E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Kopfdaten
Kanton:GR
Fallnummer:ZF-03-1
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZF-03-1 vom 07.04.2003 (GR)
Datum:07.04.2003
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Herabsetzung des Mietzinses
Schlagwörter : Mietzins; Meinde; Gemeinde; Berufung; Partei; Recht; Liste; Miete; Mietvertrag; Talliste; Spitalliste; Vertrag; Sicht; Absetzung; Hältnis; Betten; Führung; Vermieter; Parteien; Patienten; Mieter; Fugnis; Brauch; Herabsetzung; Rechtlich
Rechtsnorm: Art. 122 ZPO ; Art. 19 ZPO ; Art. 218 ZPO ; Art. 219 ZPO ; Art. 22 ZPO ; Art. 223 ZPO ; Art. 224 ZPO ; Art. 229 ZPO ; Art. 25 ZPO ; Art. 256 OR ; Art. 258 OR ; Art. 259d OR ; Art. 26 ZPO ; Art. 269d OR ; Art. 270 OR ; Art. 270a OR ; Art. 33 OR ; Art. 42 ZPO ; Art. 55 ZGB ;
Referenz BGE:111 II 384; 122 III 257; 124 III 418; 82 II 103;
Kommentar zugewiesen:
Frank, Sträuli, Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessord- nung, Art. 37 ZPO, 1997
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni


Dretgira chantunala dal Grischun

Ref.:
Chur, 07. April 2003
Schriftlich mitgeteilt am:
ZF 03 1

Urteil
Zivilkammer
Präsident Brunner, Kantonsrichter Jegen, Kantonsrichterinnen Riesen-Bienz und
Tomaschett-Murer, Kantonsrichter Burtscher, Aktuar Conrad.
——————
In der zivilrechtlichen Berufung
des D., Kläger und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Christi-
an Clopath, Bahnhofstrasse 6, 7250 Klosters,

gegen

das Urteil des Bezirksgerichts Hinterrhein vom 13. November 2002, mitgeteilt am
7. Januar 2003, in Sachen des Klägers und Berufungsklägers gegen die P . , Be-
klagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Rainer Metz-
ger, Alexanderstrasse 38, 7000 Chur,
betreffend Herabsetzung des Mietzinses,
hat sich ergeben:



2


A.
Auf Gesuch hin erteilte das Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement
des Kantons Graubünden (JPSD) D., gestützt auf Art. 25 des Gesundheitsgeset-
zes am 17. Dezember 1991, unter gewissen Bedingungen und Auflagen, die Be-
willigung zum Betrieb eines ärztlichen Kurhauses, namentlich für die Nachbehand-
lung operierter Patienten (Rehabilitationsklinik), in der "X." in A.. Dabei wurde un-
ter anderem erwogen, die Räumlichkeiten seien nicht für die vom Gesuchsteller
geplanten 38, sondern höchstens für 26 Patientenbetten ausreichend.
B.
Zwei Tage später unterzeichneten die P., vertreten durch den Ge-
meindevorstand, als Vermieterin, und D., als Mieter, einen Mietvertrag. Mietobjek-
te sind - mit gewissen, hier nicht weiter interessierender Einschränkungen und
einer Nutzungsordnung unter den Parteien - die Parzellen 566, 567 und 572 in der
Gemeinde A., im wesentlichen die Gebäude "X." und "Haus Y.", samt den beste-
henden festen und beweglichen Einrichtungen und dem von der Gemeinde in ge-
schätzter Höhe von 300'000 Franken noch anzuschaffenden Grossinventar (Mobi-
liar, Maschinen, Betten, Vorhänge, Teppiche usw.).
Als Nutzungszweck vereinbarten die Vertragsparteien, dass das Mietobjekt
als Rehabilitationszentrum für Rekonvaleszente mit Altersabteilung zu führen ist,
in erster Linie für betagte Einwohner der Gemeinde A. und der umliegenden Ge-
meinden, zu den ortsüblichen Bedingungen vergleichbarer Institutionen, höchs-
tens aber zum Pensionspreis, der von der AHV für Ergänzungsleistungen ange-
rechnet wird. Auswärtige sollen aufgenommen werden können, sofern genügend
Platz vorhanden ist.
Den Beginn des Mietvertrages legten die Parteien auf den 1. März 1992,
mit einer festen Vertragsdauer bis am 31. Dezember 1994, wobei sich die Ver-
tragsdauer jeweils um ein Jahr verlängert, sofern nicht eine Kündigung auf Ende
Kalenderjahr, mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten, erfolgt. Die Parteien
sahen weiter vor, spätestens im April 1994 Verhandlungen über die Erneuerung
des Mietvertrages aufzunehmen.
Der Mietzins wurde für das Jahr 1992 auf Fr. 70'000.-, für 1993 auf Fr.
96'000.- und für 1994 auf Fr. 120'000.- festgelegt. Für den Fall einer Weiterfüh-
rung des Mietverhältnisses über den 31. Dezember 1994 hinaus, sahen die Par-
teien vor, dass auch der Mietzins neu zu regeln ist.



3


C.1. Mit Schreiben vom 12. April 1994 gelangte D. an den Gemeindevor-
stand und teilte mit, dass er die vor drei Jahren angestrebten Ziele zwar nicht er-
reicht habe, trotzdem aber bereit sei, den Betrieb für weitere drei Jahre zu führen,
sofern "die Voraussetzungen gewerbefreundlichen Charakter erhalten". Dazu ge-
höre insbesondere die Festsetzung des Mietzinses für die nächsten drei Jahre auf
insgesamt Fr. 300'000.-. Im Anschluss an eine Aussprache vom 29. April 1994
teilte der Gemeindevorstand mit Schreiben vom 18. Mai 1994 D. mit, aufgrund der
namhaften Investitionen der Gemeinde müsste der Mietzins eigentlich weiter er-
höht werden, dürfe aber jedenfalls nicht weniger als Fr. 120'000.- betragen. Nach
einigen Schreiben zwischen den Parteien entschied die Gemeindeversammlung
am 17. Juni 1994, an einem Mietzins von Fr. 120'000.- festzuhalten. Diese Hal-
tung wurde D. mit Schreiben vom 20. Juni 1994 mitgeteilt, was D. mit Schreiben
vom 30. Juni 1994 bestätigte. In den folgenden Jahren wurde das Mietverhältnis
mit einem jährlichen Mietzins von Fr. 120'000.- erfüllt.
2.
Mit Schreiben vom 26. Januar 2000 gelangte der Rechtsvertreter
von D. an den Gemeindevorstand A. und verlangte unter Hinweis auf Ziff. 5 Abs. 4
des Mietvertrages (Neuregelung des Mietzinses bei einer Weiterführung des Miet-
vertrages über den 31.12.1994 hinaus) die Festlegung eines neuen Mietzinses.
Der geltende Mietzins von Fr. 120'000.- sei betriebswirtschaftlich nicht mehr trag-
bar. Der Gemeindevorstand liess vorerst am 13. April 2000 verlauten, er habe be-
schlossen, durch den Schweizerischen Hotelier-Verein eine wirtschaftliche Analy-
se des derzeitigen Mietverhältnisses durchführen zu lassen. Am 27. Juni 2000
kündigte die Gemeinde A. den Mietvertrag auf den 31. Dezember 2000, unter
Hinweis darauf, dass der aus dem Jahre 1991 stammende Vertrag der Überarbei-
tung bedürfe, namentlich hinsichtlich der in der Vergangenheit zu Unstimmigkeiten
führenden Tragung der Unterhalts- und Servicekosten, der Bestimmung der Miet-
objekte und des Mitzinses. Sie lud D. zu Verhandlungen über den Abschluss eines
neuen Mietvertrages ein und zur Unterbreitung einer Kaufofferte für das Mietob-
jekt.
3.
Die Kündigung des Mietvertrages focht D. am 25. Juli 2000 bei der
zuständigen Schlichtungsstelle für Mietverhältnisse des Bezirks Hinterrhein an und
stellte gleichzeitig das Begehren um Herabsetzung des Mietzinses.
Die im Auftrag der Gemeinde A. erstellte Analyse des Betriebes "X." erstat-
tete der Schweizer Hotelier-Verein am 15. Oktober 2000. Sie ging in tatsächlicher
Hinsicht davon aus, dass der Mieter jetzt die "X." mit 21 Zimmern (davon 5 Dop-



4


pelzimmer) als ein reines Kurhaus mit regelmässig wechselnden Rehabilitations-
gästen und ohne Dauergäste wie in einem Altersheim führte. Auf der Grundlage
dieses Betriebskonzepts kam die Analyse zum Schluss, der wirtschaftlich tragbare
Mietzins liege bei Fr. 112'100.- pro Jahr.
Gemäss Abschreibungsbeschluss der Schlichtungsstelle vom 13. Novem-
ber 2000 verglichen sich die Parteien in den Hauptpunkten wie folgt:
"1. Die Gemeinde nimmt die am 27. Juni 2000 ausgesprochene Kündi-
gung des Mietvertrages vom 19. Dezember 1991 über die Liegen-
schaften Parzellen Nr. 567, 572 und 566 des Grundbuches A. mit
den Gebäuden X. und Haus Y. zurück.

2. Durch die Rücknahme der Kündigung gilt zwischen den Parteien
weiterhin der Mietvertrag vom 19. Dezember 1991. Sobald jedoch
feststeht, ob das Rehabilitationszentrum X. auf der Spitalliste ver-
bleibt, werden die Parteien Verhandlungen über die Neugestaltung
des Mietverhältnisses aufnehmen.

3. Der Mietzins für das Jahr 2001 wird auf Fr. 102'000.-- (in Worten:
einhundertzweitausend) herabgesetzt. Diese Herabsetzung des
Mietzinses erfolgt unpräjudizierlich für die in Aussicht genommenen
Verhandlungen bei Weiterführung des Mietverhältnisses über das
Jahr 2001 hinaus."

