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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Kopfdaten
Kanton:GR
Fallnummer:SK2-11-44
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid SK2-11-44 vom 18.04.2012 (GR)
Datum:18.04.2012
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter : Beschwerde; Verfahren; Graubünden; Verfahrens; Staatsanwaltschaft; Entschädigung; Recht; Rischen; Prozess; Verfahren; Beschwerdeführer; Zerischen; Prozessordnung; Renskosten; Staatskasse; Lungsverfügung; Einstellung; Verfügung; Einstellungsverfügung; Einheit; Höhe; Ziffer; Recht; Angefochtene; Tenen; Fahrenskosten
Rechtsnorm: Art. 29 StPO ; Art. 319 StPO ; Art. 322 StPO ; Art. 34 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 436 StPO ; Art. 442 StPO ; Art. 445 StPO ; Art. 448 StPO ; Art. 453 StPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Samuel Moser, Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessord- nung, 2011
Fin-gerhuth, Kommentar zur Schweizerischen Straf- prozessordnung [StPO], Zürich, Art. 445 StPO, 2010
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:Stefan Wehrenberg; Stefan Wehrenberg;
Entscheid
Kantonsgericht von Graubünden

Dretgira chantunala dal Grischun

Tribunale cantonale dei Grigioni
___________________________________________________________________________________________________

Ref.:
Chur, 18. April 2012
Schriftlich mitgeteilt am:
SK2 11 44

10. Mai 2012
Entscheid
II. Strafkammer
Vorsitz Pritzi
RichterInnen
Schlenker und Hubert
Aktuarin Thöny

In der strafrechtlichen Beschwerde
des X., Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Mirko Ros,
Dufourstrasse 101, 8034 Zürich,
gegen
die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Graubünden vom 29. November
2011, mitgeteilt am 2. Dezember 2011, in Sachen des Beschwerdeführers gegen
A., Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Lucius Richard Blatt-
ner, Kasinostrasse 3, 8032 Zürich,
betreffend Widerhandlungen gegen UWG und Ehrverletzung (Kosten- und Ent-
schädigungsfolge),
hat sich ergeben:

I. Sachverhalt
A.
Am 17. April 2009 reichte X. beim Kreisamt Chur Strafanzeige gegen A. ein
und stellte Strafantrag wegen vorsätzlicher Begehung unlauteren Wettbewerbs
und Ehrverletzung. Anlässlich der am 9. Juni 2009 durchgeführten Sühneverhand-
lung konnte keine Einigung erzielt werden. Mit Inkrafttreten der schweizerischen
Strafprozessordnung (StPO) wurde der Fall der Staatsanwaltschaft zur weiteren
Behandlung überwiesen. Am 22. Februar 2011 reichte X. bei der Staatsanwalt-
schaft Baden einen weiteren Strafantrag gegen A. wegen Ehrverletzung ein. Die
Staatsanwaltschaft Graubünden übernahm aufgrund der bei ihr bereits hängigen
Strafanzeige auch jenes Verfahren.
B.
Nach Durchführung weiterer Befragungen erkannte die Staatsanwaltschaft
Graubünden mit Verfügung vom 29. November 2011, mitgeteilt am 2. Dezember
2011, wie folgt:
„1. Das Strafverfahren gegen A. wegen unlauteren Wettbewerbs und Ehr-
verletzung zum Nachteil von X. wird eingestellt.
2.
Die Zivilklage von X. wird auf den Zivilweg verwiesen.
3.a) Die bis zum 31. Dezember 2010 aufgelaufenen Verfahrenskosten in
Höhe von CHF 1'500.-- werden X. überbunden und mit dem geleiste-
ten Kostenvorschuss von CHF 1'000.-- verrechnet. Der Restbetrag von
CHF 500.-- ist gemäss beiliegender Rechnung innert 30 Tagen zu be-
zahlen.

b) Die ab dem 1. Januar 2011 aufgelaufenen Verfahrenskosten gehen zu
Lasten der Staatskasse.
c) Der von A. geleistete Kostenvorschuss von CHF 1'000.-- wird ihm er-
stattet. Die Finanzverwaltung Graubünden wird angewiesen, nach Ein-
tritt der Rechtskraft dieser Verfügung den A. zu erstattenden Kosten-
vorschuss an Rechtsanwalt lic. iur. Lucius Blattner, 8032 Zürich, zu
überweisen.

