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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Kopfdaten
Kanton:GR
Fallnummer:ZK2-13-17
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZK2-13-17 vom 07.05.2013 (GR)
Datum:07.05.2013
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter : Recht; Schwerde; Beschwerde; Entscheid; Geltliche; Pflege; Rechtspflege; Entgeltliche; Unentgeltliche; Gesuch; Bezirks; Sicht; Verfahren; Richter; Bezirksgericht; Sicherheit; Leistung; Führer; Heitsleistung; Entgeltlichen; Schweiz; Unentgeltlichen; Deführer; Cherheitsleistung; Verfahren; Schweizer; Schuss
Rechtsnorm: Art. 100 ZPO ; Art. 106 ZPO ; Art. 119 ZPO ; Art. 11b IPRG ; Art. 29 BV ; Art. 327 ZPO ; Art. 39 ZPO ; Art. 40 ZPO ; Art. 404 ZPO ; Art. 405 ZPO ; Art. 42 ZPO ; Art. 43 ZPO ; Art. 45 ZPO ; Art. 64 BGG ; Art. 76 ZPO ; Art. 93 KG ; Art. 95 ZPO ;
Referenz BGE:125 IV 161; 90 III 33;
Kommentar zugewiesen:
Dorothee Schramm, Axel Buhr, Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Art. 11 IPRG, 2012
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Kantonsgericht von Graubünden
Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni

Ref.:
Chur, 07. Mai 2013
Schriftlich mitgeteilt am:
ZK2 13 17




16. September 2013
Entscheid
II. Zivilkammer
Vorsitz
Hubert
Richter
Michael Dürst und Pritzi
Aktuar
Pers

In der zivilrechtlichen Beschwerde
des X._____, Beklagter, Gesuchsteller und Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwalt lic. iur. Ernesto Ferro, Bahnhofstrasse 35, 8022 Zürich,

gegen

den Entscheid des Einzelrichters am Bezirksgericht Inn vom 11. März 2013, mitge-
teilt am 13. März 2013, in Sachen des Beklagten, Gesuchstellers und Beschwer-
deführers,
betreffend unentgeltliche Rechtspflege,
hat sich ergeben:

I. Sachverhalt
A.
Am 24. Februar 2010 machte A._____ beim Vermittleramt des Bezirks Inn
gegen X._____ eine Forderungsklage über einen Betrag von insgesamt Fr.
222‘900.75 nebst Zinsen anhängig. Nachdem der Beklagte zur auf den 28. Okto-
ber 2011 angesetzten Vermittlungsverhandlung nicht erschienen war, wurde in
Anwendung von Art. 76 Abs. 2 und 4 ZPO-GR auf die Durchführung einer zweiten
Verhandlung verzichtet und am 9. Dezember 2011 der Leitschein ausgestellt. Mit
Prozesseingabe vom 16. Januar 2012 liess A._____ die entsprechende Klage mit
unverändertem Rechtsbegehren an das Bezirksgericht Inn prosequieren. Mit Pro-
zessantwort vom 16. April 2012 beantragte X._____, auf die Klage sei nicht einzu-
treten, eventualiter sei sie vollumfänglich abzuweisen.
B.
Am 29. Mai 2012 ersuchte A._____ das Bezirksgericht Inn unter anderem
darum, X._____ zur Deckung der mutmasslichen aussergerichtlichen Kosten eine
Sicherheitsleistung von Fr. 20‘000.--, eventuell nach richterlichem Ermessen, auf-
zuerlegen. Mit Stellungnahme vom 14. Juni 2012 stellte X._____ den Antrag, auf
das Gesuch sei nicht einzutreten, eventualiter sei es vollumfänglich abzuweisen.
Mit prozessleitender Verfügung vom 14. Januar 2013 verpflichtete der Bezirksge-
richtspräsident Inn X._____ gestützt auf Art. 40 ZPO-GR bis spätestens am 8.
Februar 2013 eine Sicherheit für die Parteientschädigung in der Höhe von Fr.
15‘000.-- zu leisten. Diese Verfügung blieb unangefochten.
Nachdem X._____ die Sicherheitsleistung innert Frist nicht erbracht hatte, setzte
ihm der Bezirksgerichtspräsident Inn mit Schreiben vom 13. Februar 2013 eine
letzte Nachfrist bis am 25. Februar 2013 an, innert welcher er die Sicherheit von
Fr. 15‘000.-- durch Garantie einer in der Schweiz niedergelassenen Bank oder
eines zum Geschäftsbetrieb in der Schweiz zugelassenen Versicherungsunter-
nehmens nachzuweisen oder auf das Konto des Bezirksgerichts Inn zu überwei-
sen habe. Gleichzeitig machte er ihn ausdrücklich auf die Säumnisfolgen von Art.
41 in Verbindung mit Art. 39 Abs. 2 ZPO-GR aufmerksam, wonach er von der wei-
teren Beteiligung am Verfahren ausgeschlossen sei, solange die Sicherheitsleis-
tung nicht erbracht sei, und der Gerichtspräsident nach freiem Ermessen ent-
scheide, inwiefern den Beweisanträgen des Beklagten stattgegeben werde. Die
Zahlung wurde bis zum heutigen Zeitpunkt nicht erbracht.
C.
Mit einer am 31. Januar 2013 datierten - und gemäss Sendeaufdruck am
23. Februar 2013 per Fax an das Bezirksgericht Inn übermittelten - Eingabe er-
suchte X._____ um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege sowie die
Seite 2 — 15

