimation) sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

1.2 In zeitlicher Hinsicht sind vorbehältlich besonderer übergangsrechtlicher Regelungen grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgeblich, die bei der Erfüllung des rechtlich zu ordnenden oder zu Rechtsfolgen führenden Tatbestands Geltung haben (BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220). Weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falls grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung hier 18. Mai 2016 eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 362 E. 1b S. 366), sind für die Prüfung eines allfälligen Rentenanspruchs im Rahmen der Anmeldung vom 8. Mai 2012 (IV-Nr. 116) die ab 1. Januar 2012 geltenden materiell-rechtlichen Bestimmungen anwendbar.

1.3 Mit der Instruktionsverfügung vom 6. Juli 2018 ist den Parteien mitgeteilt worden, es werde erwogen, den Streitgegenstand bis zur Begutachtung auszudehnen (vgl. E. I. 11.1 hiervor). In der Folge ist diese Frage wie die Beschwerdegegnerin in ihrer Eingabe vom 22. Oktober 2018 (A.S. 124) zu Recht festhält durch das Gericht nicht mehr thematisiert worden. Da die Angelegenheit, wie sich zeigen wird, an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen werden muss, kann auf eine formelle Ausdehnung des Streitgegenstands verzichtet werden.

2.

2.1 Invalidität ist die voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG]; SR 830.1). Sie kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein. Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat (Art. 4 Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG]; SR 831.20). Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 7 Abs. 1 ATSG). Für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit sind ausschliesslich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt zudem nur vor, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist (Art. 7 Abs. 2 ATSG).

2.2 Anspruch auf eine Rente haben gemäss Art. 28 Abs. 1 IVG Versicherte, die ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können (lit. a), und die zusätzlich während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 % arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG) gewesen und nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 % invalid (Art. 8 ATSG) sind (lit. b und c). Gemäss Art. 28 Abs. 2 IVG besteht der Anspruch auf eine ganze Rente, wenn die versicherte Person mindestens 70 %, derjenige auf eine Dreiviertelsrente, wenn sie mindestens 60 % invalid ist. Bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 50 % besteht Anspruch auf eine halbe Rente und bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 % ein solcher auf eine Viertelsrente. Der Rentenanspruch entsteht frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Artikel 29 Absatz 1 ATSG, jedoch frühestens im Monat, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt (Art. 29 Abs. 1 IVG).

2.3 Zur Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (Valideneinkommen, Art. 16 ATSG).

2.4 Die versicherte Person muss an allen zumutbaren Massnahmen, die zur Erhaltung des bestehenden Arbeitsplatzes oder zu ihrer Eingliederung ins Erwerbsleben oder in einen dem Erwerbsleben gleichgestellten Aufgabenbereich (Aufgabenbereich) dienen, aktiv teilnehmen (Art. 7 Abs. 2 IVG). Entzieht oder widersetzt sich eine versicherte Person einer zumutbaren Behandlung oder Eingliederung ins Erwerbsleben, die eine wesentliche Verbesserung der Erwerbsfähigkeit oder eine neue Erwerbsmöglichkeit verspricht, oder trägt sie nicht aus eigenem Antrieb das ihr Zumutbare dazu bei, so können ihr die Leistungen vorübergehend oder dauernd gekürzt oder verweigert werden. Sie muss vorher schriftlich gemahnt und auf die Rechtsfolgen hingewiesen werden; ihr ist eine angemessene Bedenkzeit einzuräumen. Behandlungsoder Eingliederungsmassnahmen, die eine Gefahr für Leben und Gesundheit darstellen, sind nicht zumutbar (Art. 21 Abs. 4 ATSG). Kommen die versicherte Person oder andere Personen, die Leistungen beanspruchen, den Auskunftsoder Mitwirkungspflichten in unentschuldbarer Weise nicht nach, so kann der Versicherungsträger aufgrund der Akten verfügen oder die Erhebungen einstellen und Nichteintreten beschliessen. Er muss diese Personen vorher schriftlich mahnen und auf die Rechtsfolgen hinweisen; ihnen ist eine angemessene Bedenkzeit einzuräumen (vgl. Art. 43 Abs. 3 ATSG).

2.5

2.5.1 Nach der mit Urteil vom 30. November 2017 begründeten Rechtsprechung ist grundsätzlich auf sämtliche psychischen Erkrankungen das sog. strukturierte Beweisverfahren gemäss BGE 141 V 281 anzuwenden (BGE 143 V 418 E. 7.2 S. 429 sowie 143 V 409 E. 4.5.2 S. 416 f.). Die Frage, ob ein psychisches Leiden zu einer ganzen oder teilweisen Arbeitsunfähigkeit führt, beurteilt sich nach einem strukturierten, normativen Prüfungsraster. Anhand eines Katalogs von Indikatoren, die sich auf den funktionellen Schweregrad des Leidens und die Konsistenz des Verhaltens beziehen, erfolgt eine ergebnisoffene symmetrische Beurteilung des unter Berücksichtigung leistungshindernder äusserer Belastungsfaktoren einerseits und Kompensationspotentialen (Ressourcen) andererseits tatsächlich erreichbaren Leistungsvermögens (BGE 141 V 281 E. 3.6 S. 294 f. und E. 4.1.3 S. 297).

2.5.2 Mit Urteil vom 11. Juli 2019 (BGE 145 V 215) hat das Bundesgericht seine Rechtsprechung zu primären Abhängigkeitssyndromen bzw. Substanzkonsumstörungen geändert. Fortan ist gleich wie bei allen psychischen Erkrankungen nach dem strukturierten Beweisverfahren zu ermitteln, ob und gegebenenfalls inwieweit sich ein fachärztlich diagnostiziertes Abhängigkeitssyndrom im Einzelfall auf die Arbeitsfähigkeit der versicherten Person auswirkt. Aus Gründen der Verhältnismässigkeit kann immerhin dort von einem strukturierten Beweisverfahren abgesehen werden, wo es nicht nötig oder geeignet ist. Es bleibt daher etwa dann entbehrlich, wenn für eine länger dauernde (Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG) Arbeitsunfähigkeit nach bestehender Aktenlage keine Hinweise bestehen oder eine solche im Rahmen beweiswertiger fachärztlicher Berichte in nachvollziehbar begründeter Weise verneint wird und allfälligen gegenteiligen Einschätzungen mangels fachärztlicher Qualifikation oder aus anderen Gründen kein Beweiswert beigemessen werden kann (BGE 145 V 215 E. 7 S. 228).

3.

3.1 Im Sozialversicherungsverfahren gilt der Untersuchungsgrundsatz, d.h. die Verwaltung resp. das Gericht haben von sich aus für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts zu sorgen (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG). Diese Untersuchungspflicht dauert so lange, bis über die für die Beurteilung des streitigen Anspruchs erforderlichen Tatsachen hinreichende Klarheit besteht. Der Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt, sondern wird durch die Mitwirkungspflichten des Versicherten relativiert (BGE 125 V 193 E. 2 S. 195, 122 V 157 E. 1a S. 158). Ein Teilgehalt der Mitwirkungspflicht besteht in der Teilnahme am Beweisverfahren (Ueli Kieser in: Kommentar zum ATSG, 3. Aufl., Zürich 2015, Art. 43 N 86). Der Untersuchungsgrundsatz schliesst die Beweislast im Sinne einer Beweisführungslast begriffsnotwendig aus. Die Parteien tragen mithin im Sozialversicherungsverfahren in der Regel eine Beweislast nur insofern, als im Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte. Diese Beweisregel greift allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes auf dem Wege der Beweiserhebung einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen (BGE 117 V 261 E. 3b S. 264).

3.2 Führen die von Amtes wegen vorzunehmenden Abklärungen die Verwaltung oder das Gericht bei pflichtgemässer Beweiswürdigung zur Überzeugung, ein bestimmter Sachverhalt sei als überwiegend wahrscheinlich zu betrachten und es könnten weitere Beweismassnahmen an diesem feststehenden Ergebnis nichts mehr ändern, so ist auf die Abnahme weiterer Beweise zu verzichten. Gleiches gilt, wenn der Sachverhalt, den eine Partei beweisen will, nicht rechtserheblich erscheint (BGE 126 V 353 E. 5b S. 360, 125 V 193 E. 2 S. 195, 122 V 157 E. 1d S. 162). In einer solchen antizipierten Beweiswürdigung liegt kein Verstoss gegen das verfassungsmässig gewährleistete rechtliche Gehör (BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148, 124 V 90 E. 4b S. 94). Bleiben jedoch erhebliche Zweifel an der Vollständigkeit und / oder Richtigkeit der bisher getroffenen Tatsachenfeststellung bestehen, ist weiter zu ermitteln, soweit von zusätzlichen Abklärungsmassnahmen noch neue wesentliche Erkenntnisse zu erwarten sind (Urteil des Bundesgerichts 9C_407/2015 vom 22. April 2016 E. 3.1).

3.3 Der im Sozialversicherungsrecht massgebende Beweisgrad ist derjenige der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 117 V 194 f. E. 3.b). Weiter gilt für das gesamte Verwaltungsund gerichtliche Beschwerdeverfahren der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Der Sozialversicherungsrichter hat alle Beweismittel, unabhängig davon, von wem sie stammen, objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden, ob die verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Rechtsanspruches gestatten; insbesondere darf er bei einander widersprechenden medizinischen Berichten den Prozess nicht erledigen, ohne das gesamte Beweismaterial zu würdigen und die Gründe anzugeben, warum er auf die eine und nicht auf die andere medizinische These abstellt. Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes ist entscheidend, ob der Bericht für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten d.h. der Anamnese abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und in seinen Schlussfolgerungen begründet ist. Ausschlaggebend für den Beweiswert ist grundsätzlich somit weder die Herkunft eines Beweismittels noch die Bezeichnung der eingereichten resp. in Auftrag gegebenen Stellungnahme als Bericht oder Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352; 122 V 157 E. 1c S. 160).

3.4 Von einem Gerichtsgutachten darf nur bei zwingenden Gründen abgewichen werden (BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 469). Ein solcher Grund kann vorliegen, wenn das Gerichtsgutachten widersprüchlich ist oder ein vom Gericht eingeholtes Obergutachten in überzeugender Weise zu anderen Schlussfolgerungen gelangt. Eine divergierende Beurteilung kann ferner gerechtfertigt sein, wenn gegensätzliche Meinungsäusserungen anderer Fachexperten dem Gericht als triftig genug erscheinen, die Schlüssigkeit des Gerichtsgutachtens in Frage zu stellen, sei es, dass es die Überprüfung durch einen Oberexperten für angezeigt hält, sei es, dass es ohne Oberexpertise vom Ergebnis des Gerichtsgutachtens abweichende Schlussfolgerungen zieht (BGE 125 V 351 E. 3b/aa S. 352 f.; Urteil des Bundesgerichts 9C_429/2017 vom 30. August 2017 E. 3.1.3).

3.5 Auch ein Parteigutachten enthält Äusserungen eines Sachverständigen, die zur Feststellung eines medizinischen Sachverhalts beweismässig beitragen können. Daraus folgt indessen nicht, dass ein solches Gutachten den gleichen Rang wie ein vom Versicherungsträger nach dem vorgegebenen Verfahrensrecht eingeholtes Gutachten besitzt. Es verpflichtet indessen wie jede substantiiert vorgetragene Einwendung gegen ein solches Gutachten den Richter, den von der Rechtsprechung aufgestellten Richtlinien für die Beweiswürdigung folgend, zu prüfen, ob es in rechtserheblichen Fragen die Auffassungen und Schlussfolgerungen des Gutachters derart zu erschüttern vermag, dass davon abzuweichen ist (BGE 125 V 351 E. 3c S. 354).

3.6 Die regionalen ärztlichen Dienste (RAD) setzen gemäss Art. 59 Abs. 2bis IVG die für die Invalidenversicherung nach Artikel 6 ATSG massgebende funktionelle Leistungsfähigkeit der Versicherten fest, eine zumutbare Erwerbstätigkeit oder Tätigkeit im Aufgabenbereich auszuüben. Nach Art. 49 IVV beurteilen sie die medizinischen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs. Die geeigneten Prüfmethoden können sie im Rahmen ihrer medizinischen Fachkompetenz und der allgemeinen fachlichen Weisungen des Bundesamtes frei wählen (Abs. 1). Die regionalen ärztlichen Dienste können bei Bedarf selber ärztliche Untersuchungen von Versicherten durchführen. Sie halten die Untersuchungsergebnisse schriftlich fest (Abs. 2). Sie stehen den IV-Stellen der Region beratend zur Seite (Abs. 3).

4. Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdegegnerin den Anspruch des Beschwerdeführers auf weitere berufliche Massnahmen sowie auf eine Invalidenrente zu Recht abgelehnt hat. Die Beschwerdegegnerin geht gestützt auf ihre Abklärungen, insbesondere die Begutachtung durch die Psychiaterin Dr. med. I.___ und den Neuropsychologen Dr. phil. H.___ sowie die Stellungnahmen der RAD-Ärztin med. pract. G.___ davon aus, es bestehe kein invalidisierender Gesundheitsschaden. Der Beschwerdeführer widerspricht dieser These und beruft sich dabei auf das Privatgutachten von Dr. med. L.___. Weiter bestreitet er die Rechtskonformität der Anordnung der Beschwerdegegnerin vom 22. August 2014 (vgl. E. I. 3.2 hiervor). Zudem verlangt er, die Invaliditätsbemessung sei nach den Regeln für eine Frühinvalidität (Art. 26 IVV) vorzunehmen. Zum Gerichtsgutachten hat sich die Beschwerdegegnerin nicht inhaltlich geäussert (A.S. 124). Der Beschwerdeführer hat dazu festgehalten, die Gutachter hätten eine seit der Kindheit/Jugend bis dato fehlende objektive Eingliederungsfähigkeit resp. eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit auf dem freien Arbeitsmarkt bestätigt (A.S. 127).

