Kantonsgericht von Graubünden Tribunale cantonale dei Grigioni Dretgira chantunala dal Grischun Ref.:
Chur, 25. Juni 2003
Schriftlich mitgeteilt am:
SKA 03 8
(Eine gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde hat das Bundesgericht mit
Urteil vom 13. November 2003 abgewiesen.)
Entscheid Kantonsgerichtsausschuss als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs Präsident Brunner, Kantonsrichterinnen Riesen-Bienz und Tomaschett-Murer, Ak-
tuar Conrad.
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In der Schuldbetreibungs- und Konkursbeschwerde
der B a n k X . , Gläubigerin und Beschwerdeführerin,
gegen
die Verfügung des Betreibungsamtes Maienfeld vom 17. März 2003, mitgeteilt am
17. März 2003, in Sachen der Gläubigerin und Beschwerdeführerin gegen E. H.,
Schuldnerin und Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Peter
von Salis, Rebweg 3, 8466 Trüllikon, und die W . H . , nämlich: A. G.-H., D. H., V.
H., L. H., M. H., C. H., F. P.-H., und E. H., Drittpfandeigentümer und Beschwerde-
gegner, alle vertreten durch Fürsprecherin Regula Schlegel, Advokaturbüro
Bührer & Frey, Bellerivestrasse 209, 8008 Zürich,
betreffend Pachtzinssperre,
hat sich ergeben:
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A.
Für Kapitalschulden von Fr. 3'895'903.30 zuzüglich Zinsen ab 1. Juli
2000 erhob die Bank X. am 22. September 2000 beim Betreibungsamt Maienfeld
zwei Betreibungen (Nrn. xxx und yyy) auf Grundpfandverwertung gegen die
Schuldnerin E. H., J., als solidarisch haftendes Mitglied der aus der Betriebenen
und deren 7 Kindern bestehenden Erbengemeinschaft V. H.. Grundpfand ist das in
der Gemeinde Y. gelegene Hotel und Restaurant "Z." (Parzellen Nrn. zzz und
www) samt Zugehör. Das Grundpfand steht im Gesamteigentum der Mitglieder der
Erbengemeinschaft V. H., welche in ihrer Eigenschaft als Grundpfandeigentümer
ins Verfahren einbezogen, mit Ausnahme von E. H. jedoch nicht auf Zahlung von
Kapitalschulden und Zinsen betrieben worden sind.
Gleichzeitig mit den Betreibungsbegehren verlangte die Bank X. erstmals
die Ausdehnung der Pfandhaft auf allfällige Miet- oder Pachtzinsforderungen ge-
mäss Art. 91 VZG/Art. 806 ZGB. Die Anzeigen an die Erben H. als Grundeigentü-
mer (Formular VZG Nr. 6) und an B., Hotel Z., als Mieter/Pächter (Formular
VZG Nr. 5) betreffend den betreibungsamtlichen Einzug der Miet- und Pachtzinse
erliess das Betreibungsamt am 1. Dezember 2000. Mit Schreiben vom 12. De-
zember 2000 teilte der Rechtsvertreter von E. H. dem Betreibungsamt mit, B. füh-
re das Hotel und Restaurant als Gerant und könne daher nicht verpflichtet werden,
Zahlungen an das Betreibungsamt zu leisten.
Im Zuge anderer bei der Schuldnerin durchgeführten Betreibungsvorgängen
ersuchte das Betreibungsamt diese mit Verfügung vom 26. April 2001, dem Amt
innert 5 Tagen sämtliche von ihr oder der Erbengemeinschaft H. abgeschlosse-
nen, das Hotel Z. betreffenden Miet-, Pacht- oder Gerantenverträge zuzustellen.
B.
Auf Begehren der Bank X. vom 17. September 2001 wurde am 27.
September 2001 bei der Schuldnerin E. H. eine Nachpfändung zu Gunsten ver-
schiedener Gläubiger vollzogen, worunter die Bank X. als Hauptgläubigerin in den
Betreibungen Nrn. ppp und qqq (Pfändungs-Gruppe rrr) mit Forderungen von rund
Fr. 829'000.-. Gepfändet wurde unter anderem der Liquidationsanteil der Schuld-
nerin am unverteilten Nachlass ihres 1978 verstorbenen Ehemannes V. H.. Die
Pfändung des Erbschaftsanteils der Schuldnerin wurde sämtlichen Miterben H. als
beteiligte Dritte im Sinne von Art. 104 SchKG am 30. November 2001 angezeigt.