4.a) A. wird zu Lasten der Staatskasse eine Entschädigung von CHF
9'686.75 (CHF 8'969.20 zuzüglich 8% Mehrwertsteuer von CHF
717.55) ausgerichtet. Die Finanzverwaltung Graubünden wird ange-
wiesen, nach Eintritt der Rechtskraft dieser Verfügung die A. zuge-
sprochene Entschädigung an Rechtsanwalt lic. iur. Lucius Blattner,
8032 Zürich, zu überweisen.

b) X. wird verpflichtet, A. eine Prozessentschädigung in Höhe von CHF
8'930.80 (CHF 8'300.-- zuzüglich 7,6% Mehrwertsteuer von CHF
630.80) zu bezahlen.

c) Im Übrigen wird das Gesuch von A. um Ausrichtung einer Entschädi-
gung abgewiesen.
Seite 2 — 8

5. Das Gesuch von X. um Ausrichtung einer Entschädigung zu Lasten
des Beschuldigten eventualiter zu Lasten des Staates wird abgewie-
sen.“

Zur Kostenregelung wurde ausgeführt, dass das Verfahren vor Inkrafttreten der
StPO angehoben worden sei und über deren Inkrafttreten fortgedauert habe.
Demnach seien zwei Verfahrensstadien zu unterscheiden. Die Kosten und Ent-
schädigungen für die bis zum 31. Dezember 2010 erfolgten Handlungen seien
nach den Regeln der bündnerischen StPO zu berechnen und aufzuerlegen; für die
nach neuem Recht durchgeführte Verfahrensphase fänden die Bestimmungen der
schweizerischen StPO Anwendung. Weiter sei zu berücksichtigen, dass zwei ver-
schiedene Sachverhalte (Anzeige von Chur und Anzeige von Baden) zur Diskus-
sion gestanden hätten.
C.
Gegen diese Einstellungsverfügung liess X. am 15. Dezember 2011 beim
Kantonsgericht von Graubünden Beschwerde erheben, wobei er das folgende
Rechtsbegehren stellte:
„1. Dispositiv-Ziffer 3a der angefochtenen Verfügung sei aufzuheben, die
Verfahrenskosten in Höhe von CHF 1'500.-- seien auf die Staatskasse
zu nehmen und dem Beschwerdeführer sei der von ihm geleistete
Kostenvorschuss von CHF 1'000.-- zurückzuerstatten.

2. Dispositiv-Ziffer 4b der angefochtenen Verfügung sei ersatzlos aufzu-
heben, eventualiter sei die Prozessentschädigung in Höhe von CHF
8'930.80 dem Beschwerdegegner aus der Staatskasse zu entrichten.

3. Dispositiv-Ziffer 5 der angefochtenen Verfügung sei aufzuheben und
der Beschwerdegegner sei zu verpflichten, dem Beschwerdeführer ei-
ne Entschädigung in der Höhe von CHF 10'206.-- zu bezahlen, even-
tuell sei der Beschwerdeführer in dieser Höhe aus der Staatskasse zu
entschädigen.

Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (inkl. Mehrwertsteuerzusatz
von 8%) zulasten der Staatskasse, eventuell des Beschwerdegegners.“

D.
Die Staatsanwaltschaft Graubünden beantragte in ihrer Vernehmlassung
vom 9. Januar 2012 unter Hinweis auf die angefochtene Verfügung die kostenfälli-
ge Abweisung der Beschwerde.
E.
In seiner Stellungnahme vom 19. Januar 2012 liess A. ausführen, dass er
sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren ausdrücklich nicht als Partei konstitu-
iere und entsprechend keine Anträge stelle. Unter Hinweis auf einige Korrekturen
der in der Beschwerdeschrift gemachten Ausführungen verwies er im Wesentli-
chen auf die Ausführungen der Staatsanwaltschaft Graubünden in der angefoch-
tenen Einstellungsverfügung.
Seite 3 — 8