Befreiung von Sicherheitsleistungen für aussergerichtliche Kosten bis zum Ent-
scheid über das Hauptbegehren. Dabei berief er sich in der Begründung auf die
Bestimmungen von Art. 42 ff. ZPO-GR, legte aber im Widerspruch dazu ein aus-
gefülltes Gesuchsformular nach Art. 119 der Schweizerischen ZPO bei. Dieselbe,
ebenfalls auf den 31. Januar 2013 datierte Eingabe sandte er zusätzlich separat
mittels Postsendung an das Bezirksgericht Inn (Poststempel US-Post: 23. Februar
2013; Eingang Schweizerische Post unbekannt), wo sie am 11. März 2013 ein-
ging. Gleichentags ging beim Bezirksgericht Inn zudem ein vom 8. März 2013 da-
tiertes Schreiben von Rechtsanwalt lic. iur. Ernesto Ferro ein, mit welchem dieser
die Mandatierung durch X._____ anzeigte und in Kopie ein Gesuch um unentgelt-
liche Rechtspflege, datiert vom 23. März 2013 (recte gemäss Angaben von
Rechtsanwalt lic. iur. Ernesto Ferro: 6. März 2013), beilegte. Inhaltlich entsprach
dieses Gesuch jenem vom 31. Januar/23. Februar 2013.
D.
Mit Entscheid vom 11. März 2013, mitgeteilt am 13. März 2013, wies der
Bezirksgerichtspräsident Inn das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege ab. Dabei führte er ohne weitere Begründung - wohl aufgrund der
Datierung der Eingabe - aus, dass das Gesuch am 31. Januar 2013 rechtshängig
gemacht worden sei. Auf die Anhörung der Gegenpartei wurde verzichtet. Bei sei-
nem Entscheid stützte sich der Bezirksgerichtspräsident - mit Ausnahme einer
Passage in den Erwägungen, wo er ohne Begründung Bezug auf Art. 43 ZPO-GR
nimmt (S. 2) - auf die Schweizerische ZPO. Zusammenfassend begründete er
den abschlägigen Entscheid damit, dass eine Gegenüberstellung der verfügbaren
Mittel und des Existenzminimums einen Überschuss von Fr. 4‘786.25 ergebe, wo-
durch eine Tilgung der geschätzten Prozesskosten von ca. Fr. 25‘000.-- binnen
zweier Jahre ohne Weiteres möglich sei. Eine Bedürftigkeit des Gesuchstellers,
welche die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege erlauben würde, bestehe
angesichts der konkreten Einkommenssituation somit nicht.
E.
Gegen diesen Entscheid liess X._____ mit Eingabe vom 22. März 2013 Be-
schwerde beim Kantonsgericht von Graubünden erheben, wobei er das folgende
Rechtsbegehren stellte:
„Rechtsbegehren
Es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und es sei dem Beschwer-
deführer für das Verfahren 115-2012-2 am Bezirksgericht Inn die unentgelt-
liche Prozessführung zu gewähren.

Prozessuale Anträge
Es sei dem Beschwerdeführer für dieses Beschwerdeverfahren die unent-
geltliche Prozessführung zu gewähren;

Seite 3 — 15

Es sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen und es sei das
Bezirksgericht Inn anzuweisen, den Beschwerdeführer bis zum Entscheid
über diese Beschwerde von der Leistung von Prozesskostensicherheiten
zu befreien;

Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.“
In der Beschwerdebegründung macht X._____ unter anderem eine offensichtlich
unrichtige Sachverhaltsfeststellung geltend und rügt unter diesem Titel Fehler bei
der Berechnung des Nettoeinkommens sowie des monatlichen Überschusses. So
resultiere bei richtiger Berechnung nämlich lediglich ein monatlicher Überschuss
über dem Existenzminimum von umgerechnet Fr. 1‘075.18 statt wie vom Vorder-
richter festgestellt ein solcher von Fr. 4‘786.25. Unter Berücksichtigung weiterer
Ausgaben, welche der Vorderrichter, ohne die gesetzlich vorgesehenen weiteren
Erhebungen zu machen und dem bisher nicht anwaltlich vertretenen Beschwerde-
führer Gelegenheit zu geben, die erforderlichen Unterlagen nachzureichen, zu Un-
recht nicht berücksichtigt habe, verringere sich der monatliche Überschuss über
dem Existenzminimum gar auf Fr. 800.--. Weiter rügt der Beschwerdeführer eine
unrichtige Rechtsanwendung. In diesem Zusammenhang wirft er dem Vorderrich-
ter zum einen eine fehlerhafte Ermittlung der Prozesskosten vor. Bei richtiger Be-
rechnung beliefen sich diese auf mindestens Fr. 35‘000.-- anstatt wie vom Vorder-
richter geschätzt auf bloss Fr. 25‘000.--. Folglich sei eine Tilgung mit einem Über-
schuss von Fr. 1‘075.18 bzw. Fr. 800.-- innert zwei Jahren nicht möglich. Zum an-
deren habe der Bezirksgerichtspräsident Inn entgegen Art. 11b IPRG, wonach die
Schweizerische ZPO anwendbar sei, kantonales Recht angewandt.
F.
Mit Verfügung vom 26. März 2013 erteilte der Vorsitzende der II. Zivilkam-
mer der Beschwerde die aufschiebende Wirkung und befreite X._____ bis zum
Entscheid über die Beschwerde von der Leistung von Prozesskostensicherheiten.
Auf die weitergehenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid sowie in der
Beschwerdeschrift wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen
eingegangen.
II. Erwägungen
1.
Mit seinem Rechtsbegehren verlangt der Beschwerdeführer die Aufhebung
des Entscheids des Einzelrichters am Bezirksgericht Inn vom 11. März 2013
betreffend Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren 115-
2012-2 vor Bezirksgericht Inn. Anfechtungsobjekt ist somit der Entscheid des Ein-
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zelrichters am Bezirksgericht Inn vom 11. März 2013 betreffend unentgeltliche
Rechtspflege. Gleichzeitig verlangt der Beschwerdeführer aufschiebende Wirkung
in dem Sinne, dass er bis zum Entscheid über die Beschwerde von der Leistung
von Prozesskostensicherheiten zu befreien sei und geht insoweit davon aus, dass
der Entscheid über die unentgeltliche Rechtspflege rückwirkend Auswirkungen auf
die Verfügung des Einzelrichters am Bezirksgericht Inn vom 14. Januar 2013
betreffend Sicherheitsleistung (Hauptakten Vorinstanz, act. 30) hat. Der Be-
schwerdeführer nimmt denn auch in seiner Beschwerdebegründung Bezug auf die
entsprechende Verfügung betreffend Sicherheitsleistung (Beschwerdeschrift, act.
A.1, S. 7). Er rügt darin eine falsche Rechtsanwendung bei der Auferlegung der
Prozesskaution und versucht somit offenbar auf diesem Umweg - allerdings ohne
ein Wort der Begründung - nachträglich auf diese Verfügung zurückzukommen
und diese überprüfen zu lassen.
Aufgrund dieser Ausgangslage ist vorweg festzuhalten, dass die Verfügung des
Einzelrichters am Bezirksgericht Inn vom 14. Januar 2013 betreffend Sicherheits-
leistung unangefochten geblieben ist und folglich in (beschränkte) Rechtskraft er-
wachsen ist. Sie ist mithin nicht Anfechtungsobjekt im vorliegenden Beschwerde-
verfahren. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet einzig der Entscheid
betreffend unentgeltliche Rechtspflege vom 11. März 2013. Da allerdings bei Ge-
währung der unentgeltlichen Rechtspflege die Auferlegung von Sicherheitsleistun-
gen grundsätzlich ausgeschlossen ist (Art. 40 Abs. 1 und Art. 45 ZPO-GR; Art.
118 Abs. 1 lit. a ZPO), wird bei einer allfälligen Gutheissung des Gesuchs um un-
entgeltliche Rechtspflege zu prüfen sein, ob diese allenfalls mittelbar von einem
solchen Entscheid betroffen wäre und welche Auswirkungen eine allfällige nach-
trägliche Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege auf die bereits verfügte Si-
cherheitsleistung hätte.
2.
Der Beschwerdeführer rügt eine falsche Rechtsanwendung durch den Vor-
derrichter. Dabei bezieht er sich in seiner Begründung auf das Verfahren betref-
fend Sicherheitsleistung, womit er dieses wiederum ohne nähere Begründung mit
jenem betreffend unentgeltliche Rechtspflege vermischt. Die Frage, ob und inwie-
weit dieses vom vorliegenden Verfahren tangiert wird, nachdem das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege erst nach dem rechtskräftigen Entscheid betreffend
Sicherheitsleistung gestellt wurde, wird - wie bereits ausgeführt - allenfalls bei
Bejahung der Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechts-
pflege näher zu prüfen sein. Für die Beurteilung der Frage des anwendbaren
Rechts kann dies zunächst jedoch offengelassen werden.
Seite 5 — 15