C.1. Mit Schreiben vom 17. Januar 2003 gelangte die Bank X., welche
gegen E. H. mehr als ein Dutzend Betreibungsverfahren eingeleitet hat, an das
Betreibungsamt Maienfeld und stellte in mehreren dieser Betreibungen ultimative
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Forderungen das Verfahren voranzutreiben. Unter anderem verlangte sie in den
Betreibungen Nrn. xxx und yyy den umgehenden Erlass einer Pachtzinssperre in
Sachen Hotel Z., mit der Begründung, es gelte zu verhindern, dass die Erben H.
vom Geschäftsführer B. für das Restaurant und Hotel Z. weiterhin eine Entschädi-
gung erhielten, zumal die Erben H. der Bank X. seit Jahren keine Zins- und/oder
Amortisationszahlungen leisteten.
2.
Unter Hinweis auf die Gerichtspraxis liess das Amt die Bank X. am
18. Februar 2003 wissen, der Erlass einer Pachtzinssperre sei nicht möglich. Auf
entsprechendes Ersuchen der Bank X. erliess das Betreibungsamt Maienfeld
schliesslich am 17. März 2003 einen anfechtbaren Entscheid. Es verfügte, dass in
den Betreibungen/Pfändungen der Gruppe rrr gegen E. H. keine Pachtzinssperre
auf das Restaurant und Hotel Z. zu erlassen ist.
3. Gegen
die
gleichentags mitgeteilte Verfügung erhob die Bank X. in-
nert Frist mit Eingabe vom 27. März 2003 Beschwerde an den Kantonsgerichts-
ausschuss als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Sie stellt
folgende Rechtsbegehren:
"1. Die Verfügung des Betreibungsamtes Maienfeld vom 17./19. März 2003 sei aufzuheben und das Betreibungsamt Maienfeld anzuweisen,
rückwirkend per 1. Oktober 2000 die der Erbengemeinschaft V. H.
aus der Bewirtschaftung des Hotel Z., Y., zugegangenen Erträ-
ge einzufordern resp. die laufenden und zukünftigen Erträge mit-
tels geeigneten Betreibungsmassnahmen zugunsten der Bank X. zu
arretieren. 2. Der angebliche "Gerantenvertrag" der Erbengemeinschaft V. H., J., mit Herrn B. i.S. Hotel Z., Y., sei nichtig zu erklären. 3. Eventualiter sei das Betreibungsamt Maienfeld anzuweisen, rückwir- kend per 1. Oktober 2000 wenigstens den Frau E. H., J., zugegange-
nen Betrag aus der Bewirtschaftung des Hotel Z., Y., einzufordern resp.
die laufenden und zukünftigen Frau E. H. zukommenden Hotel Z.-
Erträge mit geeigneten Betreibungsmassnahmen zugunsten der Bank
X. zu arretieren. 4. Unter gesetzlicher Kosten- und Entschädigungsfolge." Die Schuldnerin E. H. und die Drittpfandeigentümer Erben H. schliessen
auf Abweisung der Beschwerde.
Das Betreibungsamt Maienfeld verzichtete auf eine Vernehmlassung.
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Auf die Begründungen der Beschwerdeanträge und die Akten der Betrei-
bungsverfahren ist, sofern und soweit sachdienlich, in den nachfolgenden Erwä-
gungen einzugehen.
Der Kantonsgerichtsausschuss zieht in Erwägung : 1.a. Voraussetzung für eine unmittelbare gesetzliche Mithaftung bezie-
hungsweise eine auf Antrag anzuordnende Ausdehnung der Pfandhaft auf die
Miet- und Pachtzinsforderungen im Sinne von Art. 806 ZGB ist zwangsvollstre-
ckungsrechtlicher Beschlag, sei es, dass das vermietete/verpachtete Grundstück
als Grundpfand verwertet wird (Art. 152 SchKG, Art. 91 VZG), sei es, dass es ge-
pfändet wurde (Art. 102 SchKG, Art. 14 VZG), oder im Konkurs zu liquidieren ist
(Art. 124 VZG). Das Restaurant und Hotel Z. (Parz. zzz und www, Gemeinde Y.),
aus dem die bestrittenen Pachtzinserträge fliessen sollen, ist wohl Objekt der
Zwangsvollstreckung in den Betreibungen auf Grundpfandverwertung (xxx, yyy),
nicht hingegen in den Betreibungen Nrn. ppp und qqq auf (Nach)Pfändung (act.