Auf die Begründung der Anträge und die Ausführungen im angefochtenen Ent-
scheid wird, soweit erforderlich, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.
II. Erwägungen
1.
Gemäss Art. 322 Abs. 2 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO;
SR 312) sowie Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO in Verbindung mit Art. 22 des Einfüh-
rungsgesetzes zur Schweizerischen Strafprozessordnung (EGzStPO; BR
350.100) kann gegen Einstellungsverfügungen der Staatsanwaltschaft beim Kan-
tonsgericht von Graubünden Beschwerde geführt werden. Die Beschwerde ist in-
nert 10 Tagen schriftlich und begründet einzureichen (Art. 322 Abs. 2 StPO; Art.
396 Abs. 1 StPO). Diesen Anforderungen vermag die im Übrigen formgerecht ein-
gereichte Beschwerde von X. vom 15. Dezember 2011 zu genügen, weshalb da-
rauf einzutreten ist.
2.
Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, es sei einzig das Verfah-
ren, welches er mit Strafanzeige vom 17. April 2009 anhängig gemacht habe, ein-
gestellt worden. Die zweite von ihm in Baden eingereichte Strafanzeige sei zwar
unter der gleichen Verfahrensnummer geführt worden, eine Vereinigung der Ver-
fahren habe indes nicht stattgefunden. In Ziffer 1 des Dispositivs der angefochte-
nen Einstellungsverfügung werde „das Strafverfahren“ und nicht „die Strafverfah-
ren“ eingestellt. Ebenso wenig sei von mehrfacher Ehrverletzung die Rede. Ent-
sprechend der Formulierung im Dispositiv der angefochtenen Verfügung müsse
einzig von einer Einstellung des auf der Strafanzeige vom 17. April 2009 basie-
renden Strafverfahrens ausgegangen werden. Die Regelung der Kosten- und Ent-
schädigungsfolgen eines nicht eingestellten Verfahrens sei jedoch unzulässig.
a)
Art. 29 Abs. 1 StPO statuiert den Grundsatz der Verfahrenseinheit. Dem-
entsprechend sind beim Zusammentreffen mehrerer Straftaten einer beschuldig-
ten Person diese zusammen in einem einzigen Verfahren zu verfolgen und zu be-
urteilen. Dies gilt gemäss Art. 34 Abs. 1 StPO auch für den Fall, dass die beschul-
digte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt hat. Es wird mit
anderen Worten die Zusammenführung der Verfahren an einem einheitlichen Ge-
richtsstand ermöglicht. Mit dieser Regelung wird sichergestellt, dass aus Gründen
der prozessualen Zweckmässigkeit die Beweiswürdigung und Verteidigung für
denselben Täter einheitlich erfolgen und gegen ihn durch einheitliche Anwendung
der Strafzumessungsgründe eine seinem Gesamtverschulden angemessene
Sanktion verhängt werden kann. Eine Ausnahme gilt gemäss Art. 34 Abs. 2 StPO
Seite 4 — 8

dann, wenn in einem beteiligten Kanton im Zeitpunkt des Gerichtsstandsverfah-
rens wegen einer der Straftaten schon Anklage erhoben worden ist (vgl. zum
Ganzen Samuel Moser in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessord-
nung, Basel 2011, N. 2 zu Art. 34). Abweichend vom Grundsatz der Verfahrens-
einheit von Art. 29 StPO soll ein Verfahren nur getrennt werden, wenn sachliche
Gründe hierfür vorliegen. Sachliche Gründe können etwa eine grosse Anzahl Mit-
täter bei Massendelikten, langwierige Auslieferungsverfahren von Mitbeschuldig-
ten im Ausland oder die Verjährung von Übertretungen, die gemäss Art. 17 Abs. 2
StPO zusammen mit einem Verbrechen beurteilt werden, sein (vgl. hierzu Urs Bar-
tetzko in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, a.a.O., N. 3 f.
zu Art. 30).
b)
Im vorliegenden Fall hat die Staatsanwaltschaft Graubünden - wie aus den
Akten hervorgeht - das zweite, in Baden anhängig gemachte Strafverfahren über-
nommen und den Beschwerdeführer über die Verfahrensübernahme orientiert
(act. 1.12). Eine darüber hinausgehende Mitteilungspflicht bestand nicht, zumal
die Verfahrenseinheit, wie vorstehend ausgeführt wurde, die Regel bildet. Zudem
erfolgte, wie die Staatsanwaltschaft zutreffend einwendet, bereits die Eröffnung
des Strafverfahrens bezüglich beider zur Diskussion stehender Sachverhalte. Dem
Beschwerdeführer war somit bekannt, dass beide Tatbestände zu einem Verfah-
ren vereint, respektive diese in einem einzigen Verfahren beurteilt würden. Inwie-
weit ihm daraus ein Nachteil erwachsen sein soll, ist nicht erkennbar. Auch sein
Einwand, das zweite Verfahren sei gar nicht eingestellt worden, weshalb eine Kos-
tenregelung unzulässig sei, geht fehl. In der angefochtenen Einstellungsverfügung
wird unter Ziffer I. der Begründung zunächst der Vorfall vom Dezember 2008 beur-
teilt. Anschliessend wird in Ziffer II. der Strafantrag bezüglich des Vorfalls vom No-
vember 2010 beziehungsweise vom November 2007 behandelt. Die Staatsanwalt-
schaft gelangte dabei zum Ergebnis, dass das vorgeworfene Ehrverletzungsdelikt
bereits über vier Jahre zurückliege und demnach verjährt sei. Infolge Fehlens ei-
ner Prozessvoraussetzung sei das Verfahren gestützt auf Art. 319 StPO einzustel-
len. Damit steht fest, dass die Staatsanwaltschaft Graubünden zu Recht beide
Tatbestände in einem einzigen Verfahren beurteilt und die Kostenfolgen für beide
Sachverhalte festgesetzt hat.
3. Der
Beschwerdeführer beantragt des Weiteren die Anwendung der schwei-
zerischen Strafprozessordnung für das gesamte Verfahren und nicht eine Auftei-
lung der Kosten und Entschädigung in eine Phase bis 31. Dezember 2010 unter
Anwendung der bündnerischen StPO und eine zweite Phase ab 1. Januar 2011
unter Anwendung der schweizerischen StPO, wie sie die Staatsanwaltschaft
Seite 5 — 8