5. Nach dem Eingang des Rentengesuchs (IV-Nr. 116) bis zum Erlass der angefochtenen Verfügung (IV-Nr. 213) sind bei der Beschwerdegegnerin folgende relevante, medizinische Unterlagen bzw. interdisziplinäre Besprechungsprotokolle eingegangen sowie folgende medizinische Abklärungen getätigt worden:

5.1 Der Hausarzt Dr. med. D.___ diagnostizierte in seinem Bericht vom 6. August 2012 (IV-Nr. 118) eine hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens auf der Basis eines Geburtsgebrechens (ICD-10 F90.1). Der Epikrise der Behandlung vom 8. September 2009 bis 4. August 2010 des Ambulatoriums der psychiatrischen Dienste der F.___ ist zu entnehmen, der Beschwerdeführer sei wegen einer hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens auf der Basis eines Geburtsgebrechens mit dem Ziel einer therapeutischen Begleitung während einer beruflichen Integration eingetreten. Es hätten sich eine deutliche ADHS-Symptomatik, die mit Ritalin behandelt worden sei, sowie eine Schlafstörung mit Einschlafstörung und insbesondere einer massiven morgendlichen Vigilanzstörung und chronischem Verschlafen gezeigt (IV-Nr. 118, S. 5 f.). Die Psychiaterin Dr. med. E.___ teilte der Beschwerdegegnerin am 13. August 2012 mit, sie sei beim Beschwerdeführer nur sehr niederschwellig aktiv gewesen mit der Behandlung seines ADS mit Ritalin und durch wenige kurze Gespräche in der Zeit von August 2010 bis Mitte 2011. Der Kontakt zum Beschwerdeführer sei bereits 2011 abgebrochen. Angesichts der vergeblichen intensiven Bemühungen der C.___ bis Anfang Jahr und der heute von der Beiständin geschilderten Integrationsbemühungen stufe sie eine berufliche Rehabilitation des Beschwerdeführers als unmöglich ein. Eine vorübergehende Berentung scheine ihr angemessen (IV-Nr. 119, S. 5).

5.2 Am 20. Februar 2013 berichtete Dr. phil. H.___, Fachpsychologe für Neuropsychologie, RAD, über die Untersuchung des Beschwerdeführers vom 19. Februar 2013 (IV-Nr. 134, S. 2 ff.). Im Wesentlichen führte er aus, dass sich beim Beschwerdeführer während der gut dreistündigen Untersuchung auf klinischer Ebene nie Momente mentaler Abwesenheit, des Abschweifens oder der Verträumtheit hätten beobachten lassen. Die Aufmerksamkeitsressourcen würden gezielt gesteuert und fokussiert. Die Intensität der konzentrativen Spannung könne auf das jeweils geforderte Niveau gehoben und ausdauernd gehalten werden. Es seien keine pathologischen Schwankungen der grundlegenden Aufmerksamkeitsfunktionen oder eine pathologisch erhöhte Ablenkbarkeit aufgefallen. Die allgemeine Herangehensund Handlungsweise sei nie hastig oder voreilig, sondern immer kontrolliert und überlegt gewesen. Im klinischen Umgang seien Reaktionsverhalten und Arbeitstempo normal erschienen. Die mehrstündige neuropsychologische Untersuchung habe ohne auffälligen Leistungsabfall durchgehalten werden können. Es habe sich keine übermässige mentale Ermüdung oder eine zerebral bedingte Fatigue-Symptomatik beobachten lassen. Es seien keine Bewegungsunruhe, keine Ungeduld, Getriebenheit oder anderweitige Hyperaktivitätssymptome beobachtbar gewesen. Weder im Sozialverhalten noch in Kommunikation und Denken hätten sich Disinhibitionssymptome wie Distanzregulationsstörungen oder Hyperverbalität gefunden. Im Verhalten und im Affektausdruck habe es keine Hinweise auf Impulskontrollstörungen gegeben. Der Explorand habe im Gegenteil bemerkenswert ruhig, kontrolliert und zurückhaltend gewirkt. In der formalen Testung sei eine selbstgetaktete Aufgabe der selektiven Aufmerksamkeit mit knapp ausreichendem Tempo, dafür aber geringer Fehlerquote bearbeitet worden. Während einer Aufgabe der geteilten Aufmerksamkeit sei eine normale sensorische Simultankapazität objektivierbar gewesen. Die verbalen Gedächtnisfunktionen seien in ihren Speicherleistungen unbeeinträchtigt gewesen, bei steigenden Anforderungen an die Abrufleistungen aber mangelhaft ausgefallen. Die Leistungen in der Paarassoziation seien deswegen deutlich unter die Normgrenze abgefallen. Im freien Spätabruf sei die spontane Erinnerungsleistung leichtgradig defizitär gewesen. Die figuralen Gedächtnisfunktionen seien im Vergleich zu den verbalen Gedächtnisleistungen erheblich stabiler gewesen. Hier habe eine komplexe Figur ausführlich aus dem Gedächtnis rekonstruiert werden können. Die Untersuchung der Exekutivfunktionen habe eine durchschnittliche Kapazität sowohl des verbalphonematischen als auch des visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnisses ergeben. Die kognitive Dynamik und Ideenproduktion sei figural durchschnittlich, verbal aber stark reduziert gewesen. Die Kontrolle kognitiver Automatismen sei knapp befriedigend gelungen. Stabiler sei die motorische Impulskontrolle, wo bei normalem Tempo eine fehlerfreie Leistung erbracht worden sei. Bei einer Aufgabe zur Handlungsplanung hätten sich keine Beeinträchtigungen in der mentalen Antizipation von Handlungsschritten gefunden. Mit approximativ IQ 91 verfüge der Explorand über eine normale Grundintelligenz, die, wie die Rechenfähigkeiten, eher über einem Kleinklassenniveau liege. Die Kompetenzen in Lesen und Schreiben würden die Beschulung widerspiegeln und seien für den Alltagsgebrauch gut funktionell nutzbar. Bei visuokonstruktiven und mental-räumlichen Aufgaben seien gut durchschnittliche Leistungen erbracht worden. Zusammen hätten sich die erhobenen Befunde zu leichten kognitiven Minderfunktionen summiert, die sich schwerpunktmässig in verbal-kognitiven Bereichen manifestiert hätten und lokalisatorisch mit links-präfrontalen Dysfunktionen vereinbar seien. Betroffen seien insbesondere die verbal-mnestischen Abruffunktionen und die verbale Ideenproduktion. Die geringe Dynamik im Sprechantrieb habe auch spontansprachlich durchgeschlagen. Der Explorand habe wenig von sich aus gesprochen. Wenn er etwas gesagt habe, hätten sich seine Aussagen auf das Notwendige beschränkt. Im gesamten Verhalten habe ein eher zurückhaltender und ruhiger Habitus imponiert. Neben klinisch und psychometrisch unauffälligen Aufmerksamkeitsleistungen hätten sich auch keinerlei Symptome von Hyperaktivität oder Impulsivität beobachten lassen. Die durchschnittliche Grundintelligenz und die etwa gleich guten visuokonstruktiven und mental-räumlichen Fähigkeiten liessen eher technische, konstruktive oder handwerkliche Tätigkeiten als für den Exploranden geeignet erscheinen. Abzuraten hingegen wäre von Tätigkeiten, die einen regen spontansprachlichen Austausch und ein proaktives Sozialund Kommunikationsverhalten erforderten. Als Diagnosen nannte Dr. phil. H.___ leichte neuropsychologische Dysfunktionen mit mässigen verbal-mnestischen Abrufschwächen und geringer verbaler/spontansprachlicher Dynamik (IV-Nr. 134, S. 6 f.).

5.3 In ihrem Bericht vom 4. März 2013, der gestützt auf die Akten und die persönliche Untersuchung vom 28. Januar 2013 verfasst wurde, gelangte die Psychiaterin Dr. med. I.___ vom RAD im Rahmen der medizinischen und versicherungsmedizinischen Beurteilung zu folgenden Diagnosen (IV-Nr. 135, S. 12 ff.):

Psychiatrische Diagnosen

Persönlichkeitsentwicklungsstörung / DD beginnende Persönlichkeitsstörung F60 (noch ohne eindeutige Zuordnung)

Neuropsychologische Diagnosen

leichte neuropsychologische Dysfunktionen mit mässigen verbal-mnestischen Abrufschwächen, geringer verbaler/spontansprachlicher Dynamik

Im Weiteren führte die RAD-Ärztin aus, es bestehe keine familiäre Belastung mit psychiatrischen Erkrankungen. In den Akten werde ein psychomotorischer Entwicklungsrückstand mit verzögertem Gehen und Sprechen lernen beschrieben. Der Beschwerdeführer habe mit sieben Jahren nur wenige Wörter gesprochen. Das freie Gehen sei im 17. Monat erreicht worden. An kinderneurotischen Zeichen fänden sich Bettnässen und Einkoten sowie kindliche Ängste und Alpträume. Wegen einer generalisierten Hypotonie sei eine Behandlung im CP-Zentrum durchgeführt worden. Wegen der Rückenprobleme seien Physiotherapie und wegen einer Gleichgewichtsstörung eine Therapie durchgeführt worden. Ab 1994 sei zudem eine heilpädagogische Frühförderung erfolgt. Daheim sei ein provozierendes Verhalten aufgefallen. Der Beschwerdeführer habe sich nicht an Regeln gehalten. Auffallend sei eine ausgeprägte Hyperaktivität gewesen. Häufig habe es konflikthafte Auseinandersetzungen mit Mutter und Schwester gegeben. Bei der Schwester habe man ein POS diagnostiziert. Man habe beim Versicherten eine Verzögerung der Entwicklung von einem Jahr konstatiert, bei praktisch nicht eingesetzter Sprachentwicklung. Die erste IV-Anmeldung sei 1994 erfolgt, zur Übernahme pädagogisch-therapeutischer Massnahmen bis zur Einschulung. Es habe ein frühes Einsetzen einer Ritalinmedikation mit geringer Besserung gegeben. Beim [...] sei eine Erziehungsberatung eingeschaltet worden. Ab 1995 sei viermal in der Woche eine Eingliederung in eine heilpädagogische Kindergruppe erfolgt. Zudem habe es eine sozialpädagogische Familienbegleitung im kinderund jugendpsychiatrischen Dienst [...] 1996 gegeben, was eine leichte Beruhigung zur Folge gehabt habe. 1997 sei der Beschwerdeführer in einen Normalkindergarten eingetreten, 1998 sei die Einschulung (Einführungsklasse) erfolgt. Zum damaligen Zeitpunkt sei das Ritalin sistiert worden. In der Schule seien erneut die Hyperaktivität sowie eine erhebliche Ablenkbarkeit und wiederholte konflikthafte Auseinandersetzungen beobachtet worden. Im Alter von sieben Jahren hätten sich in den Untersuchungsbefunden Hinweise auf ein frühkindliches psychoorganisches Syndrom (Gleichgewichtsund Koordinationsprobleme, schwerfälliger Bewegungsablauf, Probleme mit der Feinmotorik, ungenügende Raumerfassung, undeutliche Artikulation, reduzierte visuelle Erfassungsspanne sowie eingeschränkte auditive Wahrnehmung) gezeigt. Die Konzentration und Aufmerksamkeit seien eingeschränkt gewesen. Es habe sich eine rasche Ermüdbarkeit gezeigt. Die intellektuellen Fähigkeiten seien als unterdurchschnittlich bezeichnet worden. Zudem habe eine emotionale Retardierung bei erhöhter lmpulsivität und Distanzlosigkeit vorgelegen. Erneut sei 1999 Ritalin eingesetzt worden. Zeitweise sei eine Suspendierung vom Schulunterricht wegen störendem Verhalten und Zeichen von Überforderung angeordnet worden. Bei der IV sei im Jahr 2000 um Kostengutsprache für einen Sonderschulunterricht im Kinderheim [...], inklusive pädagogische Massnahmen, angesucht worden. Wegen untragbaren Verhaltens sei der Versicherte ab April 2003 bei einer Pflegefamilie auf einem Bauernhof platziert worden, wo er den grössten Teil der Wochenenden und die Ferien verbracht habe. Gleichzeitig sei er verbeiständet worden. Auch in der Sonderschule sei der Beschwerdeführer durch eine erhöhte Aggressivität aufgefallen. Es habe eine begleitende Psychotherapie gegeben, die sich laut dem Beschwerdeführer positiv ausgewirkt habe. Er habe alternative Verhaltensstrategien eingeübt. 2005 sei bei der IV eine berufsberaterische Abklärung beantragt worden. Ende 2006 sei im Institut [...] eine Schnupperlehre erfolgt. Eine praktische Grundlage sei vorhanden. Empfohlen worden sei eine einjährige Vorbereitungszeit für eine berufliche Ausbildung. Anfang 2007 sei zur beruflichen Eignungsklärung eine zweiwöchige Schnupperlehre in der B.___ [...] erfolgt. Durch die erhöhte Ablenkbarkeit und verlangsamte Arbeitsweise sei eine zirka 15%-Leistung einer Normalleistung erbracht worden. Die B.___ habe dem Beschwerdeführer ein Vorbereitungsjahr für eine Erstausbildung angeboten mit dem Ziel einer BBT-Anlehre. Das Vorbereitungsjahr habe vom 6. August 2007 bis 5. August 2008 gedauert. Der Beschwerdeführer brauche eine klare Führung, viel Anleitung und enge Grenzen. Selbständiges Arbeiten sei noch unzureichend gelungen. Es seien ein schwankendes Durchhaltevermögen und eine erhöhte Ablenkbarkeit festzustellen gewesen. Feinmotorische Arbeiten seien ungeeignet gewesen. Sein Verhalten habe viel Unruhe in die Gruppe gebracht. Vom 6. August 2008 bis 5. August 2010 habe der Beschwerdeführer eine Elektronik-Anlehre in der B.___ [...] gemacht. Die fachlichen Leistungen seien ausreichend gewesen. Die Leistungsfähigkeit habe zirka 30 40 % einer Normalleistung betragen. Bei enger Führung sei kurzfristig eine höhere Leistung, z.B. 70 %, möglich gewesen. Der Führungsaufwand sei hoch gewesen. Ab Ende 2012 habe eine Aufnahme in der B.___ [...]l stattgefunden; dies habe einer Tagesstruktur gedient, jedoch ohne spezielle Zielformulierung für eine berufliche Wiedereingliederung.