27.3.3/6/10). Da die Parzellen zzz/www nicht Gegenstand der verschiedenen
Pfändungen und Nachpfändungen in den Betreibungen ppp und qqq bildeten, was
sich daraus erklärt, dass sie nicht im Alleineigentum der Betreibungsschuldnerin
sondern im Gesamteigentum der Erbengemeinschaft stehen, und als Drittpfand
nur für Forderungen in Anspruch genommen werden können, wofür das Pfand
errichtet wurde, fehlt es in diesen Betreibungen für den Erlass einer Pachtzins-
sperre schon an der Voraussetzung des amtlichen Beschlags. Insofern sich die -
diesbezüglich unklare - Beschwerde auf die genannten Betreibungen bezieht, ist
sie bereits aus diesem Grund abzuweisen.
b.
Gemäss angefochtener Verfügung vom 17. März 2003 (act. 01.5)
beschränkt sich die vorinstanzliche Ablehnung der beantragten Pachtzinssperre
ausdrücklich auf die Betreibungen und (Nach)Pfändungen der Gruppe rrr (Betrei-
bungen Nrn. ppp, qqq). Die Frage, ob Anspruch auf eine Pachtzinssperre in den
Betreibungen auf Grundpfandverwertung Nrn. xxx und yyy besteht, hat die Vo-
rinstanz darin nicht beantwortet. Dies stellt insofern eine formelle Rechtsverweige-
rung dar, als die Bank X. mehrfach und ausdrücklich eine Pachtzinssperre in den
Betreibungen Nrn. xxx und yyy verlangt hat (act. 27.1.4, 27.2.5, 27.4.14). In diesen
beiden Fällen von Grundpfandverwertung liegt amtlicher Beschlag seit Anhebung
der Betreibung (vgl. Art. 806 Abs. 1 ZGB; BGE 117 III 33 E. 3), spätestens seit
Erlass des Zahlungsbefehls (vgl. Fritzsche/Walder, Schuldbetreibung und Konkurs
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nach schweizerischem Recht, Bd. I, Zürich 1984, § 34 Rz 33) vor. Insofern bliebe
grundsätzlich Raum für die betreibungsamtliche Anordnung einer Pachtzinssperre.
2.a. Ist das verpfändete Grundstück vermietet oder verpachtet, so er-
streckt sich die Pfandhaft gemäss Art. 806 ZGB auch auf die seit Anhebung der
Betreibung auf Verwertung des Grundpfandes oder seit der Eröffnung des Kon-
kurses über den Schuldner bis zur Verwertung auflaufenden Miet- oder Pachtzins-
forderungen. Den Zinsschuldnern (Mietern/Pächtern) gegenüber ist diese Pfand-
haft erst wirksam, nachdem ihnen von der Betreibung Mitteilung gemacht oder der
Konkurs veröffentlicht worden ist. Rechtsgeschäfte des Grundeigentümers über
noch nicht verfallene Miet- oder Pachtzinsforderungen sowie die Pfändung durch
andere Gläubiger sind gegenüber einem Grundpfandgläubiger, der vor der Fällig-
keit der Zinsforderung Betreibung auf Verwertung des Unterpfandes angehoben
hat, nicht wirksam. Die Ausdehnung der Pfandhaft auf die Miet- und Pachtzinsfor-
derungen in diesem Sinne ist ein subjektives Recht des betreibenden Pfandgläu-
bigers, das er ausdrücklich geltend machen muss (Art. 152 Abs. 2 SchKG; Bern-
hard Trauffer, Basler Kommentar, ZGB II, 2. A. 2003, N 7 zu Art. 806). Konkretisie-
rend schreibt Art. 91 VZG bei Grundpfandverwertungen vor, dass das Betrei-
bungsamt sofort nach Empfang des Betreibungsbegehrens festzustellen hat, ob
und welche Miet- oder Pachtverträge auf dem Grundstück bestehen, und die Mie-
ter oder Pächter unter Hinweis auf die Gefahr der Doppelzahlung unverzüglich
anweist, die von nun an fällig werdenden Miet- und Pachtzinse an das Betrei-
bungsamt zu bezahlen. Bei der Pfandhaftausdehnung auf die Miet- und Pachtzin-
sen handelt es sich um ein Akzessorium zum Grundpfandrecht, das unabhängig
davon besteht, ob der Grundeigentümer selbst oder ein anderer der Schuldner der
Pfandforderung ist. Auch bei der Stellung des Grundpfandes durch einen Dritten,
unterliegen somit die diesem Dritteigentümer zustehenden Miet- und Pachtzinsen
der Pfandhaft (Trauffer, a.a.O., N 13; Claus Schellenberg, Die Rechtsstellung des
Dritteigentümers in der Betreibung auf Pfandverwertung, Diss. Zürich 1968, S. 94;
SJZ 1927/1928, S. 80).
b.
