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Urteil Steuergericht (SO)

Zusammenfassung des Urteils SGBST.1995.8: Steuergericht

A. A. X.________ war versichert für Unfallfolgen bei der Caisse vaudoise für kurzfristige Leistungen und bei Helsana Accidents SA für langfristige Leistungen aufgrund seiner Beschäftigung bei [...]. Nach seinem Tod, der als mutmasslicher Selbstmord eingestuft wurde, stritten sich seine Familie und die Versicherung über die Leistungsansprüche. Die Familie argumentierte, dass es sich möglicherweise um einen Unfall gehandelt habe, da der Verstorbene unter dem Einfluss von Alkohol stand und möglicherweise versehentlich in den Kanal gefallen sei. Die Versicherung beharrte jedoch darauf, dass es sich um Selbstmord handelte, da der Verstorbene bei vollem Bewusstsein gehandelt habe. Nach verschiedenen Gutachten und Untersuchungen konnte keine endgültige Schlussfolgerung gezogen werden, ob es sich um Selbstmord oder einen Unfall handelte. Letztendlich wurde entschieden, dass die Versicherung nicht verpflichtet sei, Leistungen zu erbringen, da der Verstorbene zum Zeitpunkt seines Todes bei vollem Bewusstsein war und daher als fähig angesehen wurde, die Konsequenzen seines Handelns zu verstehen.

Urteilsdetails des Kantongerichts SGBST.1995.8

Kanton:SO
Fallnummer:SGBST.1995.8
Instanz:Steuergericht
Abteilung:-
Steuergericht Entscheid SGBST.1995.8 vom 01.07.1996 (SO)
Datum:01.07.1996
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Aktienverkauf als versteuerbare Teilliquidation
Schlagwörter : Aktien; Gesellschaft; Aktienverkauf; Aktienpreis; Recht; Betrieb; Voraussetzung; Liegenschaft; Betriebseinrichtungen; Liquidität; Aktienverkaufs; Aktiven; Steuerverwaltung; Aktienkauf; Verkauf; Mantelhandel; Teilliquidation; Mitteln; Garage; Netto-Liquidität; Installation; Kapitalgewinn; Rechtsprechung; Kriterium; Substanzdividende; Jahresabschluss
Rechtsnorm:-
Referenz BGE: BGE vom 13.; BGE vom 14. Juli; BGE vom 24.Februar;
Kommentar:
Jung, Agner, Kommentar zur direkten Bundessteuer, 1989
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts SGBST.1995.8

Urteil BSt 1995/8 vom 1.7.1996

Sachverhalt:

1.a) Mit Kaufvertrag vom 2. Juli 1990 hat X. sämtliche Aktien der Garage X. AG (nachstehend X. AG) an die Y. AG verkauft. Der Aktienkaufpreis wurde gemäss Zwischenabschluss der X. AG per 30. Juni 1990 auf Fr. 4'685'000.-festgelegt, zuzüglich der sich gemäss Jahresabschluss per 31. Dezember 1990 in der Gesellschaft befindlichen flüssigen Mittel (Netto-Liquidität). In der Zwischenbilanz per 30. Juni 1990 wurden die der X. AG gehörende Liegenschaft mit Fr. 4'500'000.-- und die sich im Eigentum der Gesellschaft befindlichen Betriebseinrichtungen (von der Y. AG zu übernehmende Werkstatteinrichtungen) mit Fr. 185'000.-bewertet.

b) Im Sinne einer Zahlungsmodalität verpflichtete sich die Y. AG, den Aktienpreis wie folgt zu begleichen: Fr. 4'685'000.-bei Anerkennung der Uebernahmebilanz per 30. Juni 1990, die Kaufpreisrestanz, entsprechend der Netto-Liquidität der Gesellschaft gemäss Abschluss per 31. Dezember 1990, nach Vorliegen dieses Abschlusses. Unter Einbezug der Netto-Liquidität von Fr. 1'679'246.60 bezifferte sich der Aktienpreis schliesslich auf total Fr. 6'364'246.60. Per 30. Juni 1990 verfügte die X. AG bereits über eine Liquidität im weiteren Sinne von rund Fr. 600'000.-- (flüssige Mittel, WIR, Wertschriften und Debitoren, abzüglich Kreditoren und Aktionärsdarlehen).

