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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:UV 2017/85
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:UV - Unfallversicherung
Versicherungsgericht Entscheid UV 2017/85 vom 09.08.2019 (SG)
Datum:09.08.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 1a Abs. 1 UVG. Die Arbeitnehmereigenschaft eines Versicherten und damit eine Versicherungsdeckung über die obligatorische Unfallversicherung ist nicht überwiegend wahrscheinlich erstellt. Kein Anspruch auf Hinterlassenenleistungen (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 9. August 2019, UV 2017/85).
Schlagwörter : Beschwerde; Arbeit; Versicherung; Arbeitnehmer; Beschwerdegegnerin; Beschwerdeführer; UV-act; Restaurant; Obligatorisch; Unfall; Versicherungsdeckung; Beschwerdeführerin; Selbst; Liegen; Arbeitnehmereigenschaft; Stehen; Obligatorische; Selbständig; Wirtschaftliche; Unfallversicherung; Vertrauen; Zumindest; Zwischen; Bestand; Tätig; Einsprache; Hinterlassenen; Entscheid
Rechtsnorm: Art. 1a UVG ; Art. 27 ATSG ; Art. 4 UVG ;
Referenz BGE:127 I 36; 131 V 480;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Entscheid vom 9. August 2019

Besetzung

Versicherungsrichterinnen Miriam Lendfers (Vorsitz) und Christiane Gallati Schneider, Versicherungsrichter Joachim Huber;

Gerichtsschreiber Markus Lorenzi Geschäftsnr.

UV 2017/85

Parteien

  1. A. ,

  2. B. ,

  3. C. ,

  4. D. ,

  5. E. ,

Beschwerdeführer,

alle vertreten durch Rechtsanwalt lic. rer. publ. Michael B. Graf, GN Rechtsanwälte,

St. Leonhard-Strasse 20, Postfach 728, 9001 St. Gallen,

gegen

Generali Allgemeine Versicherungen AG, Avenue Perdtemps 23, 1260 Nyon 1,

Beschwerdegegnerin,

Gegenstand

Hinterlassenenrenten (Versicherteneigenschaft [Arbeitnehmerstatus])

Sachverhalt

A.

A.a F. ist am 17. Januar 2012 bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt. Er hinterlässt seine Ehefrau A. sowie die zwischen 19 und 20 geborenen Kinder B. , C. , D. und E. (UV-act. 3). Zum Unfallzeitpunkt war F. im Restaurant G. in H. tätig.

A.b Im Jahr 2016 liessen die Hinterbliebenen von F. durch ihren Vertreter, Rechtsanwalt Michael B. Graf, St. Gallen, Hinterlassenenleistungen bei der Generali Allgemeine Versicherungen (nachfolgend: die Generali) beantragen (UV-act. 4 ff.).

A.c Mit Verfügung vom 12. Juni 2017 lehnte die Generali die Ausrichtung von Versicherungsleistungen an die Hinterlassenen ab mit der Begründung, dass für den Verstorbenen mangels Arbeitnehmerstatus keine Versicherungsdeckung bestanden habe (UV-act. 43). An dieser Auffassung hielt sie auch auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 31. August 2017; UV-act. 48).

B.

B.a Gegen diesen Einspracheentscheid liessen die Hinterbliebenen, die Ehegattin A. (nachfolgend: Beschwerdeführerin 1) sowie die Kinder B. , C. , D. und E. (Beschwerdeführende 2 bis 5) am 2. Oktober 2017 Beschwerde erheben. Es seien der Einspracheentscheid vom 31. August 2017 und die zu Grunde liegende Verfügung vom 12. Juni 2017 aufzuheben. Weiter sei die Generali (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) zu verpflichten, den Beschwerdeführern die gesetzlichen

Hinterlassenenleistungen zu erbringen. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge (act. G 1).

B.b In der Beschwerdeantwort vom 13. November 2017 beantragte die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde, unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten der Beschwerdeführer (act. G 3).

B.c Während die Beschwerdeführer mit Replik vom 20. Dezember 2017 vollumfänglich an ihren Anträgen und deren Begründungen festhalten liessen (act. G 7), beantragte die Beschwerdegegnerin in der Duplik vom 30. Januar 2018 unverändert die Beschwerdeabweisung (act. G 9).

B.d Auf die Begründungen in den einzelnen Rechtsschriften sowie den Inhalt der übrigen Akten wird, soweit entscheidwesentlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Erwägungen 1.