Was als Miet- oder Pachtvertrag im Sinne der Bestimmungen des
Zwangsvollstreckungsrechts zu gelten hat, bestimmt das Zivilrecht. Auch bei der
Anwendung von Art. 152 SchKG/Art. 91 VZG ist sodann gemäss Art. 18 OR die
Qualifikation eines Rechtsverhältnisses nach dem wirklichen materiellen Ge-
halt/Inhalt des Vertrages vorzunehmen und nicht nach den irrtümlich oder absicht-
lich falsch gewählten Bezeichnungen und Ausdrucksweisen der Parteien (Urteil
Bundesgericht 4C.43/2000 vom 21. Mai 2001, E. 2b).
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Mit Schreiben vom 12. Dezember 2000 liess die Schuldnerin und Miterbin
E. H. das Betreibungsamt wissen, B. führe das Hotel und Restaurant Z. als "Ge-
rant". Gérant salarié ist der (im Lohn) angestellte Leiter eines Unternehmens;
gérant libre ist der (einen Zins zahlende) Unternehmenspächter (Doucet/Fleck,
Deutsch-Französisches Wörterbuch der Rechts- und Wirtschaftssprache, Bd. 1,
München 1988, S. 304). Gérance umfasst als Oberbegriff einerseits die unselb-
ständige und andererseits die selbständige gérance, wobei jedoch dem branchen-
üblichen Sprachgebrauch folgend als Gerantenverhältnis nur die unselbständige
oder gérance salariée, also das Arbeitsverhältnis des gastgewerblichen Betriebs-
leiters bezeichnet wird und dieses so dem Vertrag der selbständigen gastgewerb-
lichen Betriebsführung gegenüberstellt. Unter letztere (Freigerant, gérance libre)
fällt jener Gastgewerbler, der für die Gebrauchsüberlassung der Gewerbelokalitä-
ten und des Grossinventars einen Zins bezahl (vgl. Peter P. Theiler, Der Geran-
tenvertrag, Schriften zum schweizerischen Arbeitsrecht, Bern 1992, S. 8 f., 304).
Wer einem anderen nicht eine Sache zum Gebrauch oder ein Unterneh-
men/Recht zur Ausbeutung überlässt, kann nicht Vermieter/Verpächter sein; wer
keinen Mietzins/Pachtzins zahlt, kann nicht Mieter/Pächter sein. Vorliegend fehlen
beide essentialia negotii für einen Pachtvertrag (Pachtgegenstand und Pachtzins).
Dass E. H. zumindest in ihrer Eigenschaft als (Gesamt)Eigentümerin der Pfandsa-
che dem Betreibungsamt mehrfach Auskünfte in Bezug auf die Verhältnisse um
das Restaurant und Hotel Z. vorenthalten hat, ist manifest. Mittlerweile ist die Be-
weislage hinsichtlich der Bewirtschaftung der Pfandsache wenigstens insoweit
klar, als mit B. kein Pachtvertrag besteht. Er ist vielmehr unselbständiger Gerant.
Die Erbengemeinschaft überlässt B. weder Räumlichkeiten zum freien Gebrauch
noch ein Gewerbe zur Ausbeutung auf eigene Rechnung gegen Zins, sondern
zahlt ihm gegenteils seit August 2000 monatlich einen Lohn im Sinne von Art.
319/322 OR (act. 17.1-36), damit er - ausgestattet, mit hier nicht weiter interessie-
renden Betriebsführungsbefugnissen - auf Rechnung und Risiko der Erbenge-
meinschaft als Eigentümerin das Restaurant und Hotel Z. führe. Dass lediglich der
Entwurf für einen schriftlichen Geschäftsleitervertrag, basierend auf einem ent-
sprechenden früheren Arbeitsvertrag zwischen einer U. und B. (act. 16.1), mit
handschriftlichen Abänderungen vorliegt, ändert daran nichts, ist doch einerseits
Schriftform für den Arbeitsvertrag nicht erforderlich und erbringen andererseits die
lückenlosen Lohnabrechnungen August 2000-April 2003 den hinlänglichen Ge-
genbeweis zur Behauptung, es bestehe ein Pachtvertrag. Die Meinung der Bank,
es mache keinen Unterschied, ob das Grundpfand verpachtet sei oder im (unselb-
ständigen) Gerantenverhältnis geführt werde, ist im Lichte von Art. 806 ZGB nicht
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haltbar. Die Beschwerdeführerin beruft sich ohne Veranlassung auf Trauffer
(a.a.O., N 2 zu Art. 806 ZGB) und Fritzsche/Walder (a.a.O., § 34 Rz 29), gehen
doch auch diese Kommentatoren davon aus, dass es sich um Erträgnisse aus ei-
nem feststehenden Miet- oder Pachtverhältnis handeln muss. An der Rechtspre-
chung gemäss BGE 77 III 119 ist daher festzuhalten, wobei die Beschwerdeführe-
rin aus der dortigen Erwägung, eine "analoge" Anwendung der für Miete und
Pacht aufgestellten Bestimmungen könne sich auch bei auf kurze Dauer erfolgen-
den Überlassungen von Gebrauchs- und Nutzungswerten aufdrängen (BGE 77 III
119 E. 2, unter Hinweis auf G. Weiss, Das Recht der Grundpfandgläubiger an den
Erträgnissen des verpfändeten Grundstückes, S. 102-104), nichts für ihre Rechts-
auffassung ableiten kann, weil es vorliegend an einer Überlassung der Pfandsa-
che vollkommen fehlt. Entstehen keine zivilen, das heisst durch Rechtsgeschäft
gezogenen Früchte im Sinne von Art. 806 ZGB, kann sich der Umfang der Pfand-
haft von vorneherein nicht auf solche Vermögenswerte erstrecken (Kän-
zig/Bernheim, Basler Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und
Konkurs, N 13 zu Art. 152).