Der Beschwerdeführer werde durch den Sozialdienst finanziell unterstützt. Er wohne mit einer Kollegin zusammen; dies entgegen dem Ratschlag, in einer betreuten Wohngruppe zu leben. Im Rahmen der neuropsychologischen Untersuchung hätten sich keinerlei ADHS-Symptome (mehr) gezeigt. Die durchschnittliche Grundintelligenz und die etwa gleich guten visuokonstruktiven (beschreibt die Fähigkeit, komplexe Formen oder Muster zu erkennen und zu reproduzieren) und mental-räumlichen Fähigkeiten liessen eher technische, konstruktive oder handwerkliche Tätigkeiten als für den Beschwerdeführer geeignet erscheinen. Abzuraten hingegen wäre von Tätigkeiten, die einen regen spontansprachlichen Austausch und ein proaktives Sozialund Kommunikationsverhalten erforderten. Allerdings seien im Rahmen der Untersuchung Verhaltenssymptome aufgefallen, die weit in die Kindheit zurückreichten. In der Kindheit sei eine breite Entwicklungsverzögerung dokumentiert: sprachlich, kognitiv, motorisch und sozial. Aufgrund der als zwanghaft beschriebenen Mutter, die mit dem chaotischen Verhalten des Sohnes überfordert gewesen sei, sowie der Abwesenheit des Vaters scheine es, als ob der Versicherte kaum eine lebenspraktische Erziehung genossen habe. Es scheine wenig tragende Beziehungen gegeben zu haben. Vieles deute auf die Ausbildung einer Bindungsstörung hin. Aufgrund seiner persönlichen Defizite (Beeinträchtigung im sozialen und kommunikativen Bereich) sei der Beschwerdeführer bisher nicht in der Lage gewesen, selbst ausreichend Grundfertigkeiten zu entwickeln, z.B. Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, Durchhaltevermögen, auch bei weniger interessanten Tätigkeiten, Umgang mit Konflikten, Umgang mit Geld, Mindestmass an Reflexionsvermögen über das eigene Tun, persönliche Stärken und Schwächen gut einschätzen können, sich Hilfe holen können, weise Entscheidungen treffen etc. Im definitiven Erwachsenenalter würde man von einer Persönlichkeitsstörung sprechen. Da dies in Anbetracht des noch jugendlichen Alters noch nicht angemessen sei, erscheine der Begriff der Persönlichkeitsentwicklungsstörung adäquater zu sein, auch, wenn dieser noch nicht im lCD-10 Eingang gefunden habe, was allerdings in einer neueren Version geplant sei; dies sei jedenfalls Vorbedingung zur Ausbildung einer Persönlichkeitsstörung, was im vorliegenden Fall mit grosser Wahrscheinlichkeit eintrete, falls nicht zum jetzigen Zeitpunkt geeignete Massnahmen zum Nachreifen ergriffen würden. Solche Massnahmen seien mehr pädagogischer als therapeutischer Art. Im Rahmen einer versicherungsmedizinischen Würdigung lasse sich derzeit noch kein fixierter, invalidisierender Gesundheitsschaden eruieren. Im Rahmen einer Persönlichkeitsentwicklungsstörung bestehe jedoch die Gefahr der Ausbildung einer Persönlichkeitsstörung mit drohender Invalidität. Derzeit sei dem Versicherten noch keine Arbeitstätigkeit in der freien Wirtschaft zuzumuten. Mit einer relevanten Verbesserung der Leistungsfähigkeit könne gerechnet werden, wenn er ab sofort geeignete pädagogische/therapeutische Unterstützung zur persönlichen Nachreifung und Weiterentwicklung im Rahmen der Persönlichkeitsentwicklungs-/Persönlichkeitsstörung erhalte. Eine neue Prüfung sei frühestens nach ein bis zwei Jahren vorzunehmen (IV-Nr. 135, S. 12 ff.).

5.4 In ihrer Aktennotiz vom 18. Oktober 2013 hielt med. pract. G.___ vom RAD fest, nach psychiatrischer Abklärung und Beurteilung einer drohenden Invalidität sei zur Ergänzung noch ein Drogenurintest durchgeführt worden, der zu einem klar positiven Ergebnis geführt habe. Zusammen mit den diskreten Hinweisen in den Akten stelle sich nun die Frage, ob doch ein Abhängigkeitssyndrom bestehe, das einen Teil der Probleme am Arbeitsplatz erklären würde. Aktuell erschienen weitere UP-Kontrollen sowie eine Aufforderung zur Abstinenz angezeigt (IV-Nr. 145).

5.5 Dem Protokoll der interdisziplinären Besprechung in der IV vom 18. August 2014, lässt sich im Wesentlichen Folgendes entnehmen: Der Beschwerdeführer habe berichtet, dass es mit der halbtägigen Arbeit in der B.___ mehr oder weniger gehe. Er habe Mühe mit dem Schlafen, seit er nur noch ab und zu kiffe. Er würde gerne aufhören, was aber schwierig sei. Der betreuende Vorgesetzte des Beschwerdeführers habe berichtet, dass sich die Präsenz am Arbeitsplatz gebessert habe, seit er nur noch am Nachmittag kommen müsse. Der behandelnde Psychologe K.___ habe berichtet, dass er seit Mai 2014 im Ambulatorium [...] arbeite und den Versicherten dreimal zur Konsultation gesehen habe. Viermal sei er unentschuldigt nicht erschienen. Sie befänden sich in der Kennenlernphase. Er sei überzeugt, dass, wenn sich der Beschwerdeführer auf die Therapie einlassen könne, die weitere Entwicklung positiv verlaufen werde; dies bedinge aber auch, dass der Beschwerdeführer bereit sei, Arbeit zu leisten, und dass er unangenehme Gefühle nicht scheue. Der Beschwerdeführer habe mitgeteilt, dass er bereit sei, in die Therapie zu gehen. Die RAD-Ärztin, med. pract. G.___ habe eingebracht, dass in der aktuellen Situation die Invalidität nicht bestimmt werden könne, da man das Ausmass einer IV-relevanten Störung angesichts des bestehenden Drogenkonsums nicht feststellen könne. Somit werde jetzt eine Auflage für Cannabisabstinenz notwendig. In einem ersten Schritt solle er alle Termine beim behandelnden Psychologen wahrnehmen. Bis spätestens in drei Monaten solle er der IV den Plan für die gewählten Massnahmen mitteilen, mit dem er die Abstinenz erreichen wolle. Er müsse auch telefonisch erreichbar sein und dürfe nicht mehr unentschuldigt in der B.___ fehlen. Sollte die Auflage nicht eingehalten werden, müsste die Rentenprüfung sistiert werden. Der Beschwerdeführer habe mitgeteilt, dass er sich auf die Auflage einlasse und mitwirken wolle (IV-Nr. 162).

5.6 Am 22. August 2014 teilte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer mit, dass ihm zur Verbesserung der Arbeitsund Erwerbsfähigkeit folgende medizinischen Massnahmen zuzumuten seien (IV-Nr. 164):

·      «Ab sofort fordern wir die lückenlose Einhaltung der vereinbarten Therapietermine bei Herrn K.___ im Ambulatorium [...].

·      Es sollen keine unentschuldigten Absenzen in der B.___ mehr vorkommen, d.h. Sie sollten telefonisch erreichbar sein, respektive bei Nicht-Erreichbarkeit innert Tagesfrist (24h) zurückrufen.

·      Bis spätestens in 3 Monaten haben Sie mit Herrn K.___ entschieden, welche medizinischen und pädagogischen Massnahmen Sie benötigen und mitmachen um die erforderliche Cannabisabstinenz einzuhalten. Sie teilen uns diese Massnahme, respektive konkret geplanten Schritte schriftlich mit und halten das Programm ein.»

5.7 Dr. med. J.___ und Psychologe K.___, Psychiatrisches Ambulatorium [...], diagnostizierten beim Beschwerdeführer am 23. Februar 2015 eine einfache Aktivitätsund Aufmerksamkeitsstörung (ICD-10 F90.0) sowie eine Cannabisabhängigkeit und ständigen Substanzgebrauch (ICD-10 F12.25). Sie attestierten ihm als B.___-Mitarbeiter wie auch in einer Verweistätigkeit eine Arbeitsunfähigkeit von mindestens 50 % ab 16. Juni 2014 bis dato. Seinen Gesundheitszustand bezeichneten sie als besserungsfähig. Aus ihrer Sicht könne von einer guten Prognose ausgegangen werden, sofern der Patient lerne, mit den Emotionen umzugehen. Es gelte dann, aufkommende Symptome aufgrund des Aufmerksamkeitsund Hyperaktivitätssyndroms zu bewältigen. Zu «Punkt 3 der Auflage vom 22.08.2014 / Plan zur Umsetzung von einer Abstinenz von THC» wurde ausgeführt, der ursprüngliche Plan, erarbeitet mit dem Patienten, habe eine Abstinenz bis Juli 2015 vorgesehen. Mitte Januar 2015 habe der Patient den Cannabis-Konsum selbständig sistiert, wobei es innerhalb von drei Wochen zu zwei Rückfällen gekommen sei. Diese Rückfälle gehörten zum Prozess einer Abstinenzbehandlung und seien Teil der Genesung (IV-Nr. 178).

5.8 Am 1. Oktober 2015 meldete der behandelnde Psychologe der RAD-Ärztin med. pract. G.___, dass beim Beschwerdeführer Symptome aufgetreten seien, die den Verdacht auf eine Psychose (z.B. sich beobachtet fühlen, taktile Halluzination) aufkommen liessen (IV-Nr. 197). Der daraufhin verfasste Abklärungsbericht zur Früherkennung von Psychosen vom 5. November 2015 führte zum Ergebnis, eine beginnende Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis sei grösstenteils auszuschliessen. Empfohlen wurde eine weitere therapeutische Bearbeitung des Schlafproblems (IV-Nr. 200).

5.9 In einer Aktennotiz vom 26. November 2015 (IV-Nr. 199) hielt die RAD-Ärztin med. pract. G.___ fest, der Psychologe K.___ habe erklärt, er sehe beim Beschwerdeführer ausser der bereits bekannten Entwicklungsverzögerung keine relevante Persönlichkeitsproblematik. Das Erreichen der Cannabisabstinenz habe auch von Seiten des behandelnden Psychologen absolute Priorität. Die RAD-Ärztin ihrerseits führte aus, da die Auflagen (Wahrnehmung der Behandlungstermine beim Psychologen, Cannabisabstinenz) gemäss Schreiben vom 22. August 2014 (E. II. 5.6 hiervor) nicht erfüllt worden seien, müsse das Dossier mit ablehnendem Bescheid geschlossen werden. Schliesslich stellte die RAD-Ärztin folgende Diagnosen:

·      Persönlichkeitsentwicklungsstörung bei dysfunktionaler Familienstruktur (1/2013 psychiatrische Begutachtung) bei normaler Intelligenz (IQ 91)

·      Status nach GG 395 und GG 404, aktuell gemäss neuropsychologischer Testung 1/2013 kein wesentliches Residuum, körperlich gesund

·      Cannabisabhängigkeitssyndrom, ständiger Substanzgebrauch, fehlende Arbeitshaltung, ungenügendes Einhalten von Terminen, insbesondere vormittags

Als Fazit hielt med. pract. G.___ fest, aufgrund des nicht erfüllten Mahnund Bedenkzeitverfahrens könne nicht, wie im letzten Standortgespräch im Juni 2015 geplant, mit beruflichen Massnahmen begonnen werden. Aktuell bestehe auch kein IV-relevanter Gesundheitsschaden. Der Beschwerdeführer könne sich schriftlich wieder für berufliche lntegrationsmassnahmen anmelden, wenn er eine sechsmonatige Drogenabstinenz belege (IV-Nr. 199).

6.

6.1 In dem durch den Beschwerdeführer veranlassten psychiatrischen Gutachten gelangte Dr. med. L.___ am 15. August 2016 aufgrund der IV-Unterlagen, der fremdanamnestischen Angaben des behandelnden Psychologen K.___ vom 20. Juli 2016 sowie der psychiatrischen Explorationen vom 16. und 17. März 2016 (insgesamt vier Stunden) zu folgenden Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit (BB-Nr. 2):

-      kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen (ICD-10 F92)

-      mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom (ICD-10 F32.11)

-      leichte soziale Phobie (ICD-10 F40.1)

-      leichte kognitive Störung (ICD-10 F06.7)

-      Cannabisabhängigkeitssyndrom ständiger Substanzgebrauch (ICD-10 F12.25)