a.
Die Vorinstanz hat bei der Beurteilung des Gesuchs um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege die Bestimmungen der Schweizerischen Zivilpro-
zessordnung (angefochtener Entscheid, E. 2), bei der Beurteilung des Gesuchs
um Sicherheitsleistung hingegen jene der Zivilprozessordnung des Kantons Grau-
bünden (Hauptakten Vorinstanz, act. 30, E. 2) angewandt. Der Beschwerdeführer
selbst vertrat noch im Verfahren um Sicherheitsleistung ausdrücklich die Auffas-
sung, dass die Schweizerische ZPO vorliegend irrelevant und einzig die kantonale
ZPO anwendbar sei (Hauptakten Vorinstanz, act. 27, Ziff. 11 S. 4). Dieselbe An-
sicht vertrat er auch in seinem Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege vor Vorinstanz (act. 1; 2/1). Im Beschwerdeverfahren vertritt er nun-
mehr unter Berufung auf Art. 11b in Verbindung mit Art. 198 des Bundesgesetzes
über das Internationale Privatrecht (IPRG; SR 291) erstmals und in Widerspruch
zu seiner bisherigen Haltung die Ansicht, für die Frage der Kautionspflicht hätte
die Schweizerische Zivilprozessordnung zur Anwendung gelangen müssen (Be-
schwerdeschrift, act. A.1, S. 7). Ebenso lässt er die Anwendung der Schweizeri-
schen ZPO im Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege vor dem Bezirksge-
richtspräsidenten Inn ungerügt, womit er nun offenbar neu, d.h. anders noch als im
Zeitpunkt der Gesuchstellung davon ausgeht, dass auch in diesem Verfahren die
Schweizerische ZPO anwendbar sei. Da die Frage nach dem anwendbaren Recht
von Amtes wegen zu prüfen ist, gereicht ihm sein widersprüchliches Verhalten
allerdings insoweit nicht zum Nachteil.
b.
Das Hauptverfahren vor Vorinstanz wurde noch vor Inkrafttreten der
Schweizerischen ZPO am 1. Januar 2011 anhängig gemacht, infolgedessen sich
dieses sowie die damit zusammenhängenden Nebenverfahren und die in deren
Rahmen ergehenden prozessleitenden Entscheide nach kantonalem Recht rich-
ten, zumal diese eng miteinander verbunden sind und das Verfahren nicht zum
Abschluss bringen (Urteil des Bundesgerichts 4A_594/2011 vom 20. November
2011, E. 3.2; Andreas Frei/Daniel Willisegger, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.],
Basler Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Basel 2010, N 12 zu
Art. 404 ZPO; a.A. Thomas Sutter-Somm/Benedikt Seiler, in: Sutter-Somm/Hasen-
böhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung
[ZPO]. 2. Aufl., Zürich 2013, N 10a zu Art. 404 ZPO, wobei diese Ansicht wohl auf
einem falschen Verständnis des Urteils des Bundesgerichts 5A_842/2011 vom 24.
Februar 2012, E. 2.1, beruht). Bei den beiden in Frage stehenden Verfahren
betreffend Sicherheitsleistung und Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
handelt es sich um Nebenverfahren zu einem nach kantonalem Recht zu führen-
den Hauptverfahren, die in Form von prozessleitenden Verfügungen entschieden
Seite 6 — 15

wurden. Massgebend ist somit sowohl für die Beurteilung des Gesuchs um Ge-
währung der unentgeltlichen Rechtspflege als auch für die Beurteilung der Kauti-
onspflicht - soweit letztere Frage im vorliegenden Verfahren überhaupt von Rele-
vanz ist - die ZPO-GR. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang
angerufene Bestimmung von Art. 11b IPRG betrifft demgegenüber die Sicherheit
für Parteientschädigungen in Verfahren der internationalen Rechtshilfe und ist vor-
liegendenfalls irrelevant (Dorothee Schramm/Axel Buhr, in: Furrer/Girsberger/Mül-
ler-Chen [Hrsg.], Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Internationales Pri-
vatrecht, 2. Aufl., Zürich 2012, N 1 f. zu Art. 11b IPRG). An dieser Rechtslage
vermag auch das Schreiben des Vorsitzenden der II. Zivilkammer vom 5. April
2013 an das Bezirksgericht Inn (act. C.3) nichts zu ändern, in welchem auf die
Bestimmungen der Schweizerischen ZPO Bezug genommen wird. Dieses Schrei-
ben erfolgte im Rahmen der Verfahrensinstruktion vor Zustellung der Hauptakten,
wurde doch gerade mit eben diesem Schreiben die Vorinstanz zweitmals darum
ersucht, die Akten des Hauptverfahrens der Beschwerdeinstanz zuzustellen. Auf-
grund der Ausführungen in der Beschwerde sowie im angefochtenen Entscheid
war zum damaligen Zeitpunkt davon auszugehen, es handle sich um ein neurecht-
liches Verfahren. Eine entsprechende Überprüfung konnte erst nach der Zustel-
lung der Hauptakten erfolgen.
c.
Nach dem Gesagten war somit sowohl das Verfahren betreffend Sicher-
heitsleistung als auch dasjenige betreffend Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege nach der ZPO-GR zu beurteilen. Folglich hat der Vorderrichter im
Rahmen seiner Beurteilung, ob unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen sei, zu
Unrecht die Bestimmungen der Schweizerischen ZPO angewandt. Das vorliegen-
de Beschwerdeverfahren richtet sich demgegenüber nach der Schweizerischen
ZPO (Art. 405 Abs. 1 ZPO).
3.
Gegen Entscheide des Einzelrichters am Bezirksgericht betreffend die Ab-
lehnung oder den Entzug der unentgeltlichen Rechtspflege kann gemäss Art. 121
in Verbindung mit Art. 319 lit. b ZPO und Art. 7 des Einführungsgesetzes zur
Schweizerischen Zivilprozessordnung (EGzZPO; BR 320.100) Beschwerde an das
Kantonsgericht von Graubünden erhoben werden. Die Beschwerde ist, da es sich
gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO um ein summarisches Verfahren handelt, innert 10
Tagen seit der Zustellung der Entscheidbegründung schriftlich und begründet ein-
zureichen, wobei der angefochtene Entscheid beizulegen ist (Art. 321 Abs. 2 und
3 ZPO). Der angefochtene Entscheid datiert vom 11. März 2013 und wurde
X._____ am 13. März 2013 mitgeteilt. Die vorliegende Beschwerde vom 22. März
Seite 7 — 15