Weil die erwartete definitive Spitalliste im Jahre 2001 noch immer fehlte,
vereinbarten die Parteien auch für das Jahr 2002 als Übergangslösung einver-
nehmlich einen Mietzins von Fr. 102'000.-.
D.
In Berücksichtigung eines von D. überbrachten Auszuges aus einem
Entwurf der Spitalliste, welcher für die Klinik "X." 14 Betten für einfache orhopädi-
sche Rehabilitation vorsah, einer Zusammenstellung über die Entwicklung der Lo-
giernächte, des Umsatzes und des Reingewinnes der "X." sowie der von der Ge-
meinde eingeholten Analyse des Hotelier-Vereins, offerierte der Gemeindevor-
stand dem Mieter am 6. Juni 2002 die Weiterführung des Mietverhältnisses mit
einem jährlichen Mietzins ab 1. Januar 2003 von Fr. 112'000.-, dies unter den Be-
dingungen, dass der Mietvertrag vom 19. Dezember 1991 neu auszuarbeiten und
anzupassen sei, und dass der erwähnte Mietzins gelte, solange die "X." auf der
Spitalliste verbleibe und bis zu einer allfälligen Subventionierung durch den Kan-
ton.
Mit Schreiben vom 17. Juni 2002 lehnte D. den Vorschlag der Gemeinde ab
und stellte der Vermieterin ein förmliches Herabsetzungsbegehren im Sinne von
Art. 270a Abs. 1 OR mit dem Antrag, den Mietzins ab 1. Januar 2003 auf Fr.



5


58'105.- herabzusetzen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der gesamte vertrag-
lich festgelegte Mietzins von Fr. 120'000.- entfalle unbestreitbar im Umfang von
Fr. 22'000.- auf das "Haus Y." und der Rest von Fr. 98'000.- auf die übrigen Ge-
bäude. Beim Vertragsabschluss im Jahre 1991 seien die Parteien von 38 Patien-
tenbetten ausgegangen. Nun lasse die Spitalliste gerade noch 14 Betten zu. Aus
der anteilmässigen Reduktion der Fr. 98'000.- für 38 Betten auf noch 14 Betten
ergebe sich der Betrag von Fr. 36'105.-. Zusammen mit der (ungekürzten) Miete
für das Haus Y. von Fr. 22'000.- ergebe sich der neue Mietzins von Fr. 58'105.-.
Diesen Vorschlag lehnte der Gemeindevorstand mit Schreiben vom 25. Juni 2002
ab, mit der Begründung, die Aufnahme in die Spitalliste bewirke keine Kürzung der
Bettenzahl. Falls keine Einigung im Sinne des Angebots vom 6. Juni 2002 zustan-
de komme, gelte weiterhin der Mietvertrag vom 19. Dezember 1991 mit einem
Mietzins von Fr 120'000.-.
Mit Beschluss vom 17. Juni 2002 verabschiedete die Regierung des Kan-
tons Graubünden die Spitalplanung 2002 und erliess dazu gleichzeitig die Spital-
liste 2002 mit Wirkung per 1. Juli 2002. Die Spitalliste geht normativ davon aus,
dass eine Bettenauslastung von 90 % zu erreichen ist, woraus sich für die "X."
analytisch anhand der tatsächlichen Aufenthalten im Jahre 2000 ein Angebot von
14.63 Betten ergab. Dieses wäre nach allgemeinen Vorgaben der Spitalplanung
zu kürzen gewesen, wurde indessen mit individueller Begründung für diese Klinik
auf 18 Betten erhöht. Es handelt sich um eine normativ festgelegt Gesamtbetten-
zahl für Bündner KVG-Patienten, welche für die Jahre 2003 und 2004 gilt. Eine
Beschwerde gegen die Spitalliste hat D. nicht erhoben. Mit Schreiben vom 25. Ju-
ni 2002 liess D. verlauten, ausgehend von diesen 18 statt 14 Betten ergebe sich
nun die Herabsetzung des Mietzinses auf Fr. 68'421.-.
E.
In diesem Sinne gelangte D. Am 2. Juli 2002 an die Schlichtungsbe-
hörde. Diese stellte das Nichtzustandekommen einer Einigung mit Protokoll vom
2. September 2002 fest. Am 9. September 2002 erhob D. beim Bezirksgericht Hin-
terrhein Klage mit folgenden Rechtsbegehren:
"1. Der Mietzins gemäss Mietvertrag vom 19. Dezember 1991 für die
Liegenschaften "X." in A. sei ab 1. Januar 2003 von Fr. 120'000.-
auf Fr. 68'421.- pro Jahr herabzusetzen.

2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge."
Mit Urteil vom 13. November 2002 wies das Bezirksgericht Hinterrhein die
Klage ab, überband dem Kläger die Verfahrenskosten von Fr. 4'700.- und ver-



6


pflichtete ihn, der Beklagten eine Prozessentschädigung von Fr. 4'849.40 zu be-
zahlen.
F.
Gegen das am 7. Januar 2003 mitgeteilte Urteil erklärte D. am 14.
Januar 2003 die Berufung mit folgenden Rechtsbegehren:
"1. Das angefochtene Urteil des Bezirksgerichts Hinterrhein sei aufzuhe-
ben.
2.a. Die Prozessantwort der Gemeinde A. vom 2. Oktober 2002 sei aus der
Prozedur zu weisen, und die Gemeinde A. sei mangels Prozesser-
mächtigung durch die Gemeindeversammlung vom weiteren Verfahren
auszuschliessen.

b. In Gutheissung der Klage sei der Mietzins gemäss Mietvertrag vom 19.
Dezember 1991 für die Liegenschaften "X." in A. ab 1. Januar 2003 von
Fr. 120'000.- auf Fr. 68'421.- pro Jahr herabzusetzen.

2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen."
Mit prozessleitender Verfügung vom 27. Januar 2003 wurde die Durchfüh-
rung der Berufung im Schriftverfahren gemäss Art. 224 Abs. 2 ZPO angeordnet,
was unangefochten blieb.
Die schriftliche Berufungsbegründung wurde innert Frist am 17. Februar
2003, mit den identischen Rechtsbegehren gemäss Berufungserklärung vom 14.
Januar 2003, erstattet.
Die schriftliche Berufungsantwort wurde innert Frist am 27. Februar 2003
eingereicht. Die Berufungsbeklagte schliesst auf Abweisung der Berufung, unter
gerichtlicher und aussergerichtlicher Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten
des Berufungsklägers.
Das Bezirksgericht Hinterrhein liess sich zur Sache nicht vernehmen.
Auf die Begründung der Berufungsanträge, das angefochtene Urteil und
das Beweisergebnis ist, soweit sachdienlich, in den nachfolgenden Erwägungen
einzugehen.
Die Zivilkammer zieht in Erwägung :
1.
Nach Art. 218 Abs. 1 ZPO kann die Berufung an das Kantonsgericht
ergriffen werden gegen Urteile der Bezirksgerichte im Sinne von Artikel 19 dieses



7


Gesetzes. Die Zulässigkeit der Berufung in vermögensrechtlichen Streitigkeiten
ist über die Verweisung auf Art. 19 ZPO demnach an die Voraussetzung der sach-
lichen Zuständigkeit des Bezirksgerichts und diese wiederum an das Vorhanden-
sein eines Mindeststreitwerts von 8'000 Franken (Art. 19 Ziff. 1 ZPO) geknüpft.
Nach Art. 22 Abs. 1 ZPO wird zur Feststellung der sachlichen Zuständigkeit bei
vermögensrechtlichen Streitigkeiten der Gesamtbetrag aller klägerischen Forde-
rungen zusammengerechnet, unter Ausschluss der Zinsen und Kosten und der
Forderungen aus einer allfälligen Widerklage. Nach Abs. 2 der nämlichen Bestim-
mung sind Nutzungen oder periodisch wiederkehrende Leistungen für die Streit-
wertfeststellung mit 5 % zu kapitalisieren. Die Methode von Art. 22 Abs. 2 ZPO
fällt vorliegend ausser Betracht, da es sich beim Streit über die Höhe des Mietzin-
ses nicht um Nutzungen oder periodische Leistungen im Sinne dieser Bestimmung
handelt (Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessord-
nung, 3. A. Zürich 1997, N 1 zu § 21; vgl. auch PKG 1965 Nr. 7 E.1 zu aArt. 37
ZPO). Bei Ausweisung von Mietern, Streitigkeiten über die Gültigkeit des Mietver-
trages, die Gültigkeit seiner Kündigung oder Erstreckung desselben entspricht der
Streitwert dem in der entsprechenden Periode fällig werdenden Mietzins
(Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O., N 12 zu § 18). Dies muss auch für den Streit über
die Höhe des geschuldeten Mietzinses gelten. Das Streitinteresse liegt vorliegend
in der Differenz zwischen der vertraglichen Jahresmiete von Fr. 120'000.- und
dem klägerischen Herabsetzungsbegehren auf Fr. 68'421.-. Es beträgt daher Fr.
51'579.-. Wird die Gültigkeit der Kündigung eines Mietvertrages bestritten, so be-
rechnet sich der Streitwert aufgrund des Zeitraums, während dem der Vertrag
fortdauern würde, wenn die Kündigung nicht gültig wäre. Dieser Zeitraum erstreckt
sich bis zu dem Zeitpunkt, auf den eine weitere Kündigung ausgesprochen werden
könnte oder ausgesprochen worden ist (BGE 111 II 384 E.1, 109 II 154 E.1a, 98 II
107 E.1b, 88 II 59 E.1, 86 II 58, 85 II 220; Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, Die
Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. A. Bern 2000, N 3b zu 138). Auch
nach dieser Methode besteht der Streitwert im vorliegenden Fall in der Differenz
von Fr. 51'579.- bei einer Jahresmiete, da einerseits die Höhe des Mietzinses für
das Jahr 2002 nicht strittig ist und andererseits gemäss Vertrag (act. 02.1.III.1,
Mietvertrag Ziff. 4 Abs. 2) noch bis Ende Juni 2003 auf den 31. Dezember 2003
gekündigt werden kann.
Beträgt der Streitwert im vorinstanzlichen Urteilszeitpunkt Fr. 51'579.-, ist
die Sache berufungsfähig (Art. 19 Ziff. 1 und 218 ZPO). Gleichzeitig ist damit der
Feststellungspflicht von Art. 51 Abs. 1 lit. a OG Genüge getan. Auf die im übrigen
fristgemäss beim Bezirksgericht eingelegte, die formulierten Anträge auf Abände-