In ihrer Beurteilung führt Dr. med. L.___ aus (Gutachten S. 33), auf dem Boden eines frühkindlichen POS mit motorischer, sprachlicher, kognitiver und emotionaler Retardierung sowie einer früheren schweren Traumatisierung (emotionale Vernachlässigung, körperliche Misshandlung, frühe Trennungsund Heimerfahrungen) sei es zu erheblichen entwicklungspsychologischen Schwierigkeiten und damit einer starken Beeinträchtigung der schulischen und beruflichen Entwicklung gekommen. Die Amnesie für die ersten sieben Lebensjahre weise auf die Schwere der Traumatisierung hin, indem es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen sei, die damit verknüpften negativen affektiven Erfahrungen ins Bewusstsein zu integrieren. Die in der Kindheit und Jugendzeit beschriebenen sozialen und emotionalen Verhaltensauffälligkeiten persistierten bis heute in Form von sozialen Kontaktstörungen, Frustrationsintoleranz, Aggressivität, Antriebsmangel, innerer Anspannung sowie einer depressiven Stimmung und liessen sich mit der Diagnose einer kombinierten Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen (ICD-10 F92) erfassen. Mit den Symptomen einer gedrückten Stimmung, Freudlosigkeit, Antriebsminderung und erhöhter Ermüdbarkeit, vermindertem Selbstwertgefühl, negativen Zukunftsvorstellungen, Schlafstörungen und suizidalen Gedanken, Interesseverlust, mangelnder Fähigkeit auf freudige Ereignisse emotional zu reagieren, einer circadianen Rhythmik mit Morgentief und ständiger psychomotorischer Anspannung seien die Kriterien für das Vorliegen einer mittelgradigen depressiven Episode mit somatischem Syndrom (ICD-10 F32.11) erfüllt. Ausserdem bestünden beim Beschwerdeführer, der bereits in der Kindheit und Jugend unter nächtlichen Angstzuständen, Albträumen sowie Einnässen gelitten habe, heute Symptome einer leichten bis mässigen sozialen Phobie (ICD-10 F40.1) mit der Furcht vor sozialen Gruppen und einem Vermeiden des Aufenthalts in Gruppen, Angst vor Bahnreisen und grossen Städten, was teils auch mit diskreten Beziehungsideen und Depersonalisationserleben einhergehe. Die im Untersuchungsbericht der RAD-Psychiaterin Dr. med. I.___ festgestellten, leichten neuropsychologischen Dysfunktionen liessen sich vor dem Hintergrund des vordiagnostizierten frühkindlichen psychoorganischen Syndroms am ehesten als eine organisch bedingte, leichte kognitive Störung (ICD-10 F06.7) interpretieren. Die genannten Diagnosen liessen sich aus entwicklungspsychologischer Sicht gut erklären. So sei es aufgrund der schweren frühkindlichen Traumatisierung mit mangelhafter emotionaler Spiegelung durch die Mutter zu einer tiefgreifenden Störung des psychischen Funktionierens mit Störungen der Mentalisierungsfähigkeit und psychischen Verarbeitungskapazität gekommen, in deren Rahmen die Akzeptanz der eingeschränkten intellektuellen Leistungsfähigkeit massiv beeinträchtigt worden sei und sich die oben geschilderten sozialen und emotionalen Verhaltensstörungen ausgebildet hätten. Der Beschwerdeführer besitze nur beschränkt eine Fähigkeit, seine eigene Situation, seine Gefühle und die Reaktionen der Umwelt auf seinen verlangsamten Arbeitsrhythmus zu verstehen und richtig einzuordnen. Überforderungsmomente führten stattdessen zu impulshaften und aggressiven Reaktionen in Form von dysfunktionalen Copingstrategien mit Verweigerung und Vermeidung, welche sich beispielsweise in Unzuverlässigkeit und Unpünktlichkeit bzw. dem Nichteinhalten von Terminen äussere. Infolge der reduzierten mentalen und kognitiven Fähigkeiten hätten dem Beschwerdeführer umgekehrt auch die nötigen Ressourcen gefehlt, um im Verlauf seiner psychischen Entwicklung und angesichts der langjährigen psychotherapeutischen Behandlungen die frühen Traumatisierungen adäquat zu verarbeiten und in seine psychische Welt zu integrieren. Die IQ-Messungen, die im gesamten Entwicklungsverlauf durchgeführt worden seien, variierten zwischen Gesamt-IQ 77 im Alter von sieben Jahren, Gesamt-IQ 83 im Alter von 14 Jahren und Gesamt-IQ 91 im Alter von 22 Jahren. Diese unterschiedlichen Testergebnisse liessen sich gegebenenfalls dadurch erklären, dass die angewandten Intelligenztests in unterschiedlichen Entwicklungsabschnitten durchgeführt worden seien. Zusammenfassend seien die Testergebnisse unterdurchschnittlich bzw. knapp durchschnittlich ausgefallen. Diese Werte könnten hereditär bedingt sein, insbesondere hinsichtlich der Minderbegabung der Mutter, wie auch multikausal auf das hirnorganische Syndrom zurückgeführt werden. Sie seien aber als wesentliche Hinweise auf die eingeschränkten Ressourcen des Beschwerdeführers zur Verarbeitung sowohl der Traumata wie auch der reduzierten Leistungsfähigkeit zu verstehen.

Als weitere Diagnose bestehe seit 2009 ein Cannabisabhängigkeitssyndrom (ICD-10 F12.25), wobei die Wirkung von Cannabis vom Exploranden als selbststabilisierend erlebt werde und den Umgang mit seinen eingeschränkten Ressourcen erleichtere, indem es zum Abbau von Aggressionsund Spannungsgefühlen komme.

Den weiteren Ausführungen der Gutachterin lässt sich entnehmen, dass aktuell bis auf weiteres eine Arbeitsunfähigkeit von 100 % bestehe. Auch mittelbis langfristig sei aus psychiatrischer Sicht keine Arbeitsfähigkeit gegeben. So sei mit grosser Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich die sozialmedizinische Situation in den kommenden Jahren nicht ändern werde. Angesichts der multiplen Belastungen durch die frühkindliche Traumatisierung und das hirnorganische Psychosyndrom könne auch mit einem erfolgreichen Cannabisentzug lediglich eine Stabilisierung des gesundheitlichen Befindens, aber keine grundsätzliche Verbesserung der Leistungsfähigkeit erzielt werden. Allenfalls könne nach einer mehrjährigen Stabilisierungsphase diskutiert werden, ob weitere Förderungsmassnahmen im beruflichen Bereich angezeigt wären. Man könne im Übrigen davon ausgehen, dass es vor dem Hintergrund der geringen lch-Struktur des Exploranden bei einer Zunahme von beruflichem Leistungsdruck zu Gefühlen der Überforderung und Zunahme der depressiven Stimmung sowie auch der psychotiformen Erlebensweisen kommen könne, die gegebenenfalls auch einem erneuten Selbstheilungsversuch mit Cannabis Vorschub leisten würden. An erster Stelle sei ein stationärer Cannabisentzug durchzuführen, da die Entwicklungsstörung und die gesamten Einschränkungen der Copingstrategien so ausgeprägt seien, dass ein Entzug nur in einem stationären Rahmen erfolgen könne, in dessen Rahmen auch eine differenzierte psychopharmakologische Behandlung der Spannungszustände und Ängste sowie der Depression möglich sei. Diese Massnahmen führten zwar zu einer Verbesserung der Lebensqualität. Unter Berücksichtigung der Anamnese und des gegenwärtigen psychopathologischen Befunds sowie der eingeschränkten v.a. passiven Copingstrategien und fehlenden psychischen Ressourcen sei jedoch davon auszugehen, dass es zu keiner Verbesserung der Leistungsfähigkeit komme und der Explorand mit grösster Wahrscheinlichkeit weiterhin nur im Rahmen eines geschützten Arbeitsplatzes in einem Umfang von maximal 50 % tätig sein werde. In diesem Punkt stehe ihr Gutachten so die Privatgutachterin weiter der Einschätzung des RAD vom 26. November 2015 durch med. pract. G.___ gegenüber, die davon ausgehe, dass der Explorand bei Cannabisabstinenz seine Entwicklungsverzögerung rasch aufholen und aufgrund seines «kognitiven Potentials» von der «Psychotherapie profitieren und berufliche Ziele» anstreben könne. Die RAD-Ärztin berücksichtige in ihrer Einschätzung nicht, dass der Explorand aufgrund der Mischung aus hirnorganischer Schädigung mit kognitiven Einbussen und früher Traumatisierung mit daraus hervorgegangener brüchiger Persönlichkeitsstruktur mit geringer Frustrationstoleranz und tiefem Selbstwertgefühl sowie einer deutlich eingeschränkten mentalen Verarbeitungskapazität eben gerade nicht über die Ressource eines «kognitiven Potentials» verfüge, die es bräuchte, um berufliche Ziele nicht nur anzustreben, sondern auch erfolgreich umzusetzen. Inwieweit sich durch eine Fortsetzung der bisherigen psychotherapeutischen Massnahmen auf dem Boden einer Cannabisabstinenz tatsächlich eine Verbesserung der Ressourcen erzielen lasse, bleibe derzeit offen und sei bis zu einem gewissen Grad vom Ausmass der Traumatisierung und der hirnorganischen Beeinträchtigung bzw. deren Wechselwirkung abhängig. Auf jeden Fall sei von einem mehrjährigen therapeutischen Prozess auszugehen. Das Ziel einer weiteren psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung bestehe in erster Linie darin, die aktuelle Situation mit einer Halbtagsstelle im geschützten Rahmen der B.___ unverändert stabil zu halten und dadurch die Gesundheit des Exploranden so gut als möglich nachhaltig zu stabilisieren. Dieser Stabilisierungsprozess sollte nach dem stationären Entzug durch eine niederbis mittelfrequente Psychotherapie weiterhin begleitet werden, damit der Explorand die Möglichkeit finde, über sein Erleben zu sprechen, gleichzeitig Alltagsbelastungen einzuordnen und zu verstehen; dabei könne er zum Beispiel auch andere Möglichkeiten zur Selbstfürsorge und einen anderen affektiven Ausgleich finden als den Konsum von Cannabis. Allerdings müsse man bei dieser Prognose berücksichtigen, dass therapeutische Massnahmen bereits seit der Kindheit des Exploranden stattfänden und seit 2014 im Rahmen der aktuellen psychotherapeutischen Behandlung vergeblich versucht werde, eine Cannabisabstinenz zu erreichen. Bei den vorgeschlagenen therapeutischen Massnahmen könne auf jeden Fall von einer anhaltenden Stabilisierung des psychischen Befindens im Rahmen der erwähnten entlastenden und strukturierenden Massnahmen ausgegangen werden. Eine nach dem stationären Entzug weitergeführte Psychotherapie diene ausschliesslich dem Erhalt der Stabilisierung. Eine weitere Reifung, wie im Bericht des RAD vom 28. Januar 2013 gefordert, könne möglicherweise in Zukunft stattfinden, ohne dass man diesen Zeitraum jedoch definitiv abschätzen könne. Grundsätzlich sei aber bei der Durchführung der Massnahmen von einer tendenziell positiven Entwicklung auszugehen (BB-Nr. 2, S. 33 ff.).

6.2 Med. pract. G.___ vom RAD nahm am 24. Oktober 2016 zum Gutachten von Dr. med. L.___ Stellung. Sie bezeichnete es als nicht nachvollziehbar, dass die Gutachterin auf der Basis der umfassenden Unterlagen und der lege artis durchgeführten neuropsychologischen Abklärung 2012 mit IQ-Bestimmung zur Diagnose einer bleibenden hirnorganischen Retardierung bzw. eingeschränkten Intelligenz, Hinweisen auf lntelligenzminderung bzw. Grenzintelligenz komme. Die von der Gutachterin unter Konsistenz (Punkt 1, S. 46) angeführte Begründung sei nicht zutreffend. Mit IQ von 91 zeige der Versicherte eine normale Intelligenz (Norm 85 115); dies stelle eine Ressource und keine Einschränkung dar. Unter Punkt «2. Diskussion und Würdigung der Auswirkungen» (S. 47) nehme die Privatgutachterin Bezug auf multiple Traumatisierungen in der Kindheit und Jugend. Es seien in der Akte jedoch keine eigentlichen Traumata bezeichnet worden, weder früher noch heute. Die Gutachterin habe auch keine konkreten Vorfälle genannt. Auch die Gutachterin habe ein relevantes Suchtverhalten bezeichnet und als vordringliche Massnahme eine Entzugstherapie benannt, sogar stationär (s. Punkt 6. psychiatrische Empfehlung, S. 36 und Punkt 3. Verbleibende Therapieoptionen, S. 45). Nicht nachvollziehbar sei in diesem Zusammenhang ihre schlechte Prognose bei Abstinenz und unter adäquater Therapie. Sie, med. pract. G.___, weise ausdrücklich darauf hin, dass das IV-Verfahren aufgrund des nicht erfüllten MBZV eingestellt worden sei, und zwar, weil der Beschwerdeführer die ihm zumutbaren Behandlungsmassnahmen, die geeignet seien, seinen Gesundheitszustand wesentlich zu verbessern, nicht mitgemacht habe. Sie verweise auf den Abklärungsbericht des psychiatrischen Ambulatoriums vom 23. Februar 2015 und das E-Mail des behandelnden Psychologen K.___ vom 17. September 2015, wonach das Suchtverhalten als prioritär behandlungsbedürftig angesehen worden sei. Die medizinische Auflage für die Abstinenz sei vorgängig umfassend abgeklärt und sogar interdisziplinär mit dem Beschwerdeführer, dem Therapeuten, dem Hausarzt und der Beiständin besprochen worden (Verweis auf die Aktennotiz vom 21. August 2014). Entgegen der Meinung der Privatgutachterin könne auch nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer habe bisher angemessen kooperiert. Die unzureichende Compliance in der Psychotherapie beim Psychologen K.___ sei ausführlich dokumentiert. Als Fazit hielt die RAD-Ärztin fest, es handle sich um einen 24-jährigen Beschwerdeführer, der bei seit dem 17. Altersjahr persistierendem Suchtverhalten psychotherapeutisch unzureichend habe behandelt werden können und bei unzureichender Arbeitshaltung aktuell nicht eingliederbar sei. Versicherungsmedizinisch wäre ihm eine Suchtbehandlung zuzumuten. Aus versicherungsmedizinischer Sicht sei die Auflage zu Recht gemacht worden, da die Behandlung des Suchtverhaltens zur Verbesserung des Gesundheitszustands vordringlich sei. Ein unabhängig davon bestehender, irreversibler Gesundheitsschaden mit resultierender Arbeitsunfähigkeit sei bisher nicht ausgewiesen. Da der Beschwerdeführer die Auflage nicht erfüllt habe, resultiere ein vorläufiger Fallabschluss. Auch im Parteigutachten werde eine Entzugsbehandlung als vordringlich wichtig beurteilt. Die Schlussfolgerung, wonach trotz Abstinenz keine Verbesserung der Arbeitsfähigkeit erreicht werden könne, basiere auf einer objektiv nicht haltbaren Diagnostik einer eingeschränkten Kognition und Traumatisierung des Beschwerdeführers (A.S. 44 f.).

7. Im Beschwerdeverfahren ist das Gerichtsgutachten von Dr. med. M.___ (Psychiater) und Dr. med. N.___ (Neurologe) vom 30. August 2018 eingeholt worden (A.S. 65 ff.).

7.1 Der neurologische Teilgutachter Dr. med. N.___ führt aus, er habe den Beschwerdeführer klinisch-neurologisch, verhaltensneurologisch sowie elektroencephalographisch untersucht.

Klinisch-neurologisch finde sich ein unauffälliger Befund; dies betreffe sowohl die Hirnnerven wie auch Reflexe, Kraft und Sensibilität an oberen und unteren Extremitäten. Die Feinmotorik sei gegeben, und das Einbeinhüpfen mit geschlossenen Augen sei sicher und dynamisch ausgefallen. Es hätten sich aufgrund der klinisch-neurologischen Untersuchung keine Hinweise auf eine Verdeutlichungstendenz oder Aggravation ergeben.