2013 erfolgte somit fristgerecht und entspricht auch den übrigen Formerfordernis-
sen, weshalb darauf einzutreten ist.
4.a.
Gemäss Art. 42 ZPO-GR werden für die Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege in materieller Hinsicht einerseits die Bedürftigkeit der grundsätzlich
zur Stellung eines Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege berechtigten Partei
und andererseits die fehlende offensichtliche Mutwilligkeit und Aussichtslosigkeit
des Hauptverfahrens verlangt. Ob diese beiden kumulativ zu erfüllenden materiell-
rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, prüft der Richter summarisch auf-
grund der Aktenlage zum Zeitpunkt der Gesuchstellung. Bedürftig ist ein Ge-
suchsteller, der die Leistung der erforderlichen Prozess- und Parteikosten nur
erbringen kann, wenn er die Mittel angreift, deren er zur Deckung des Grundbe-
darfs für sich und seine Familie bedarf (vgl. BGE 125 IV 161 E. 4 S. 164). Als aus-
sichtslos gelten Prozessbegehren, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich
geringer sind als die Verlustgefahr und deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet
werden können. Dagegen hat ein Begehren nicht als aussichtslos zu gelten, wenn
sich die Gewinnaussichten und die Verlustgefahr ungefähr die Waage halten oder
jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine solvente Partei
bei vernünftiger Überlegung auch als Selbstzahler den Prozess führen oder viel-
mehr davon Abstand nehmen würde. Eine Partei soll einen Prozess, den sie auf
eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht allein deshalb anstrengen
können, weil er sie nichts kostet. Subjektive Überlegungen des Gesuchstellers
sind in diesem Zusammenhang irrelevant. Die „mutwillige“ Prozessführung kann in
dem Sinne als qualifizierte Form der „aussichtslosen“ Prozessführung bezeichnet
werden, als dass sich der mutwillige Kläger der Aussichtslosigkeit seines Unter-
fangens bewusst ist (vgl. Norbert Brunner, Die unentgeltliche Rechtspflege nach
bündnerischer Zivilprozessordnung - unter besonderer Berücksichtigung der neu-
eren Praxis des Kantonsgerichtsausschusses von Graubünden, ZGRG 04/03, S.
172).
b.
Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, bei richtiger Berechnung
des Nettoeinkommens ergebe sich ein monatlicher Überschuss über dem Exis-
tenzminimum von Fr. 1‘075.18 anstatt wie vom Vorderrichter festgestellt ein sol-
cher von Fr. 4‘786.25. So gehe der Einzelrichter am Bezirksgericht Inn zunächst
irrtümlicherweise von einem Nettoeinkommen von $ 8‘333.34 (Fr. 7‘921.25) aus.
Indessen handle es sich dabei um den Bruttolohn. Nach Abzug der Einkommens-
steuer sowie aller in den O.1_____ obligatorischen sonstigen Steuern, welche an
der Quelle abgezogen würden, ergebe sich ein Nettoeinkommen von monatlich
noch Fr. $ 5‘448.70 (Fr. 5‘173.96). Ferner seien im angefochtenen Entscheid trotz
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Geltendmachung fälschlicherweise lediglich $ 10.00 statt $ 57.50 (Fr. 54.76) an
monatlichen Krankenkassenprämien berücksichtigt worden. Gänzlich übergangen
worden seien die in dem earnings statement vom 31. Januar 2013 aufgeführten
Abzüge in Höhe von monatlich $ 916.68 (Fr. 873.03), bei welchen es sich um ei-
nen „retirement plan“ handle, der mit einer Pensions- und Fürsorgekasse ver-
gleichbar sei und somit als Sozialabgabe bei der Berechnung des Existenzmini-
mums zu berücksichtigen sei. Zwar sei diese Ausgabe in den O.1_____ nicht obli-
gatorisch, allerdings müsse bei einer Beurteilung berücksichtigt werden, dass es
sich um ein ganz anderes Sozialsystem handle. So sei die Einzahlung in eine sol-
che Kasse nötig, um für den Lebensunterhalt im Alter vorzusorgen, weshalb eine
Gleichbehandlung mit Pensionskassenbeiträgen auf der Hand liege. Aufgrund die-
ser Berichtigungen ergebe sich letztendlich ein monatliches Nettoeinkommen von
$ 4‘474.52 bzw. Fr. 4‘246.18. Nach Abzug des im angefochtenen Entscheid
zugrunde gelegten Existenzminimums ergebe sich ein monatlicher Überschuss
von Fr. 1‘075.18. Unter Berücksichtigung weiterer Ausgaben, die der Vorderrichter
in Verletzung der Untersuchungsmaxime ausser Acht gelassen habe, verbleibe
gar nur ein Überschuss von Fr. 800.--.
c.
Vorliegend ergibt sich aufgrund der Akten, dass der Vorderrichter im Rah-
men der Überschussberechnung in der Tat wesentliche Punkte ausser Acht ge-
lassen hat. Dabei handelt es sich einerseits um ausgewiesene Lohnabzüge (vgl.
Akten VI, URP-Verfahren, act. 2a) und andererseits um geltend gemachte Ausga-
ben, für welche zwar die erforderlichen Belege fehlen, die der Vorderrichter indes-
sen gestützt auf Art. 43 Abs. 2 ZPO-GR vom Gesuchsteller hätte einfordern müs-
sen, bevor er sie mangels Nachweises unberücksichtigt belassen durfte. Dem
Wesen der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend gilt im Verfahren betreffend
unentgeltliche Rechtspflege nämlich die Untersuchungsmaxime. So hat der Rich-
ter im Rahmen seiner Prüfungspflicht selber die rechtserheblichen Tatsachen fest-
zustellen, wobei dem Gesuchsteller allerdings eine erhebliche Mitwirkungspflicht
zukommt (vgl. Brunner, a.a.O., S. 159). Vorliegend verbleibt nunmehr bereits bei
Berücksichtigung der aktenkundig ausgewiesenen Lohnabzüge ein wesentlich
geringerer Überschuss, als vom Bezirksgerichtspräsidenten Inn ermittelt wurde.
Konkret ergibt sich dabei ein massgebliches Nettoeinkommen von $ 4‘474.52 an-
stelle eines solchen von $ 8‘333.34 (vgl. angefochtener Entscheid, S. 3). Zwar
verhält es sich grundsätzlich in der Tat so, dass bei der Berechnung des Notbe-
darfs die anfallenden Steuern nicht zu berücksichtigen sind. Indessen ist bei aus-
ländischen Arbeitnehmern, die der Quellensteuer unterliegen, von demjenigen
Einkommen auszugehen, welches diesen tatsächlich ausbezahlt wird (vgl. Be-
Seite 9 — 15