8


rung des erstinstanzlichen Urteils (Art. 219 ZPO) und eine schriftliche Begründung
(Art. 224 Abs. 2 ZPO) enthaltende Berufung ist daher einzutreten.
2.
Wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren rügt der Berufungskläger
auch im Berufungsverfahren vorab in prozessualer Hinsicht, der Gemeindevor-
stand handle ohne Prozessführungsbefugnis, so dass die Prozessantwort der
Gemeinde A. aus der Prozedur zu weisen, und die Beklagte mangels Prozesser-
mächtigung durch die Gemeindeversammlung vom weiteren Verfahren auszu-
schliessen sei.
a.
Insofern er damit beantragt, es sei die Beklagte ohne Umschweife
von der Teilnahme am Verfahren auszuschliessen, kann dem schon deshalb keine
Folge geben werden, weil solches einen überspitzten Formalismus darstellen wür-
de (Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O., N 13 zu § 29, N 2 zu § 38). Besteht Aussicht
auf Heilung/Verbesserlichkeit von formellen Mängeln in den von Amtes wegen zu
prüfenden Prozessvoraussetzungen beziehungsweise Prozessführungsvorausset-
zungen (Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit, Vertretungsmacht), ist deren Heilbarkeit
der Grundsatz (Thomas Sträuli, Fehlerhafte Prozesshandlungen der Parteien und
ihre Heilung im zürcherischen Zivilprozess, Diss. Zürich 1966, S. 54-64; vgl. z.B.
auch § 19 ZPO Thurgau). Der prozessuale Fehler der fehlenden Prozessfüh-
rungsbefugnis ist billigerweise als ein verbesserlicher anzusehen und es wäre,
gleich wie Art. 26 Abs. 3 (3. Satz) ZPO das Nachbringen einer Vollmacht des be-
auftragten Vertreters zulässt, dem ohne Prozessführungsbefugnis prozessieren-
den Gemeindevorstand vorgängig eine Nachfrist zur Beibringung des Ermächti-
gungsbeschlusses der Gemeindeversammlung anzusetzen (PKG 1962 Nr. 27
a.E., 1974 Nr. 15; vgl. auch BGE 82 II 103 E. 2 zur Nachfrist für die Mitunterzeich-
nung der Berufung an das Bundesgericht durch den substituierenden Rechtsan-
walt, welcher an einen Nichtanwalt substituiert hatte).
b.
Zur Verbesserung in diesem Sinne besteht indessen keine Veranlas-
sung, da ein Mangel in Form fehlender Prozessführungsbefugnis des Gemeinde-
vorstandes nicht vorliegt.
Die P. mit ihren eo ipso bestehenden und mit ihren bestellten Organen ist
rechtsfähig und handlungsfähig (Art. 52-54, 59 Abs. 1 ZGB; Art. 40 Kantonsver-
fassung; Art. 1, 6 ff. Gemeindegesetz des Kantons Graubünden vom 28. April
1974 (GG), BR 175.050; ZBl 1967 S. 308 f.) und damit in zivilprozessualer Hin-
sicht uneingeschränkt partei- und prozessfähig (ZBl 1962 S. 249 ff., 1967 S. 308 f.



9


E. 2). Auch wer uneingeschränkt prozessfähig ist, kann mitunter den Prozess über
einen ihm zustehenden Anspruch nicht selber führen, weil dieser seiner Verwal-
tung entweder entzogen ist (Mündel, Schuldner beim Nachlassvertrag) oder er
selbst nicht postulationsfähig ist (juristische Personen, Sondervermögen). Es fehlt
ihm diesfalls jedoch nicht die Prozessfähigkeit sondern bloss die Prozessfüh-
rungsbefugnis (Max Kummer, Grundriss des Zivilprozessrechts, 4. A. Bern 1984,
S. 64). Öffentlichrechtliche (Gebiets)Körperschaften werden im Prozess durch ihre
gesetzlichen Organe vertreten (Art. 24 Ziff. 7 ZPO). Da es sich bei Organen nicht
um Bevollmächtigte handelt, gelten die für die Partei, nicht die für die rechtsge-
schäftlich bestellten Vertreter (Art. 26 ZPO) aufgestellten Vorschriften (ZBl 1962 S.
254). Soweit ihre Organe schon von Gesetzes wegen zur Vertretung berechtigt
sind, müssen diese im Einzelfall weder eine Vollmacht noch besondere Ausweise,
aus denen ihre Prozessführungsbefugnis hervorgeht, beibringen (PKG 1974 Nr.
15 E. 1). Sind sie es nicht unmittelbar von Gesetzes wegen, wird der erforderliche
Ausweis durch einen Beschluss des nach ihrem Recht zuständigen Organs er-
bracht (Art. 25 Ziff. 7 ZPO).
Der behauptete mietrechtliche Anspruch des Klägers richtet sich gegen die
Gemeinde und diese tritt ihm nicht hoheitlich sondern als Privatrechtssubjekt ge-
genüber. In Bezug auf die Teil des Finanzvermögens bildenden Mietobjekte liegt
die materielle Rechtszuständigkeit bei der Gemeinde. Partei auf Beklagtenseite ist
nicht der Gemeindevorstand als Behörde, sondern die öffentlich-rechtliche Kör-
perschaft Gemeinde A., so dass die Urteilswirkungen jedenfalls und nur bei der
Gemeinde eintreten. Nachdem der Gemeindevorstand unbestreitbar ein Organ der
Gemeinde ist, könnte dem Kläger - guter Glaube vorausgesetzt - aus der Sicht
des materiellen Rechts gleichgültig sein, ob der Vorstand intern gültig zur Prozess-
führung ermächtigt ist (vgl. Raschein/Vital, Bündnerisches Gemeinderecht, 2. A.
Chur 1991, S. 121). Wird im privatrechtlichen Geschäftsverkehr, namentlich bei
Abschlüssen von Verträgen, eine juristische Person des öffentlichen Rechts durch
die Rechtshandlungen ihrer öffentlich-rechtlich bestimmten Organe sowie durch
das Verhalten von Personen verpflichtet, denen gemäss Art. 55 ZGB Organeigen-
schaft zukommt, so kann sie auch durch eine bloss auf Rechtsschein beruhende
Vollmacht im Sinne von Art. 33 Abs. 3 OR verpflichtet werden, und dies selbst
dann, wenn der Vertreter ihr gegenüber nur in einem öffentlich-rechtlichen Dienst-
verhältnis steht (BGE 124 III 418, Pra 1999 Nr. 34). Das gilt indessen nicht für die
Vertretung im Zivilprozess. Soweit die Ermächtigung, im Namen eines andern
Rechtshandlungen vorzunehmen, aus Verhältnissen des öffentlichen Rechts her-
vorgeht, ist sie nach den Vorschriften des öffentlichen Rechtes des Bundes und



10


der Kantone zu beurteilen (Art. 33 Abs. 1 OR). Das (Prozessrechts)Verhältnis der
Vertretung im Zivilprozess ist öffentlich-rechtlicher Natur und untersteht gestützt
auf die Verweisung von Art. 33 Abs. 1 OR allgemein dem öffentlichen Recht der
ZPO (Rolf Watter, Basler Kommentar, N 7 zu Art. 33 OR; PKG 1983 Nr.10). Um
so mehr muss dies gelten, wenn eine öffentlichrechtliche Gebietskörperschaft als
Partei in einem Zivilprozess auftritt, denn in diesem Fall richtet sich - nach dersel-
ben Verweisung von Art. 33 Abs. 1 OR - auch der Umfang der Ermächtigung in-
tern, das heisst nicht nur im Verhältnis zu Gegenpartei und zum Gericht, nicht
nach dem OR, sondern nach dem öffentlichen Recht der betreffenden Gebietskör-
perschaft, auf welches die ZPO weiter verweist (Art. 24 Ziff. 7, Art. 25 Ziff. 7 ZPO).
Wenn die Zivilprozessordnung unter bestimmten Umständen einen von Amtes
wegen zu prüfenden Nachweis über die Prozessführungsbefugnis verlangt - im
Falle der gewillkürten Einzelbevollmächtigung ebenso wie bei der Organvertretung
(vgl. Leuenberger/Uffer-Tobler, ZPO SG, Bern 1999, N 3a/b zu Art. 40) - so will
damit vorgängig aus Gründen der Rechtssicherheit und zum Schutz des Vertrete-
nen (vgl. Max Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, Zürich 1979, S. 136
Anm. 55) sichergestellt werden, dass sich der Vertretene später das gefällte Urteil
entgegenhalten lassen muss. Es soll vernünftigerweise, aus einem übergeordne-
ten Interesse ein Gericht nicht in Anspruch genommen werden, bevor dies nicht
klar ist.
Strittig ist, ob der Gemeindevorstand A. bereits von Gesetzes wegen, das
heisst ohne Ermächtigungsbeschluss eines übergeordneten Organs, befugt ist,
den Prozess zu führen. Dem gleichzusetzen ist die Frage, ob er - wie vorliegend
geschehen - ohne weiteres die Macht hat, einen Rechtsanwalt mit der Prozessfüh-
rung zu beauftragen. Gemäss Art. 14 GG ist der Vorstand die Verwaltungs- und
Polizeibehörde der Gemeinde, welcher alle Befugnisse zustehen, die nicht durch
eidgenössisches oder kantonales Recht, durch Gemeindeverfassung oder Ge-
meindegesetz einem anderen Organ übertragen sind. Die Vertretung nach aussen
ist eine solche Befugnis. Nach Art. 15 Abs. 1 GG vertritt der Vorstand insbesonde-
re die Gemeinde gegenüber Dritten und vor Gericht. Angesichts von Art. 14 Abs. 2
GG ist das Schweigen des Gemeindegesetzes in Art. 15 hinsichtlich der Frage, ob
die Vertretungsmacht gegenüber Dritten und vor Gericht beschränkt werden darf,
nicht als ein qualifiziertes zu betrachten. Art. 15 Abs. 1 GG verankert ein Prinzip,
mit der Folge, dass bei fehlender Regelung im kommunalen Recht der Gemeinde-
vorstand die Gemeinde uneingeschränkt nach aussen (gegenüber Dritten und vor
Gericht) vertritt. Das kommunale Recht kann indessen die Macht des Vorstandes
bei der Vertretung gegenüber Dritten und vor Gericht zu Gunsten eines andern,