c.
Zu Recht macht die Beschwerdeführerin schliesslich auch nicht gel-
tend, dass die Einnahmen/Forderungen der Erbengemeinschaft gegenüber den
Hotelgästen einer Sperre unterliegen, bezieht sich doch nach der Rechtsprechung
das in Art. 91 ff. VZG vorgesehene Verfahren zweifellos nicht auf solche Hotelein-
nahmen, welche in ihrer Gesamtheit keine Vermietung, sondern ein unteilbares
Entgelt für eine einheitliche gewerbliche Leistung darstellen (BGE 77 III 119 E. 2).
Insoweit die Beschwerdeführerin auf dem Erlass einer Pachtzinssperre für
das Hotel und Restaurant Z. beharrt, ist ihre Beschwerde daher abzuweisen.
3. Die
Beschwerdeführerin beantragt der Aufsichtsbehörde weiter, es
sei der angebliche Gerantenvertrag zwischen der Erbengemeinschaft V. H. und B.
betreffend das Restaurant und Hotel Z. für nichtig zu erklären. Sie begründet dies
im wesentlichen damit, dass es sich um eine rechtsmissbräuchliche Konstruktion
handle, mit dem hauptsächlichen Zweck, einen zwangsvollstreckungsrechtlichen
Zugriff auf Betriebsgewinne aus der Pfandliegenschaft zu verhindern. Das Begeh-
ren überschreitet die Verwaltungs- und Sicherungskompetenzen der Betreibungs-
und ihrer Aufsichtsbehörden. Es kann in der Spezialexekution grundsätzlich nicht
deren Aufgabe sein, den Schuldnern und Drittpfandeigentümern vorzuschreiben,
mit welcher Strategie sie eine Geschäftsliegenschaft zu bewirtschaften haben. Die
Erbengemeinschaft H. betreibt das Restaurant und Hotel selbst, weshalb sie bis
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zur Verwertung weder zur Bezahlung einer Entschädigung der von ihr benützten
Geschäftsräume verpflichtet, noch betreibungsamtlich zu deren Räumung ange-
halten werden kann (BGE 77 III 119 E. 1); letzteres gilt auch für einen Drittpfand-
eigentümer.
Insofern die Bank X. den Rechtsmissbrauch darin erblicken will, dass die
Erben H. als Pfandeigentümer wohl einen Gewinn aus der Pfandliegenschaft er-
zielten im Gegenzug aber seit Jahr und Tag weder Zinsen noch Amortisationen auf
dem Pfandobjekt leiste, wird übersehen, dass die Bank die Erbengemeinschaft be-
ziehungsweise deren Mitglieder für Kapital und Zinsen nicht betrieben hat. Dass
die Erben H. mit dem Entscheid, keinen Pachtvertrag für das Hotel und Restaurant
Z. mehr abzuschliessen, mit Bedacht auf eine bevorstehende Verwertung des Ho-
tels eine rechtsmissbräuchliche Vertragskonstruktion mit dem hauptsächlichen
Zweck, die Gläubiger zu benachteiligen, getroffen haben sollen, kann im übrigen
schon deshalb verneint werden, weil der Gerantenvertrag mit B. spätestens ab
August 2000 (allenfalls noch mit der U., act. 17.1) beziehungsweise ab 1. April
2001 mit der Erbengemeinschaft (act. 16.1), im ungünstigeren Fall also bereits 6
Monate vor der ersten Betreibung (act. 27.1.4), wirksam gewesen sein muss.
Plausibel ist auch, dass die Erben den Abschluss eines weiteren Pacht- oder
Mietvertrages deshalb scheuten, weil ein erster Pächter im Februar 2000 in Kon-
kurs ging (act. 09.3/4).