schluss der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Kantonsgerichts von
Graubünden betreffend Änderung der Richtlinien für die Berechnung des betrei-
bungsrechtlichen Existenzminimums nach Art. 93 SchKG vom 18. August 2009
[KSK 09 39]). Als Lohn des Gesuchstellers ist mithin der Betrag massgebend, den
er wirklich ausbezahlt erhält (vgl. BGE 90 III 33), nach dem Gesagten somit derje-
nige von $ 4‘474.52. Ob und inwieweit die übrigen geltend gemachten Abzüge -
Hausrat- und Haftpflichtversicherung, Arbeitsweg, ungedeckte Arztkosten sowie
sonstige Auslagen - zu berücksichtigen sind, kann vorliegend mangels vom Vor-
derrichter nachgeforderter Belege nicht abschliessend beurteilt werden. Um den
massgeblichen Überschuss definitiv ermitteln zu können, sind vom Gesuchsteller
die ausstehenden Belege nachzuverlangen, verbunden mit der Androhung, dass
die geltend gemachten Abzüge im Unterlassungsfall nicht berücksichtigt würden.
Im Übrigen wird im Rahmen dieser neu vorzunehmenden Bedarfsermittlung auch
zu klären sein, ob im vorliegenden Fall aufgrund der durchschnittlich niedrigeren
Lebenshaltungskosten in den O.1_____ einfach ohne weiteres der für die Schweiz
gültige Grundbetrag für eine alleinstehende Person von Fr. 1‘200.-- anzuwenden
ist, wie dies der Vorderrichter getan hat. Bejahendenfalls wären die geltend ge-
machten Kosten für die Hausratsversicherung bei der Bedarfsberechnung dann
aber ausser Acht zu lassen (vgl. hierzu die Studie der UBS AG „Preise und Löhne
- Ein Kaufkraftvergleich rund um die Welt“, Stand September 2012, abrufbar unter
http://www.ubs.com).
5.a.
Der Beschwerdeführer wirft dem Einzelrichter am Bezirksgericht Inn weiter
eine fehlerhafte Einschätzung der Prozesskosten vor. So habe dieser die Pro-
zesskosten im angefochtenen Entscheid auf rund Fr. 25‘000.-- geschätzt, dem
Beschwerdeführer in seiner prozessleitenden Verfügung vom 14. Januar 2013
aber eine Sicherheit für die Parteientschädigung in Höhe von Fr. 15‘000.-- aufer-
legt. Da Anwaltskosten bei beiden Parteien anfielen, gehe der Vorderrichter mit
seiner Schätzung von Fr. 25‘000.-- für Gerichts- und Anwaltskosten jedoch von zu
tiefen Prozesskosten aus. Gehe man nämlich von Parteikosten von jeweils Fr.
15‘000.-- und einer Gerichtsgebühr von mindestens Fr. 5‘000.-- aus, sei mit vor-
aussichtlichen Prozesskosten von mindestens Fr. 35‘000.-- zu rechnen. Selbst
ohne Berücksichtigung der Gerichtsgebühren sei es für ihn somit nicht möglich,
die anfallenden Prozesskosten aus dem ihm verbleibenden Überschuss über dem
Existenzminimum von umgerechnet Fr. 1‘075.15 bzw. Fr. 800.-- innert einer Frist
von zwei Jahren zu decken. Dieser Einwand ist nicht von der Hand zu weisen,
zumal der Vorderrichter seine Schätzung nicht näher begründet hat (vgl. ange-
fochtener Entscheid, S. 4). Immerhin ist den Ausführungen des Beschwerdefüh-
Seite 10 — 15