In der verhaltensneurologischen Untersuchung hätten sich Defizite gefunden, die aktuell als leicht bis zumindest mässig zu bezeichnen seien und vorwiegend einer Störung frontaler Hirnfunktionen zugeordnet werden könnten; insbesondere auffällig sei eine stark ausgeprägte Rekrutierungsstörung für verbal-mnestische Inhalte. Wenn der Explorand Inhalte nicht rekrutieren müsse, wie dies z.B. im durchgeführten Validierungsverfahren der Fall sei, komme es zu sehr guten Leistungen (97,5 % richtiges Antwortverhalten im Greens Word Memory-Test) sowie deutlich besseren Leistungen bei zur Verfügungsstellung einer Rekrutierungshilfe im Rey Auditory Verbal Learning-Test. Zusätzlich bestehe ein vermindertes Konzept der eigenen Leistungsfähigkeit, eine Beeinträchtigung des Frequenzabrufs rückwärts als Hinweis auf eine reduzierte frontale Kontrolle, ein Planungsdefizit bei der Kopie der Rey Figur, eine gestörte fraktionierte Motorik. Diese Beeinträchtigungen entsprächen qualitativ den von Dr. phil. H.___ beschriebenen Auffälligkeiten mit ebenfalls Hinweisen auf insbesondere gestörte verbal-mnestische Leistungen; diese seien aber aktuell deutlich ausgeprägter als anlässlich der von ihm im Jahr 2013 durchgeführten Voruntersuchung.

Ein direkt nach der Untersuchung abgeleitetes Elektroencephalogramm zeige deutliche Hinweise auf eine erhöhte cerebrale Übererregbarkeit, wobei eine Epilepsie beweisende Graphoelemente nicht vorlägen. Dieser Befund könnte durchaus Ko-Faktor der erwähnten kognitiven Beeinträchtigungen sein und eine gewisse Variabilität aufweisen, was so auch die unterschiedlichen Untersuchungsresultate bei Dr. phil. H.___ im Jahr 2013 und nunmehr bei ihm, Dr. med. N.___, mit erklären könnte. Möglicherweise sei auch die erwähnte cerebrale Übererregbarkeit stark abhängig vom Vigilanzzustand des Exploranden bzw. davon, ob er die Nächte vorher einigermassen gut geschlafen habe oder nicht, zumal zusätzlich, zumindest anhand der Anamnese, eine schwere Schlafstörung vorliege. Bereits anlässlich von Voruntersuchungen sei von einer Kinderneurologin eine cerebrale Übererregbarkeit festgehalten worden, mit Beeinträchtigung frontaler Hirnabschnitte. Es sei möglich, dass die Beeinträchtigung des Exploranden Folge einer Geburtsschädigung sei. Fremdanamnestisch habe die Mutter erwähnt, dass man in der frühen Kindheit von einem POS ausgegangen sei.

Zur Frage nach medizinischen Massnahmen führt der neurologische Teilgutachter aus, insbesondere im Hinblick auf mögliche therapeutische Konsequenzen, falls sich eine Epilepsie objektivieren lasse, sei eine Hospitalisation im Rahmen eines Canna-bisentzugs mit weiterer Abklärung in einer «Epi-Klinik» unbedingt empfehlenswert.

Zur Arbeitsfähigkeit aus neurologischer Sicht führt Dr. med. N.___ aus, bei unklarer diagnostischer Situation sei eine abschliessende Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht möglich. Aufgrund der aktuell erhobenen Befunde sei allerdings im Zeitpunkt der Begutachtung von einer 100%igen Arbeitsunfähigkeit auf dem freien Arbeitsmarkt auszugehen. Denkbar sei eine Tätigkeit im geschützten Rahmen mit einer Belastung von maximal sechs Stunden täglich. Es sei durchaus denkbar, dass unter Cannabisentzug, falls ein solcher möglich sein sollte, und adäquater Behandlung der Schlafstörung sowie der allenfalls sich zur Darstellung bringenden epileptischen Störung eine deutliche Besserung der Arbeitsfähigkeit erreicht werden könne.

7.2 Der psychiatrische Teilgutachter Dr. med. M.___ nennt als Diagnosen aus seinem Fachgebiet (mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit) eine Persönlichkeitsstörung mit psychischen (ängstlich-vermeidenden, abhängigen selbstunsicheren) und organischen Anteilen (ICD-10 F61) bei einerseits POS-Diagnose im Kindesalter und leichten neuropsychologischen Dysfunktionen mit mässig verbalmnestischen Abrufschwächen, geringer verbaler spontansprachlicher Dynamik gemäss neuropsychologischer Untersuchung Invalidenversicherung [...] (Dr. phil. H.___, 28. Januar 2013) sowie eine unklare Schlafstörung, eventuell gemischt organischen / nicht organischen Ursprungs, zurzeit nicht abgeklärt, deswegen nicht ICD-10 codiert. Weiter nennt er als Diagnosen ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit anamnestisch eine depressive Episode, derzeit remittiert, und ein Cannabis-Abhängigkeitssyndrom.

In seiner Beurteilung erklärt Dr. med. M.___, aufgrund seiner Untersuchungsbefunde, der Angabe des Beschwerdeführers und der Aktenlage müsse derzeit mit grosser Wahrscheinlichkeit eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert werden. Diese Persönlichkeitsstörung habe sich auf einer organischen Grundlage entwickelt, dem als Kind diagnostizierten POS und einer psychodynamischen Grundlage, entstanden infolge der vielen negativen Beziehungserlebnisse, die sich wegen der organisch bedingten Verhaltensund Lernprobleme repetitiv negativ auf die Ressourcenund Strukturentwicklung der Psyche ausgewirkt hätten. Es habe eine chronifizierte Schwäche der Selbstberuhigung resultiert, was dazu geführt habe, dass der Explorand nicht einschlafen könne. Es habe ebenso ein instabiles Selbstwertsystem, eine instabile Integration der Aggression und eine Tendenz zum Rückzug infolge einer geschwächten Frustrationstoleranz und einem ausweichenden, ängstlichen Verhalten resultiert. Es sei somit zu einem Zusammenwirken und negativer Wechselwirkung zwischen organischen und psychodynamischen Elementen gekommen. Aus der frühen Lebensgeschichte des Exploranden sei bekannt, dass er einerseits an nächtlichen Angstzuständen, Alpträumen sowie Einnässen gelitten habe. Seine Mutter sei durch sein Verhalten überfordert gewesen, und er habe auch aufgrund seiner Verhaltensauffälligkeiten in der Schule ab dem 9. Lebensjahr in ein Kinderheim gehen müssen; dies habe zur Folge gehabt, dass der Explorand ab dem 9. Lebensjahr, d.h. also ab Ende der Latenz, während der Pubertät und Adoleszenz, also entwicklungspsychologisch vulnerablen Entwicklungsphasen, seine Sozialisierung in einer Institution erlebt habe. Der Kontakt zu den Eltern sei gewährleistet gewesen. Allerdings müsse der Kontakt zum Vater als doch brüchig und die Entwicklung nicht aktiv fördernd und haltend beurteilt werden. Desgleichen sei die Mutter offenbar bis zum 9. Lebensjahr des Exploranden durch das Verhalten des Sohnes andauernd überfordert gewesen, habe doch der Explorand an einem frühkindlichen POS gelitten. Er sei dann an jedem zweiten Wochenende zu einer Bauernfamilie gekommen, wo er offensichtlich wieder auf eine Situation gestossen sei, die seinen entwicklungsbedingten und geschwächten Ressourcen und Strukturen nicht adäquat habe entgegenkommen können. Der Explorand habe sich nicht ausufernd über die damaligen Erlebnisse oder über seine Eltern beklagt. Es müsse also festgestellt werden, dass der Explorand eine gewisse Distanz zu seinen Erlebnissen gewonnen habe. Angesichts des Strukturdefizits müsse aber angenommen werden, dass der Explorand seine Erlebnisse nicht wirklich verarbeitet habe. Es sei möglich, dass dies mit Ursache für die Schlafstörung des Exploranden sei. Wolle man die Färbung der Persönlichkeitsstörung des Exploranden beschreiben, so am ehesten als ängstlich-vermeidend, abhängig, selbstunsicher (ICD-10 F61). Der Explorand leide an einer Unausgeglichenheit in seiner Einstellung und im Verhalten in Bezug auf Affektivität, Antrieb, Impulskontrolle sowie Wahrnehmung und Denken. Er lebe in seiner Welt, habe quasi die Erfahrungen in sich verankert, dass ihm der Zugang in den ersten Arbeitsmarkt aufgrund eines Leidens, das er selber nicht in den Griff kriege, nämlich seine Schlafstörung, verwehrt sei. Er habe hier eine eher resignierte Einstellung. Der Antrieb des Exploranden sei durch die Schlafstörung an sich und mit grosser Wahrscheinlichkeit aufgrund auch seines eingeschränkten Motivationssystems beeinträchtigt. Das Verhaltensmuster des Exploranden könne bis in die Kindheit zurückverfolgt werden. Es sei über Jahre hinweg gleichförmig auffällig. Es sei eine institutionelle Unterbringung notwendig gewesen, um ihm einen genügend stabilen Rahmen zu bieten, was in der Familie und der öffentlichen Schule nicht möglich gewesen sei. Das Verhaltensmuster des Exploranden sei andauernd, gleichförmig chronifiziert, rigide, tiefgreifend und beeinflusse jegliche berufliche, aber auch persönliche Situation. Zum Letzten müsse gesagt werden, dass der Explorand daraus nie Konflikte ableite, weil sich offenbar seine Freunde und auch seine Freundin nicht gravierend daran störten, dass er am Alltag, am Berufsleben nicht teilnehme. Aufgrund seiner Aggressionshemmung werde er als sich zwar oft zurückziehender, aber im nahen Kontakt angenehmer, konsensfähiger Mensch erlebt. So lebe der Explorand in der Nähe des geregelten Tagesablaufs seiner Kollegen und seiner Freundin und habe dabei selbst eine ungeordnete, wenig strukturierte Lebenslaufbahn. Teilweise könne er quasi vom sozial strukturierten Windschatten seines Umfelds profitieren. Die Störung habe eindeutig in der Kindheit begonnen und sich seither, beurteile man den Verlauf im Längsschnitt, nicht verbessert, obwohl verschiedene Massnahmen, sei es die Arbeit im geschützten Rahmen, früher auch die heilpädagogischen und anderen Erziehungshilfen, später dann auch die Psychotherapie, durchgeführt worden seien. Die Störung sei mit einem subjektiven Leiden verbunden, was der Explorand aber eher dissimuliere; dies entspreche seinem ängstlich vermeidenden Verhalten. Solange er mit der Realität nicht gross in Kontakt komme und somit seine Defizite nicht zu sehr spüre, gehe es ihm psychisch einigermassen gut. Deswegen, so müsse der Referent annehmen, leide der Explorand aktuell auch nicht mehr an einer depressiven Symptomatik. Er sei nun seit mehr als sechs Monate nicht mehr im Arbeitsprozess integriert, habe also keine Enttäuschungserlebnisse und erlebe keine Zurückweisungen. Die Störung des Exploranden sei mit einer deutlichen Einschränkung verbunden, und dies seit der Kindheit, was die schulische Ausbildung und die berufliche und soziale Integration sowie Leistungsfähigkeit angehe. Zusammenfassend müsse festgestellt werden, dass unter Berücksichtigung der ICD-10-Kriterien die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung gesichert sei. Es sei noch einmal zu betonen, dass diese Persönlichkeitsstörung mit grosser Wahrscheinlichkeit sowohl einen organischen wie auch einen psychodynamischen Anteil habe. Die Privatgutachterin Dr. med. L.___ habe in ihrem Gutachten vom 15. August 2016 eine kombinierte Störung von Sozialverhalten und Emotionen (ICD-10 F92), eine mittelgradig depressive Episode mit somatischem Syndrom, eine leichte soziale Phobie und leichte kognitive Störungen sowie eine Cannabis-Abhängigkeit diagnostiziert. Der Referent sei der Auffassung, dass die Diagnose einer kombinierten Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen (ICD-10 F92.0), wie sie im ICD-10 beschrieben werde, durch eine Kombination von andauernden, aggressiven, dissozialen, aufsässigem Verhalten mit offensichtlichen und deutlichen Symptomen von Depression, Angst und sonstigen emotionalen Störungen geprägt sei. Diese Diagnose sei offensichtlich nicht genügend differenziert, um der Psychopathologie des Exploranden, auch im Längsschnitt betrachtet, gerecht zu werden. Der Explorand erfülle einige Kriterien nicht, insbesondere was die Aggression und das dissoziale Verhalten angehe. Der Referent gehe davon aus, dass das Vorliegen einer organisch und psychodynamisch begründeten Persönlichkeitsstörung dem Symptomenkomplex des Exploranden, der Psychopathologie im Längsschnitt betrachtet, weitaus näherkomme als die deskriptive, rein symptomorientierte Diagnose der kombinierten Störung des sozialen Verhaltens und der Emotionen. Das Sozialverhalten und die Emotionsprobleme des Exploranden seien Ausdruck eines Strukturund Ressourcendefizites, mithin wie argumentiert einer Persönlichkeitsstörung, die ihre Wurzeln in der frühen Entwicklung des Exploranden habe. Des Weiteren müsse beim Exploranden festgestellt werden, dass die früher diagnostizierte depressive Episode derzeit remittiert sei. Wie bereits oben festgehalten, stehe dies mit grosser Wahrscheinlichkeit damit in Zusammenhang, dass sich der Explorand dem Realitätsbezug doch grossflächig entzogen habe, weil er nicht mehr in der B.___ arbeite. Grund dafür sei seine Schlafproblematik. Die leichte soziale Phobie des Exploranden habe der Referent als solche bei der heutigen Untersuchung nicht objektivieren können. Der Explorand habe nicht über soziale Probleme, einen Rückzug, ein Vermeiden von Kontakten berichtet. Er habe etwa sieben bis zehn Kollegen, lebe mit einer Freundin zusammen, fühle sich nicht isoliert oder einsam und zeige kein Vermeideverhalten. Das Vermeideverhalten des Exploranden sei aus der Sicht des Referenten weniger bezogen auf die sozialen Kontakte als sein Bezug zur Realität, d.h. dem Erwachsenenleben mit der Berufstätigkeit, der Tagesstruktur, den Frustrationen und Enttäuschungen sowie auch Zurückweisungen, insgesamt mit dem Alltag. Der Explorand habe sich in kindlicher Art und Weise, nicht zuletzt bedingt durch seine nicht abgeklärte gravierende Schlafstörung, von diesem Kontakt zurückziehen können, was ihn mit grosser Wahrscheinlichkeit erleichtere und der Trigger für die depressive Symptomatik damit ausgefallen sei. Dass beim Exploranden kognitive Störungen vorlägen, sei in der Beurteilung von Dr. phil. H.___ differenziert nachgewiesen worden. Der Referent müsse dazu nicht weiter Stellung nehmen. Als weitere Diagnose liege ein Cannabis-Abhängigkeitssyndrom (ICD-10 F11.25) vor. Es handle sich um eine seit der Pubertät etablierte und chronifizierte, also suchtartig verwendete Selbstmedikation gegen die innere Unruhe und Anspannung. Aus der Sicht des Referenten müsse nicht zuletzt in Bezug auf das Cannabis-Abhängigkeitssyndrom und die beschriebene Schlafstörung des Exploranden festgestellt werden, dass der Explorand nie in Bezug auf seine Organizität, auch hinsichtlich der Schlafstörung, differenziert neurologisch und schlafphysiologisch abgeklärt worden sei. Es sei auch nie ein stationärer Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik realisiert worden, um eine differenzierte, quasi massgeschneiderte psychopharmakologische Behandlung der Schlafstörung an die Hand zu nehmen. Aus der Sicht des Referenten sei eine pharmakologische Behandlung angesichts der Problematik des Exploranden dringend indiziert und auch möglich. Die Symptomatik ziehe sich derart durch das Leben des Exploranden, dass mit grosser Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden müsse, dass der Explorand dieser Symptomatik, da sie mit grosser Wahrscheinlichkeit letztlich auch organisch mitbedingt sei, nicht ohne psychopharmakologische Hilfe Herr werden könne. Weil beim Exploranden nicht gesichert sei, welchen Ursprungs die Schlafstörung sei, d.h. inwieweit die Schlafstörung organisch bedingt sei oder nicht, nehme der Referent davon Abstand, die Diagnose einer nicht organischen Schlafstörung gemäss ICD-10 F51 zu stellen. Diese Diagnose sei erst möglich, wenn entsprechende Abklärungen und Befunde vorlägen (A.S. 95 ff.).