11


meist übergeordneten Organs einschränken (Art. 14 Abs. 2 GG; vgl. auch ZBl
1958 S. 144) oder an besondere (untergeordnete) Behörden, Ausschüsse oder
Kommissionen delegieren (Art. 17 GG).
Eine solche Beschränkung besteht im Organisationsrecht der Gemeinde A..
Gemäss Art. 41 Ziff. 8 ihrer Verfassung vom 14. Februar 1975 (GV) obliegt dem
Gemeindevorstand der Entscheid über Führung von Prozessen und Rekursen so-
wie den Abschluss von Vergleichen und Schiedsgerichtsverträgen, sofern der je-
weilige Streitwert Franken 50'000.- nicht übersteigt. In Fällen mit höherem Streit-
wert liegt die Entscheidung bei der Gemeindeversammlung (Art. 25 Abs. 1 Ziff. 2
lit. f GV). Diese beiden Bestimmungen betreffen die Sachkompetenz und den in-
ternen Willensbildungsprozess der Gemeinde, also die Frage, ob beziehungswei-
se mit welchen Rechtsbegehren die Gemeinde an einem Prozess teilnehmen soll.
Wer zur verbindlichen Willenskundgebung nach aussen ermächtigt ist, regelt
demgegenüber allein Art. 42 Abs. 1 GV, der bestimmt, dass der Vorstand die Ge-
meinde gegenüber Dritten und vor Gericht vertritt. Gegenüber dem Gericht handelt
somit in allen Fällen der Vorstand, denn die Gemeinde beziehungsweise die Ge-
meindeversammlung als grosser Verband ist dazu physisch gar nicht in der Lage
(vgl. H. R. Thalmann, Kommentar zum zürcher Gemeindegesetz. 3. A. Zürich
2000, Rz 3.6 zu § 64; ZBl 1962 S. 254). Zivilprozessual muss die Befugnis zur
verbindlichen Willenskundgebung im Prozess in Einklang stehen mit der internen
Ausscheidung der Sachkompetenzen in einer juristischen Person des öffentlichen
Rechts. Dies macht Art. 25 Ziff. 7 ZPO deutlich, wenn er zwischen der Prozessfüh-
rungsbefugnis eines Organs von Gesetzes wegen und der Prozessführungsbe-
fugnis (desselben Organs) gestützt auf Beschluss des nach ihrem Recht zuständi-
gen (anderen) Organs unterscheidet. Bei Streitwerten bis zu Fr. 50'000.- kommt
dem Gemeindevorstand A. von Gesetzes wegen, das heisst ohne besondere Ver-
leihung durch andere, die Prozessführungsbefugnis zu (Art. 41 Ziff. 8, 42 Abs. 1
GV; Art. 25 Ziff. 7 1. Satz ZPO); bei einem höheren Streitwert benötigt er dazu
eine Ermächtigung der Gemeindeversammlung (Art. 25 Abs. 1 Ziff. 2 lit. f, 42 Abs.
1 GV; Art. 25 Ziff. 7 2. Satz ZPO). Wie gesehen, übersteigt vorliegend der Streit-
wert nach zivilprozessualen Gesichtspunkten (Art. 22 ZPO) die Marke von Fr.
50'000.-. Die Frage ist, ob der Streitwert nach Art. 41 Ziff. 8 GV den gleichen Be-
deutungsinhalt hat und was unter "Entscheid über Führung von Prozessen und
Rekursen sowie den Abschluss von Vergleichen und Schiedsgerichtsverträgen" zu
verstehen ist. Die Begriffe sind autonom nach dem Gemeinderecht auszulegen.



12


Die Auffassung der Beklagten und der Vorinstanz, es liege auf der Hand,
dass unter "Führung von Prozessen" im Sinne von Art. 41 Ziff. 8 GV von vorne-
herein nur die aktive Einleitung von Prozessen zu verstehen sei, demnach solche,
in denen die Gemeinde als Klägerin auftrete, vermag nicht zu überzeugen; eben-
sowenig kann die Rede davon sein, dass Art. 25 ZPO von vorneherein nur auf
Fälle aktiver Prozessführung anwendbar sei (als Gegenbeispiele vgl. PKG 1955
Nr. 45, 1965 Nr. 20 zu Art. 42 aZPO). Auch aus PKG 1956 Nr. 44=ZBl 1958 S.
143 ff. ist vielmehr abzuleiten, dass die Parteirolle irrelevant ist, spricht doch der
Kantonsgerichtsausschuss dort neutral von der Teilnahme an einem Zivilprozess,
und dass bisweilen dem gesetzlichen Vertreter anheimgestellt sei, Prozesse zu
führen, das heisst einen Prozess anzuheben (aktiv) oder sich auf einen solchen
einzulassen (passiv). Entgegen der Beklagten und der Vorinstanz kann auch aus
PVG 1997 Nr. 71 mitnichten für den Zivilprozess abgeleitet werden, dass der Ge-
meindevorstand, falls sich die Gemeinde in der Beklagtenrolle befindet, stets und
uneingeschränkt als prozessführungsbefugt zu gelten habe. Der Fall betraf das
Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren, in welchem die Gemeinde in ers-
ter Instanz kraft hoheitlicher Befugnisse (iure imperii) das Anfechtungsobjekt er-
liess und ihr deswegen in zweiter Instanz zwangsläufig "Parteistellung" im Sinne
des Verwaltungsgerichtsverfahrens zukommen musste. Vorliegend handelt es sich
dagegen um ein echtes, vollkommenes Zweiparteienverfahren, in welchem sich
die Gemeinde und der Kläger über den ganzen Instanzenzug als gleichberechtigte
Privatrechtssubjekte gegenüberstehen. Aus PVG 1997 Nr. 71 mag sich allenfalls
die Anschlussfrage erheben, ob die aus Art. 41 Ziff. 8 GV abzuleitende Prozess-
führungsbeschränkung nur dort gelte, wo die Gemeinde einem Privatrechtssubjekt
auf gleicher Ebene als Privatrechtssubjekt (iure gestionis) gegenüber tritt. Eine
solche Abgrenzung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht ist hier indessen
nicht streitig.
Das Zivilprozessrecht hat darauf Rücksicht zu nehmen, dass nach der ma-
teriellen Rechtsordnung nicht immer der Inhaber eines Rechts zugleich befugt ist,
es auszuüben. Aus dem engen Zusammenhang zwischen Privatrecht (oder ande-
rem materiellem Recht) und Zivilprozess kann die Prozessführungsbefugnis als
prozessuale Parallele zur materiellrechtlichen Verfügungsmacht, gleichsam einer
Reflexwirkung aus dem privatrechtlichen Zuordnungsdualismus bezeichnet wer-
den (Peter Holenstein, Die prozessuale Stellung des gesetzlich über Drittrechte
Verfügungsberechtigten, Diss. Zürich 1976, S. 98 ff. insbes. 102). Art. 41 Ziff. 8
GV ist eine Beschränkung der grundsätzlich umfassenden Verwaltungskompetenz
und daher der materiellen Sach- und Verfügungskompetenz des Gemeindevor-



13


standes. Die Einschränkung der prozessualen Befugnisse muss der Einschrän-
kung der materiellen Verfügungsmacht entsprechen, jedoch nicht darüber hinaus
gehen. Die Parteistellung (aktiv oder passiv) kann dafür nicht entscheidend sein
(vgl. Holenstein, a.a.O., S. 103), sondern vielmehr, ob der Vorstand im fraglichen
Verfahren über einen Anspruch des Finanzvermögens der Gemeinde in entspre-
chender Höhe verfügen will. Denn dies zu regeln ist genau der Zweck von Art. 41
Ziff. 8 GV. Solch materielle Verfügung kann nun aber ebenso in der aktiven wie in
der passiven Parteirolle geschehen. Die Wendung "Führung von Prozessen" ist
vom Wortlaut her nur scheinbar auf ihre aktive Einleitung und Durchführung be-
schränkt. Auch ein Beklagter führt einen Prozess. Dies macht denn auch Art. 41
Ziff. 8 GV deutlich, indem er ausdrücklich den Abschluss von Vergleichen der Füh-
rung von Prozessen gleichsetzt. Ist die Gemeinde die Beklagte und will der Vor-
stand die Klage ganz oder teilweise in einem den Betrag von Fr. 50'000.- über-
steigenden Umfang anerkennen, so benötigt er für diese gerichtliche Klageaner-
kennung zweifellos einen Beschluss der Gemeindeversammlung. Dass das Erfor-
dernis einer Ermächtigung unabhängig von der Parteistellung im Verfahren ist,
erhellt schliesslich der behandelte Fall des Abschlusses eines Schiedsgerichtsver-
trages vollends, findet doch solches üblicherweise ausserhalb eines Prozessver-
fahrens statt. Eine klageanerkennende Verfügung über Werte des Finanzvermö-
gens der Gemeinde steht konkret nicht zur Debatte. Die Gemeinde fordert umge-
kehrt auch nichts vom Kläger. Dass der Mietvertrag, mit dem am 19. Dezember
1991 vereinbarten Mietzins, bei Klageabweisung bestehen beleibt, ist eine unwei-
gerliche Folge der Klageabweisung und nicht ein selbständiges Klage- oder Wi-
derklagebegehren der Gemeinde. Die Gemeinde A. begehrt nichts vom Kläger
und gesteht ihm nichts zu. Betreibt die Gemeinde dergestalt reine Klageabwehr,
ist an der Prozessführungsbefugnis des Gemeindevorstandes auch im Lichte von
Art. 25 und 41 der Gemeindeverfassung nicht zu zweifeln. Ob der Gemeindevor-
stand im Falle des erstinstanzlichen Unterliegens über einen Anspruch, welcher
die Grenze von Fr. 50'000.- überschreitet, für die aktive Erklärung und Führung
der Berufung jedenfalls auf einen Ermächtigungsbeschluss der Gemeindever-
sammlung angewiesen wäre, wie dies der Kläger einwendet, kann hier offen blie-
ben, weil diese Verfahrenskonstellation nicht gegeben ist. Dass die Vorinstanz mit
der Argumentation, Art. 41 Ziff. 8 GV beziehe sich nur auf den Fall der aktiven Ein-
leitung von Prozessen, den Ausgang des Prozesses "auch in materieller Hinsicht
präjudiziert" haben soll, ist nicht nachvollziehbar. Soweit damit behauptet werden
will, das Bezirksgericht habe die Klage schon deshalb abweisen müssen, weil der
Gemeindevorstand nicht befugt gewesen sei, im Falle einer Gutheissung zu appel-
lieren, bleibt es beim Argwohn des Klägers. Selbst wenn sich erst bei der Beru-