rers aber entgegenzuhalten, dass dieser erstmals im Verlaufe des Verfahrens um
Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege anwaltlich vertreten ist. Bislang liess
er sich von seinem Vater, der zwar zugelassener Rechtsanwalt in den O.1_____,
nicht aber im Anwaltsregister eingetragen ist und keine Freizügigkeit nach dem
Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (BGFA; SR
935.61) geniesst, vertreten. Dieser verlangt eigener Aussage zufolge von seinem
Sohn kein Entgelt für dessen bisherige Vertretung (vgl. Akten VI, Hauptverfahren,
act. 27, Ziff. 20). Der erste Rechtsschriftenwechsel im Hauptverfahren wurde be-
reits abgeschlossen, was bedeutet, dass - selbst wenn der nunmehr im URP-
Verfahren beigezogene Rechtsanwalt zukünftig auch die Verteidigung im Haupt-
verfahren übernehmen sollte - ein grosser Teil des Aufwands bereits angefallen
ist. Die Anwaltskosten des Beklagten dürften aus diesem Grund denn auch gerin-
ger ausfallen, als jene der Klägerin. In diesem Zusammenhang ist auch darauf
hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer selbst ausführt, der Prozessstoff liege
klar vor, nachdem sich gestützt auf denselben Sachverhalt identische Fragen wie
im bereits gegen seinen Vater durchgeführten Verfahren, in welchem die Klägerin
vollumfänglich unterlegen sei, stellen würden (vgl. Akten VI, Hauptverfahren, act.
27, Ziff. 18). Der Begründung des angefochtenen Entscheids ist nicht zu entneh-
men, ob und inwiefern der Vorderrichter diese Umstände einer entsprechenden
Würdigung unterzogen hat. Angesichts der Schätzung der Parteikosten der kläge-
rischen Partei im Verfahren betreffend Sicherheitsleistung ist diesbezüglich eine
Klärung, allenfalls eine Überprüfung der im angefochtenen Entscheid vorgenom-
menen Schätzung erforderlich.
b.
Ferner hat der Vorderrichter im Rahmen seiner Erwägungen über mögliche
Ratenzahlungen unerwähnt gelassen, dass der Beschwerdeführer gemäss Verfü-
gung betreffend Sicherheitsleistung innert - mittlerweile abgelaufener - Frist eine
Summe von Fr. 15‘000.-- zu bezahlen hat. Dem angefochtenen Entscheid ist nicht
zu entnehmen, aus welchen Gründen er nicht weiter darauf eingegangen ist. Mög-
licherweise hat er diese Frage nicht für relevant erachtet, weil er von einem ermit-
telten Überschuss von mehr als Fr. 4‘000.-- ausgegangen ist, und deshalb still-
schweigend angenommen hat, ein solcher würde in jedem Fall eine Begleichung
der Sicherheitsleistung innert angesetzter Frist erlauben. Da sich nach den voran-
gegangenen Ausführungen nun wohl ein wesentlich geringerer Überschuss erge-
ben dürfte, wird der Beschwerdeführer indessen kaum in der Lage sein, die bereits
angeordnete Sicherheitsleistung innert Frist zu erbringen. Somit müssen die sich
daraus ergebenden Fragen im Zusammenhang mit der bereits verfügten Sicher-
heitsleistung beantwortet werden, zumal der Beschwerdeführer die Prozesskauti-
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on in seinem Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege ausdrück-
lich thematisiert hat.
c.
In der Literatur wird teilweise die Meinung vertreten, ein Gesuch um Bewilli-
gung der unentgeltlichen Rechtspflege sei grundsätzlich ausgeschlossen, wenn
die Sicherheitsleistung bereits angeordnet wurde, es sei denn, die wirtschaftlichen
Verhältnisse hätten sich verändert (Frank Emmel, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/
Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO],
2. Aufl., Zürich 2013, N 13 zu Art. 119 ZPO; Thomas Geiser, in: Niggli/Uebersax/
Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl., Ba-
sel 2011, N 26 zu Art. 64 BGG). Gegen diese Ansicht dürfte der Umstand spre-
chen, dass ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege auch
während eines hängigen Verfahrens jederzeit möglich ist. Allerdings ist grundsätz-
lich erst Wirkung ab dem Zeitpunkt der Gesuchstellung anzunehmen (Brunner,
a.a.O., S 160). Dabei ist für die Anhängigmachung des entsprechenden Gesuchs
entgegen der Annahme im angefochtenen Entscheid nicht das auf der Eingabe
angegebene Datum (31. Januar 2013), sondern dasjenige der Übergabe der
Rechtsschrift an die Schweizerische Post massgebend. Entfaltet eine allfällige
Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege aber erst mit Wirkung ab dem Zeit-
punkt der Gesuchstellung Wirkung, wäre weiter zu prüfen, ob die bereits angeord-
nete Sicherheitsleistung allenfalls trotzdem zumindest teilweise hinfällig würde,
zumal damit auch noch nicht entstandene Parteikosten sichergestellt wurden. Wä-
re die Rückwirkung einer allenfalls zu bewilligenden unentgeltlichen Rechtspflege
zu verneinen, wäre aufgrund der Gesuchsbegründung, in welcher auf die Sicher-
heitsleistung Bezug genommen wird und zumindest mittelbar deren Aufhebung
gefordert wird, eine Wiedererwägung der auferlegten Sicherheitsleistung zu prü-
fen, zumal es sich dabei um eine prozessleitende Verfügung handelt, auf die je-
derzeit zurückgekommen werden kann (Peter Guyan, Beweisverfahren im ordent-