Der Therapieverlauf, also die psychotherapeutische Begleitung durch den Psychologen K.___, habe keine Verbesserung gezeigt; mit grosser Wahrscheinlichkeit habe diese mehrheitlich der Stabilisierung und Prophylaxe gedient. Rückblickend gesehen könne davon aber auch keine Verbesserung eines Strukturdefizits erwartet werden, da eine einmal wöchentlich stattfindende Behandlung angesichts des Strukturdefizits des Exploranden nicht genügend sei. Der Explorand habe sich aufgrund seiner Tendenz auszuweichen, auch seiner Enttäuschungserlebnisse, seiner ihn immer wieder aus den sozialen Bezügen werfenden Schlafstörungen, von der Psychotherapie zurückgezogen. Ansonsten habe der Explorand an den Massnahmen kooperativ teilgenommen; dies widerspiegle sich auch im Gespräch, denn der Explorand wirke kooperativ, zugewandt, glaubhaft, und er gebe differenziert Auskunft. Es scheine, dass der Explorand in einem guten Kontakt mehr leisten könne, als wenn er sich selber überlasten werde. Er brauche ein strukturgarantierendes Gegenüber. Der Explorand könne seine Initiative im Kontakt mit einer haltenden Bezugsperson besser aufbauen als alleine. Er sei derzeit nicht in adäquater psychiatrisch psychotherapeutischer Behandlung. Auch müsse die psychopharmakologische Behandlungsoption dringend abgeklärt werden. Wie bereits erwähnt, sei aus psychiatrisch-gutachterlicher Sicht dringend eine psychiatrische und somatische Abklärung der Schlafproblematik und einer zu etablierenden psychopharmakologischen Behandlung indiziert. Was die psychopharmakologischen Optionen der Schlafproblematik angehe, so seien hier noch keine Wege beschritten worden, auf denen versucht worden sei, den Exploranden bestmöglich in einer Kombination zwischen einem leichten Neuroleptikum und einem Antidepressivum zu helfen; dies sei in einem stationären Rahmen wahrscheinlich aber möglich und dem Exploranden mitgeteilt worden, der sich motiviert gezeigt habe. Was die organische Komponente der Persönlichkeitsstörung angehe, die ebenfalls noch nicht abschliessend geklärt sei, sei ebenfalls eine Abklärung indiziert. Dazu werde auch auf das neurologische Teilgutachten von Dr. med. N.___ verwiesen. Die bisherigen Eingliederungsmassnahmen seien während längerer Zeit stabilisierend und insofern erfolgreich gewesen, wobei der Explorand eigentlich immer im geschützten Rahmen gearbeitet habe. Ein Übertritt in den ersten Arbeitsmarkt sei nicht gelungen, obwohl die Invalidenversicherung schon viele Massnahmen bei der B.___ und der C.___ ermöglicht habe (A.S. 100 f.).

Die Ausprägung der Symptomatik müsse als schwer beurteilt werden; dies insbesondere unter Berücksichtigung der Aktenlage und der bisher getroffenen Massnahmen, vor allem was die berufliche Eingliederung des Exploranden angehe. Ausstehend seien die Abklärungen auf neurologischer Ebene und die Etablierung einer guten pharmakologischen Behandlung der Schlafprobleme des Exploranden. Mit grosser Wahrscheinlichkeit sei es die Schlafproblematik des Exploranden mit einer andauernden inneren Erregung, unter der er schon als Kind gelitten habe und die er in Anbetracht seiner Strukturdefizite und wahrscheinlich auch einer zusätzlichen organischen Komponente selber wenig beeinflussen könne, so dass dringend eine somatische Abklärung und daraus folgernd auch medikamentöse Behandlung erarbeitet werden müsse (A.S. 95).

Der Explorand sei bisher immer kooperativ gewesen. Die Abbrüche seien meistens durch die Schlafprobleme zustande gekommen. Es stelle sich die Frage, ob die Abbrüche auch psychodynamisch, gewollt aufgrund eines Rückzugs, einer fehlenden Kooperation, einer Verweigerungshaltung zustande gekommen seien. Angesichts der heutigen Befunde, unter Berücksichtigung der Aktenlage und des Verlaufs seit der Kindheit, müsse der Referent davon ausgehen, dass sich der Explorand immer wieder Mühe gebe, dann aber an der Grundproblematik, teils wegen seiner Persönlichkeitsstörung, dann aber auch wegen der Schlafstörung, scheitere (A.S. 104).

Abschliessend führt Dr. med. M.___ zu den Fragen des Gerichts Folgendes aus (A.S. 105 f.): Er könne derzeit weder zur definitiven Arbeitsfähigkeit des Exploranden im geschützten Rahmen noch im ersten Arbeitsmarkt definitiv Stellung nehmen. Es seien weitere Abklärungen auf somatischer Ebene in Bezug auf die Schlafproblematik und das neurologische Problem des Exploranden notwendig. Ebenso sei die Etablierung einer differenzierten beruhigenden und schlaffördernden Medikation im Rahmen einer stationären Behandlung, zum Beispiel in der Universitären Psychiatrischen Klinik [...], indiziert. Sobald diese Behandlungen und Abklärungen abgeschlossen seien, sich also auch eine psychopharmakologische Behandlung positiv ausgewirkt habe, könne die Wiedereingliederung des Exploranden erneut an die Hand genommen werden (A.S. 105).

7.3 In ihrer Konsensbeurteilung (A.S. 106 ff.) legen die beiden Gutachter dar, sie seien nach eingehender Diskussion zum Schluss gekommen, dass weitere Abklärungsmassnahmen indiziert seien. Solange die vorgeschlagenen weiteren Abklärungen und therapeutischen Massnahmen nicht in die Wege geleitet worden seien, könnten die Referenten nicht definitiv zur Arbeitsund Leistungsfähigkeit Stellung beziehen. Beim Cannabis-Konsum handle es sich um eine sekundäre Sucht; diese entspreche zumindest teilweise einem Selbstheilungsversuch. Inwieweit der Cannabis-Konsum die Schlafarchitektur, die Schlafqualität und -quantität des Beschwerdeführers allenfalls negativ beeinflusse, könne erst beurteilt werden, wenn der Explorand auch psychopharmakologisch in Bezug auf seine Schlafprobleme optimal eingestellt sei. Grundsätzlich sei es dem Beschwerdeführer aus psychiatrisch-gutachterlicher Sicht zuzumuten, den Cannabiskonsum zu sistieren. Ob er aber aufgrund seiner Defizite auf organischer Ebene strukturell dazu in der Lage sei, die Abstinenz über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten, müsse offenbleiben. Es müsse weiter festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer eine psychopharmakologische Behandlung benötige, die seine Schlafqualität und quantität und den Schlafrhythmus sowie die Schlafarchitektur verbesserten; dies werde ihm dabei helfen, die Cannabis-Abstinenz zu erhalten. Weiter sei es dem Beschwerdeführer grundsätzlich zuzumuten und aufgrund der vorliegenden Befunde auch indiziert, regelmässig in eine sozial-psychiatrische, psychotherapeutische Behandlung zu gehen. Er benötige Hilfe bei der Verarbeitung seiner Problematik, auf die er sich nicht gut einstellen könne. Er habe keine Introspektionsfähigkeit. Auch deswegen benötige er Hilfe, da er die anfallenden täglichen Probleme und inneren Konflikte zu wenig gut alleine verarbeiten könne. Auch zur Unterstützung der Wiedereingliederung und zur Aufrechterhaltung der Compliance und der Abstinenz sei dringend eine sozialpsychiatrische, psychotherapeutische Begleitung notwendig. Vorteilhaft wäre es, wenn der Beschwerdeführer zu einem ärztlichen Psychotherapeuten gehen könnte, weil dieser sich zusätzlich auch um die Compliance und die Medikamente im Allgemeinen kümmern könne. Eine Aufteilung zwischen medikamentöser Betreuung und psychotherapeutischer Betreuung durch eine delegierte Psychotherapie sei aber auch möglich. Weiter halten die Gutachter fest, im Vergleich zur Situation bei Erlass der Verfügung vom 18. Mai 2016 habe sich keine wesentliche Veränderung ergeben. Diese letztere Bemerkung ist bezeichnet als Antwort auf eine entsprechende Frage der Beschwerdegegnerin, die diese aber, wie sie in ihrer Eingabe vom 22. Oktober 2018 zu Recht festhält, nicht gestellt bzw. beantragt hatte; dies ändert nichts daran, dass es grundsätzlich sinnvoll ist, die Entwicklung zwischen Verfügung und Begutachtung zu beschreiben.

8.

8.1 Bei Erlass der angefochtenen Verfügung lagen der Beschwerdegegnerin die Untersuchungsberichte des Neuropsychologen Dr. med. H.___ und der Psychiaterin Dr. med. I.___, die Berichte der behandelnden Fachpersonen, insbesondere des Psychologen K.___, und die fachlichen Einschätzungen durch die RAD-Ärztin Dr. med. G.___ vor.

8.1.1 Die RAD-Psychiaterin Dr. med. I.___ kam in ihrem Untersuchungsbericht vom 4. März 2013 (IV-Nr. 135), der materiell Gutachtensqualität aufweist, zum Ergebnis, es lasse sich derzeit noch kein fixierter invalidisierender Gesundheitsschaden eruieren. Sie hielt aber gleichzeitig fest, dem Beschwerdeführer sei zurzeit noch keine Arbeitsfähigkeit in der freien Wirtschaft zuzumuten. Wie sich dem Gutachten von Dr. med. I.___ weiter entnehmen lässt, geht sie von einer Symptomatik aus, bei welcher man «im definitiven Erwachsenenalter» von einer Persönlichkeitsstörung sprechen würde. Wenn sie stattdessen die (nicht in ICD-10 figurierende) Diagnose einer Persönlichkeitsentwicklungsstörung vorzieht, beruht dies auf ihrer Einschätzung, angesichts des noch jungen Lebensalters des Beschwerdeführers könne bei geeigneter pädagogischer und therapeutischer Unterstützung noch mit einer Verbesserung gerechnet werden. Dr. med. I.___ empfahl eine neue Prüfung frühestens nach ein bis zwei Jahren.

8.1.2 In der Folge wurde eine Psychotherapie begonnen. Im weiteren Verlauf der Berichterstattung rückte der Cannabiskonsum ins Zentrum. Die angeordneten Urinproben fielen zunächst durchwegs positiv aus. Der Beschwerdeführer wies am Arbeitsplatz in der B.___ viele (grossenteils unentschuldigte) Absenzen auf, und die Termine im Rahmen der ambulanten Psychotherapie nahm er nur sehr unregelmässig wahr (vgl. IV-Nr. 156). Deshalb wandte sich die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 22. August 2014 (IV-Nr. 164) an den Beschwerdeführer. Sie hielt zunächst fest, gemäss der medizinischen Beurteilung durch die Beschwerdegegnerin sei es dem Beschwerdeführer möglich und zuzumuten, durch medizinische Massnahmen eine gewisse Arbeitsfähigkeit zu erhalten oder wieder zu erlangen. Weiter forderte die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer auf, die Therapietermine bei Herrn K.___ lückenlos einzuhalten, unentschuldigte Absenzen in der B.___ zu vermeiden und bis spätestens in drei Monaten zusammen mit dem Psychologen K.___ zu entscheiden, welche medizinischen und pädagogischen Massnahmen er benötige, um die erforderliche Cannabisabstinenz einzuhalten. Gleichzeitig wurde angekündigt, die Beschwerdegegnerin werde die Leistungen verweigern, falls der Beschwerdeführer bei den geforderten medizinischen sowie pädagogischen Massnahmen nicht oder nur ungenügend mitwirke. Im Bericht des Psychologen K.___ vom 23. Februar 2015 (IV-Nr. 178; E. II. 5.7 hiervor) wurde über gewisse Fortschritte berichtet. Nachdem keine dauernden Fortschritte erzielt worden waren (vgl. Protokollauszüge der Zeit vom 9. März 2015 bis 18. November 2015), und eine beginnende Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis ausgeschlossen worden war (E. II. 5.8 hiervor), empfahl die RAD-Ärztin med. pract. G.___ am 26. November 2015, das Dossier abzuschliessen. Sie begründete dies damit, dass aufgrund des nicht erfüllten Mahnund Bedenkzeitverfahrens keine beruflichen Massnahmen eingeleitet werden könnten und aktuell auch kein IV-relevanter Gesundheitsschaden bestehe.