4.a. Dem Betreibungsamt Maienfeld als Vorinstanz hat die Bank X. bean-
tragt, eine Pachtzinssperre im Sinne von Art. 806 ZGB/Art. 91 VZG zu erlassen
(act. 27.1.4, 27. 4.14/16). Im Beschwerdeverfahren ist von einer Pachtzinssperre
nicht mehr ausdrücklich die Rede; die Gläubigerin beantragt vielmehr, es sei das
Betreibungsamt anzuweisen, die laufenden und zukünftigen, der Erbengemein-
schaft H. oder E. H. anfallenden Erträge des Hotels "einzufordern respektive mit
geeigneten Betreibungsmassnahmen zu Gunsten der Bank X. zu arretieren" (act.
01).
b.
Zu prüfen ist, ob andere geeignete "Betreibungsmassnahmen" in Be-
tracht kommen. Die Auffassung der Bank, es widerspreche dem gesetzlichen
Gläubigerschutzgedanken, wenn der Pfandgläubiger nicht auf den Ertrag der vom
Gläubiger finanzierten Liegenschaft greifen könne, ist nachvollziehbar. Wie ge-
zeigt, kann dem Anliegen der Gläubigerin durch eine Pachtzinssperre nicht Rech-
nung getragen werden, weil ein pfändbarer Ertrag im Sinne von Art. 806 ZGB/Art.
152 Abs. 2 SchKG (zivile Früchte) fehlt. Insofern es sich beim Ertrag aus der
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Pfandliegenschaft um den auf die Betreibungsschuldnerin als Miterbin entfallen-
den Ertragsanteil aus der Erbengemeinschaft H. handelt, kann indessen gestützt
auf die Verordnung über die Pfändung und Verwertung von Anteilen an Gemein-
schaftsvermögen (VVAG) Abhilfe geschaffen werden. Wenn die Beschwerdeführe-
rin von "einem ungelösten Problem der Offenlegung der Erträge und des Zah-
lungsflusses zwischen dem Hotel Z. und der Schuldnerin" spricht, so ist dies in
Bezug auf den gepfändeten Liquidationsanteil der Schuldnerin an der ungeteilten
Erbengemeinschaft H. relevant und demzufolge über jene Massnahmen zu lösen,
welche die VVAG (namentlich Art.1 Abs. 3 und Art. 6) zu diesem Zweck zur Verfü-
gung stellt. Es handelt sich dabei nicht um akzessorische Ausdehnungsrechte bei
der Grundpfandverwertung gemäss Art. 806 ZGB/Art. 152 SchKG/Art. 91 VZG,
sondern um Gläubigerrechte bei der Pfändung des Anteils an einer ungeteilten
Hinterlassenschaft im Sinne der VVAG.
c.
Die Bank X. hat am 17. September 2001 in der Betreibungs-Gruppe
rrr (Betreibungen qqq und ppp) eine Nachpfändung begehrt und dabei insbeson-
dere die Pfändung des Anteils von Frau H. an der unverteilten Erbschaft V. H. sel.
samt den Erträgnissen der Erbengemeinschaft verlangt (act. 27.3.8; 27.4.6). Ein-
schränkend vorauszuschicken ist, dass damit nur die auf die Anteilsquote (Liqui-
dationsanteil) der Schuldnerin entfallenden Erträgnisse des Nachlasses V. H. ge-
meint sein können, denn Betreibungsschuldnerin ist nur E. H.. Aus der - seitens
der Bank X. unangefochtenen - Pfändungsurkunde vom 27. September 2001 ist
ersichtlich, dass neben Liegenschaften und Mobilien im Alleineigentum der
Schuldnerin E. H. der Liquidationsanteil der Schuldnerin am unverteilten Nach-
lassvermögen ihres 1978 verstorbenen Ehemannes V. H. gepfändet wurde (act.