2.a) Die X. AG führte im Zeitpunkt des Aktienverkaufs eine Autofirma-Vertretung. X. verpflichtete sich durch Geschäftsführungsauftrag, die betriebsspezifischen Aktiven der X. AG, die mit dieser Vertretung zusammenhingen (Markenfahrzeuge, Spezialwerkzeuge, Ersatzteile, spezielles Fahrzeugzubehör usw.) zwischen dem 1. Juli und 31. Dezember 1990 im Namen und auf Rechnung der X. AG zu verkaufen. Was die von der Y. AG zu übernehmenden Betriebseinrichtungen anbelangt (Abwasser-Vorreinigungsanlage, Bürstenwaschanlage inkl. Hochdruckwaschpumpe, übliche Werkstatteinrichtung usw.), musste sich X für die X. AG vertraglich verpflichten, diese der Y. AG am 31. Dezember 1990 in betriebstüchtigem Zustand zu überlassen.

b) Die Y. AG erwarb die Aktien der X. AG Mitte 1990, weil sich ihr damit zwei Optionen eröffneten: Einerseits bot sich die Möglichkeit, ihre umfangreiche Betriebsfahrzeug-Flotte in einer eigenen Werkgarage zu unterhalten und zu reparieren. Weil sich die der X. AG gehörende Liegenschaft in unmittelbarer Nähe des Hauptsitzes der Y. AG befindet, ergab sich andererseits die Gelegenheit, die der Y. AG gehörende Elektroinstallationsabteilung in eigenen Gebäudlichkeiten rechtlich zu verselbständigen.

Gemäss Handelsregistereintrag vom 28. März 1995 wurde die X. AG in Y. AG Elektroanlagen AG mit der Zwecksetzung Projektleitung, Installation, Unterhalt und Reparatur von Starkund Schwachstromanlagen umfirmiert. Die rund 100 Motorfahrzeuge der Y. AG (Pws, leichte und grosse Nutzfahrzeuge) und die rund 40 Anhänger, die zu einem Grossteil der Y. Elektroanlagen AG gehören, werden heute gemäss Angaben der Y. AG mit den Betriebseinrichtungen der ehemaligen X. AG bzw. mit neu angeschafften Werkstatteinrichtungen gewartet und repariert. Zu diesem Zweck übernahm die Y. AG bzw. die Y. Elektroanlagen AG seinerzeit einen Teil des Personals der X. AG.

c) Die der X. AG gehörende Liegenschaft bestand im Zeitpunkt des Aktienverkaufs aus zwei Wohnungen (wovon eine durch die Familie X. bewohnt), dem Werkstattkomplex und den Autoeinstellplätzen. Die Wohnungen wurden in der Folge in Büros des Installationsbetriebes umfunktioniert und ein Teil der seinerzeitigen Autoeinstellplätze dient heute als Lager dieses Bereiches. Die Liegenschaft (inkl. die beiden früher nicht betrieblich genutzten Wohnungen) dürfte heute ungefähr zu zwei Dritteln vom Elektro-Installationsbereich genutzt werden und zu einem Drittel als Garagewerkstatt dienen. Die bestehende Tankstelle wurde von der X. AG seinerzeit nicht selber betrieben, sondern verpachtet. An diesem Pachtverhältnis hat sich trotz des Aktienverkaufs nichts geändert.

3. Am 29. März 1990 erkundigte sich die Y. AG bei der Revisionsabteilung der Solothurnischen Steuerverwaltung unter Angabe der Namen der betroffenen Steuerpflichtigen schriftlich nach den Steuerfolgen des geplanten Aktienverkaufs. Die Y. AG legte dar, dass der Garagebetrieb der X. AG nach erfolgtem Aktienkauf während ca. einem Jahr von einem Garageunternehmen gegen Entgelt weitergeführt werden solle. Danach führe die Y. AG unter der übernommenen Gesellschaft entweder den Werkgaragenbetrieb die Installationsabteilung beides weiter. Die Revisionsabteilung der Steuerverwaltung bestätigte am 31. März 1990, dass der Aktienverkauf für den Aktienverkäufer und den Aktienkäufer eine steuerfreie Handänderung darstelle, unter der Voraussetzung, dass der weitergeführte Betrieb der Firma nicht zu einer Verwaltungsgesellschaft umfunktioniert werden.