lichen Verfahren vor Bezirksgerichtsausschuss und Bezirksgericht, Diss. Zürich
2000, S. 177; gemäss Art. 100 Abs. 2 ZPO ist dies sogar ausdrücklich vorgese-
hen). Jedoch dürfte eine nachträgliche Aufhebung im Vergleich zum Zeitpunkt der
Auferlegung der Sicherheitsleistung veränderte Verhältnisse voraussetzen. Zu
prüfen wäre bei einem entsprechenden Überschuss auf Seiten des Beschwerde-
führers auch die Gewährung von Ratenzahlungen für die betreffende Sicherheits-
leistung. Soweit bei allfälliger Gutheissung des Gesuchs um Gewährung der un-
entgeltlichen Rechtspflege eine Aufhebung oder ratenweise Begleichung der Si-
cherheitsleistung in Betracht fällt, wird zwingend auch die Gegenpartei anzuhören
sein, da dadurch auch deren Rechte tangiert werden. Dieser Anspruch auf Anhö-
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rung entspricht demjenigen auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV, zu-
mal die Befreiung der gesuchstellenenden Person von der möglichen Verpflich-
tung zur Sicherstellung der Parteikosten die Gegenpartei belasten würde (Urteil
des Bundesgerichts 4A_681/2010 vom 7. April 2011, E. 1.6 mit weiteren Hinwei-
sen).
6.
Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass der angefochtene
Entscheid auf einer fehlerhaften Überschussberechnung basiert, die teils auf fal-
scher Würdigung der Akten, teils auf einem nicht bereinigten Beweisverfahren be-
ruht. Ebenso ist die vom Vorderrichter vorgenommene Schätzung der mutmassli-
chen Prozesskosten zu überprüfen. Im Weiteren lässt der angefochtene Entscheid
die sich stellenden Fragen im Zusammenhang mit der bereits angeordneten Si-
cherheitsleistung ausser Acht. Soweit sich aufgrund der bereinigten Überschuss-
berechnung ergeben sollte, dass dem Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege stattzugeben ist oder bei einer Ablehnung zumindest eine ratenwei-
se Begleichung der Kosten zu gewähren ist, wären diese Fragen ebenfalls einer
Prüfung zu unterziehen, wobei diesfalls - wie bereits erwähnt - zwingend auch
der Gegenpartei das rechtliche Gehör zu gewähren wäre. All dies führt zur Aufhe-
bung des angefochtenen Entscheids. Da der Fall aufgrund der noch einzuholen-
den Belege sowie der fehlenden Anhörung der Gegenpartei nicht spruchreif ist
und ausserdem wesentliche Fragen gänzlich unbehandelt blieben, ist die Sache
an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 327 Abs. 3 ZPO).
7.
Die Kosten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens - bestehend aus den
Gerichtskosten sowie der Parteientschädigung (Art. 95 Abs. 1 ZPO) - werden in
Anwendung von Art. 106 Abs. 1 ZPO dem Kanton Graubünden auferlegt, welcher
den Beschwerdeführer hierfür überdies aussergerichtlich zu entschädigen hat. In
Ermangelung einer eingereichten Honorarnote wird die Parteientschädigung nach
richterlichem Ermessen festgesetzt, wobei die II. Zivilkammer eine aussergerichtli-
che Entschädigung in Höhe von Fr. 2‘000.-- (inkl. Spesen und MWSt) als dem
hierfür erforderlichen Aufwand angemessen erachtet.
8.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege für das vorliegende Beschwerdeverfahren ist abzuweisen. Die Kos-
ten des Beschwerdeverfahrens halten sich in derart geringem Rahmen, dass sie
jedenfalls durch den vom Beschwerdeführer anerkannten monatlichen Überschuss
von Fr. 1‘075.18 bzw. Fr. 800.-- (zumindest ratenweise) beglichen werden können.
Dies gilt umso mehr als ihm, dem Ausgang des Verfahrens entsprechend, keine
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Kosten auferlegt wurden und eine ausseramtliche Entschädigung von Fr. 2‘000.--
zugesprochen wurde.
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III. Demnach wird erkannt:
1.
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen.
2.
Der angefochtene Entscheid des Einzelrichters am Bezirksgericht Inn vom
11. März 2013 wird aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen
zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
3.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 2‘000.-- gehen zu Lasten
des Kantons Graubünden, welcher B._____ hierfür überdies mit Fr. 2‘000.--
(inkl. Spesen und MWSt) aussergerichtlich zu entschädigen hat.
4.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Be-
schwerdeverfahren wird abgewiesen.
5.
Gegen diese, einen Streitwert von mindestens 30'000 Franken betreffende
Entscheidung kann gemäss Art. 72, Art. 74 Abs. 1 lit. b des Bundesge-
richtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Zivilsachen an das Schweizerische
Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, geführt werden. Die Beschwerde ist
dem Bundesgericht schriftlich, innert 30 Tagen seit Eröffnung der vollstän-
digen Ausfertigung der Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorge-
schriebenen Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegi-
timation, die weiteren Voraussetzungen und das Verfahren der Beschwerde
gelten die Art. 29 ff., 72 ff. und Art. 90 ff. BGG.
6.
Mitteilung an:
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