Am 1. Januar 2017 sind die revidierten Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG; SR 832.20) und der Verordnung über die Unfallversicherung (UVV; SR 832.202) in Kraft getreten. Gemäss Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 25. September 2015 werden Versicherungsleistungen für Unfälle, die sich vor deren Inkrafttreten ereignet haben, und für Berufskrankheiten, die vor diesem Zeitpunkt ausgebrochen sind, nach bisherigem Recht gewährt. Vorliegend stehen

Ansprüche aus einem Unfall aus dem Jahr 2012 zur Diskussion. Es finden daher die bis

31. Dezember 2016 gültigen Bestimmungen Anwendung.

2.

Die Leistungspflicht des UVG-Versicherers setzt voraus, dass das schädigende Ereignis während des Bestehens eines Versicherungsverhältnisses eingetreten ist. Das Bestehen eines solchen Versicherungsverhältnisses zwischen F. und der Beschwerdegegnerin ist vorliegend umstritten. Während die Beschwerdeführer geltend machen, der Verstorbene sei als Arbeitnehmer obligatorisch nach UVG versichert gewesen, vertritt die Beschwerdegegnerin den Standpunkt, dass F. als selbständig Erwerbender zu qualifizieren sei, weshalb mangels Abschluss einer freiwilligen Versicherung im relevanten Zeitraum keine Versicherungsdeckung bestanden habe.

3.

    1. Nach Art. 1a Abs. 1 UVG sind alle in der Schweiz beschäftigten Arbeitnehmer obligatorisch nach UVG versichert. Als Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer gelten Personen, die in unselbständiger Stellung Arbeit leisten und dafür massgebenden Lohn nach dem jeweiligen Einzelgesetz beziehen (Art. 10 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG; SR 830.1]). Gemäss Art. 1 UVV gilt als Arbeitnehmer, wer eine unselbständige Erwerbstätigkeit im Sinne der Bundes gesetzgebung über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) ausübt.

    2. Zu prüfen ist im Folgenden, ob mit dem im Sozialversicherungsrecht massgebenden Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt ist, dass

      F. in seiner Tätigkeit für das Restaurant G. als Arbeitnehmer im Sinne von Art. 1a Abs. 1 UVG zu qualifizieren war. War dies der Fall, bestand im Rahmen der obligatorischen Unfallversicherung Versicherungsdeckung bei der Beschwerdegegnerin.

    3. Das UVG umschreibt den Begriff des Arbeitnehmers, an den es für die Unterstellung unter die obligatorische Versicherung anknüpft, nicht. Die Rechtsprechung hat im Sinne leitender Grundsätze als Arbeitnehmer gemäss UVG bezeichnet, wer um des Erwerbes oder der Ausbildung willen für einen Arbeitgeber,

      mehr oder weniger untergeordnet, dauernd oder vorübergehend tätig ist, ohne hierbei ein eigenes wirtschaftliches Risiko tragen zu müssen. Aus diesen Grundsätzen allein lassen sich indessen noch keine einheitlichen, schematisch anwendbaren Lösungen ableiten. Die Arbeitgebereigenschaft ist daher jeweils unter Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Im Regelfall besteht zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein privatrechtlicher Arbeitsvertrag oder ein öffentlich-rechtliches Anstellungsverhältnis. Sind solche Rechtsverhältnisse gegeben, besteht kaum ein Zweifel, dass es sich um einen Arbeitnehmer gemäss UVG handelt. Das Vorhandensein eines Arbeitsvertrages ist jedoch nicht Voraussetzung für die Versicherteneigenschaft gemäss Art. 1a Abs. 1 UVG. Liegt - wie hier - weder ein (schriftlicher) Arbeitsvertrag noch ein öffentlich-rechtliches Anstellungsverhältnis vor, ist unter Würdigung der wirtschaftlichen Umstände in ihrer Gesamtheit zu beurteilen, ob die Arbeitnehmereigenschaft gegeben ist. Entscheidend ist, ob geleistete Arbeit, ein Unterordnungsverhältnis und die Vereinbarung eines Lohnanspruchs in irgendeiner Form vorliegen (Urteil des Bundesgerichts vom 17. Mai 2016, 8C_176/2016, E. 2, mit Hinweisen).