8.1.3 Wie erwähnt, ging die Psychiaterin des RAD, Dr. med. I.___, im März 2013 davon aus, beim 1991 geborenen Beschwerdeführer liege eine Symptomatik vor, die im «definitiven Erwachsenenalter» einer Persönlichkeitsstörung entsprechen würde. Wegen dieser Symptomatik beurteilte sie eine Arbeitstätigkeit in der freien Wirtschaft als nicht zumutbar. Dr. med. I.___ hielt allerdings unter gewissen Voraussetzungen einer Verbesserung der Symptomatik im Sinne einer «Nachreifung und Weiterentwicklung» für möglich, so dass kein fixierter invalidisierender Gesundheitsschaden vorliege. Deshalb diagnostizierte sie keine Persönlichkeitsstörung, sondern eine Persönlichkeitsentwicklungsstörung und empfahl eine neue Prüfung frühestens nach ein bis zwei Jahren. In den Berichten über die im Januar 2014 begonnene psychologische Behandlung wird als Hauptproblem eine langjährige «Problematik des Verschlafens» und damit verbundene Probleme bei der Arbeit genannt. Diagnostiziert wird (neben Tabakund Cannabisabhängigkeit) anamnestisch ein ADS mit leichten neuropsychologischen Dysfunktionen, einfache Aktivitätsund Aufmerksamkeitsstörung (Bericht über das Erstgespräch vom 9. Januar 2014, IV-Nr. 157, S. 2 f.; Bericht vom 23. Februar 2015, IV-Nr. 178). Der Schwerpunkt der psychotherapeutischen Gespräche lag auf «Cannabis-Abhängigkeit, Ambivalenz-Steigerung, Umgang mit aufkommenden Gefühlen, Stressoren, Emotionsregulation, Freizeitgestaltung» (vgl. IV-Nr. 178 S. 3). Die Akten sprechen nicht dafür, dass eine dauerhafte erhebliche Verbesserung der Situation erreicht worden wäre.

8.1.4 Zusammenfassend hatte die IV-Stelle zur Abklärung des Gesundheitszustands und der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers die IV-interne Begutachtung durch den Neuropsychologen Dr. phil. H.___ und die Psychiaterin Dr. med. I.___ veranlasst. Die entsprechenden Untersuchungen fanden im Januar 2013 statt. Die Psychiaterin beurteilte die Arbeitsfähigkeit zurückhaltend und hielt die Gefahr, dass sich eine Persönlichkeitsstörung ausbilden könnte, für realistisch. Sie empfahl eine neue Prüfung in frühestens ein bis zwei Jahren. In der Folge ging die psychotherapeutische Behandlung von anderen Diagnosen aus, wobei zusätzlich ein erheblicher Cannabiskonsum festgestellt wurde, dem in der Therapie entscheidendes Gewicht beigemessen wurde. Erhebliche Fortschritte wurden in der Folge nicht erzielt. Eine fachärztliche psychiatrische Beurteilung wurde bis zum Erlass der Verfügung vom 18. Mai 2016 nicht mehr eingeholt. Dieser Entscheid basierte auf der Annahme, es liege kein invalidisierender Gesundheitsschaden vor. Diese Einschätzung war aber in den damaligen Akten nicht hinreichend abgestützt: Die gutachterliche Beurteilung hatte drei Jahre zuvor eine für die Arbeitsfähigkeit relevante Symptomatik (wenn auch keinen «fixierten invalidisierenden Gesundheitsschaden») bejaht. Eine Verbesserung erschien zwar als möglich, aber nicht gesichert, weshalb eine erneute Prüfung (nach frühestens ein bis zwei Jahren) als angezeigt erschien. Die Berichte über die anschliessende Behandlung vermitteln kein zuverlässiges Bild über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers, welches die von Dr. med. I.___ empfohlene neuerliche fachärztliche Prüfung als entbehrlich erscheinen liesse. Ebenso wenig lässt der später festgestellte erhebliche Cannabiskonsum die Beurteilung von Dr. med. I.___ als überholt erscheinen. Gestützt auf die bei Verfügungserlass vorhandenen Akten liess sich nicht beurteilen, ob ein IV-relevanter psychischer Gesundheitsschaden vorlag, ob die von Dr. med. I.___ befürchtete Entwicklung hin zu einer Persönlichkeitsstörung eingetreten war, wie sich diese allenfalls auf die Arbeitsfähigkeit auswirkte, und ob die Nichterfüllung der im Schreiben vom 22. August 2014 formulierten Auflagen gesundheitliche Gründe haben könnte. Der relevante Sachverhalt war somit zu diesem Zeitpunkt nicht genügend abgeklärt.

8.2 Der Beschwerdeführer liess in der Folge das Privatgutachten von Dr. med. L.___ vom 15. August 2016 einreichen. Nach der bereits zitierten Rechtsprechung (E. II 3.5 hiervor) besitzt ein solches Gutachten nicht den gleichen Stellenwert wie ein Gutachten, das ein Versicherungsträger im Rahmen von Art. 44 ATSG einholt. Parteigutachten können Zweifel an den Ergebnissen früherer Abklärungen wecken und zu ergänzenden Abklärungen führen. Hier war allerdings, wie vorstehend dargelegt, unabhängig vom Gutachten von Dr. med. L.___ ein Abklärungsdefizit festzustellen, das Anlass zu weiteren Abklärungen geben musste; diese hätten sich erübrigt, wenn das Privatgutachten als derart überzeugend erschiene, dass es eine geeignete Grundlage für die abschliessende Anspruchsbeurteilung bilden könnte. So verhält es sich jedoch nicht, denn das Gutachten kann nicht als schlüssig und nachvollziehbar gelten. Es weist eine Reihe von Punkten auf, die nicht nachvollziehbar sind oder zumindest Anlass zu erheblichen Zweifeln geben: Ein zentraler Punkt der Argumentation von Dr. med. L.___ besteht in der Annahme, der Beschwerdeführer habe in der Kindheit und Jugend nicht nur unter Geburtsgebrechen (insbesondere POS) gelitten, sondern auch schwere Traumatisierungen erlebt; worin diese genau bestanden haben sollen, wird aber nur in Umrissen dargelegt (emotionale Vernachlässigung, körperliche Misshandlung, frühe Trennungsund Heimerfahrungen; Gutachten S. 28). Konkrete Traumatisierungen werden kaum beschrieben; soweit dies doch geschieht, geht die Gutachterin u.a. davon aus, der Beschwerdeführer (geb. 1991) sei im Primarschulalter Opfer körperlicher Misshandlungen durch die Lehrerin geworden (Gutachten S. 30 unten). Derartige Vorfälle an einer hiesigen öffentlichen Schule waren aber schon damals kaum vorstellbar und wurden vom Beschwerdeführer, soweit ersichtlich, weder vorher noch nachher jemals erwähnt. Die Gutachterin, die diesem Umstand und der daraus resultierenden Traumatisierung für ihre Beurteilung erhebliches Gewicht beimisst, hätte diesbezüglich genauere Nachfragen tätigen müssen. Ein weiterer zentraler Bestandteil der Argumentation der Gutachterin besteht in der Aussage, der Beschwerdeführer weise reduzierte intellektuelle Fähigkeiten auf, was durch die IQ-Tests bestätigt werde; dies lässt sich für die Kindheit (IQ 77 mit sieben Jahren) und mit Einschränkungen für die Jugend (IQ 83 mit 14 Jahren) nachvollziehen, nicht aber für die aktuelle Situation, hatte doch der IQ-Test von Februar 2013 einen Wert von 91, also im Normbereich, ergeben. Damit besteht, wie die RAD-Ärztin med. pract. G.___ zu Recht festhält, durchaus ein gewisses kognitives Potenzial. Generell fällt auf, dass die Gutachterin ausserordentlich viel Gewicht auf die Kindheit und Jugend des Beschwerdeführers legt, während der konkrete Verlauf seit der IV-Anmeldung im Vergleich dazu wenig Raum einnimmt. Auch die gestellten Diagnosen gemäss ICD-10 vermögen nicht vollumfänglich zu überzeugen. So sollte die Diagnose einer leichten kognitiven Störung (ICD-10 F06.7) nur in Verbindung mit einer körperlichen Krankheit gestellt und bei Vorliegen einer anderen psychischen oder Verhaltensstörung aus dem Abschnitt F10-F99 nicht verwendet werden. Es kommt hinzu, dass sich die charakteristischen Merkmale, nämlich Gedächtnisstörungen, Lernschwierigkeiten und die verminderte Fähigkeit, sich länger Zeit auf eine Aufgabe zu konzentrieren, im Rahmen der neuropsychologischen Untersuchung durch Dr. phil. H.___ so nicht (mehr) gezeigt hatten. Die dort festgestellten Defizite betrafen mässige verbal-mnestische Abrufschwächen und eine geringe verbale/spontansprachliche Dynamik (vgl. IV-Nr. 134, S. 7). Was die weiter diagnostizierte, kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen (ICD-10 F92) anbelangt, lässt sich das von der Gutachterin erwähnte «aggressive, dissoziale und aufsässige Verhalten» anhand der Akten zwar allenfalls für die Jugendzeit nachvollziehen (vgl. die Berichte aus dem Jahr 2006, IV-Nr. 123); die aus jüngerer Zeit datierenden Berichte der behandelnden Psychologen und der B.___ enthalten aber keine diesbezüglichen Hinweise.

Zusammenfassend bildet das Privatgutachten von Dr. med. L.___ keine hinreichende Basis für die abschliessende Anspruchsbeurteilung. Deshalb hat ein gerichtliches Gutachten eingeholt werden müssen.

8.3 Das bidisziplinäre Gutachten des Psychiaters Dr. med. M.___ und des Neurologen Dr. med. N.___ basiert auf den vollständigen Vorakten, einer persönlichen Untersuchung in beiden Disziplinen und einer Konsensbesprechung zwischen den beiden Experten. Das Gerichtsgutachten stützt sich somit auf vollständige Grundlagen. Zu prüfen bleibt, ob es auch inhaltlich zu überzeugen vermag.

8.3.1 Das neurologische Teilgutachten von Dr. med. N.___ (vgl. E. II. 7.1 hiervor) hat einen unauffälligen klinischen Befund ergeben. Hinweise für eine erhebliche Störung haben dagegen aus der verhaltensneurologischen Untersuchung resultiert; diese umfasst verschiedene Tests, die denjenigen einer neuropsychologischen Abklärung, wie sie im Februar 2013 durch Dr. phil. H.___ vorgenommen wurde (vgl. E. II. 5.2 hiervor), eng verwandt sind. In diesem Zusammenhang fällt auf, das Dr. med. N.___ einleitend festhält, das Gericht habe eine bidisziplinäre Begutachtung «(neurologisch, neuropsychologisch und psychiatrisch)» in Auftrag gegeben (A.S. 66). Das Gericht hat in der Verfügung vom 6. Juli 2018 (A.S. 47) die Fachdisziplinen nicht ausdrücklich genannt, sondern einzig festgehalten, es sei vorgesehen, mit der Begutachtung Dr. med. M.___, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, und Dr. med. N.___, Facharzt FMH für Neurologie, zu beauftragen. In einem Schreiben an den Hausarzt (betreffend Urinproben) vom gleichen Datum (A.S. 54) ist allerdings die Rede von einem «psychiatrischen und neurologischen-neuropsychologischen-verhaltensneurologischen» Gutachten. Es ist daher nachvollziehbar, dass Dr. med. N.___ den Eindruck erhalten hat, sein Auftrag umfasse auch eine neuropsychologische Untersuchung. Allerdings hat das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen in einem Urteil vom 5. September 2019 (IV 2018/351, auf dem Internet abrufbar) erkannt, ein Facharzt für Neurologie sei nicht hinreichend qualifiziert, um eine neuropsychologische Begutachtung durchzuführen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat daraufhin in einem Schreiben vom 3. Oktober 2019 festgehalten, der dort am Recht stehende Gutachter (Facharzt für Neurologie) sei für neuropsychologische Begutachtungen nicht mehr zugelassen. Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, ob das neurologische Teilgutachten von Dr. med. N.___, das schwergewichtig auf dem Ergebnis der verhaltensneurologischen, insbesondere auch der psychometrischen Untersuchung basiert, als beweiskräftig gelten kann.