14


fung herausstellt, dass die Prozessführungsbefugnis fehlt, ist Gelegenheit zu ihrer
Beschaffung zu geben. In Analogie zur Vertretertheorie ist weiter anzunehmen,
dass vorgängig erfolgte Prozesshandlungen des vollmachtlosen Stellvertreters
durch Erteilung der Befugnis genehmigt werden. Auch für den Fall, dass eine ur-
sprünglich gegebene Prozessführungsbefugnis im Verlaufe des Verfahrens weg-
fällt, müsste der Partei Gelegenheit eingeräumt werden, die Befugnis zu erteilen.
3.
Der Berufungskläger rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf das
rechtliche Gehör. Die Vorinstanz habe die Abweisung der Klage lediglich damit
begründet, dass die Anzahl Zimmer in der "X." keine Berechnungsgrundlage des
Mietzinses gemäss Art. 270a OR darstelle, und überdies nicht nachgewiesen sei,
dass die Gemeinde einen übersetzten Ertrag erziele. Aus dem angefochtenen Ur-
teil gehe dagegen mit keinem Wort hervor, dass zum Nutzen des Klägers die Her-
absetzung vor Schranken auch mit dem Willen der Parteien sowie mit Art. 259d
OR begründet worden sei. Dass sich die Vorinstanz mit den beiden letzten Punk-
ten nicht einmal am Rande befasst habe, laufe auf eine Verletzung des Anspru-
ches auf die Gewährung des rechtlichen Gehörs heraus.
Die Rüge ist unbegründet. Gemäss Art. 121 Ziff. 4 ZPO hat jedes Urteil die
Erwägungen mit Bezugnahme auf die massgebenden Tatsachen, Beweise und
Gesetzesbestimmungen zu enthalten. Das Gericht hat die von den Parteien vorge-
tragenen Argumente jedoch nur insoweit zu prüfen und zu würdigen, als sie für die
Entscheidfindung bedeutsam sein können. Es ist grundsätzlich nicht gehalten, sich
mit tatsächlichen Behauptungen und rechtlichen Ausführungen zu befassen, wel-
che für die Beurteilung einer Streitsache nicht relevant sind. Dass sich die Vor-
instanz mit dem vom Kläger behaupteten "Parteiwillen" nicht in extenso auseinan-
dergesetzt hat, ist in diesem Licht nachvollziehbar. Der Kläger ging und geht da-
von aus, dass die Parteien im (bislang) bindenden Vertragsverhältnis vom 19. De-
zember 1991 stehen, mit einem Jahresmietzins von Fr. 120'000.-. Er behauptete
weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren, die Parteien
hätten den Mietzins durch übereinstimmende Willenserklärung einvernehmlich auf
neu Fr. 68'421.- festgelegt/herabgesetzt. Wäre dies der Fall, hätte der Kläger
kaum eine überflüssige Herabsetzungsklage angestrengt, sondern bloss den nach
seiner Behauptung neu vereinbarten Mietzins bezahlt oder den strittigen Teil hin-
terlegt und die Forderungsklage der Beklagten abgewartet. Die Grundlage für eine
Herabsetzung gestützt auf einen Mangel während der Mietdauer gemäss Art.
259d OR (Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Mietsache zum vorausgesetzten
Gebrauch) hat die Vorinstanz implizite durch die Erwägung verneint, dass weder



15


der Mietvertrag vom 19. Dezember 1991 noch der Vergleich vom 13. November
2000 Hinweise dafür lieferten, dass die bewilligte Anzahl von Patientenbetten die
verbindliche Berechnungsgrundlage für spätere Verhandlungen über den Mietzins
bildeten. Insoweit hat sie - nicht einlässlich zwar, aber im Resultat doch nachvoll-
ziehbar - die Zusicherung einer bestimmten Eigenschaft der Mietsache, als hier
einzig denkbare Grundlage für einen Mangel (vgl. nachstehende Erwägung Ziff. 6)
verneint.
Dass die Vorinstanz ernsthaft zu prüfende Argumente des Klägers schlicht
übergangen hätte, kann somit nicht gesagt werden.
4.
Der Anfangsmietzins ist unangefochten geblieben. Der Berufungs-
kläger stützt sein Herabsetzungsbegehren während laufendem Mietvertrag in ers-
ter Linie auf Art. 270a Abs. 1 OR. Als Gegenstück zu Art. 269a lit. b OR, der es
dem Vermieter erlaubt, Kostensteigerungen weiterzugeben, kann der Mieter ge-
mäss Art. 270a Abs. 1 OR den Mietzins während der Vertragsdauer als miss-
bräuchlich anfechten und die Herabsetzung auf den nächstmöglichen Kündigungs-
termin verlangen, wenn er Grund zur Annahme hat, dass der Vermieter wegen
einer wesentlichen Änderung der Berechnungsgrundlagen, vor allem wegen einer
Kostensenkung, einen nach den Artikeln 269 und 269a übersetzten Ertrag aus der
Mietsache erzielt. Die Voraussetzungen der inzwischen eingetretenen Änderung
der Berechnungsgrundlagen/Kostensenkung und des übersetzten Mietzinses
müssen kumulativ gegeben sein.
a.aa. Aus dem Wortlaut wie auch aus Sinn und Zweck der Bestimmung
von Art. 270a Abs. 1 OR ergibt sich zwanglos, dass mit der Änderung der Berech-
nungsgrundlagen und vorallem mit der Kostensenkung nur jene auf seiten des
Vermieters gemeint sein können. Angenommen eine getroffene Vereinbarung ent-
spreche dem Äquivalent (im Sinne von unmissbräuchlich gemäss Art. 269/269a
OR) von Leistung (Überlassung der Mietsache zum Gebrauch) und Gegenleistung
(Mietzins), so kann sich dieses Gleichgewicht nur in missbräuchlichem Ausmass
zu Ungunsten des Mieters verändern, wenn der Vermieter in die Lage kommt, sei-
ne Leistung erheblich billiger, namentlich durch günstigeres Kapital (Hypothekar-
zins), zu erbringen. Diese Konsequenz ist dem Begriff "übersetzter Ertrag" imma-
nent. Ob ein objektiv übersetzter Mietzins vorliegt, kann sich bei einer Kostenmiete
nur aus einem Vergleich der angefochtenen Miete mit den (gesunkenen) Aufwen-
dungen des Vermieters für die Zurverfügungstellung der Mietsache ergeben und
bei einer Vergleichsmiete nur aus einem Vergleich der angefochtenen Miete mit



16


den (gesunkenen) orts- oder quartierüblichen Mietzinsen. Der sinkende oder sich
wider Erwarten nicht erhöhende Ertrag des Mieters, der in der Mietsache ein Un-
ternehmen betreibt, ist hingegen irrelevant. Das hat auch die Vorinstanz zutreffend
erkannt (act. 02, angefochtenes Urteil S. 10 unten). Der Kläger setzt sich damit in
seiner Berufung nicht auseinander. Er operiert stets (seit Vertragsbeginn) und nur
mit dem Argument, der Mietzins von Fr. 120'000.- sei für ihn wirtschaftlich nicht
(mehr) tragbar. Wenn dem so ist, bleibt ihm nur die Kündigung. Die tatsächlich
und in einem wesentlichen Umfang eingetretene Änderung der Berechnungs-
grundlagen - und als typischer Fall davon die Kostensenkung auf Vermieterseite -
ist eine Prozessvoraussetzung für die materiellrechtliche Missbrauchsprüfung. Mit
ihr will einerseits verhindert werden, dass ein Mieter, der den Anfangsmietzins
nicht gestützt auf Art. 270 Abs. 1 OR angefochten hat, eine Anfechtung desselben
auf dem Weg des Art. 270a "nachholt" (Peter Higi, Zürcher Kommentar, N 44 zu
Art. 270a OR). Andererseits hat der Mieter keinen materiellen Anspruch auf eine
mietzinssenkende Vertragsgestaltung (Higi, ebenda, N 17); so kann er eine bis-
lang nicht verabredete Koppelung des Mietzinses an seinen eigenen Unterneh-
mensertrag nicht über Art. 270a Abs. 1 OR erreichen. Die Missbrauchsbehelfe im
Mietrecht zielen nicht darauf ab, den für die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mie-
ters tragbaren Mietzins zu bestimmen. Auf welchem Mietzinskalkulationssystem
der Vertrag vorliegend beruht, kann im Grunde dahingestellt bleiben. Der Kläger
hat - ausgehend von einer Kostenmiete - nie behauptet, die Kosten der beklagten
Vermieterin seien seit Vertragsschluss gesunken oder - ausgehend von einer Ver-
gleichsmiete - es würden inzwischen ortsüblicherweise tiefere Mieten verlangt,
sondern immer nur, der von ihm aus der Mietsache erwartete beziehungsweise
erzielbare Unternehmensertrag sei zu tief. Damit kann ein Herabsetzungsbegeh-
ren gemäss Art. 270a Abs. 1 OR von vorneherein nicht begründet werden. Ge-
mäss Art. 269d Abs. 1 OR kann der Vermieter den Mietzins jederzeit auf den
nächstmöglichen Kündigungstermin erhöhen. Eine analoge Norm für Mietzinssen-
kungen kennt das materielle Missbrauchsrecht nicht. Ansprüche des Mieters auf
eine Mietzinssenkung müssen auf einem entsprechenden vertraglichen Anpas-
sungsrecht (z.B. Indexierung, Staffelung, oder Umsatzabrede) beruhen. Deren
Gewährung kann nicht klageweise mit Hilfe von Art. 270a OR durchgesetzt wer-
den, sondern allenfalls mit einer Vertragsklage (Higi, a.a.O., N 16 zu Art. 270a).
So wenig wie eine auf Grund vereinbarter Umsatzmiete erfolgte Mietzinsänderung
mit der Mietzinsherabsetzungsklage nach Art. 270a OR angefochten werden kann
(vgl. Lachat/Stoll/Brunner, Das Mietrecht für die Praxis, 4. A. Zürich 1999, S. 353
Rz 10.1.7), so wenig kann eine gestaltende Vereinbarung, welche den aus Sicht
des Mieters erwirtschaftbaren Ertrag zur Mietzinsgrundlage macht, durch einseiti-