27.3.10; 27.4.7). Neben den Personalien der Miterben (Art. 5 Abs. 1 VVAG) ist in
der entsprechenden Rubrik der Pfändungsurkunde lediglich - und im Widerspruch
zu Art. 5 Abs. 1 letzter Satz VVAG - vermerkt, dass das Nachlassvermögen insbe-
sondere aus dem Grundstücken Parzellen zzz und www in Y., Hotel und Restau-
rant Z. mit Zugehör und Garage, besteht. Es stellt sich die Frage, ob die Pfändung
des Liquidationsanteils automatisch dessen Erträgnisse umfasse. Dies ist, entge-
gen dem ersten Eindruck, den Art. 1 Abs. 3 VVAG zu erwecken scheint, zu beja-
hen. Gemäss dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 3 VVAG kann der periodische zukünf-
tige Ertrag (Zinse, Honorar, Gewinnanteile) eines Gemeinschaftsvermögens jewei-
len nur auf die Dauer eines Jahres besonders gepfändet werden. Damit will indes-
sen nicht gesagt sein, dass eine Pfändung solcher Erträgnisse a priori nur durch
gesonderte Aufführung der Erträgnisse in der Pfändungsurkunde möglich ist, son-
dern lediglich, dass für den Fall einer gesonderten Pfändung - welche möglich
10
aber nicht erforderlich ist - solches in Anlehnung an die Lohnpfändung nur für die
Dauer eines Jahres zulässig ist. Eine derartige gesonderte Pfändung von Erträg-
nissen wird insbesondere dann aktuell, wenn in Anwendung des Gebots von Art.
95 SchKG/Art. 3 VVAG auf die Pfändung des an letzter Stelle zu pfändenden Li-
quidationsanteils zu verzichten ist, weil bereits die Pfändung seiner Erträgnisse
genügende Deckung bietet (PKG 1985 Nr. 44). Diese Bestimmung zum Schutz
des Schuldners dürfte denn auch ein Hauptgrund für die Existenz von Art. 1 Abs. 3
VVAG sein. Art. 1 Abs. 3 VVAG kommt somit in der Regel nur zum Zug, falls keine
(umfassende) Pfändung des Anteilsrechts gemäss Art. 1 Abs. 1 VVAG erfolgt. Ist -
wie vorliegend - eine Pfändung des Anteilsrechts im Sinne von Art. 1 Abs. 1 VVAG
hingegen erfolgt, so sind alle, aus den verschiedensten Rechtsgründen daraus
fliessenden Erträgnisse mitumfasst, ohne dass diese in der Pfändungsurkunde
speziell zu erwähnen wären. Obschon Erträge grundsätzlich eines eigenen rechtli-
chen Schicksals fähig sind, teilen sie aufgrund der Akzessorietät regelmässig das
rechtliche Los der Hauptsache. So ist zum Beispiel auch bei der Pfändung von
Grundstücken (Art. 102 Abs. 1 SchKG, Art. 14 Abs. 1 VZG) ausdrücklich geregelt,
dass Früchte und sonstige Erträgnisse automatisch durch die Pfändung der sie
erzeugenden Hauptsache erfasst werden, ohne dass sie in der Pfändungsurkunde
als besondere Pfändungsobjekte aufzuführen sind (BlSchK 2002 Nr. 4 E. 2). Ent-
sprechendes muss auch bei der Pfändung eines Liquidationanteils gemäss Art. 1
Abs. 1 VVAG gelten. Mit diesem einzigen Akt sind sämtliche geldwerten Individu-
alansprüche des Schuldners aus dem Gemeinschaftsverhältnis mit Beschlag be-
legt. Eine zusätzliche Pfändung der Erträgnisse ist grundsätzlich nicht notwendig,
gleichgültig, ob es sich um periodische oder nichtperiodische, bereits angefallende
oder zukünftige Erträgnisse handelt (vgl. Raimond L. Bisang, Die Zwangsverwer-
tung von Anteilen an Gesamthandschaften, Diss. Zürich 1978, S. 74). Eine solche
Konsequenz legen insbesondere auch Art. 8 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 VVAG na-
he, wonach nicht alle Rechte einzeln gepfändet zu werden brauchen, und das Be-
treibungsamt auch bei blosser Pfändung des Anteilsrechts die Mitteilung an die
Miterben mit der - hier erfolgten (act. 27.4.8) - Weisung verbindet, die in Zukunft
fällig werdenden auf den Schuldner entfallenden Erträgnisse dem Betreibungsamt
abzuliefern (amtliches Formular Nr. 17). Eine Ausnahme im Sinne gesonderter
Ertragspfändung neben einer Pfändung des Anteilsrechts drängt sich allenfalls für
im Zeitpunkt der Pfändung bereits fällige und in der Höhe feststehende Ansprüche
sowie für Ersatz- und Regressansprüche auf. Wird das Anteilsrecht gepfändet,
liegt es im übrigen aber im Ermessen des Betreibungsbeamten, ob er bestimmte
zukünftige Ansprüche des Schuldners aus dem Gemeinschaftsverhältnis separat
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erfassen will oder nicht, so zum Beispiel, wenn mit teilweisem Widerspruch zu
rechnen ist (vgl. zum Ganzen Bisang, a.a.O., S. 73-79).