    4. Vorab ist festzuhalten, dass seit Eröffnung des Betriebs (Einzelfirma Restaurant G. ) im Herbst 2009 die Beschwerdeführerin 1 formell als alleinige

      Geschäftsinhaberin in Erscheinung trat (vgl. u.a. act. G 1.4, 1.6 ff.). Sie war - zumindest im Auftreten nach aussen - allein verantwortlich und zuständig für die Korrespondenz mit den Behörden, die Anstellung und Kündigung von Mitarbeitenden und die allgemeine administrative Führung des Betriebs. F. , der Ehemann der Beschwerdeführerin 1, arbeitete unbestrittenermassen zumindest als Koch und Pizzakurier. Auf den ersten Blick und rein formell betrachtet scheint es sich damit um ein ordentliches Arbeitsverhältnis zwischen dem Restaurant G. bzw. der Beschwerdeführerin 1 (Arbeitgeberin) und F. (Arbeitnehmer) zu handeln. Für diese Betrachtungsweise sprechen im Weiteren die im Recht liegenden Lohnabrechnungen und Lohnausweise (UV-act. 13.8) sowie die Tatsache, dass F. bei den Sozialversicherungen (1. und 2. Säule) als Arbeitnehmer gemeldet war und entsprechende Beiträge geleistet wurden (vgl. UV-act. 14.3, G 1.14, 17). Auch bei der Beschwerdegegnerin war er - wenn auch nicht namentlich - als Arbeitnehmer versichert. Beim gemeldeten Lohn 2010 in der Höhe von Fr. 42'000.-- für Männer handelt es sich offensichtlich um den Lohn von F. (act. G 1.19). Auf dieser

      Grundlage berechnete die Beschwerdegegnerin unter anderem die Prämien 2010 und 2011 für die obligatorische Unfallversicherung (act. G 1.20 f.).

    5. Zur Annahme der Arbeitnehmereigenschaft von F. genügen vorstehende formelle Gegebenheiten indes noch nicht. Wie unter E. 3.3 ausgeführt, sind die wirtschaftlichen Umstände in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Insbesondere ist auch erforderlich, dass tatsächlich ein Unterordnungsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin 1 und F. vorlag, F. keinem relevanten wirtschaftlichen Risiko aus dem Betrieb des Restaurants G. ausgesetzt war und die Beschwerdeführerin 1 und F. tatsächlich einen Lohnanspruch bzw. dessen Entrichtung vereinbart hatten.

      1. Bezüglich der arbeitsorganisatorischen Eingliederung ist vorab darauf hinzuweisen, dass F. vor der Eröffnung des Restaurants G. Ende des Jahres 2009 bereits seit längerem im Gastgewerbe (inkl. Kurierdienste) selbständig tätig war, ehe zwei seiner Betriebe aufgelöst wurden, der zweite (I. GmbH) im Mai 2009 zufolge Konkurses (UV-act. 45 f.; Löschung im Handelsregister am 13. Oktober 2009). Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass es sich bei der Eröffnung des Restaurants G. im Herbst 2009, welches an gleicher Lokalität wie die I. GmbH, mit gleichen Dienstleistungen betrieben wurde, faktisch um die Weiterführung des in Konkurs gegangenen Gastronomiebetriebs handelte und damit nicht ohne kritische Würdigung neu eine Arbeitnehmereigenschaft von F. angenommen werden kann.

      2. Bezüglich Lohn als gewichtiger Anhaltspunkt für eine Arbeitnehmereigenschaft liegen Lohnabrechnungen und ein Lohnausweis für das Jahr 2011 im Recht (UV-act. 13.8). Die Lohnüberweisung soll gemäss den Lohnausweisen auf ein Konto der J. in K. erfolgt sein. Als Lohnzahlung zu qualifizierende Gutschriften in der geltend gemachten Höhe sind auf dem auf F. lautenden J. Privatkonto indes nicht ersichtlich (UV-act. 28.3). Zwar wurden im Jahr 2011 auf dem besagten Konto viele Einzahlungen von Bargeld getätigt, welche insgesamt den Lohn gemäss Lohnabrechnungen überstiegen (ausser im Juli 2011). Dabei handelte sich jedoch eher um Einnahmen aus anderer Quelle bzw. naheliegenderweise um Geschäftseinahmen und nicht um einen vereinbarten Lohn. Lohnzahlungen seitens des Restaurants G. bzw. der Beschwerdeführerin 1 an F. bzw. eine Lohnvereinbarung unter diesen Parteien sind damit zumindest nicht überwiegend wahrscheinlich erstellt. Auch die