Graubünden vorgenommen hat. Die überwiegende Anzahl der Kommentatoren
gehe von einer umfassenden Anwendbarkeit des neuen Rechts - somit auch für
die Kosten- und Entschädigungsfolgen - aus. Dies bedeute, dass die gesamten
Kosten des Verfahrens auf die Staatskasse zu nehmen und der Beschwerdegeg-
ner - sollte sein Anspruch auf Entschädigung zu bejahen sein - ausschliesslich aus
der Staatskasse zu entschädigen sei. Demgegenüber verweist die Staatsanwalt-
schaft auf die Lehrmeinung von Niklaus Schmid in der Monografie „Übergangs-
recht der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO)“, Zürich/St. Gallen 2010,
N. 363 ff.
a)
Vorab ist zu bestimmen, welches Verfahrensrecht im vorliegenden Fall zur
Anwendung gelangt und nach welcher Prozessordnung demzufolge die Kosten-
und Entschädigungsfolgen zu regeln sind. Dabei ist zu beachten, dass die beiden
Strafverfahren gemäss obigen Ausführungen korrekt vereinigt wurden und somit
derselben Prozessordnung unterliegen. Am 1. Januar 2011 ist die schweizerische
Strafprozessordnung in Kraft getreten. Deren Übergangsbestimmungen basieren
auf dem Grundsatz, die bisherigen Verfahrensordnungen von Bund und Kantonen
möglichst rasch durch die StPO zu ersetzen (Botschaft vom 21. Dezember 2005
zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1350 Ziff. 2.12.2.1). Art.
448 Abs. 1 StPO legt dementsprechend fest, dass Verfahren, die bei Inkrafttreten
der neuen StPO hängig sind, nach neuem Recht fortgeführt werden, es sei denn,
die nachfolgenden Bestimmungen sähen etwas anderes vor. Abweichende Best-
immungen im Sinne von Art. 448 Abs. 1 StPO enthalten insbesondere die Art. 450
und Art. 453 Abs. 1 StPO (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1B_278/2011 vom 13.
Januar 2012, E. 1.1). Die StPO regelt den Strafprozess abschliessend. Die Kanto-
ne können eigene (Ausführungs-) Bestimmungen nur erlassen, soweit sie dazu
vom Bundesrecht ermächtigt oder verpflichtet sind (vgl. Art. 445 StPO; dazu Fin-
gerhuth in: Donatsch/Hansjakob/Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Straf-
prozessordnung [StPO], Zürich 2010, N. 2 zu Art. 445 StPO). Im Bereich der Ver-
fahrenskosten sind die Regelungen der StPO grundsätzlich abschliessend.
b) Verfahrenskostenauflagen
beziehungsweise -entscheide fallen nicht unter
die Ausnahmeregelung von Art. 453 Abs. 1 StPO. Daher sind sie entsprechend
dem Grundsatz von Art. 448 Abs. 1 StPO zu entscheiden. Das bedeutet, dass die
Strafbehörden demnach seit dem 1. Januar 2011 ihre Forderungen aus Verfah-
renskosten mit Entschädigungsansprüchen der zahlungspflichtigen Partei aus
dem gleichen Strafverfahren gestützt auf Art. 442 Abs. 4 StPO verrechnen kön-
nen. Dies entspricht auch der Praxis des Bundesstrafgerichts (vgl. Urteil
BK.2011.0 vom 9. November 2011, E. 4). Daraus ist abzuleiten, dass sämtliche
Seite 6 — 8