d.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die auf E. H. entfallenden,
seit der Pfändung fällig werdenden Erträgnisse aus der Erbengemeinschaft H. seit
dem 27. September 2001 gepfändet sind (act. 27.3.9), und die Erbengemeinschaft
seit der betreibungsamtlichen Verfügung vom 30. November 2001 (act. 27.4.8)
solche Erträgnisse ohne weiteres dem Betreibungsamt abzuliefern hat. Ab diesem
Zeitpunkt durften an E. H. keinerlei Vermögenswerte (Kapitalien und Erträgnisse)
aus der Erbengemeinschaft mehr ausgehändigt werden. Diese Pfandhaft betrifft
sämtliche Erträgnisse aus der Erbengemeinschaft H., demnach auch jene aus
dem Hotel und Restaurant Z.. Anzeichen, dass die Schuldnerin Anspruch auf der-
artige Erträgnisse aus dem genannten Gast- und Hotelbetrieb hat, und ihr solche
tatsächlich auch ausgerichtet werden, sind genügend vorhanden. Gemäss Bilan-
zen 2002 und 2001 sind unter den Debitoren Kontokorrente der Familie H. (Konto
1055) und von E. H. aufgeführt, mit Saldi von Fr. 117'858.90 und Fr. 61'777.50
(act. 22.13, 09.9). Dass es sich dabei um Privatentnahmen zu Gunsten einzelner
Miterben handelt, ist eingestanden (act. 22, S. 3 Ziff. 4). Ferner geht aus einem
Schreiben vom 1. Juli 2001 des Miterben M. H., dem offenbar Geschäftsführungs-
befugnisse für die Erbengemeinschaft zukommen, an den Geranten B. hervor,
dass aus dem Gemeinschaftsvermögen der Erbengemeinschaft eine Zahlung an
den Rechtsvertreter der Betreibungsschuldnerin erfolgen sollte (act. 16.1). Es liegt
- nicht zuletzt wegen der Weigerung des Geranten, diesen Zahlungsauftrag auszu-
führen - die Vermutung nahe, dass damit betriebsfremde Privatschulden von E. H.
zu begleichen waren. Wirtschaftlich würde es sich diesfalls um die Ausrichtung
von Erträgnissen an einen Miterben handeln. Das Betreibungsamt Maienfeld wird
angewiesen, für den Einzug dieser Erträgnisse zu sorgen.
e.
Angesichts der personell weitverzweigten Verhältnisse in der Erben-
gemeinschaft H., der weitgehend unbekannten Geschäftsführungsbefugnisse in-
nerhalb der Erbengemeinschaft hinsichtlich des Hotels und Restaurants Z. und der
Tatsache, dass gemäss Buchhaltungsunterlagen des Hotels auf die Erben bezie-
hungsweise die Schuldnerin lautende Kontokorrente bestehen, ab welchen den
Erben Privatbezüge aus dem Vermögen der Erbengemeinschaft ausgerichtet wer-
den, ist das Amt schliesslich auf die Möglichkeit der besonderen Sicherungsmass-
nahme gemäss Art. 6 Abs. 2 VVAG (Bestellung eines Erbenvertreters) hinzuwei-
sen.
12
5.
Die Bank X. und die Erben H. verlangen eine Entscheidung unter
Kosten- und Entschädigungsfolgen. Für derartige Folgen gibt es keine gesetzliche
Grundlage. Im Gegenteil dürfen nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift im
Beschwerdeverfahren nach Art. 17 ff. SchKG weder Kosten erhoben -
vorbehältlich mutwilliger und trölerischer Beschwerdeführung (Art. 20a Abs. 1 Satz
2 SchKG) - noch Verfahrensentschädigungen zugesprochen werden (Art. 20a
Abs. 1 Satz 1 SchKG, Art. 61 Abs. 2 lit. a und Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG in Ver-
bindung mit Art. 26 der kantonalen Vollziehungsverordnung zum Bundesgesetz
über Schuldbetreibung und Konkurs, GVV zum SchKG).
13
Demnach erkennt der Kantonsgerichtsausschuss : 1.
Das Betreibungsamt Maienfeld wird angewiesen, für den Einzug und die
angemessene Sicherung der auf E. H. entfallenden Erträgnisse aus der Er-
bengemeinschaft V. H. sel. zu sorgen.
2.
Im übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
3.
Es werden keine Kosten erhoben.
4.
Gegen diesen Entscheid kann innert zehn Tagen seit seiner schriftlichen
Mitteilung beim Schweizerischen Bundesgericht Beschwerde geführt wer-
den, sofern Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht werden will. Die
Beschwerde ist schriftlich im Doppel beim Kantonsgerichtsausschuss einzu-
reichen.
5. Mitteilung
an:
__________
Für den Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs Der Präsident: Der Aktuar:
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