        Geschäftsbilanzen der Jahre 2009 und 2010 vermögen an dieser Würdigung nichts zu ändern (UV-act. 30.26 ff., 30.96 ff.), stimmt doch bereits der im Lohnausweis 2009 aufgeführte Lohn (Fr. 17'200.--; UV-act. 30.93) nicht mit dem Lohnaufwand in der Bilanz 2009 überein (Fr. 14'000.--; UV-act. 30.96). Im Übrigen sind auch für die vier Monate im Jahr 2009 und für das Jahr 2010 keine tatsächlichen Lohnzahlungen an

        F. dokumentiert. Der Aufforderung, mittels Kontoauszügen für das Jahr 2010 einen Zahlungsfluss zu beweisen, wurde keine Folge geleistet (UV-act. 38).

      3. Es ist unbestritten, dass die finanziellen Angelegenheiten des Restaurantbetriebs (Einnahmen und Ausgaben) einzig über das vorerwähnte Konto von F. liefen. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass auch die Beschwerdeführerin 1 als formelle Betriebsinhaberin darüber verfügungsberechtigt war. Nach dem Tod von F. fanden

        • soweit ersichtlich - vorerst auch keine Kontobewegungen mehr statt (vgl. Kontoauszug Januar 2012 in UV-act. 28.3). Mithin ist es naheliegend, dass F. Entscheidungsträger, zumindest aber gleichberechtigt war in Bezug auf die Verwendung der Geschäftseinahmen und -ausgaben. Er war damit automatisch am Geschäftsergebnis beteiligt bzw. hatte darauf Zugriff und trug diesbezüglich auch das wirtschaftliche Risiko in dem Sinne, dass sich die Höhe der Einnahmen auf den Stand des Guthabens auf seinem Konto auswirkte. Bei dieser Sachlage, namentlich auch bei unbeschränktem Zugriff auf das Geschäftskonto, erscheint ein Subordinationsverhältnis oder eine wie auch immer geartete Weisungsgebundenheit gegenüber seiner Ehefrau unwahrscheinlich. Gegen ein Unterordnungsverhältnis bzw. eine Arbeitnehmereigenschaft würde insbesondere auch sprechen, wenn F. sich selbst unbeschränkt und unbeaufsichtigt einen "Lohn" über sein Konto hätte auszahlen können. Ferner wurde F. offensichtlich auch in der Öffentlichkeit als "Restaurant- Besitzer" wahrgenommen, wie sich aus einem kurz nach seinem Tod erschienenen Zeitungsartikel ergibt. Dort wurde im Übrigen die Beschwerdeführerin 1 zitiert mit der Aussage "Uns geht es sehr schlecht, wir haben unser Familienoberhaupt verloren. Über das Restaurant habe ich mir noch keine Gedanken gemacht."

    6. In Würdigung und Gegenüberstellung der formellen (vgl. vorstehende E. 3.4) und der tatsächlichen (wirtschaftlichen) Umstände (vgl. vorstehende E. 3.5.1 ff.) ist die Arbeitnehmereigenschaft von F. nicht überwiegend wahrscheinlich erstellt. Insbesondere sind weder ein Subordinationsverhältnis zu seiner Ehefrau oder eine

      Lohnvereinbarung bzw. Lohnzahlungen noch eine wirtschaftliche Unabhängigkeit zum Restaurant G. wahrscheinlich. Vielmehr deuten die vorliegenden tatsächlichen Gegebenheiten darauf hin, dass F. zumindest als gleichberechtigter Geschäftspartner mit seiner Ehefrau das Restaurant G. führte. Eine obligatorische Unfallversicherung bei der Beschwerdegegnerin bestand damit mangels Arbeitnehmereigenschaft nicht. Die Beschwerdegegnerin ist für diesen Unfall demnach, zumindest gestützt auf Art. 1a Abs. 1 lit. a UVG, nicht leistungspflichtig. Daran ändert auch das in der Beschwerde zitierte Urteil des Bundesgerichts vom 4. August 2015, 8C_254/2015, nichts. In jenem Entscheid ging es um die Frage, ob der Beschwerdeführer überhaupt erwerbstätig war und nicht, ob er als selbständig oder unselbständig erwerbend zu qualifizieren sei.