Verfahrenskosten eines nach dem 1. Januar 2011 abgeschlossenen Verfahrens,
ob sie vor Inkrafttreten der schweizerischen StPO entstanden sind oder danach,
nach neuem Recht zu verteilen sind. Damit besteht entgegen der Auffassung der
Staatsanwaltschaft Graubünden kein Spielraum für eine Aufteilung der Verfah-
renskosten nach Entstehungszeitpunkt und entsprechend nach bündnerischer
StPO und schweizerischer StPO. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass Ni-
klaus Schmid eine andere Lehrmeinung vertritt, zumal die bundesgerichtliche Pra-
xis der Lehre vorgeht. Die Verfahrenskosten des vorliegend zu beurteilenden
Strafverfahrens sind daher ausschliesslich nach den Bestimmungen der schweize-
rischen StPO festzulegen. Eine Aufteilung und Auferlegung in der Art, wie sie die
Staatsanwaltschaft Graubünden vorgenommen hat, verstösst damit gegen Bun-
desrecht. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen, die Einstellungsverfügung der
Staatsanwaltschaft Graubünden vom 29. November 2011 im Umfang der Anfech-
tung aufzuheben und die Sache zur materiellen Beurteilung der Kosten- und Ent-
schädigungsfolge im Sinne der Erwägungen an die Staatsanwaltschaft Graubün-
den zurückzuweisen.
4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens gehen die Kosten des Beschwerde-
verfahrens zu Lasten des Kantons Graubünden (Art. 428 StPO). Die ausseramtli-
che Entschädigung richtet sich nach Art. 436 StPO. Analog zu Art. 436 Abs. 3
StPO ist auch bei einer Rückweisung nach einem Beschwerdeverfahren (Art. 397
Abs. 2 StPO) von einer Entschädigungspflicht gegenüber der obsiegenden Partei
auszugehen (vgl. Stefan Wehrenberg/Irene Bernhard in: Basler Kommentar,
Schweizerische Strafprozessordnung, a.a.O., N. 8 zu Art. 436). Im vorliegenden
Fall ist der anwaltliche Aufwand nicht mittels Kostennote ausgewiesen worden,
weshalb die Entschädigung des Beschwerdeführers nach Ermessen festzulegen
ist. Angesichts der zu beurteilenden Rechtsproblematik und der dazu verfassten
Rechtsschrift erscheint eine Entschädigung in Höhe von Fr. 1'200.-- einschliesslich
Barauslagen und Mehrwertsteuer als angemessen.
Seite 7 — 8

III. Demnach wird erkannt:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, die Ziffern 3.a), 4.b) und 5 der Einstel-
lungsverfügung der Staatsanwaltschaft Graubünden vom 29. November
2011 werden aufgehoben und die Sache wird zur neuen Entscheidung an
die Staatsanwaltschaft Graubünden zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 2'000.00 gehen zu Lasten
des Kantons Graubünden, der zudem den Beschwerdeführer ausseramtlich
mit Fr. 1'200.00 einschliesslich Mehrwertsteuer zu entschädigen hat.
3.
Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 78 ff. des Bundesgesetzes
vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG;
SR 173.110) Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht geführt
werden. Die Beschwerde ist dem Schweizerischen Bundesgericht, 1000
Lausanne 14, schriftlich innert 30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen
Ausfertigung der Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschrie-
benen Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimati-
on, die weiteren Voraussetzungen und das Verfahren der Beschwerde gel-
ten die Art. 29 ff., 78 ff. und 90 ff. BGG.
4. Mitteilung
an:

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