Aber auch unabhängig davon kann dem neurologischen Teilgutachten keine volle Beweiskraft beigemessen werden: Dr. med. N.___ hat eine aktuell leicht bis mässig ausgeprägte kognitive Beeinträchtigung, insbesondere mit Störung vom Frontalhirn vermittelter Hirnfunktionen mit ausgeprägter Rekrutierungsstörung, vermindertem Konzept der Leistungsfähigkeit, gestörtem Selbstmonitoring sowie Planungsdefizit bei Cannabisabusus, möglicher frühkindlicher Hirnschädigung und anamnestisch ausgeprägter Schlafstörung diagnostiziert. Der Gutachter führt aus, die Beeinträchtigungen entsprächen qualitativ den von Dr. phil. H.___ beschriebenen Auffälligkeiten mit ebenfalls Hinweisen auf insbesondere gestörte verbal-mnestische Leistungen, seien aber aktuell deutlich ausgeprägter als anlässlich der Voruntersuchung aus dem Jahr 2013. Weiter führt Dr. med. N.___ aus, das Encephalogramm weise deutliche Hinweise auf eine erhöhte cerebrale Übererregbarkeit auf, die durchaus ein Ko-Faktor der erwähnten kognitiven Beeinträchtigungen sein und eine gewisse Variablität aufweisen könnte, was auch die unterschiedlichen Untersuchungsergebnisse erklären würde. Zudem liege anhand der Anamnese eine schwere Schlafstörung vor. Zur Arbeitsfähigkeit hält er zunächst fest, bei unklarer diagnostischer Situation sei eine abschliessende Beurteilung nicht möglich, um dann fortzufahren, aufgrund der aktuell erhobenen Befunde sei im Zeitpunkt der Begutachtung von einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % auf dem freien Arbeitsmarkt auszugehen. Es sei denkbar, dass ein Cannabisentzug, eine adäquate Behandlung der Schlafstörung sowie der allenfalls sich zur Darstellung bringenden epileptischen Störung zu einer deutlichen Besserung der Arbeitsfähigkeit führen könnte. Diese Aussagen können nicht als schlüssig bezeichnet werden, zumal sie sich teilweise widersprechen. Zudem wird nicht nachvollziehbar dargelegt, warum die erhobenen Befunde, also offenbar die diagnostizierte kognitive Beeinträchtigung, zu einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit führen soll. In der Konsensbesprechung beider Gutachter ist denn auch von dieser Einschätzung abgewichen worden, und die Experten haben festgehalten, sie könnten zurzeit nicht definitiv zur Arbeitsund Leistungsfähigkeit Stellung beziehen (A.S. 107).

8.3.2 Das psychiatrische Teilgutachten von Dr. med. M.___ (vgl. E. II. 7.2 hiervor) enthält eine nachvollziehbare und überzeugende Herleitung der Diagnosestellung. Der Gutachter legt plausibel dar, warum er von einer Persönlichkeitsstörung ausgeht und andere Diagnosen, wie etwa diejenigen, die Dr. med. L.___ in ihrem Privatgutachten gestellt hatte, verwirft. Seine Einschätzung lässt sich mit den Vorakten, insbesondere auch dem Untersuchungsbericht der RAD-Psychiaterin Dr. med. I.___, grossenteils vereinbaren. Dem Gutachten kommt in diesem Sinn Beweiskraft zu; dies gilt auch für die Ausführungen von Dr. med. M.___, wonach eine definitive Stellungnahme zur Arbeitsfähigkeit des Exploranden nicht möglich sei, weil die Schlafproblematik weiter abgeklärt und gegebenenfalls behandelt werden müsse. Wie der Gutachter zutreffend festhält (vgl. A.S. 106), scheiterten die Wiedereingliederungsmassnahmen bisher mehrheitlich an der Schlafproblematik und dem Tagesrhythmus des Beschwerdeführers (dieser gab im Rahmen der Exploration an, er stehe jeweils zwischen 12 und 14 Uhr auf, A.S. 93).

8.3.3 Die Konsensbeurteilung entspricht in weiten Teilen der psychiatrischen Beurteilung und vermag ebenfalls zu überzeugen. Danach lässt sich die Arbeitsfähigkeit aus der Sicht der in die Begutachtung involvierten Disziplinen auf der Basis der vorhandenen Informationen nicht abschliessend beurteilen. Notwendig sind Abklärungen aus einer spezifisch schlafmedizinischen Perspektive, die gegebenenfalls in eine entsprechend Behandlung münden können. Weiter ist gestützt auf die Angaben des neurologischen Teilgutachters zu prüfen, ob eine weitere Abklärung hinsichtlich einer allfälligen Epilepsie angezeigt ist. Wohl wurde, wie auch Dr. med. N.___ erwähnt, im November 2006 eine entsprechende Testung durchgeführt, die unauffällig blieb (vgl. IV-Nr. 123, S. 4). Das neurologische Teilgutachten geht aber davon aus, eine aktuelle Untersuchung könnte neue Erkenntnisse bringen und hält es auch unter Berücksichtigung des durch Dr. med. N.___ selbst veranlassten Encephalogramms, das Hinweise auf eine cerebrale Übererregbarkeit, aber keine eine Epilepsie beweisenden Graphoelemente ergab für möglich, dass eine epileptische Störung zur Darstellung gebracht werden könnte. Die Beschwerdegegnerin, an welche die Sache zurückzuweisen ist, wird zu prüfen haben, welche Untersuchungen hier allenfalls weiterführen könnten.

8.4 Zusammenfassend ist gestützt auf das Gerichtsgutachten von Dr. med. M.___ und Dr. med. N.___ davon auszugehen, dass sich die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers aus medizinischer Sicht nicht abschliessend beurteilen lässt. Erforderlich ist in erster Linie eine ergänzende Abklärung der Schlafproblematik. Es wird zu untersuchen sein, wie sich die Schlafproblematik äussert, ob eine eigentliche Schlafstörung vorliegt und gegebenenfalls, ob diese medizinisch begründet und einer medizinischen Behandlung zugänglich ist; sollte dies zutreffen, wäre die Behandlung nötigenfalls im Rahmen eines neuerlichen Mahnund Bedenkzeitverfahrens einzuleiten. Weiter ist zu prüfen, ob ergänzende Abklärungen zur Epilepsie und weitere somatische Abklärungen zusätzliche Erkenntnisse versprechen. Nach Abschluss dieser Untersuchungen wird gegebenenfalls nochmals eine psychiatrische sowie eventuell zusätzlich eine neurologische und/oder neuropsychologische Begutachtung durchzuführen sein. Da es sich bei der Schlafstörung, wie dem Gerichtsgutachten deutlich zu entnehmen ist, um eine bisher nicht abgeklärte Frage handelt, ist eine Rückweisung an die Beschwerdegegnerin zulässig (BGE 137 V 210 E. 4.4.1.4 S. 264); eine solche ist auch deshalb angezeigt, weil die erforderlichen Abklärungen nicht nur eine Begutachtung umfassen, die auch das Gericht in die Wege leiten könnte, sondern voraussichtlich ein Vorgehen in mehreren Schritten notwendig sein wird.

9. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde in dem Sinne gutzuheissen, als die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Sache an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens kann von der durch den Beschwerdeführer beantragten Durchführung einer öffentlichen Verhandlung im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK abgesehen werden (BGE 122 V 47 E. 3b/ff).

10.

10.1 Praxisgemäss gilt es unter dem Gesichtspunkt des Anspruchs auf eine Parteientschädigung im Streit um eine Sozialversicherungsleistung bereits als Obsiegen, wenn die versicherte Person ihre Rechtsstellung im Vergleich zu derjenigen nach Abschluss des Administrativverfahrens insoweit verbessert, als sie die Aufhebung einer ablehnenden Verfügung und die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zu ergänzender Abklärung und neuer Beurteilung erreicht (BGE 132 V 215 E. 6.2 S. 235 f.). Dem Beschwerdeführer steht somit eine ordentliche Parteientschädigung zu, die die Beschwerdegegnerin zu bezahlen hat.

10.2 Der Vertreter des Beschwerdeführers hat in seinen Kostennoten vom 4. Oktober 2016 (A.S. 39 f.) und 16. Januar 2019 (A.S. 133 ff.) einen Zeitaufwand von insgesamt 17,14 Stunden geltend gemacht, was bei einem Stundenansatz von CHF 250.00 einem Honorar von insgesamt CHF 4285.00 entspricht; dazu kommen Auslagen von insgesamt CHF 387.55 (jeweils zzgl. MwSt). Der geltend gemachte Aufwand enthält allerdings auch Kanzleiarbeit, die im Stundenansatz eines Anwalts inbegriffen und daher nicht separat zu entschädigen ist. Bei nicht eindeutig bezeichneten Positionen (wie «Brief an Klient») geht das Gericht praxisgemäss von Orientierungskopien oder sonstigem Kanzleiaufwand aus. Vorliegend entfallen auf Positionen, die als Kanzleiaufwand oder prozessfremder Aufwand (z.B. Bemühungen für im Verfahren nicht involvierte Personen [Dr. [...], soziale Dienste) zu qualifizieren sind, insgesamt 5,89 Stunden. Ferner ist von den in beiden Kostennoten geltend gemachte Positionen «nachprozessualer Aufwand» von je einer Stunde nur eine Position bzw. eine Stunde zu berücksichtigen. Folglich bleibt ein Zeitaufwand von insgesamt (rund) 10,25 Stunden zu entschädigen.

Die geltend gemachten Auslagen von insgesamt CHF 387.55 sind in Beachtung von § 158 Abs. 5 GT für Fotokopien werden unverändert 50 Rappen pro Stück vergütet  sowie bezüglich der Positionen «Kopien», die im Verfahren nicht Beteiligte betreffen, zu kürzen bzw. auf CHF 163.55 festzusetzen. Folglich hat die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von CHF 2941.00 zu bezahlen (6,09 Stunden zu CHF 250.00, zzgl. Auslagen von CHF 70.40 und 8 % MwSt, sowie 4,16 Stunden zu CHF 250.00, zzgl. Auslagen von CHF 93.15 und 7,7 % MwSt).

10.3 Der Beschwerdeführer verlangt weiter, die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, ihm die Kosten des durch ihn eingeholten Gutachtens von Dr. med. L.___ vom 15. August 2016 in der Höhe von CHF 6'000.00 zu erstatten.

10.3.1 Nach der Rechtsprechung sind unter dem Titel der Parteientschädigung nach Art. 61 lit. g ATSG auch die Kosten privat eingeholter Gutachten zu vergüten, soweit die Parteiexpertise für die Entscheidfindung unerlässlich war (BGE 115 V 62 E. 5c S. 63; Urteil des Bundesgerichts I 1008/06 vom 24. April 2007 E. 3.1 mit Hinweisen); dies ist dann der Fall, wenn sich der medizinische Sachverhalt erst aufgrund des Privatgutachtens schlüssig feststellen lässt und dem Versicherungsträger insoweit eine Verletzung der ihm im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes obliegenden Pflicht zur rechtsgenüglichen Sachverhaltsabklärung vorzuwerfen ist (Urteil des Bundesgerichts 8C_508/2014 vom 4. November 2014 E. 6).

10.3.2 Wie sich aus den vorstehenden Erwägungen (E. II. 8.1 und 8.2) ergibt, sind die Voraussetzungen einer Kostenübernahme nicht erfüllt: Der medizinische Sachverhalt erforderte unabhängig vom Privatgutachten ergänzende Abklärungen. Das Gutachten von Dr. med. L.___ selbst kann nicht als beweiskräftig gelten. Das in der Folge eingeholte Gerichtsgutachten gelangte denn auch zu gänzlich anderen Ergebnissen. Das Privatgutachten hat den vorliegenden Entscheid daher in keiner Weise beeinflusst. Folglich besteht kein Anspruch des Beschwerdeführers auf einen Kostenersatz durch die Beschwerdegegnerin, weshalb der diesbezügliche Antrag abzuweisen ist.

11.

11.1 Aufgrund von Art. 69 Abs. 1bis IVG ist das Beschwerdeverfahren bei Streitigkeiten um die Bewilligung oder die Verweigerung von IV-Leistungen vor dem kantonalen Versicherungsgericht kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von CHF 200.00 1000.00 festgelegt. Nach dem Ausgang des vorliegenden Prozesses hat die Beschwerdegegnerin die Verfahrenskosten von CHF 600.00 zu bezahlen.

11.2 Die Kosten eines Gerichtsgutachtens sind dem Versicherungsträger aufzuerlegen, wenn dieser den Sachverhalt unvollständig abgeklärt und damit den Untersuchungsgrundsatz verletzt hat, so dass das Gericht das Gutachten einholen musste, um die Abklärungslücke zu schliessen (vgl. BGE 139 V 496 E. 4.4 S. 502). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt: Wie dargelegt (E. II. 8.1 hiervor), erlaubte die medizinische Aktenlage, wie sie bei Erlass der Verfügung vom 18. Mai 2016 vorlag, keine abschliessende Anspruchsbeurteilung; insbesondere war unklar, wie sich der Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit in der Zeit nach der Untersuchung durch Dr. med. I.___, welche im Januar 2013 stattfand, entwickelt hatte. Diese Frage hätte ergänzend geklärt werden müssen, zumal Dr. med. I.___ empfohlen hatte, nach ein bis zwei Jahren eine Überprüfung vorzunehmen. Die der angefochtenen Verfügung zugrundeliegende These, es liege kein invalidisierender Gesundheitsschaden vor, war durch die Aktenlage nicht hinreichend abgestützt.

11.3 Vor diesem Hintergrund und weil auch das vom Beschwerdeführer eingereichte Privatgutachten nicht als beweiswertig angesehen werden konnte, war das Versicherungsgericht gehalten, ein Gerichtsgutachten einzuholen. Dessen Kosten sowie diejenigen der Konsultation beim Hausarzt sowie die Auslagen für das Labor von insgesamt CHF 12'106.70 (CHF 5'500.00 + 6'500.00 + 40.40 + 66.30) sind der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (vgl. BGE 143 V 269). Die Rechnungen des Gutachters Dr. med. M.___ und des Hausarztes Dr. med. D.___ sind der Beschwerdegegnerin zugestellt worden (A.S. 116, 129); diese hat keine Einwände erhoben.

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Solothurn vom 18. Mai 2016 aufgehoben und die Sache an die IV-Stelle des Kantons Solothurn zurückgewiesen wird, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und über den Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Invalidenrente und auf weitere berufliche Massnahmen neu entscheide.

2.    Die IV-Stelle des Kantons Solothurn hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von CHF 2941.00 (inkl. Auslagen und MwSt) zu bezahlen.

3.    Der Antrag des Beschwerdeführers, die Beschwerdegegnerin habe ihm die Kosten des Privatgutachtens im Betrag von CHF 6'000.00 zu ersetzen, wird abgewiesen.

4.    Die IV-Stelle des Kantons Solothurn hat der Gerichtskasse die Kosten der gerichtlich angeordneten Begutachtung von insgesamt CHF 12'106.70 zu erstatten.

5.    Die IV-Stelle des Kantons Solothurn hat die Verfahrenskosten von CHF 600.00 zu bezahlen.

Rechtsmittel

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar (vgl. Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Bei Vorund Zwischenentscheiden (dazu gehört auch die Rückweisung zu weiteren Abklärungen) sind die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 92 oder 93 BGG zu beachten.

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn

Der Präsident Der Gerichtsschreiber

Flückiger Häfliger



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