    7. Eine obligatorische Versicherungsdeckung ergibt sich auch nicht aus Art. 2 Abs. 1 lit. a UVV, wie es die Beschwerdeführer, e contrario, geltend machen. Diese Bestimmung besagt, dass mitarbeitende Familienglieder, die keinen Barlohn beziehen und keine Beiträge an die AHV entrichten, nicht obligatorisch unfallversichert sind. Dabei geht es - wie die Beschwerdegegnerin richtig ausführt - grundsätzlich um eine Ausnahme von der obligatorischen Versicherungspflicht. Für das Bestehen eines Versicherungsobligatoriums muss die Arbeitnehmereigenschaft aber auch bei mitarbeitenden Familienmitgliedern erfüllt sein. Ist dies der Fall und bezieht das mitarbeitende Familienmitglied einen Barlohn und/oder werden für sie Beiträge an die AHV entrichtet, dann besteht ein Obligatorium. Angesichts dessen, dass bei F. der Arbeitnehmerstatus zu verneinen bzw. er als selbständig Erwerbender zu qualifizieren ist, ergibt sich eine obligatorische Versicherungsdeckung damit auch nicht - e contrario

  • nach Art. 2 Abs. 1 lit. a UVV.

4.

Eine freiwillige Unfallversicherung für selbständig Erwerbende nach Art. 4 UVG in Verbindung mit Art. 136 UVV wurde zwischen F. und der Beschwerdegegnerin unbestrittenermassen nicht abgeschlossen. Unter diesem Titel bestand damit auch keine Versicherungsdeckung.

5.

Letztlich ist zu prüfen, ob eine Versicherungsdeckung über den Vertrauensschutz gerechtfertigt erscheint.

    1. F. wurde - irrtümlicherweise - als Arbeitnehmer bei der Beschwerdegegnerin obligatorisch versichert (act. G 1.19; vgl. die Begründung dazu in E. 3.4). Zu prüfen bleibt, ob gestützt darauf, entgegen dem materiellen Recht, für F. eine Versicherungsdeckung bestand.

    2. Abgeleitet aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, welcher den Bürger in seinem berechtigten Vertrauen auf behördliches Verhalten schützt, können falsche Auskünfte von Verwaltungsbehörden unter bestimmten Voraussetzungen eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung des Rechtsuchenden gebieten ("Vertrauensschutz"; vgl. BGE 127 I 36 E. 3a). Eine ungenügende oder fehlende Wahrnehmung der Beratungspflicht nach Art. 27 Abs. 2 ATSG kommt einer falsch erteilten Auskunft des Versicherungsträgers gleich (vgl. dazu und zu den weiteren Voraussetzungen zur Berufung auf den Vertrauensschutz BGE 131 V 480 f. E. 5).

    3. Der Unfallversicherer ist im Rahmen von Art. 72 UVV und Art. 27 Abs. 2 ATSG nicht voraussetzungslos verpflichtet, über eine fehlende obligatorische Versicherung und die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung gemäss Art. 4 Abs. 1 UVG zu informieren, sondern nur dann, wenn ein hinreichender Anlass zur Information besteht. Fehlen Anhaltspunkte dafür, dass jemand überhaupt in den von der freiwilligen Versicherung erfassten Personenkreis fällt, stellt die unterbliebene Information über diese Form der Versicherungsdeckung mithin keine Verletzung gemäss Art. 72 UVV und Art. 27 Abs. 2 ATSG dar (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgericht [EVG] vom 13. November 2006, U 187/06, E. 3.1).

    4. Aus den Akten ergeben sich keine Hinweise, dass für die Beschwerdegegnerin erkennbar gewesen wäre, dass die in der Lohndeklaration 2010 (act. G 1.19) enthaltenen Angaben über den erwerblichen Status unzutreffend sein könnten. Die Beschwerdegegnerin durfte damit die Prämienabrechnungen gestützt auf diese Grundlagen erstellen, ohne Informationspflichten zu verletzen. Eine rechtlich geschützte Vertrauensstellung scheitert folglich bereits am Fehlen einer pflichtwidrigen

Unterlassung der Beschwerdegegnerin und eine Versicherungsdeckung ist auch unter dem Titel Vertrauensschutz zu verneinen.

6.

Im Sinne der vorstehenden Erwägungen ist der Einspracheentscheid vom 31. August 2017 nicht zu beanstanden und die dagegen erhobene Beschwerde abzuweisen. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG). Ausgangsgemäss haben die Beschwerdeführer keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung.

Entscheid

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

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