17


ge Willenserklärung oder über den Richter mittels der Herabsetzungsklage nach
Art. 270a OR erreicht werden. Sieht ein Mietvertrag Mietzinsanpassungsklauseln
vor - was vorliegend nicht, jedenfalls nicht einseitig zu Gunsten des Mieters, der
Fall ist - so begründet er entweder einen vertraglichen Anspruch des Mieters auf
Mietzinssenkung und nicht ein Klagerecht auf Missbrauchsprüfung im Sinne von
Art. 270a OR, oder aber lediglich die Pflicht der Parteien, über einen neuen Miet-
zins zu verhandeln. Letzteres ist vorliegend der Fall (act. 02.1.IV.1, Mietvertrag,
Ziff. 5 Abs. 4; act. 02.1.IV.16, Vergleich vor der Schlichtungsbehörde, Ziff. 2/3).
Kommt dabei eine Einigung zustande, ist der neu vereinbarte Mietzins ein gemäss
Art. 270 Abs. 1 OR auf Missbrauch hin überprüfbarer Anfangsmietzins. Kommt -
wie vorliegend - keine Einigung zustande, ist weder die Missbrauchsprüfung nach
Art. 270 Abs. 1 OR noch jene nach Art. 270a OR gegeben (vgl. Higi, a.a.O., N 33
zu Art. 270a).
bb.
Die Auffassung der Beklagten, aus dem Wortlaut von Art. 270a OR
ergebe sich, dass nur veränderte Kostenfaktoren auf Seiten des Vermieters An-
lass zur Herabsetzung des Mietzinses geben könnten, ist indessen in anderer
Hinsicht zu relativieren. Der Hinweis des Gesetzes auf die Kostensenkung (auf
seiten des Vermieters) ist lediglich ein Anwendungsfall der veränderten Berech-
nungsgrundlage für den Mietzins und setzt, nur für diesen beispielhaften Anwen-
dungsfall, voraus, dass es sich um eine Kostenmiete handelt. Nun kann die Be-
rechnung des Mietzinses bekanntlich auch auf einem anderen System beruhen
(Vergleichsmiete, Zahlungsplan etc.). Die Norm umfasst auch diese Fälle. Unter
Berechnungsgrundlage ist ganz allgemein dasjenige Kalkulationssystem zu ver-
stehen, nach welchem der vom Mieter als missbräuchlich erachtete Mietzins bis-
lang kalkuliert worden ist (Higi, a.a.O., N 47 zu Art. 270a). Welches System im
konkreten Fall die massgebende Berechnungsgrundlage gemäss Art. 270a Abs. 1
OR abgibt, und bezüglich derer der Kläger die wesentliche Änderung zu behaup-
ten hat, bestimmt das bisherige Vertragsregime (Vertrag, seitherige Änderungen
des Mietzinses, Mitteilungen des Vermieters über blosse Veränderungen der Be-
rechnungsgrundlagen) zwischen den Parteien, soweit sich daraus für den Mieter
gemäss Vertrauensprinzip erkennbar ergibt, welches System der Mietzinskalkula-
tion dem Mietzins zu Grunde liegt (Higi, a.a.O., N 48 zu Art. 270a). Darauf scheint
sich der Kläger sinngemäss zu berufen, wenn er die Herabsetzung mit dem "Wil-
len der Parteien" begründet. Er macht insbesondere unter Hinweis auf den vor der
Schlichtungsbehörde abgeschlossenen Vergleich vom 13. November 2000 gel-
tend, es komme darin der erklärte Wille von Vermieterin und Mieter zum Ausdruck,
gestützt auf die neue, das heisst die inskünftig zu erwartende und definitive Spital-



18


liste beziehungsweise die darin verfügte Anzahl zulässiger Patientenbetten, den
neuen Mietzins festzulegen, und es sei der erklärte Wille der Parteien gewesen,
dementsprechend Verhandlungen aufzunehmen. Eine solche Wirkung kann dem
Vergleich nach Auffassung der Zivilkammer nicht beigemessen werden. Von ei-
nem ausdrücklich geäusserten übereinstimmenden Parteiwillen im Sinne des Klä-
gers oder wenigstens normativ nach dem Vertrauensgrundsatz kann auch auf-
grund des Beweisergebnisses nicht die Rede sein. Die Vorinstanz hat zutreffend
dargelegt - worauf vorab in Anwendung von Art. 229 Abs. 3 ZPO zu verweisen ist -
dass weder bei Vertragsabschluss im Jahre 1991 noch später die Anzahl der bau-
lich möglichen Betten und/oder die Zahl der vom JPSD bewilligten Patientenbetten
verbindliche Basis für die Berechnung des Mietzinses war. Die klägerische Be-
hauptung, die Parteien seien bei Abschluss des Vertrages von einer zu bewirt-
schaftenden Zahl von Patientenbetten von 38 ausgegangen, ist aktenwidrig. Zu-
mindest im Falle des Klägers war dies erwiesenermassen nicht der Fall. Das
JPSD hat ihm am 17. Dezember 1991 die Betriebsbewilligung erteilt, mit dem
Hinweis, dass sich die "X." entgegen seiner Absicht nicht für 38 sondern höchs-
tens für 26 Patientenbetten eigne (act. 02.1.III.2). Zwei Tage später unterzeichnete
der Kläger den Mietvertrag mit einem Anfangsmietzins von Fr. 84'000.-, welcher
bis 1994 gestaffelt die Höhe von Fr. 120'000.- erreichte. Es ist andererseits davon
auszugehen dass der Mietvertrag in weiten Teilen schon vor dem 17. Dezember
1991 verhandelt worden war. Dass das JPSD eine Bettenzahl von 26 anstatt der
vom Kläger erwarteten 38 sah, hat den Kläger nicht vom Vertragsschluss abgehal-
ten. Es wurde auch nicht behauptet oder ist sonstwie ersichtlich, dass dieser Um-
stand den zuvor ausgehandelten Anfangsmietzins irgendwie beeinflusst hat. Dies,
wie auch die Tatsache der Staffelung des Mietzinses während der ersten 3 Jahre,
spricht dagegen, dass die Bettenzahl anfänglich einen Einfluss auf die Mietzinsbe-
rechnungsgrundlage haben oder gar deren einzige Grundlage bilden sollte. Ein an
den Umsatz- oder sonstwie an den wirtschaftlichen Erfolg des Mieters gekoppeltes
Kalkulationssystem bei Vertragsschluss ist nicht erkennbar. Daran hat sich auch
während der weiteren Vertragsdauer nichts geändert, insbesondere hat die Ge-
meinde kein berechtigtes Vertrauen beim Kläger dahin erweckt, dass im Sinne
eines Systemwechsels die KVG-Bettenzahl künftige Grundlage der Mietzinskalku-
lation bilden oder wenigstens einen Einfluss auf den Mietzins haben solle. Die Ver-
tragsänderungsofferte des Klägers vom 8. April 1994 (Mietzinsreduktion auf Fr.
300'000.- für die nächsten 3 Jahre; kurzfristige Investitionen der Gemeinde von
Fr. 140'000.-) lehnte die Gemeinde ab, mit dem Hinweis, angesichts ihrer öffent-
lich bekannten fremdfinanzierten Investitionen müsste sie trotz des niedrigen Hy-
pothekarzinssatzes einen wesentlich höheren Mietzins als Fr. 120'000.- verlan-