4.a) Gemäss Einspracheentscheid vom 23. November 1995 hat X. aus Verkauf sämtlicher Aktien der X. AG an die Y. AG in bezug auf die direkte Bundessteuer nicht in vollem Umfang einen steuerfreien Kapitalgewinn nach Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt erzielt. Ein Teil des vom Rekurrenten realisierten Kapitalgewinns, der sich auf Fr. 1'679'242.-beziffert, qualifiziert sich nach Auffassung der Vorinstanz als steuerbare Schlussdividende, die der Besteuerung nach Art. 21. Abs. 1 lit. c BdBSt unterliegt. Das steuerbare Betreffnis entspricht der Netto-Liquidität der X. AG gemäss Abschluss per 31. Dezember 1990 bzw. der Schlusszahlung der Y. AG an X. für den Aktienkauf.

b) Die Vorinstanz zitiert in ihrer Begründung eine Stellungnahme der Abteilung Rechnungswesen der Hauptabteilung Direkte Bundessteuer der Eidg. Steuerverwaltung vom 29. Dezember 1992. Nach dieser Stellungnahme lassen sich drei Argumente für eine Besteuerung des fraglichen Betrages ins Feld führen: Erstens wird im Verkauf der Aktien der X. AG ein sog. Mantelhandel erblickt. Zweitens seien die Voraussetzungen für das Vorliegen einer indirekten Teilliquidation erfüllt, weil die X. AG Aktiven besass, welche die Y. AG nicht erwerben wollte und X. durch den Verkauf der Aktiven der Autofirma-Vertretung dazu beitrug, dass es der Y. AG möglich wäre, einen grossen Teil des Aktienkaufpreises aus Mitteln der X. AG zu begleichen. Drittens sieht die Eidg. Steuerverwaltung in dem von X. beim Aktienverkauf gewählten Vorgehen eine unerlaubte Steuerumgehungsmassnahme, weil die X. AG darauf verzichtete, ihm vor dem Aktienverkauf im Umfang der nichtbetriebsnotwendigen Mittel eine steuerbare 'Schlussdividende' auszurichten.

Was die von den Solothurnischen Steuerbehörden der Y. AG seinerzeit abgegebene Rechtsauskunft in bezug auf die Steuerfolgen des Aktienverkaufs durch Herrn Urs X. an die Y. AG anbelangt, stellte sich der Rechtsdienst der Solothurnischen Steuerverwaltung in einem Schreiben vom 14. Juni 1993 an die seinerzeitge Steuervertreterin von X. auf den Standpunkt, eine Berufung auf Treu und Glauben seitens von X. könne nicht geschützt werden. Die Verwaltung habe keine Auskünfte aufgrund des konkreten Sachverhalts erteilt, wie er tatsächlich abgewickelt worden sei.

Erwägungen:

1. ...

2. Zu den Argumenten der Vorinstanz, welche zur Abweisung der Einsprache führten, ist folgendes auszuführen:

a) Unter einem Mantelhandel wird der Handwechsel der Mehrheit der Aktien einer Aktiengesellschaft verstanden, die wirtschaftlich liquidiert in liquide Form gebracht worden ist (vgl. Art. 5 Abs. 2 lit. b des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben). Die wirtschaftlich liquidierte in liquide Form gebrachte Gesellschaft wird bei einem Mantelhandel rechtlich nicht aufgelöst und im Handelsregister gelöscht. Vielmehr werden die Aktien übertragen, und es wird ein neuer Zweck statuiert (BGE vom 24.Februar 1994, ASA 52 S. 652). Ein Aktienmantel charakterisiert sich dadurch, dass die Aktiven der Gesellschaft bloss noch aus liquiden Mitteln, wie Bargeld, Bankguthaben Darlehensforderungen gegenüber den Aktionären bestehen (vgl. Pfund, Kommentar zur Verrechnungssteuer, 1971, N 3.48 zu Art. 4 VStG). Der Begriff des Mantelhandels wird im Recht der Stempelabgaben gleich verwendet wie im Recht der Einkommenund Verrechnungssteuer (vgl. Jung/Agner, Kommentar zur direkten Bundessteuer, Ergänzungsband zur 2. Auflage des Kommentars Masshardt, 1989, S. 51).

Die X. AG war nie ein Aktienmantel, auch nicht gemäss Zwischenanbschluss per 30. Juni und Jahresabschluss per 31. Dezember 1990. Sie verfügte neben den liquiden Mitteln stets über übrige Aktiven (Liegenschaft, Betriebseinrichtungen), welche die flüssigen Mittel bewertet zu den relevanten Verkehrswerten, die Grundlage für die Aktienpreisbestimmung bildet - deutlich überstiegen. Selbst zu Buchwerten bewertet, machten die liegenschaftlichen Werte und die Betriebseinrichtungen im Jahresabschluss per 31. Dezember 1990 rund 30 % der Gesamtaktiven aus.

Aus dem Gesagten folgt, dass der Beschwerdeführer aus Verkauf der Aktien der X. AG keinen steuerbaren Beteiligungsertrag infolge Mantelhandels realisiert hat.

b) Gemäss geltender bundesgerichtlicher Rechtsprechung müssen für die Annahme einer indirekten Teilliquidation zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein (vgl. BGE vom 9. September 1988, StE 1990 B 24.4 Nr. 19; BGE vom 14. Juli 1989, StE 1990 B 24.4 Nr. 21; BGE vom 13. Februar 1995, StE 1995 B 24.4 Nr. 38): Nach dem subjektiven Kriterium müssen Aktienverkäufer und Aktienkäufer die Mittelentnahme aus der verkauften Gesellschaft zwecks Finanzierung des Aktienpreises durch die Käufergesellschaft gemeinsam einleiten, weil die Aktienerwerberin nicht in der Lage ist, den Aktienpreis aus eigener Kraft zu finanzieren. Nach dem objektiven Kriterium müssen der verkauften Gesellschaft tatsächlich Mittel entnommen werden, welche die Käufergesellschaft für die Bezahlung des Aktienpreises verwendet, insbesondere in Form einer Substanzdividende (allenfalls) eines Darlehens.

Abklärungen bei der Y. AG haben ergeben, dass diese den Aktienpreis als finanzstarke Gesellschaft vollumfänglich aus eigenen Mitteln bezahlt hat. Dies deckt sich mit dem Inhalt des Aktienkaufvertrages. Aus diesem geht nirgends hervor, dass der Beschwerdeführer und die Y. AG die Entnahme von Mitteln aus der X. AG zwecks Finanzierung des Aktienpreises gemeinsam geplant haben. Damit fehlt es am subjektiven Kriterium, das nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Voraussetzung für die Anwendung der indirekten Teilliquidationstheorie bildet.

Die X. AG hat der Y. AG nach erfolgtem Aktienverkauf Mitte 1990 nie eine Substanzdividende ausgeschüttet. Die Gesellschaft hat der Aktienerwerberin auch nie ein Darlehen gewährt. Die X. AG verwendete die per 31. Dezember 1990 vorhandenen flüssigen Mittel vielmehr für Investitionen. Es mangelt somit auch am objektiven Kriterium, das nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Voraussetzung für die Anwendung der indirekten Teilliquidationstheorie darstellt.

Somit kann der Beschwerdeführer nach geltender bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht für einen Beteiligungsertrag infolge indirekter Teilliquidation besteuert werden.

c) Schliesslich ist auch eine Steuerumgehung zu verneinen. Es kann nicht absonderlich und den wirtschaftlichen Verhältnissen nicht angemessen bezeichnet werden, wenn ein Aktienverkäufer einer Gesellschaft vor dem Aktienverkauf die nichtbetriebsnotwendigen Mittel nicht in Form einer Substanzdividende entnimmt. Ob eine Substanzdividende möglich gewesen wäre, ist dabei unbeachtlich, da weder das Aktiennoch das Steuerrecht einen Ausschüttungszwang für die nichtbetriebsnotwendigen Mittel einer Aktiengesellschaft kennen.

3. Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass die Voraussetzungen für eine Besteuerung des Kapitalgewinnes des Verkaufes der Aktien der X. AG nicht gegeben sind. Es liegt ein steuerfreier Kapitalgewinn i. S. v. Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBST vor, weshalb die Beschwerde gutzuheissen ist.

Steuergericht, Urteil vom 1. Juli 1996



Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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