19


gen, um das Objekt nur einigermassen selbsttragend zu gestalten. Nach einer An-
fangsphase von drei Jahren wäre es an der Zeit eine Mietzinserhöhung ins Auge
zu fassen (act. 02.1.IV.3/5). Damit gab sie unmissverständlich die Kostenmiete als
ihr Kalkulationssystem zu erkennen. Dass sich die Gemeinde Zurückhaltung auf-
erlegt und "mindestens der bisher bezahlte Mietzins beizubehalten" war, was au-
genscheinlich zu einer massiven indirekten Subvention führte, darf nicht als Sys-
temwechsel zur Umsatzmiete aufgefasst werden. Ihr nicht ganz freiwilliges Wohl-
wollen war vielmehr darauf zurückzuführen, dass sie sich politisch augenschein-
lich in einer Zwickmühle befand, weil die "X.", der allgemein eine gute Führung
attestiert wurde, eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für die ganze Gemein-
de hat (Arbeitsplätze, Synergien mit anderen Betrieben wie Heilbad, Hotellerie,
Gastronomie etc.) und die Gemeinde bereits viel und teilweise spezifisch für ein
ärztliches Kurhaus investiert hatte.
Weiter hält auch die klägerische Interpretation des Vergleichs vom 13. No-
vember 2000 einer sachlichen Prüfung nicht stand. Dort vereinbarten die Parteien
die Rücknahme der Kündigung und Weitergeltung des Mietvertrages vom 19. De-
zember 1991 sowie: "sobald jedoch feststeht, ob das Rehabilitationszentrum X.
auf der Spitalliste verbleibt, werden die Parteien Verhandlungen über die Neuge-
staltung des Mietverhältnisses aufnehmen". Dass die "Rücknahme einer Kündi-
gung" dogmatisch nicht möglich ist, spielt im vorliegenden Zusammenhang keine
Rolle. Sei es, dass der alte Mietvertrag weitergalt, sei es, dass ein neuer anzu-
nehmen ist: Im einen wie im anderen Fall bietet der Vergleich keine Grundlage für
einen Wechsel im Mietzinskalkulationssystem beziehungsweise für eine anfängli-
che Berechnung des Mietzinses auf der Grundlage des Umsatzes oder der nach
der Spitalliste zulässigen Bettenzahl. Die Spitalliste taucht dort allein deshalb auf,
weil ein definitiver Verbleib auf ihr als notwendige Voraussetzung für die allgemei-
ne Verhandlung über die Neugestaltung des Mietverhältnisses erachtet wurde. Bei
einer Streichung von der Liste wären Verhandlungen über die Fortführung bezie-
hungsweise Neugestaltung des Mietverhältnisses hinfällig gewesen, da dannzu-
mal nach Ansicht des Klägers die einzige Alternative in der Beendigung des Miet-
verhältnisses bestanden hätte (act. 04, Berufungsbegründung S. 5). Bei einem
Verbleib auf der Spitalliste war ferner nach übereinstimmender Meinung nicht nur
der Mietzins sondern das ganze Mietverhältnis neu zu verhandeln. Eine Be-
schränkung der Verhandlungen auf den Mietzins ist nicht erkennbar. Die Gemein-
de hat im Vorfeld klar gemacht, dass weitere Punkte (allenfalls mit Einfluss auf
den Mietzins), die in der Vergangenheit zu Unsicherheiten und Unstimmigkeiten
geführt hatten, namentlich der Umfang der gemieteten Gebäude und die Vertei-



20


lung der Unterhaltslasten und Servicekosten (act. 02.1.IV.14/19/22/24), neu zu
verhandeln waren. Gegenseitig versprochen wurde nur die Aufnahme von Ver-
handlungen. Positive Zusicherungen über den Inhalt gab es keine. Namentlich
dass der Inhalt der Spitalliste, das heisst die Anzahl der bewilligten KVG-
Patientenbetten die (neue) Berechnungsgrundlage für den Mietzins darstellen soll-
te, ist nicht ansatzweise erkennbar. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass
in Ziff. 3 des Vergleichs der Zins singulär für das Jahr 2001 auf Fr. 102'000.- re-
duziert wurde. Für das Jahr 2002 galt, gegenteilige Verabredung vorbehalten, ein
solcher von Fr. 120'000.-. Nach übereinstimmender Auffassung sollte das Entge-
genkommen für das Jahr 2001 für die späteren Neuverhandlungen ausdrücklich
keine Bedeutung haben. Diese beschränkt für das Jahr 2001 geltende Mietzins-
vereinbarung enthält keinerlei Hinweis auf Mietzinsberechnungsgrundlagen. Sie
war auch nicht sonstwie durch eine provisorische Spitalliste oder Vermutungen
über die definitive Spitalliste motiviert. All dies konnte vom Kläger nicht anders
ausgelegt werden, als dass die Beklagte an der Kostenmiete festhielt. Daran än-
derte sich auch nichts, als die Beklagte - wegen des Ausbleibens der definitiven
Spitalliste - für das Jahr 2002 einem Mietzins von Fr. 102'000.- zustimmte. Nach
Auffassung der Zivilkammer muss hier nach Vertrauensgrundsätzen von einem
ununterbrochenen Kalkulationssystem der Kostenmiete ausgegangen werden.
Allenfalls ist ein bestimmtes System nach Vertragsregime nicht hinreichend er-
kennbar, in welchem Fall als Berechnungsgrundlage gleichsam auf den Grundsatz
der Kostenmiete abzustellen ist (Higi, a.a.O., N 48 zu Art. 270a).
War die Bettenzahl in keinem Stadium des Vertrages Basis für die Kalkula-
tion der Mietzinshöhe, braucht nicht geprüft zu werden, ob sie sich im Sinne der
Voraussetzung von Art. 270a Abs. 1 OR wesentlich verändert hat. Im übrigen wä-
re die diesbezügliche Auffassung der Gemeinde zu teilen, dass die Spitalliste kei-
ne Kürzung der Bettenzahl zur Folge hat. Die Spitalliste ist lediglich die öffentlich-
rechtliche Bewilligung, für die Jahre 2003/2004 maximal 18 Bündner KVG-
Patienten mit der Indikation einfache orthopädische Rehabilitation, stationär auf-
zunehmen (act. 02.1.IV. 20/27/28). Daneben wäre dem Kläger unbenommen, die
weiteren Betten, seien dies nun 8 oder 20, anderweitig (d.h. ohne medizinische
Indikation, für Alterspensionäre, Alterspflegeplätze) zu nutzen. Die heutige Be-
hauptung des Klägers, die "X." sei für die Belegung mit anderen Gästen, die nicht
KVG-Patienten seien, ungeeignet und eine Belegung durch Drittpersonen könne
ausgeschlossen werden, erstaunt. Insofern behauptet wird, sie dürfe gemäss
Mietvertrag ausschliesslich als Rehabilitationsklinik geführt werden, ist sie akten-
widrig. Dass die "X." unter Umständen auch mit anderen als Kassenpatienten zu



21


füllen war, sah nämlich bereits der übereinstimmend verabredete Zweck des Miet-
vertrages vom Dezember 1991 ausdrücklich vor, indem das Haus neben Rekon-
valszenten auch mit einer Altersabteilung vorab für die Betagten des Tals und al-
lenfalls für Auswärtige zu führen war.
Eine Änderung der Berechnungsgrundlagen im Sinne von Art. 270a Abs. 1
OR kann der Mieter nur innerhalb des im Vertragsregime geltenden gleichen Miet-
zinssystems anrufen; eine Systemvermischung führt zu einer sachlich unbegrün-
deten Klage (Higi, a.a.O., N 49 zu Art. 270a). Dem Kläger ist bei Art. 270a Abs. 1
OR demnach verwehrt, auf der hier erstellten Kalkulationsbasis der Kostenmiete
geltend zu machen, der Mietzins sei missbräuchlich, weil sich inzwischen die nach
der Spitalplanung zulässige Zahl von Patientenbetten, verringert habe, denn damit
zielt er auf eine neue Kalkulationsbasis in Form der Umsatzmiete (vgl. dazu das
Beispiel zur Kosten- und Vergleichsmiete bei Higi, a.a.O., N 50 zu Art. 270a).
cc.
Art. 270a OR gehört zum formellen Missbrauchsrecht. Die Bestim-
mung hat einzig zum Zweck, die materielle Missbrauchsüberprüfung des Mietzin-
ses im Sinne von Art. 269 ff. OR während des laufenden Mietverhältnisses zu si-
chern. Sämtliche in Art. 270a OR genannten Voraussetzungen stellen lediglich
bundesrechtliche Prozessvoraussetzungen dar. Die Norm selbst sagt schlicht
nichts darüber, wann ein konkreter Mietzins missbräuchlich und deswegen letztlich
herabsetzbar ist (Higi, a.a.O., N 10 zu Art. 270a; zumindest in Bezug auf die Än-
derung der Berechnungsgrundlagen gl.M. Lachat/Stoll/Brunner, a.a.O., S. 272 Rz
4.1.2). Da die wesentliche Änderung der Berechnungsgrundlagen als unabdingba-
re Prozessvoraussetzung auf eine klageweise Überprüfung des Mietzinses auf
Missbrauch nicht gegeben ist, fehlt dem Kläger bereits das schützenswerte Inte-
resse an einer materiellen Missbrauchsüberprüfung. Insoweit sie auf Art. 270a OR
gestützt wird, wäre daher richtigerweise auf die gerichtliche Klage von D. nicht
einzutreten gewesen (Higi, a.a.O., N 22-24, 27 zu Art. 270a).
b.
Wollte man gleichwohl die Voraussetzungen für das Eintreten auf ei-
ne Herabsetzungsklage nach Art. 270a OR bejahen, so müsste das klägerische
Begehren, angesichts der materiellrechtlichen Missbrauchsvoraussetzung, dass
der Vermieter keinen übersetzten Ertrag aus der Mietsache im Sinne von Art.
269/269a OR erzielen darf, geradezu als aussichtslos bezeichnet werden. Diesbe-
züglich ist nämlich unbestritten, dass die Beklagte das Gebäude "X." im Jahre
1991 für rund 5 Mio. Franken umbauen und einrichten liess und die Hypothekar-
zinsen, Amortisationen und vermieterseits zu tragenden Unterhaltslasten in den



22


Jahren 1998-2000 durchschnittlich rund Fr. 255'000 p.a. betragen haben (act.
02.1.IV.31-35). Der für 2003 geltende Mietzins beläuft sich dagegen auf Fr.
120'000.--. Bei einer Deckung der Vermieterkosten durch den Mietzins von weni-
ger als 50 % wäre die Behauptung, die Gemeinde A. erziele mit dem Mietzins ei-
nen übersetzten Ertrag aus der Mietsache, schlicht nicht nachvollziehbar. Eine
Nettorendite auf dem Eigenkapital, die den Hypothekarzinssatz für Althypotheken
im I. Rang der ortsansässig im Hypothekargeschäft führenden Bank nicht um
mehr als ½ % übersteigt, ist nicht missbräuchlich (BGE 122 III 257 E. 3a). Dass
der Mietzins von Fr. 120'000.- missbräuchlich in dem Sinne sei, dass die Beklagte
einen überhöhten Ertrag erziele - was für die Begründung einer Klage nach Art.
270a OR erforderlich wäre - hat der Kläger im übrigen nicht substantiiert behaup-
tet. Er macht lediglich geltend, der Mietzins übersteige seine eigene wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit.
5.
Zu dem vom Kläger angeführten übereinstimmenden Parteiwillen,
wie er seiner Meinung nach aus dem Vergleich vom 13. November 2000 hervor-
gehen soll, ist schliesslich zu erwägen, dass er sich damit in Widerspruch zu sei-
nem eigenen prozessualen Verhalten setzt. Er behauptet, gemäss Vergleich wäre
der Mietzins künftig gestützt auf die erwartete Spitalliste festzulegen gewesen,
wobei der Zins im Verhältnis der definitiven Zahl von Patientenbetten gemäss Spi-
talliste zu 38 zu kürzen gewesen wäre. Da damit der Mietzins ohne weiteres be-
stimmbar geworden wäre, wäre dies rechtlich als aufschiebend bedingte vertragli-
che Mietzinsvereinbarung zu qualifizieren, die bei Eintritt der Bedingung (Erlass
der Spitalliste) - was vorliegend der Fall ist - vertraglich klagbar geworden wäre.
Verhandlungen mit der Vermieterin über den Mietzins wären überflüssig gewesen,
und auf einen gesetzlichen Klagegrund der Herabsetzung wegen Missbrauch wäre
der Kläger offensichtlich nicht angewiesen gewesen. Wenn von einer überein-
stimmenden Willenserklärung des Inhalts auszugehen wäre, dass der Mietzins
dereinst im Verhältnis der definitiven Spitallistenbetten (18) zu der behaupteten
ursprünglichen Bettenzahl (38 oder 26) zu kürzen war, hätte der Kläger somit
bloss den reduzierten Mietzins zahlen und die Klage der Vermieterin abwarten
oder allenfalls den strittigen Mietzinsteil hinterlegen können. Auf gesetzliche Her-
absetzung gemäss Art. 270a OR hätte er diesfalls nicht klagen müssen. Schon
das prozessuale Verhalten des Klägers weist demnach, im Widerspruch zu seiner
Argumentation, darauf hin, dass er an einen derartigen Parteiwillen, sei es nun,
dass er daraus eine unmittelbare vertragliche Mietzinsanpassung oder nach dem
Vertrauensprinzip einen Wechsel des Mietzinskalkulationssystems als Basis für
eine gesetzliche Herabsetzung nach Art. 270a OR ableiten will, selbst nicht glaubt.



23


6.
Der Berufungskläger stützt sein Herabsetzungsbegehren schliesslich
auf Art. 259d OR. Wird die Tauglichkeit der Mietsache zum vorausgesetzten Ge-
brauch beeinträchtigt oder vermindert, so kann der Mieter vom Vermieter verlan-
gen, dass er den Mietzins vom Zeitpunkt, in dem er vom Mangel erfahren hat, bis
zur Behebung des Mangels entsprechend herabsetzt. In prozessualer Hinsicht
wird die Herabsetzungsklage seitens des Mieters üblicherweise durch eine Rück-
forderungsklage für zuviel bezahlte Miete geltend gemacht. Ob und in welchem
Umfang der Kläger die Miete für 2003 bereits bezahlt hat, ist nicht ersichtlich. Zu-
lässig ist hingegen auch eine Feststellungsklage des Mieters bei bestehenden
Rechtsunsicherheiten (Weber/Zihlmann, Basler Kommentar, N 5 zu Art. 259d OR;
ähnlich Higi, a.a.O., N 31 zu Art. 259d OR).
In materieller Hinsicht setzt dieser gesetzliche Herabsetzungsgrund voraus,
dass ein Mangel der Mietsache im Sinne von Art. 258/259a Abs.1 (Ingress) OR
vorliegt (Higi, a.a.O., N 7 zu Art 259d OR). Ein Mangel liegt vor, wenn die Mietsa-
che nicht oder nicht mehr zum vorausgesetzten Gebrauch (Art. 256 Abs. 1 OR)
taugt. Das Fehlen einer sich aus der Natur der Mietsache ergebenden und daher
nach guten Treuen vorauszusetzenden Eigenschaft, oder das Fehlen einer ver-
traglich zugesicherten Eigenschaft beeinträchtigt ihren Gebrauchswert. Aus der
körperlichen Natur des "X." ergibt sich nicht, dass sie stets für die Aufnahme von
38 KVG-Patienten taugt. Das konnte der Kläger allein aufgrund der Sachqualität
nie voraussetzen. Allenfalls ist auch nach Erlass der definitiven Spitalliste davon
auszugehen, dass keine räumlichen oder andere rein sachliche Hindernisse für
eine solche Aufnahme bestehen. Dass das Haus nicht mehr für die Unterbringung
einer bestimmten Anzahl von KVG-Patientenbetten soll gebraucht werden dürfen,
liegt nicht an der "X." als Sache. Sie hatte im Zeitpunkt des Erlasses der definiti-
ven Spitalliste gleich viele Räume und Infrastruktur wie zuvor. Einen Mangel kann
indessen auch das Fehlen einer vertraglich zugesicherten Eigenschaft darstellen
(Higi, a.a.O., N 29/48 zu Art. 258 OR). Entgegen der Auffassung der Beklagten
müssen Mängel des weiteren nicht unbedingt Sachdefekte sein. Auch Störungen,
die auf das Verhalten von Personen zurückzuführen sind, die Sache als solche
jedoch nicht direkt im Sinne von Defekten beeinträchtigen, können den naturge-
mässen und/oder zugesicherten Gebrauch im Sinne eines Mangels beeinträchti-
gen, wobei auf das Verschulden des Vermieters nichts ankommt. So stellt zum
Beispiel die Vermietung eines Raums zu einem bestimmten Zweck, obwohl er auf
Grund rechtlicher Vorschriften dazu nicht geeignet oder bewilligt ist, einen Sach-
mangel zufolge eines rechtlichen Hindernisses dar, ebenso wenn die besondere
Zusicherung, es lasse sich ein bestimmter Umsatz erzielen oder eine bestimmte



24


Kundschaft erreichen, nicht eintrifft (vgl. Higi, a.a.O., N 32/49 zu Art. 258;
Lachat/Stoll/Brunner, S. 123-125 Rz 1.7, 2.1). Auf ein derartiges, nachträgliche
Sachmangelhaftigkeit begründendes rechtliches Hindernis beruft sich der Kläger,
wenn er geltend macht, durch den Erlass der Spitalliste des JPSD sei der Ge-
brauchswert der Sache von ursprünglich 38 Spitalbetten zunächst auf 26 und
schliesslich auf 18 gesunken. Gegenüber 1991 seien somit erhebliche Beschrän-
kungen bei der Nutzung des Mietobjekts entstanden. Damit kann er jedoch keinen
Erfolg haben, weil ihm die Vermieterin nie vertraglich zugesichert hat, es könnten
stets 38 oder 26 KVG-Patienten in der "X." aufgenommen werden. Weder im Ver-
trag selbst noch in Verhandlungsdokumenten wird von bestimmten Patienten- o-
der Bettenzahlen gesprochen. Die Details des Betriebskonzepts blieben dem Mie-
ter überlassen. Dass die Zahl von 38 Betten, allesamt für die Aufnahme von KVG-
Patienten bestimmt, eine einseitige Wunschvorstellung des Klägers war, welche
bereits vor der Vertragsunterzeichnung zerstört wurde, wurde bereits aufgezeigt.
Dass die Gemeinde keine irgendwie geartete Zusicherung für eine bestimmte
Mindestanzahl von KVG-Patienten abgegeben hat, macht aber auch der Mietver-
trag vom 19. Dezember 1991 klar, kann doch dessen Nutzungszweck (Ziff. 3 Abs.
1) nur dahingehend verstanden werden, dass in nicht durch KVG-Patienten beleg-
te Betten Betagte aufzunehmen waren. Angaben über das zahlenmässige Ver-
hältnis bei der Belegung der beiden Abteilungen (Rekonvaleszente; Betagte) sind
nicht ersichtlich. Wenn der Kläger sein Betriebskonzept einseitig - und nota bene
im Widerspruch zum Mietvertrag - auf den Leistungsauftrag und die zulässige Zahl
von KVG-Patienten gemäss Spitalliste ausrichtete, kann darin kein Mangel der
Mietsache liegen.
7.
Ist die Berufung in allen Teilen abzuweisen, sind diesem Ausgang
des Verfahrens entsprechend die Gerichtskosten in Anwendung von Art. 223 ZPO
in Verbindung mit Art. 122 Abs. 1 ZPO vollständig dem unterliegenden Berufungs-
kläger zu überbinden.
Gemäss Art. 122 Abs. 2 ZPO hat der Berufungskläger ausserdem nach
dem gleichem Grundsatz die obsiegende Berufungsbeklagte für deren notwendi-
gen Umtriebe im Berufungsverfahren voll zu entschädigen. Eine Honorarnote hat
der Rechtsvertreter der Berufungsbeklagten nicht eingereicht, so dass die Zivil-
kammer die Prozessentschädigung nach pflichtgemässem Ermessen, auf Grund
der für eine gehörige Darlegung des eigenen Rechtsstandpunkts erforderlichen
Aufwendungen, wie sie sich aus der Aktenlage ergeben, festsetzt.



25


Demnach erkennt die Zivilkammer :
1.
Die Berufung wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 3'390.-, bestehend aus der
Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.- und der Schreibgebühr von Fr. 390.-, ge-
hen zu Lasten von D..
3.
D. ist verpflichtet, der Politischen Gemeinde A. für das Berufungsverfahren
eine Prozessentschädigung von 1'500 Franken zu bezahlen.
4. Mitteilung
an:
__________
Für die Zivilkammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Präsident:
Der Aktuar:


Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz