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Urteil Obergericht (BE)

Kopfdaten
Kanton:BE
Fallnummer:ZK 2017 387
Instanz:Obergericht
Abteilung:2. Zivilkammer
Obergericht Entscheid ZK 2017 387 vom 22.05.2019 (BE)
Datum:22.05.2019
Rechtskraft:Der Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Kindesrückführung gemäss HKÜ
Schlagwörter : Kindsvater; Kindsmutter; Betroffene; Betroffenen; Rückführung; Dänemark; Rechts; Schweiz; Gericht; Partei; Honorar; Kosten; Stellt; Kindes; Kinder; Würde; Amtliche; Kindsanhörung; Dezember; Rückführungsgesuch; Kanton; Kindsvertreter; Parteien; Liegen; Jahres; Rechtsanwältin
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 123 ZPO ; Art. 3 ZPO ; Art. 42 BGG ; Art. 8 MWSTG ;
Referenz BGE:131 III 334; 133 III 146; 133 III 694; 134 III 88; 141 III 560;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid
ZK 2017 387 - Kindesrückführung gemäss HKÜ
Obergericht
des Kantons Bern

2. Zivilkammer
Cour suprême
du canton de Berne

2e Chambre civile

Hochschulstrasse 17
Postfach
3001 Bern
Telefon +41 31 635 48 02
Fax +41 31 634 50 53
obergericht-zivil.bern@justice.be.ch
www.justice.be.ch/obergericht
Entscheid
ZK 17 387 Gesuch
ZK 17 463 Gesuch uR Kindsmutter
ZK 18 445 Gesuch uR Kindsvater
Bern, 13. Dezember 2018



Besetzung Oberrichter Hurni (Referent), Oberrichterin Grütter und Oberrichter D. Bähler
Gerichtsschreiberin Peng



Verfahrensbeteiligte A.________
vertreten durch Rechtsanwältin B.________
Gesuchsteller/Kindsvater
gegen
C.________
vertreten durch Fürsprech D.________
Gesuchsgegnerin/Kindsmutter
E.________
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. F.________
Betroffene 1
G.________
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. F.________
Betroffener 2



Gegenstand Kindsentführung

Rückführungsgesuch gemäss dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ)
Regeste:
Kindesrückführung gemäss HKÜ
Art. 3 Abs. 1 Bst. b und Art. 13 Abs. 1 Bst. a HKÜ: Vorrausetzungen, unter denen das Sorgerecht als tatsächlich ausgeübt gilt (E. 33).
Art. 12 Abs. 1 und Abs. 2 HKÜ: Beginn der Jahresfrist, wenn die Kinder in einen anderen Vertragsstaat verbracht werden (E. 34).
Art. 13 Abs. 1 Bst. b HKÜ: Voraussetzungen, unter denen eine schwerwiegende Gefahr körperlicher oder seelischer Schädigung besteht. Im vorliegenden Fall wäre die Rückführung der Kinder mit der akuten Gefahr einer Traumatisierung und damit eines seelischen Schadens verbunden (E. 35).
Art. 13 Abs. 2 HKÜ: Voraussetzungen, unter denen der Widerstand der Kinder gegen ihre Rückführung zu berücksichtigen ist. Ein Kind ist in der Regel ab 11 oder 12 Jahren anzuhören. Das Widersetzen muss mit nachvollziehbaren Gründen unterlegt und nachdrücklich sein. Wenn von zwei Geschwistern ein Kind in der Lage ist, sich gemäss Art. 13 Abs. 2 HKÜ der Rückführung zu widersetzen, und das andere Kind hierfür noch zu jung ist, muss für beide Kinder der gleiche Entscheid gefällt werden. Die Geschwister bilden eine Schicksalsgemeinschaft, weshalb sie zusammenbleiben müssen (E. 36).



Erwägungen:
I. Rahmensachverhalt und Prozessgeschichte
1.
1.1 C.________ (nachfolgend: Kindsmutter) und A.________ (nachfolgend: Kindsvater) sind verheiratet und haben drei gemeinsame Kinder, H.________, E.________ und G.________ (Gesuchsbeilagen). Der Kindsvater flüchtete ca. Ende des Jahres 2014 / Anfang des Jahres 2015 von Syrien nach Dänemark, wo sein Asylgesuch gutgeheissen wurde (vgl. Parteibefragung mit dem Kindsvater, pag. 361, Z. 6 f.). Im Juli 2015 reisten die Kindsmutter und die drei Kinder im Rahmen des Familiennachzugs zum Kindsvater nach Dänemark (edierte Akten des Staatssekretariats für Migration [SEM], Protokoll der Befragung zur Person vom 11. August 2016). Seit ihrer Ankunft in Dänemark lebte die Kindsmutter mit den drei Kindern getrennt vom Kindsvater (Parteibefragung mit dem Kindsvater, pag. 361, Z. 12; vgl. auch Parteibefragung mit der Kindsmutter, pag. 373, Z. 34-40). Ca. ein halbes Jahr nach der Einreise der Kindsmutter und der Kinder nach Dänemark entschied sich H.________, nicht mehr bei der Kindsmutter, sondern beim Kindsvater zu leben (Parteibefragung mit der Kindsmutter, pag. 379, Z. 18). Gemäss den dänischen Behörden besteht weiterhin die gemeinsame elterliche Sorge über die Kinder (edierte SEM-Akten, Schreiben der Staatsverwaltung vom 6. Februar 2017).
1.2 Am 31. Juli 2016 verliess die Kindsmutter mit E.________ und G.________ (nachfolgend: Betroffene) Dänemark und reiste am 1. August 2016 in die Schweiz ein. H.________ blieb bei seinem Vater in Dänemark. Am 2. August 2016 reichten die Kindsmutter und die Betroffenen ein Asylgesuch in der Schweiz ein (edierte SEM-Akten, E-Mail der dänischen Migrationsbehörde vom 15. September 2017 und Protokoll der Befragung zur Person vom 11. August 2016).
1.3 Am 26. März 2017 stellte die Kindsmutter im Kanton Obwalden Strafantrag gegen den Kindsvater wegen Drohung gemäss Art. 180 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB; SR 311) (edierte Akten der Staatsanwaltschaft Obwalden).
2. Der Kindsvater reichte mit Eingabe vom 27. Juli 2017 (Eingang beim Obergericht des Kantons Bern am 28. Juli 2017; pag. 1 ff.) via dänische Zentralbehörde ein Rückführungsgesuch gemäss dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ; SR 0.211.230.02) ein. Er verlangte die Rückführung der Betroffenen nach Dänemark (Verfahren ZK 17 387).
3. Am 8. September 2017 teilte Fürsprech D.________ dem Gericht mit, dass er die Kindsmutter im vorliegenden Verfahren vertrete. Zudem stellte er ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (abgekürzt: uR) für das Rückführungsverfahren (Verfahren ZK 17 463) (pag. 59 ff.).
4. Mit Verfügung vom 20. September 2017 trat das SEM auf die Asylgesuche der Kindsmutter und der Betroffenen nicht ein und ordnete deren Wegweisung an (edierte SEM-Akten).
5. Mit Eingabe vom 18. Oktober 2017 (pag. 73 ff.) nahm die Kindsmutter unaufgefordert zum Rückführungsgesuch Stellung. Sie legte ihrer Eingabe einen Bericht der Opferhilfe vom 17. Oktober 2017 bei. Die Kindsmutter führte aus, gemäss dem Bericht hätten die Betroffenen schon fast panische Angst vor einer Rückkehr nach Dänemark. Sie seien vom Vater geschlagen worden und hätten auch ihre Misshandlungen miterleben müssen. Der Bericht zeige zudem, dass die Betroffenen gut integriert seien. Sie würden über soziale Kontakte in der Schule verfügen und sprächen bereits sehr gut Deutsch. Schliesslich gehe aus dem Bericht hervor, dass der Hilferuf der Betroffenen von diesen ausgegangen und nicht etwa durch eine Nachfrage provoziert worden sei. Sie hätten sich im Wartebereich der Opferhilfe aufgehalten und spontan eine Mitarbeiterin um Hilfe gebeten. Eine gerichtliche Kindsanhörung sei im vorliegenden Fall notwendig.
6. Zu der Eingabe der Kindsmutter vom 18. Oktober 2017 nahm der Kindsvater, vertreten durch seinen dänischen Rechtsanwalt I.________, mit Eingabe vom 4. Dezember 2017 (pag. 87 ff.) Stellung. Er bestritt, dass er gegen die Kindsmutter und die Betroffenen gewalttätig gewesen sei und sie misshandelt habe. Weiter behauptete er, dass die Betroffenen keine Angst vor ihm hätten. Beim Beratungsgespräch bei der Opferhilfe seien sie durch ihre Mutter beeinflusst worden.
7. Gegen die Verfügung des SEM vom 20. September 2017 erhoben die Kindsmutter und die Betroffenen Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht wies diese mit Urteil vom 9. Februar 2018 (pag. 97 ff.) ab.
8. Am 29. Mai 2018 zog das SEM seine Verfügung vom 20. September 2017 auf politische Intervention hin in Wiedererwägung. Das nationale Asyl- und Wegweisungsverfahren betreffend die Kindsmutter und die Betroffenen wurde wieder aufgenommen (pag. 117a ff.). Es ist davon auszugehen, dass sie in der Schweiz bleiben können.
9. Mit Verfügung vom 29. Mai 2018 (pag. 119 ff.) wurde der Kindsvater aufgefordert, innert 20 Tagen einen Schweizer Anwalt und damit ein Zustellungsdomizil in der Schweiz zu bezeichnen. Das Bundesamt für Justiz (BJ) ersuchte in der Folge um Fristerstreckung für die Bezeichnung einer anwaltlichen Vertretung für den Kindsvater, welche bis am 6. Juli 2018 bewilligt wurde (pag. 127 ff.).
10. Mit Schreiben vom 15. Juni 2018 (pag. 125) bat der Instruktionsrichter beim SEM um Akteneinsicht in diejenigen Dokumente betreffend das Asylverfahren N 678 933, welche Informationen über die Umstände der Flucht in die Schweiz und die Beziehung der Kindsmutter zum Kindsvater enthielten sowie die Situation und den Willen der Betroffenen beträfen. Die entsprechenden Akten langten am 9. Juli 2018 beim Gericht ein (vgl. pag. 151 ff.).
11. Mit Schreiben vom 21. Juni 2018 (pag. 131) teilte Rechtsanwältin B.________ mit, dass sie den Kindsvater vertrete.
12.
12.1 Mit Verfügung vom 9. Juli 2018 (pag. 151 ff.) wurde den Betroffenen eine Kindsvertretung beigeordnet und Rechtsanwalt F.________ als Kindsvertreter bestimmt (Ziff. 1). Weiter wurden die Parteien aufgefordert, dem Gericht innert einer Frist von zehn Tagen mitzuteilen, ob sie bereit seien, eine Mediation anzugehen (Ziff. 2). Ausserdem wurden die edierten Akten des SEM in Kopie der Kindsmutter zugestellt. Sie wurde aufgefordert, innert zehn Tagen mitzuteilen, ob die entsprechenden Unterlagen dem Kindsvater sowie dem Kindsvertreter zugänglich gemacht werden dürften (Ziff. 3).
12.2 Der Kindsvertreter ersuchte um Fristerstreckung der ihm mit Verfügung vom 9. Juli 2018 angesetzten Frist, welche ihm bis am 26. Juli 2018 bewilligt wurde (pag. 163).
12.3 Mit Eingabe vom 16. Juli 2018 (pag. 165 ff.) teilte der Kindsvater dem Gericht mit, dass er bereit sei, eine Mediation anzugehen. Gleichzeitig stellte er in Aussicht, dass er ein uR-Gesuch stellen werde, sobald er die notwendigen Unterlagen dafür zusammengetragen habe.
12.4 Mit Eingabe vom 25. Juli 2018 (pag. 173 ff.) teilte der Kindsvertreter dem Gericht mit, dass sowohl die Kindsmutter als auch die beiden Betroffenen offenbar grosse Angst vor dem Kindsvater hätten und diesem unter keinen Umständen begegnen möchten. Dies hätten sie ihm anlässlich des Erstgesprächs vom 25. Juli 2018 bestätigt. Hinzu komme, dass die beiden Berichte des Kompetenzzentrums der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (abgekürzt: KJP) Oberland vom 1. Juni 2018 explizit festhielten, dass die beiden Betroffenen durch die vom Kindsvater ausgeübte familiäre Gewalt und durch die drohende Ausschaffung aus der Schweiz deutlich traumatisiert seien. Die leitende Ärztin des Kompetenzzentrums KJP Oberland habe anlässlich eines Telefongesprächs vom 18. Juli 2018 erklärt, dass für sie fraglich sei, ob eine Mediation in Anbetracht der konkreten Umstände überhaupt Sinn mache. In eine ähnliche Richtung ziele auch die Rückmeldung des involvierten Psychologen der Erziehungsberatung J.________, welcher am 19. Juli 2018 kundgetan habe, dass im vorliegenden Fall die Durchführung einer Mediation wohl eher keinen Sinn mache. Zusammenfassend kam der Kindsvertreter zum Schluss, dass vor diesem Hintergrund eine Mediation wohl eher nicht zielführend erscheine. Falls jedoch beide Eltern ernsthaft Bereitschaft signalisieren würden, eine Mediation durchführen zu wollen, so würde er sich nicht dagegen aussprechen.
12.1 Mit Eingabe vom 26. Juli 2018 (pag. 177 ff.) teilte die Kindsmutter dem Gericht mit, dass sie grundsätzlich nicht gegen eine Mediation eingestellt sei. Da die Betroffenen nicht nach Dänemark zurückkehren wollten, sehe sie jedoch nicht viel Raum für eine Mediation. Weiter sei sie damit einverstanden, dass die Akten des Asylverfahrens der Vertreterin des Kindsvaters zugestellt würden, wenn diese ihren Aufenthaltsort dem Kindsvater nicht bekannt gebe.
13. Mit Verfügung vom 7. August 2018 (pag. 199 ff.) stellte der Instruktionsrichter fest, dass kein übereinstimmender Wille zur Durchführung einer Mediation bestehe (Ziff. 1). Weiter wurde der Kindsvater aufgefordert, innert zehn Tagen eine nachgebesserte Version seines Rückführungsgesuchs einzureichen (Ziff. 6). Schliesslich wurden der Rechtsvertreterin des Kindsvaters und dem Kindsvertreter die beim SEM von Amtes wegen eingeholten Akten betreffend das Asylverfahren N 678 933 in Kopie zugestellt, ersterer unter der Auflage, den Aufenthaltsort der Kindsmutter dem Kindsvater nicht offenzulegen (Ziff. 7).
14. Mit Eingabe vom 20. August 2018 (pag. 211 ff.) reichte der Kindsvater eine nachgebesserte Version des Rückführungsgesuchs vom 27. Juli 2017 ein. Er stellte - unter Kosten- und Entschädigungsfolgen - den Antrag, die beiden Betroffenen seien nach Dänemark zurückzuführen. Weiter verlangte der Kindsvater die Anhörung der Betroffenen.
15. Mit Eingabe vom 21. August 2018 (pag. 219) teilte der Kindsvertreter dem Gericht mit, dass er nach einem ersten Gespräch mit den beiden Betroffenen zur vorläufigen Überzeugung gelangt sei, dass von einer Kindsanhörung im Falle von G.________ aufgrund seines Alters und insbesondere wegen seiner in den diversen Berichten festgehaltenen Belastungen derzeit besser abgesehen werden sollte. Mit E.________ habe jedoch ein konstruktiver Austausch stattfinden können. Vor diesem Hintergrund beantragte der Kindsvertreter die Anhörung von E.________. Aufgrund der Vorgeschichte erscheine es geboten, mit der Kindsanhörung eine Fachperson zu betrauen. Dies wäre umso stärker angezeigt, falls das Obergericht beide Betroffenen anhören möchte.
16. Mit Verfügung vom 30. August 2018 (pag. 207 ff.) ordnete der Instruktionsrichter die Anhörung der Betroffenen durch Dr. phil. K.________, Psychologin und Psychotherapeutin FSP, als Fachperson sowie durch ihn selbst an. Der Termin für die Kindsanhörung wurde auf den 12. September 2018 angesetzt.
17. Mit Verfügung vom 4. September 2018 (pag. 221 ff.) wurde der Kindsmutter das Recht zur uR erteilt, unter Beiordnung von Fürsprech D.________ (Ziff. 6). Weiter ordnete der Instruktionsrichter eine Gesuchsverhandlung an. Der Termin für die Verhandlung wurde auf den 13. Dezember 2018 festgesetzt (Ziff. 7).
18. Mit Eingabe vom 11. September 2018 reichte der Kindsvater ein uR-Gesuch für das Rückführungsverfahren ein (Verfahren ZK 18 445).
19. Am 12. September 2018 fand die Anhörung der Betroffenen statt (pag. 237 ff.).
20. Mit Eingabe vom 17. September 2018 (pag. 261 ff.) nahm die Kindsmutter zum nachgebesserten Rückführungsgesuch Stellung. Sie verlangte die kosten- und entschädigungsfällige Abweisung des Rückführungsgesuchs.
21. Mit Eingabe vom 20. September 2018 (pag. 271 ff.) nahm der Kindsvertreter zum nachgebesserten Rückführungsgesuch Stellung. Er verlangte, dass der Antrag des Kindsvaters auf Rückführung der beiden betroffenen und in der Schweiz lebenden sowie integrierten Kinder nach Dänemark - unter Kosten- und Entschädigungsfolgen - abzuweisen sei.
22. Mit Entscheid vom 16. Oktober 2018 (pag. 315 ff.) wurde dem Kindsvater die uR für das Rückführungsverfahren gewährt. Rechtsanwältin B.________ wurde rückwirkend per 14. Juni 2018 als unentgeltliche Rechtsbeiständin des Kindsvaters bestellt.
23. Der Instruktionsrichter edierte die Akten AK 010 17 903/CWI der Staatsanwaltschaft Obwalden, welche am 21. November 2018 beim Obergericht eingingen. Sie wurden in Kopie dem Kindsvater und dem Kindsvertreter zur Kenntnisnahme zugestellt (pag. 343 ff.).
24.
24.1 Die Gesuchsverhandlung fand am 13. Dezember 2018 statt. Die Parteien bestätigten ihre Rechtsbegehren (pag. 353 ff.). Auf Nachfrage hin erklärten sie zudem, dass sie keine formellen Einwände gegen die Prozessführung hätten (pag. 389).
24.2 Die Urteilsberatung erfolgte nach Schluss der Parteiverhandlungen. Die Parteien verzichteten auf die Teilnahme an der Entscheidberatung und der Entscheideröffnung. Der Entscheid wurde den Parteien am gleichen Tag telefonisch mitgeteilt.
II. Formelles
1.
1.1 Nach Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über internationale Kindesentführung und die Haager Übereinkommen zum Schutz von Kindern und Erwachsenen (BG-KKE; SR 211.222.32) ist das obere Gericht des Kantons, in dem sich das Kind im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs aufhält, als einzige Instanz zuständig für die Beurteilung von Rückführungsgesuchen, einschliesslich der Massnahmen zum Schutz von Kindern.
1.2 Die Betroffenen wohnen mit der Kindsmutter im Kanton Bern, weshalb die Zivilkammern des Obergerichts des Kantons Bern zur Beurteilung des vorliegenden Rückführungsgesuchs zuständig sind (Art. 4 Abs. 1 der Zivilprozessordnung [ZPO; SR 272] i.V.m. Art. 28 Abs. 1 Bst. f des Organisationsreglements des Obergerichts [OrR OG; BSG 162.11]). Die Entscheidfindung erfolgt in Dreierbesetzung (Art. 3 ZPO i.V.m. Art. 45 Abs. 1 des Gesetzes über die Organisation der Gerichtsbehörden und der Staatsanwaltschaft [GSOG; BSG 161.1]).
2. Über das Gesuch ist im summarischen Verfahren zu befinden (Art. 8 Abs. 2 BG-KKE; Art. 302 Abs. 1 Bst. a ZPO).
3. Die weiteren Prozessvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf das Gesuch ist einzutreten.
III. Parteistandpunkte
1. Vorbringen des Kindsvaters
1.1 Der Kindsvater beantragt die Rückführung der Betroffenen nach Dänemark. Er macht in seinem nachgebesserten Rückführungsgesuch geltend, dass die Jahresfrist gemäss Art. 12 HKÜ mit Eingang des Rückführungsantrags am 28. Juli 2017 beim Obergericht gewahrt worden sei. Für den Beginn der Jahresfrist sei der Zeitpunkt massgebend, ab welchem ein widerrechtliches Zurückbehalten i.S.v. Art. 3 Abs. 1 Bst. a HKÜ vorliege. Dieses widerrechtliche Zurückbehalten sei vorliegend frühestens ab der Ausreise der Kindsmutter aus Dänemark am 31. Juli 2016 und spätestens ab der Einreichung des Asylgesuchs in der Schweiz am 2. August 2016 «vollendet» gewesen. Zwar habe er seit dem 26. Juli 2016 keinen Kontakt mehr zur Kindsmutter gehabt bzw. habe sie nicht mehr erreichen können. Dies stelle jedoch noch kein widerrechtliches Zurückbehalten dar. Es sei der Kindsmutter gestattet gewesen, sich ohne Rückmeldung beim Kindsvater mit den Betroffenen in Dänemark aufzuhalten. Die Betroffenen seien lediglich jede zweite Woche bei ihm gewesen. Sein letztes Besuchswochenende habe er vom 22. bis 24. Juli 2016 gehabt.
1.2 Weiter bringt der Kindsvater vor, dass unbestritten sei, dass die Betroffenen ohne seine Einwilligung in die Schweiz gebracht worden seien. Es lägen auch keine Gründe vor, welche einer Rückführung nach Dänemark entgegenstehen würden. Die Kindsmutter habe zwar behauptet, dass die Betroffenen (und auch sie) von ihm geschlagen worden seien. Er bestreite diese Vorwürfe jedoch vehement. In diesem Zusammenhang verweist der Kindsvater auf das Protokoll zur Ehetrennungsverhandlung vom 24. November 2015 (edierte Akten der Staatsanwaltschaft Obwalden), wonach die Kindsmutter ausgesagt habe, dass die Kinder nicht geschlagen worden seien. Zudem sei gemäss der Vereinbarung vom Februar 2016 sein Besuchsrecht aufgestockt worden. Dies spreche gegen Gewalt gegen die Betroffenen. Für die Beurteilung des Rückführungsgesuchs spiele dies aber gar keine Rolle. Dänemark sei in der Lage, die Familie zu schützen. Der Ausschlussgrund von Art. 13 Abs. 1 Bst. b HKÜ sei damit von vornherein nicht erfüllt. Es dürfe nicht vergessen werden, dass das HKÜ kein opferrechtliches Schutzinstrumentarium sei.
1.3 Zur Kindsanhörung vom 12. September 2018 (pag. 233 ff.) macht der Kindsvater geltend, dass unbestritten sei, dass E.________ einen autonomen Willen bilden könne. Bei G.________ sei dies ebenso klar nicht der Fall. Die beiden Kinder müsse jedoch das gleiche Schicksal ereilen. Sie dürften nicht getrennt werden. E.________ habe ausgesagt, dass sie unbedingt bei ihrer Mutter bleiben möchte. Ob dies in Dänemark oder der Schweiz sei, sei nicht so wichtig (pag. 243). Für E.________ wäre Dänemark damit auch eine Option. In diese Aussage könne hineininterpretiert werden, dass E.________ ihren Vater sehen möchte. Ein Widersetzen gegen die Rückführung liege damit seitens von E.________ nicht vor.
1.4 Abschliessend weist der Kindsvater darauf hin, dass Dänemark die Kindsmutter wieder aufnehmen würde. Die Betroffenen müssten damit nicht alleine nach Dänemark zurückreisen.
2. Vorbringen der Kindsmutter
2.1 Die Kindsmutter bestreitet, dass das Rückführungsgesuch innerhalb der Jahresfrist eingereicht worden sei. Bei der Festlegung des fristauslösenden Datums sei vom Zeitpunkt auszugehen, ab dem der Kindsvater nicht mehr in der Lage gewesen sei, sie oder die Betroffenen zu erreichen. Anlässlich der Parteibefragung habe der Kindsvater ausgesagt, dass die Betroffenen ihm bereits vor der Verhandlung vom 16. Juli 2016 vorenthalten worden seien (pag. 363, Z. 41-44; pag. 365, Z. 1-6). Der Eingang des Rückführungsgesuchs beim Obergericht am 28. Juli 2017 sei damit erst nach Ablauf der Jahresfrist erfolgt. Da die Jahresfrist nicht eingehalten worden sei, sei zu prüfen, ob sich die Betroffenen in ihre neue Umgebung eingelebt hätten. Dies sei zu bejahen.
2.2 Zum Ausschlussgrund von Art. 13 Abs. 1 Bst. b HKÜ führt die Kindsmutter aus, dass in Dänemark nur «pro forma» Schutzmassnahmen für die Familie ergriffen worden seien. Die Gemeinde habe sie an die Polizei verwiesen und umgekehrt. Dänemark habe sie und die Betroffenen nicht effektiv vor der Gewalt des Kindsvaters geschützt.
2.3 Zur Kindsanhörung vom 12. September 2018 (pag. 233 ff.) bringt die Kindsmutter vor, diese habe gezeigt, dass die Betroffenen Angst vor dem Kindsvater hätten. Sie habe ihre Kinder nicht instrumentalisiert. So zeige beispielsweise der Bericht der Opferhilfe vom 17. Oktober 2017 (Beilage zur Eingabe der Kindsmutter vom 18. Oktober 2017), dass die Betroffenen von sich aus Hilfe bei einer Mitarbeiterin der Opferhilfe geholt hätten. E.________ sei genug alt, um sich der Rückführung widersetzen zu können. G.________ sei dafür noch zu jung.
3. Vorbringen des Kindsvertreters
3.1 Vorab stellt der Kindsvertreter in Frage, ob überhaupt der sachliche Anwendungsbereich des HKÜ erfüllt sei. Das HKÜ sei auf binationale Ehen zugeschnitten (Botschaft vom 24. November 1982 betreffend die Ratifikation von zwei internationalen Übereinkommen, die dazu dienen, Fälle internationaler Entführung von Kindern durch einen Elternteil oder eine dem Kind nahestehende Person zu lösen, BBl 1983 I 102). Vorliegend liege kein solcher Fall vor.
3.2 Weiter führt der Kindsvertreter zu Art. 3 Abs. 1 Bst. b HKÜ aus, dass der Kindsvater sein Sorgerecht weder in Syrien noch erst recht nicht in Dänemark tatsächlich ausgeübt habe. Damit sei der Ausschlussgrund von Art. 13 Abs. 1 Bst. a HKÜ erfüllt. Dem HKÜ gehe es nicht in erster Linie darum, formale Rechtspositionen zu schützen, sondern es sollten die emotionalen und sozialen Lebensumstände des Kindes bewahrt werden. Bei der Beurteilung, ob das Sorgerecht tatsächlich ausgeübt worden sei, sei deshalb zu berücksichtigen, ob aus der Sicht des Kindes eine emotionale Bindung zum zurückbleibenden Elternteil bestehe. Dies sei im vorliegenden Fall zu verneinen.
3.3 Der Kindsvertreter bringt ausserdem vor, dass auch der Ausschlussgrund von Art. 13 Abs. 1 Bst. b HKÜ erfüllt sei. Die Rückgabe wäre aufgrund der schweren und durch die Fachberichte und die Kindsanhörung festgestellten Traumata mit einer schwerwiegenden Gefahr, insbesondere eines seelischen (psychischen) Schadens, für die beiden Betroffenen verbunden. Zudem würden bei einer Rückgabe nicht nur die Betroffenen, sondern auch ihre primäre Bezugsperson, die Kindsmutter, einer erheblichen Retraumatisierungsgefahr ausgesetzt werden. Dies würde sich wiederum äusserst abträglich auf das Kindswohl auswirken.
3.4 Als Hauptargument macht der Kindsvertreter schliesslich geltend, dass die Voraussetzungen von Art 13 Abs. 2 HKÜ gegeben seien. Die Betroffenen hätten sich der Rückgabe mit nachvollziehbaren sowie sachlichen Gründen widersetzt. Sie hätten ein Alter und eine Reife erreicht, angesichts deren es angebracht erscheine, ihre Meinung zu berücksichtigen. Auch wenn G.________ das Regelalter noch nicht ganz erreicht habe, sei seine konstante und mit Nachdruck geäusserte Willensäusserung (Widersetzung der Rückgabe) in Würdigung der Gesamtumstände des vorliegenden Einzelfalls - insbesondere der Vorgeschichte sowie der familiären Beziehungen und der Fachberichte sowie seiner Kindsanhörung - dahingehend zu berücksichtigen, dass auch eine Rückgabe von ihm nicht in Frage kommen könne.
IV. Materielles
1. Vorbemerkungen
1.1 Ziel des HKÜ ist es, die sofortige Rückgabe widerrechtlich in einen Vertragsstaat verbrachter oder dort zurückgehaltener Kinder sicherzustellen und zu gewährleisten, dass das in einem Vertragsstaat bestehende Sorge- und Besuchsrecht in den anderen Vertragsstaaten tatsächlich beachtet wird (Art. 1 HKÜ). Dieser sachliche Anwendungsbereich des HKÜ ist im konkreten Fall erfüllt. Entgegen der Vorbringen des Kindsvertreters spielt es keine Rolle, dass es vorliegend nicht um eine binationale Ehe geht.
1.2 Beim Rückführungsentscheid ist weder über die elterliche Sorge noch über die Obhut zu befinden. Vielmehr bleibt die betreffende Entscheidung dem Richter im Herkunftsland vorbehalten (Art. 16 und Art. 19 HKÜ). Alleiniges Thema des Rückführungsverfahrens ist die Prüfung der Voraussetzungen für die Rückführung. Wenn diese gegeben sind, muss die Rückführung ohne materielle Prüfung angeordnet werden, soweit nicht ausnahmsweise einer der eng gefassten Ausschlussgründe gegeben ist (BGE 133 III 146 E. 2.4 S. 149).
2. Ausgangslage
2.1 Zwischen den Parteien ist unbestritten, dass die Betroffenen ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Dänemark hatten und den Eltern im Zeitpunkt des Verbringens das gemeinsame Sorgerecht zustand, weshalb Art. 3 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 5 HKÜ erfüllt ist.
2.2 Kernthemen des vorliegenden Rückführungsverfahrens bilden die Frage der tatsächlichen Ausübung des Sorgerechts durch den Kindsvater gemäss Art. 3 Abs. 1 Bst. b HKÜ und der damit zusammenhängende spiegelbildliche Ausschlussgrund von Art. 13 Abs. 1 Bst. a HKÜ, die Frage der Einhaltung der Jahresfrist gemäss Art. 12 Abs. 1 und Abs. 2 HKÜ, die Frage der schwerwiegenden Gefahr i.S.v. Art. 13 Abs. 1 Bst. b HKÜ und schliesslich die Frage des Widersetzens der Betroffenen i.S.v. Art. 13 Abs. 2 HKÜ.
3. Tatsächliche Ausübung des Sorgerechts (Art. 3 Abs. 1 Bst. b und Art. 13 Abs. 1 Bst. a HKÜ)
3.1 Das HKÜ verlangt, dass das Sorgerecht im Zeitpunkt der Entführung allein oder gemeinsam tatsächlich ausgeübt wurde oder ausgeübt worden wäre, falls dieser Vorfall nicht stattgefunden hätte (Art. 3 Abs. 1 Bst. b HKÜ).
3.2 Diese Voraussetzung ist grosszügig zu bejahen. Sie gilt bereits als erfüllt, wenn der (Mit-)Inhaber des Sorgerechts ein Rückführungsgesuch einreicht. Das angerufene Gericht braucht diesbezüglich keine Überprüfungen vorzunehmen, ausser wenn es offensichtlich erscheint, dass die gesuchstellende Person in Tat und Wahrheit bereits auf ihr Sorgerecht verzichtet hat. Im Bestreitungsfall hat der sich einer Rückgabe widersetzende Elternteil die Nichtausübung des Sorgerechts geltend zu machen und dafür den Beweis gemäss Art. 13 Abs. 1 HKÜ zu erbringen. Die in dieser Vorschrift vorgesehenen Ausnahmen von der Rückführung werden restriktiv ausgelegt, weil der entführende Elternteil aus seinem gesetzeswidrigen Verhalten keinerlei Vorteile erzielen soll. Die tatsächliche Nichtausübung des Sorgerechts i.S.v. Art. 13 Abs. 1 Bst. a HKÜ kann nur anerkannt werden, wenn sich klar ergibt, dass sich der (Mit-)Inhaber des Sorgerechts nicht um seine Kinder gekümmert und auf die Ausübung seines Rechts verzichtet hat. Regelmässige Kontakte genügen, um diesen Ablehnungsgrund zurückzuweisen (BGE 133 III 694 E. 2.2.1 S. 699 mit Hinweisen = Pra 2008 Nr. 79 S. 525). Faktisch ist die verlangte tatsächliche Ausübung des Sorgerechts damit auf die Wahrnehmung des Besuchsrechts limitiert.
3.3 Vorliegend ist unbestritten, dass der Kindsvater sein Besuchsrecht in Dänemark ausgeübt und die Betroffenen regelmässig gesehen hat. Auch kurz vor der Ausreise aus Dänemark waren die Betroffenen noch beim Kindsvater, was aus seiner Aussage anlässlich der Hauptverhandlung hervorgeht (pag. 363, Z. 41-44; pag. 365, Z. 1-6). Für das Gericht ist aus diesen Gründen erstellt, dass der Kindsvater sein (Mit-)Sorgerecht vor der Abreise der Betroffenen tatsächlich und regelmässig ausgeübt hat. Die Voraussetzungen der widerrechtlichen Verbringung der Betroffenen i.S.v. Art. 3 HKÜ sind demnach erfüllt und der Rückgabeverweigerungsgrund gemäss Art. 13 Abs. 1 Bst. a HKÜ liegt nicht vor.
4. Einhaltung der Jahresfrist (Art. 12 Abs. 1 und Abs. 2 HKÜ)
4.1 Ist ein Kind im Sinn von Art. 3 HKÜ widerrechtlich verbracht oder zurückgehalten worden und ist bei Eingang des Antrags beim Gericht eine Frist von weniger als einem Jahr seit dem Verbringen oder Zurückhalten verstrichen, so ordnet das zuständige Gericht die sofortige Rückgabe des Kindes an (Art. 12 Abs. 1 HKÜ). Wenn der Antrag erst nach Ablauf der in Art. 12 Abs. 1 HKÜ bezeichneten Jahresfrist eingegangen ist, so ordnet das Gericht die Rückgabe des Kindes ebenfalls an, sofern nicht erwiesen ist, dass das Kind sich in seine neue Umgebung eingelebt hat (Art. 12 Abs. 2 HKÜ).
4.2 Umstritten ist im Zusammenhang mit der Jahresfrist von Art. 12 HKÜ, wann die Frist zu laufen begonnen hat. Die Kindsmutter geht bei der Festlegung des fristauslösenden Datums vom Zeitpunkt aus, ab dem der Kindsvater nicht mehr in der Lage gewesen sei, sie oder die Betroffenen zu erreichen. Dies sei bereits vor dem 16. Juli 2016 der Fall gewesen. Demgegenüber stellt der Kindsvater auf das Datum der Ausreise aus Dänemark bzw. auf das Datum der Einreichung des Asylgesuchs in der Schweiz ab. Das HKÜ enthält für diese Frage eine Regelung, welche nach den üblichen Grundsätzen vertragsautonom auszulegen ist.
4.3 Beim Entscheid, mit welchem Ereignis die Jahresfrist beginnen soll, ist zu differenzieren, ob das Kind in einen anderen Vertragsstaat verbracht oder dort zurückbehalten wurde. Wenn der entführende Elternteil das Kind zunächst innerhalb des Herkunftsstaats versteckt hält und die Staatsgrenze erst im Nachhinein überschreitet, beginnt die Frist - entgegen der Meinung der Kindsmutter - noch nicht zu laufen. Im Hinblick darauf, dass es sich beim HKÜ um ein internationales Übereinkommen handelt und der Anwendungsbereich deshalb nur bei Vorliegen eines grenzüberschreitenden Sachverhalts eröffnet ist, beginnt die Jahresfrist beim Verbringen ausser Landes. Dies hat zur Folge, dass Entführungshandlungen innerhalb des Herkunftsstaats für die Fristberechnung nicht massgebend sind (Lucie Mazenauer, Internationale Kindesentführungen und Rückführungen - Eine Analyse im Lichte des Kindeswohls, 2012, Rz. 176 ff.)
4.4 Überqueren der entführende Elternteil und das Kind mehrere Staatsgrenzen, bis sie in den Verbringerstaat einreisen, ist nach dem Wortlaut von Art. 12 Abs. 1 HKÜ für den Beginn der Jahresfrist im Prinzip der Moment massgebend, in dem die Grenze vom Herkunftsstaat in einen anderen Staat überschritten wurde. Wenn als Ausgangspunkt für die Auslegung die Perspektive des Kindes eingenommen wird und wenn darüber hinaus die Interessen des zurückbleibenden Elternteils miteinbezogen werden, darf die Jahresfrist in diesen Fällen aber dennoch erst mit der Einreise in den Staat beginnen, in welchem das Rückführungsgesuch eingereicht wurde. Ausschlaggebend ist einerseits, dass nur bei dieser Rechnung das Jahr mit dem Zeitraum übereinstimmt, den das Kind in einem Staat verbracht hat und den es effektiv nutzen konnte, um sich einzuleben. Andererseits hat der zurückbleibende Elternteil bei dieser Variante ein Jahr Zeit, um das Kind zu finden und ein Rückführungsgesuch einzureichen. Schliesslich wird dem entführenden Elternteil auf diese Weise die Möglichkeit genommen, durch einen Wechsel der Staaten die Jahresfrist zu umgehen (Mazenauer, a.a.O., Rz. 180).
4.5 Die Kindsmutter reiste mit den Betroffenen am 1. August 2016 in die Schweiz ein (E. 1.2 oben), womit auch die Jahresfrist zu laufen begann. Es ist unbestritten, dass das Rückführungsgesuch am 28. Juli 2017 beim Obergericht eingetroffen ist (E. 2 oben). Damit ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass die Jahresfrist gemäss Art. 12 HKÜ gewahrt ist. Bei diesem Ergebnis ist auf die Frage des Einlebens der Betroffenen i.S.v. Art. 12 Abs. 2 HKÜ nicht näher einzugehen.
5. Schwerwiegende Gefahr für das Kind (Art. 13 Abs. 1 Bst. b HKÜ)
5.1 Allgemeines
5.1.1 Das Gericht ist nicht zur Rückgabe des Kindes verpflichtet, wenn die Person, welche sich der Rückführung des Kindes widersetzt, nachweist, dass die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringt (Art. 13 Abs. 1 Bst. b HKÜ).
5.1.2 Nach der konstanten und in verschiedenen Urteilen (namentlich Urteil des Bundesgerichts 5A_840/2011 vom 13. Januar 2012 E. 3.1; 5A_913/2010 vom 4. Februar 2011 E. 5.1; je mit zahlreichen Hinweisen) zusammengefassten bundesgerichtlichen Rechtsprechung besteht eine schwerwiegende Gefahr körperlicher oder seelischer Schädigung i.S.v. Art. 13 Abs. 1 Bst. b HKÜ beispielsweise bei einer Rückführung in ein Kriegs- oder Seuchengebiet. Eine solche Gefahr liegt aber auch vor, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Kind nach der Rückgabe misshandelt oder missbraucht wird und nicht zu erwarten ist, dass die zuständigen Behörden des Herkunftsstaats gegen die Gefährdung erfolgreich einschreiten. Keine schwerwiegende Gefahr seelischer Schädigung begründen anfängliche Sprach- und Reintegrationsschwierigkeiten, welche sich bei Kindern ab einem gewissen Alter mehr oder weniger zwangsläufig ergeben. Weiter geht es im Rückführungsverfahren nicht um materiellrechtliche Fragen, wie sie für die Zuteilung des Sorgerechts massgebend sind, namentlich bei welchem Elternteil oder in welchem Land das Kind besser aufgehoben oder welcher Elternteil zur Betreuung und Erziehung besser geeignet wäre. Nach dem System des HKÜ ist der Entscheid darüber dem Sachrichter des Herkunftsstaats vorbehalten (vgl. Art. 16 und Art. 19 HKÜ; vgl. auch E. 31.2 oben). Was das Zusammenspiel zwischen Grundsatz und Ausnahme angeht, besteht in der Rechtsprechung ein allgemeiner Konsens, wonach die Ausschlussgründe eng auszulegen und bei Art. 13 Abs. 1 Bst. b HKÜ nur wirkliche Gefahren zu beachten sind.
5.2 Häusliche Gewalt
Die von der Kindsmutter und von den Betroffenen geäusserten Behauptungen, wonach der Kindsvater die Betroffenen geschlagen habe, sind ernst zu nehmen. Ob der Kindsvater tatsächlich Gewalt gegen die Betroffenen angewandt hat, kann im vorliegenden Fall jedoch offenbleiben. Wie der Kindsvater zutreffend geltend macht, verfügt Dänemark über einen funktionierenden Polizei- und Justizapparat. Deshalb sprechen vorliegend keine Gründe dafür, dass dort keine wirksame und funktionierende Infrastruktur zum Schutz gegen häusliche Gewalt zur Verfügung steht. Es ergeben sich aus den Akten auch keine Hinweise dafür, dass die staatliche Schutzinfrastruktur der Kindsmutter und den Betroffenen in der Vergangenheit nicht zugänglich gewesen wäre resp. für diese in Zukunft nicht erhältlich wäre oder die dänischen Behörden nicht willens sein könnten, ihnen Schutz vor allfälligen Übergriffen durch den Kindsvater zu gewähren und zu diesem Zweck konkrete und geeignete Massnahmen zu treffen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts D_5395/2017 vom 9. Februar 2018 E. 5.1.2, pag. 111). Diesbezüglich ist den Akten zu entnehmen, dass die Kindsmutter und die Betroffenen nach der Einreise den dänischen Behörden gegenüber das Begehren geäussert haben, nicht mit dem Kindsvater zusammenleben zu wollen, weshalb sie durch Vermittlung der lokalen dänischen Behörden in einem speziellen Center für verletzliche Frauen platziert worden sind (edierte SEM-Akten, E-Mail der dänischen Migrationsbehörde vom 15. September 2017). Die Kindsmutter führte ausserdem anlässlich der Gesuchsverhandlung vom 13. Dezember 2018 aus, dass sie sich mehrmals an die dänische Polizei gewandt habe, weil sie sich durch den Kindsvater bedroht gefühlt habe. Dabei habe sie Ratschläge von der Polizei erhalten (pag. 375, Z. 17-20 und Z. 40-46). Gemäss den Akten lief zudem vor den dänischen Behörden ein Ehetrennungsverfahren (edierte Akten der Staatsanwaltschaft Obwalden). Es ist dementsprechend festzustellen, dass die dänischen Behörden Kenntnis von den bestehenden familiären Schwierigkeiten haben und nach geäusserten Drohungen und Befürchtungen jeweils entsprechende Schritte unternommen haben. Somit wären der Kindsmutter und den Betroffenen zuzumuten, sich im Bedarfsfall erneut an die dänischen Behörden zu wenden und diese um Schutz zu ersuchen. Diesbezüglich spielt es keine Rolle, dass die Kindsmutter sich subjektiv durch die dänischen Behörden nicht genügend geschützt gefühlt hat. Es gibt keine konkreten Indizien dafür, dass die dänischen Behörden gegen eine allfällige Misshandlung der Betroffenen nicht erfolgreich eingeschritten wären oder einschreiten würden.
5.3 Traumatisierung
5.3.1 Der Kindsvertreter vertritt die Auffassung, dass Art. 13 Abs. 1 Bst. b HKÜ erfüllt sei, weil die Rückgabe aufgrund der diversen Traumatisierungen der Betroffenen mit der schwerwiegenden Gefahr eines seelischen (psychischen) Schadens für sie verbunden wäre. Er verweist diesbezüglich auf den Fachbericht der Erziehungsberatung J.________ vom 5. April 2018 (edierte SEM-Akten), die beiden Kurzgutachten des Kompetenzzentrums KJP Oberland vom 1. Juni 2018 (pag. 181 ff.) sowie die Kindsanhörung vom 12. September 2018 (pag. 237 ff.).
5.3.2 Im Fachbericht der Erziehungsberatung J.________ vom 5. April 2018 (edierte SEM-Akten) wird ausgeführt, dass E.________ im Zusammenhang mit der drohenden Rückführung nach Dänemark Suizidabsichten geäussert und G.________ regressives Verhalten gezeigt habe. Der Alltag der Familie sei geprägt von der Angst vor der Rückführung. Aufgrund der durch die Familie erlebten Bedrohung müsse bei einer Rückführung nach Dänemark davon ausgegangen werden, dass auch diese eine Traumatisierung der Familie darstelle. Dabei sei die objektive Bedrohungslage nicht ausschlaggebend für die psychische Reaktion, sondern deren subjektive Einschätzung durch die Kindsmutter und die Betroffenen. Die Familie habe Dänemark nicht als sicheren Ort, der sie vor der Bedrohung durch den Kindsvater schütze, wahrgenommen. Es sei hinreichend belegt, dass bei zunehmender Anzahl Traumata die Wahrscheinlichkeit für und der Schweregrad von psychischen Störungen zunehme. Eine erneute Traumatisierung sei vor dem Hintergrund der schon bestehenden psychischen Schwierigkeiten nicht zu verantworten. Aus diesen Gründen kommt der Bericht zum Schluss, dass von einer Rückführung der Familie nach Dänemark aus kinderpsychologischer Sicht aufgrund des hohen Risikos einer massiven Entwicklungsgefährdung dringend abzuraten sei. Demgegenüber würde der Verbleib der Familie in der Schweiz die Bearbeitung der bisherigen Traumata ermöglichen und damit die Entwicklung der Betroffenen fördern.
5.3.3 Dem Kurzgutachten des Kompetenzzentrums KJP Oberland vom 1. Juni 2018 betreffend E.________ (pag. 181 ff.) ist zu entnehmen, dass der Kindsvater, welcher in Dänemark lebe, der Kindsmutter den Tod angedroht habe. Die Kindsmutter und die Betroffenen seien dadurch hochgradig verstört. Inzwischen sei die Kindsmutter in psychotherapeutische Behandlung. E.________ habe gesagt, sie habe grosse Angst davor, dass sie und ihre Familie nach Dänemark zurückreisen müssten. Zu Hause könne sie sich kaum auf die Hausaufgaben konzentrieren, weil sie immer in Angst sei. Sie schlafe sehr schlecht und habe jede Nacht Albträume. Sie würde unbedingt versuchen, zu verhindern, dass sie und ihre Familie nach Dänemark zurückreisen müssten. Sie würde weglaufen und sich verstecken. Im Kurzgutachten wird weiter festgestellt, es sei in der Untersuchungssituation und bei einer geplanten Spielsequenz deutlich geworden, dass E.________ in ihrer psychischen Entfaltung behindert sei. Sie könne kaum unbeschwert sein und altersentsprechende Verhaltensweisen zeigen und entwickeln. Zum Psychostatus von E.________ wird festgehalten, dass ihre Stimmung gedrückt sei. Sie weine, wenn sie vom Kindsvater oder von Dänemark spreche. E.________ verneine Suizidgedanken, -absichten oder -pläne. Das Kurzgutachten kommt zum Schluss, dass E.________ unter einer wiederholten und anhaltenden Traumatisierung leide. Sie sei wahrscheinlich durch Kriegserlebnisse in Syrien, durch die vom Kindsvater ausgeübte familiäre Gewalt und durch die drohende Ausreise aus der Schweiz traumatisiert. E.________ sei in der Schweiz glücklich, wenn sie nicht befürchten müsse, dass der Kindsvater komme und sie abhole. Sie habe keine positive, vertrauensvolle Beziehung zu ihrem Vater und leide nicht unter der Trennung von ihm. Im Gegenteil sei für sie ein Leben ohne den Kindsvater wünschenswert. E.________ habe Angst, dass sie in Dänemark nicht vor dem Zugriff des Kindsvaters geschützt und dass sie dort seinen gewalttätigen Übergriffen ausgeliefert wäre. Ganz besonders fürchte sie, dass der Kindsvater die Kindsmutter töten würde, wie dieser das mehrmals angedroht habe. E.________ habe auch keine positive Beziehung zu ihrem älteren Bruder H.________, welcher auf der Seite des Vaters zu stehen scheine. Sie vermisse ihn überhaupt nicht und möchte ihn auch nicht wieder sehen, geschweige denn mit ihm zusammenleben. E.________ befürchte, dass H.________ sie schlagen würde, wie er dies schon früher getan habe. Die diversen Traumatisierungen und die permanente Angst würden sich negativ auf die psychosoziale Entwicklung von E.________ auswirken. Sie könne ihr Potential nicht ausschöpfen und unbeschwert wie Gleichaltrige leben und die anstehenden Entwicklungsschritte bewältigen. Als Hauptdiagnose stellt das Kurzgutachten sonstige Reaktionen auf eine schwere Belastung (ICD-10: F43.8) bei E.________ fest.
5.3.4 Das Kurzgutachten vom Kompetenzzentrum KJP Oberland vom 1. Juni 2018 betreffend G.________ (pag. 187 ff.) bestätigt die vorstehenden Erläuterungen und hält in Ergänzung dazu fest, G.________ sage, er habe grosse Angst davor, dass er und seine Familie nach Dänemark zurückreisen müssten. Er müsse immer daran denken, was passieren könnte. Er schlafe sehr schlecht und habe jede Nacht Albträume. Ausserdem müsse er immer darauf achten, dass niemand käme, um ihn und seine Familie abzuholen. Weiter ist dem Kurzgutachten zu entnehmen, es werde deutlich, dass G.________ in seiner psychischen Entfaltung behindert sei. Er habe zwei Bilder gemalt, in denen er die Schweiz märchenhaft schön und sich selber weinend dargestellt habe. Ausserdem zeige er kein Interesse am freien Spiel mit Lego oder Playmobil oder an Regelspielen. Zum Psychostatus von G.________ wird festgestellt, dass seine Stimmung gedrückt sei. Es kämen ihm die Tränen, wenn er vom Kindsvater oder von Dänemark spreche. Das Kurzgutachten kommt zum Schluss, dass G.________ unter einer wiederholten und anhaltenden Traumatisierung leide. Er sei möglicherweise durch Kriegserlebnisse in Syrien, durch die vom Kindsvater ausgeübte familiäre Gewalt und durch die drohende Ausreise aus der Schweiz traumatisiert. G.________ sei in der Schweiz glücklich, wenn er nicht befürchten müsse, dass der Kindsvater oder die Polizei komme und die Familie abhole. Er habe keine positive, vertrauensvolle Beziehung zu seinem Vater und leide nicht unter der Trennung von ihm. Im Gegenteil erscheine ihm nur ein Leben ohne den Kindsvater positiv. G.________ habe Angst, dass er in Dänemark nicht vor dem Zugriff seines Vaters geschützt und dass er dort seinen gewalttätigen Übergriffen ausgeliefert wäre. Ganz besonders fürchte er, dass der Kindsvater die Kindsmutter töten würde, wie dieser das mehrmals angedroht habe. G.________ habe auch keine positive Beziehung zu seinem älteren Bruder H.________, welcher auf der Seite des Kindsvaters zu stehen scheine. Er vermisse ihn überhaupt nicht und möchte ihn auch nicht wieder sehen, geschweige denn mit ihm zusammenleben. G.________ befürchte, dass H.________ ihn ebenso wie der Kindsvater schlagen würde. Die diversen Traumatisierungen und die permanente Angst würden sich negativ auf die psychosoziale Entwicklung von G.________ auswirken. Er könne nicht unbeschwert wie gleichaltrige Kinder spielen und die anstehenden Entwicklungsschritte bewältigen. Als Hauptdiagnose stellt das Kurzgutachten bei G.________ sonstige Reaktionen auf eine schwere Belastung (ICD-10: F43.8) fest.
5.3.5 An der Kindsanhörung vom 12. September 2018 (pag. 237 ff.) hat sich die Beurteilung bestätigt, welche der Fachbericht der Erziehungsberatung und die beiden Kurzgutachten des Kompetenzzentrum KJP Oberland betreffend die Betroffenen abgegeben haben. Aus den Aussagen der Betroffenen wurde ersichtlich, dass sie Dänemark nicht als sicheren Ort wahrgenommen haben, der sie vor der Bedrohung durch ihren Vater schützt (pag. 241 und pag. 245). E.________ gab an, dass sie manchmal in der Nacht träume, dass ihr Vater in die Schweiz komme. Dann habe sie Angst (pag. 239). E.________ äusserte sogar Suizidabsichten für den Fall, dass sie nach Dänemark zurückgeführt wird (pag. 241). Sie zeigte authentische Panik und Verzweiflung beim Gedanken daran, wieder nach Dänemark zurückreisen zu müssen und dem Kindsvater wieder ausgesetzt zu werden. Das Auslöschen des eigenen Lebens schien die einzige Strategie zu sein, welche sie sich bei einer allfälligen Rückführung nach Dänemark vorstellen könnte. E.________ musste anlässlich der Kindsanhörung oft nach Worten suchen. Es wurde spürbar, dass sie unter normalen Umständen besser Deutsch spricht und dass die Anhörung vor Gericht sie stark belastete. Anstelle der verbalen Benennung von traumatischen Erinnerungen sprach E.________ mit ihren Tränen, begleitet von einer starken psychomotorischen Unruhe. G.________ gab ebenfalls an, dass er Albträume wegen seinem Vater habe (pag. 243). Sein Verhalten anlässlich der Anhörung war vergleichbar mit dem seiner Schwester. Er wirkte verzweifelt und panisch beim Gedanken daran, mit dem Kindsvater konfrontiert zu werden. Anlässlich der Kindsanhörung wurde offensichtlich, dass die Betroffenen traumatisiert sind.
5.3.6 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Rückführung der Betroffenen nach Dänemark mit der akuten Gefahr einer Traumatisierung und damit eines seelischen Schadens verbunden wäre. Die objektive Bedrohungslage ist dabei nicht ausschlaggebend für die psychische Reaktion, sondern deren subjektive Einschätzung durch die Betroffenen. Es kommt hinzu, dass E.________ Suizidabsichten für den Fall geäussert hat, dass sie nach Dänemark zurückkehren müsste. Schliesslich würden bei einer Rückführung nicht nur die Betroffenen, sondern auch ihre primäre Bezugsperson, die Kindsmutter, einer erheblichen Retraumatisierungsgefahr ausgesetzt werden. Dies würde sich wiederum äussert abträglich auf das Kindeswohl auswirken. Der Ausschlussgrund von Art. 13 Abs. 1 Bst. b HKÜ ist damit erfüllt.
6. Widersetzen des Kindes (Art. 13 Abs. 2 HKÜ)
6.1 Die Kindsmutter und der Kindsvertreter machen geltend, dass neben dem Ausschlussgrund von Art. 13 Abs. 1 Bst. b HKÜ auch der Ausschlussgrund von Art. 13 Abs. 2 HKÜ erfüllt sei. Im Sinne einer Eventualbegründung ist dieser Rückführungsverweigerungsgrund nachfolgend ebenfalls zu prüfen, obwohl das Gericht in den vorstehenden Erwägungen (E. 35 oben) bereits zum Schluss gekommen ist, dass die Rückführung nach Dänemark gestützt auf Art. 13 Abs. 1 Bst. b HKÜ verweigert werden kann. Gemäss Art. 13 Abs. 2 HKÜ kann von einer Rückführung abgesehen werden, wenn festgestellt wird, dass sich das Kind einer Rückgabe widersetzt und es ein Alter und eine Reife erreicht hat, die eine Berücksichtigung seiner Meinung als angebracht erscheinen lassen.
6.2 Die publizierte bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Ausschlussgrund von Art. 13 Abs. 2 HKÜ lautet wie folgt: Das HKÜ legt keine bestimmte Alterslimite fest, ab wann ein Widersetzen des Kindes berücksichtigt werden kann. In der Lehre werden Mindestalter zwischen 10 und 14 Jahren gefordert (für Nachweise vgl. BGE 133 III 146 E. 2.3 S. 148 f.; 131 III 334 E. 5.2 S. 340). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die erforderliche Reife i.S.v. Art. 13 Abs. 2 HKÜ erreicht, wenn das Kind zu autonomer Willensbildung fähig ist, d.h. wenn es seine eigene Situation erkennen und trotz der äusseren Einflüsse bezüglich der Rückführung eine eigene Meinung bilden kann (BGE 131 III 334 E. 5.1 S. 339 f.). Zudem muss das Kind den Sinn und die Problematik des anstehenden Rückführungsentscheids verstehen können. Dies heisst, dass es insbesondere erkennen können muss, dass es nicht um das Sorgerecht oder die Obhut, sondern vorerst nur um die Wiederherstellung des aufenthaltsrechtlichen Status quo ante geht und sodann im Herkunftsland über die materiellen Fragen entschieden wird (BGE 133 III 146 E. 2.4 S. 149 f.). Gestützt auf die einschlägige kinderpsychologische Literatur geht das Bundesgericht davon aus, dass die erwähnten Voraussetzungen grundsätzlich ab ungefähr elf bis zwölf Jahren erfüllt sind (BGE 133 III 146 E. 2.4 S. 150). Es darf jedoch auch der aktenkundig geäusserte Wille eines etwas jüngeren Kindes nicht einfach ausgeblendet werden. Das Gericht hat sich vielmehr damit auseinanderzusetzen. Es ist aber in jedem Fall Voraussetzung, dass der geäusserte Kindeswillen, damit er die Basis für den eigenständigen Ausschlussgrund von Art. 13 Abs. 2 HKÜ bilden kann, autonom entstanden ist. Selbstverständlich erfolgt jede Willensbildung nicht komplett losgelöst von äusserer Beeinflussung, schon gar nicht bei kleineren Kindern (vgl. BGE 131 III 334 E. 5.1 S. 340). Der Kindeswille darf aber nicht auf einer eigentlichen Manipulation oder Indoktrination gründen. Es lässt sich dort nämlich nicht mehr von einem dem Kind zurechenbaren autonomen Willen sprechen, wo es lediglich die Ansicht seiner momentanen Bezugsperson wiedergibt. Vor diesem Hintergrund ist die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu verstehen, wonach das Widersetzen des Kindes gemäss Art. 13 Abs. 2 HKÜ mit einem gewissen Nachdruck und mit nachvollziehbaren Gründen vertreten werden muss (vgl. BGE 134 III 88 E. 4 S. 91; nicht beanstandet im Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Rouiller gegen Schweiz vom 22. Juli 2014). Zusammenfassend ist i.S. einer Richtlinie bei Kindern ab ungefähr elf bis zwölf Jahren eine den Ausschlussgrund von Art. 13 Abs. 2 HKÜ begründende Willensbildungsfähigkeit zu vermuten, wobei der Wille mit einem gewissen Nachdruck und nachvollziehbaren Gründen geäussert werden muss und nicht auf elterlicher Manipulation beruhen darf.
6.3 Anlässlich der Kindsanhörung vom 12. September 2018 (pag. 237 ff.) sagte E.________ aus, dass sie in der Schweiz bleiben und nicht mit ihrem älteren Bruder zusammenleben möchte. Auf die Frage von Dr. phil. K.________, was sie machen würde, wenn sie nach Dänemark zurückgehen müsste, antwortete E.________, dass sie dann in die Berge gehen und sich hinunterstürzen würde. Sie wünsche sich vom Gericht, dass sie nicht nach Dänemark gehen müsse und dass sie mit ihrer Mutter in der Schweiz bleiben könne. Auf die Frage von Dr. phil K.________, ob die Albträume aufhören würden, wenn sie in der Schweiz bleiben könne, bejahte dies E.________. Auf die Frage hin, ob sie noch etwas sagen möchte, erklärte E.________, dass sie unbedingt bei ihrer Mutter bleiben möchte. Es sei nicht so wichtig, ob dies in Dänemark oder der Schweiz sei. Lieber würde sie aber in der Schweiz bleiben. Ihr Vater könne sie hier nicht schlagen. Im Verlauf der Kindsanhörung von G.________ erzählte dieser, dass er sich vom Gericht wünsche, dass er mit seiner Mutter und seiner Schwester in der Schweiz bleiben und nicht nach Dänemark zurückkehren müsse.
6.4 Aus der Kindsanhörung geht somit hervor, dass sich beide Kinder gegen eine Rückführung nach Dänemark aussprechen. Soweit der Kindsvater geltend macht, dass Dänemark für E.________ auch eine Option wäre und in ihre Aussagen hineininterpretiert werden könne, dass sie ihn sehen möchte (Schlussvortrag von Rechtsanwältin B.________, pag. 383), geht seine Argumentation fehl. Es trifft zwar zu, dass E.________ ausgesagt hat, dass sie unbedingt bei ihrer Mutter bleiben möchte und dass es nicht so wichtig sei, ob dies in Dänemark oder der Schweiz sei. Gleichzeitig hat sie aber auch erklärt, dass sie lieber in der Schweiz bleiben möchte (E. 36.3 oben). Diese Aussage zeigt, dass die grösste Angst von E.________ darin besteht, dass sie von ihrer Mutter getrennt wird. Sie hat sich jedoch auch klar gegen eine Rückführung nach Dänemark ausgesprochen. Mit anderen Worten bedeutet ihre Aussage, dass die Trennung von ihrer Mutter für sie schlimmer wäre als die Rückführung nach Dänemark, vor welcher sie sich aber ebenfalls fürchtet. Wie gross auch ihre Angst vor einer Rückreise nach Dänemark ist, zeigen die in diesem Zusammenhang geäusserten Suizidabsichten (vgl. E. 36.3 oben). Die Rückführung nach Dänemark ist damit keineswegs eine Option für E.________.
6.5 Anlässlich der Kindsanhörung fiel dem Gericht auf, dass E.________ in ihrer körperlichen Entwicklung eher rückständig wirkt. Kognitiv scheint sie altersentsprechend entwickelt zu sein. Der Kindsvater anerkennt, dass die im Moment der Kindsanhörung knapp 13-jährige E.________ ein Alter erreicht hat, in welchem ein Kind grundsätzlich zu autonomer Willensbildung fähig und insofern dem geäusserten Kindeswillen Beachtung zu schenken ist (Schlussvortrag von Rechtsanwältin B.________, pag. 383). Auf der anderen Seite ist unbestritten, dass der 9-jährige G.________ noch nicht in der Lage ist, seinen Willen autonom zu bilden (Schlussvorträge der Parteien, pag. 383 ff.). Es wird jedoch auch vom Kindsvater anerkannt, dass die Geschwister im Rahmen der Rechtsfindung im Rückführungsverfahren nicht isoliert voneinander betrachtet werden können. Die Geschwister bilden eine Schicksalsgemeinschaft, weshalb sie zusammenbleiben müssen (Schlussvortrag von Rechtsanwältin B.________, pag. 383).
6.6 Nachfolgend ist deshalb im Rahmen der durch das Bundesgericht aufgestellten Voraussetzungen im Zusammenhang mit dem Ausschlussgrund von Art. 13 Abs. 2 HKÜ noch zu prüfen, ob E.________ ihren Willen mit einem gewissen Nachdruck und nachvollziehbaren Gründen geäussert hat und ob er nicht auf elterlicher Manipulation beruht. E.________ sprach sich sowohl gegenüber der Erziehungsberatung J.________ und dem Kompetenzzentrum KJP Oberland als auch anlässlich der Kindsanhörung durch das Obergericht entschieden und konstant gegen eine Rückführung nach Dänemark aus. Ihr Wille, zusammen mit der Kindsmutter und ihrem jüngeren Bruder in der Schweiz zu bleiben, ist damit hinreichend intensiv und stabil. Mit anderen Worten hat E.________ ihren Willen mit einem gewissen Nachdruck kundgetan. Wie der Fachbericht der Erziehungsberatung J.________, das Kurzgutachten des Kompetenzzentrums KJP Oberland und die Kindsanhörung zeigen, fühlt sich E.________ subjektiv stark durch den Kindsvater bedroht (E. 35.3 oben). Sie möchte deshalb so viel räumliche Distanz wie möglich zwischen sich und ihn bringen. Ausserdem lebte E.________ nur ca. ein Jahr in Dänemark (E. 1.1 und E. 1.2 oben). Für sie stellt sich also nicht die Frage, ob sie in ihr Heimatland zurückkehren, sondern ob sie an einen fremden Ort zurückreisen möchte. Es liegen damit nachvollziehbare Gründe vor, weswegen sich E.________ für einen Verbleib in der Schweiz ausspricht. Ausserdem haben weder der Fachbericht der Erziehungsberatung J.________ und das Kurzgutachten des Kompetenzzentrums KJP Oberland noch die Kindsanhörung irgendwelche Hinweise ergeben, wonach die Willensäusserungen von E.________ durch die Kindsmutter manipuliert wurden. Anlässlich der Kindsanhörung ergab sich die Glaubhaftigkeit und Nachvollziehbarkeit ihrer inhaltlichen Aussagen aus der anschaulichen Darstellung von Gewaltvorkommnissen und der Kongruenz ihres körperlichen und affektiven Ausdrucks. Im Übrigen zeigt der Bericht der Opferhilfe vom 17. Oktober 2017, dass die Betroffenen von sich aus Hilfe bei einer Mitarbeiterin der Opferhilfe geholt haben (E. 5 oben). Dies spricht ebenfalls gegen die Instrumentalisierung durch die Kindsmutter.
6.7 All das Gesagte deutet auf einen eigenen und festen Willen von E.________ hin, im Staat des Verbringens bleiben zu dürfen, welchen es bei einem kognitiv altersentsprechend entwickelten knapp 13-jährigen Mädchens im Rahmen von Art. 13 Abs. 2 HKÜ zu berücksichtigen gilt. Weil G.________ eine Schicksalsgemeinschaft mit seiner Schwester bildet, kann für ihn nicht ein anderer Entscheid gefällt werden als für sie. Die Geschwister müssen zusammenbleiben.
7. Fazit
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Verbringen der Betroffenen in die Schweiz widerrechtlich gewesen ist, aber die Ausschlussgründe von Art. 13 Abs. 1 Bst. b HKÜ und von Art. 13 Abs. 2 HKÜ gegeben sind. Wenn ein Ausschlussgrund erfüllt ist, führt dies - ungeachtet der «offenen Kann-Formulierung» - grundsätzlich dazu, dass Abstand vom Rückführungsgesuch genommen wird (Urteil des Bundesgerichts 5A_475/2018 vom 9. Juli 2018 E. 4.5). Das Gesuch des Kindsvaters um Rückführung der Betroffenen nach Dänemark ist folglich abzuweisen.
V. Kosten
1. Allgemeines
1.1 Gemäss Art. 26 Abs. 2 HKÜ erheben die zentralen Behörden und andere Behörden der Vertragsstaaten für die nach diesem Übereinkommen gestellten Anträge keine Gebühren. Insbesondere dürfen sie von der antragstellenden Person weder die Bezahlung von Verfahrenskosten noch der Kosten verlangen, die gegebenenfalls durch die Beiordnung eines Rechtsanwalts entstehen. Dänemark hat jedoch einen Vorbehalt nach Art. 26 Abs. 3 und Art. 42 Abs. 1 HKÜ erklärt, wonach es die Kosten für das Rückführungsverfahren und für die Beiordnung eines Rechtsanwalts nur insoweit übernimmt, als diese durch sein System der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsberatung gedeckt sind. Nach dem Grundsatz der Reziprozität wendet die Schweiz diesen Vorbehalt auf Rückführungsanträge von Personen aus Dänemark ebenfalls an. Es wurden sowohl der Kindsmutter als auch dem Kindsvater die uR für das Rückführungsverfahren gewährt (E. 17 und E. 22 oben).
1.2 Wenn das Verfahren nicht kostenlos ist, kommen die allgemeinen Grundsätze zum Tragen.
1.3 Weil das Rückführungsgesuch abzuweisen ist, wird der Kindsvater kostenpflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Er hat somit unter Vorbehalt der uR die Gerichtskosten zu tragen und der Kindsmutter eine angemessene Parteientschädigung zu entrichten.
2. Gerichtskosten
2.1 Die Gerichtskosten beinhalten die Kostenpauschale für das Verfahren vor Obergericht, die Kosten der eingesetzten Fachperson für die Anhörung von CHF 530.00, die Kosten der beiden Übersetzer von insgesamt CHF 796.80 (pag. 397 ff.) sowie die Kosten des Kindsvertreters der Betroffenen.
2.2 Rechtsanwalt F.________ macht in seiner Honorarnote vom 13. Dezember 2018 (pag. 393) eine Entschädigung von CHF 5‘942.35 (Honorar CHF 5‘400.00; Auslagen CHF 117.50; Mehrwertsteuer CHF 424.85) geltend. Er beziffert seinen Zeitaufwand auf 27 Stunden und wendet von sich aus den korrekten Tarif für die Entschädigung von Kindesvertretern mit Anwaltspatent von CHF 200.00 pro Stunde an (vgl. Beschluss der Zivilabteilung des Obergerichts des Kantons Bern vom 27. August 2015). Der geltend gemachte Aufwand von 27 Stunden und die geltend gemachten Auslagen von CHF 117.50 erscheinen angemessen.
2.3 Die Gerichtskosten werden demensprechend auf CHF 11‘269.15 (Gerichtskostenpauschale CHF 4‘000.00; Kosten Kindsanhörung CHF 530.00; Kosten Übersetzer CHF 796.80; Kosten Kindsvertretung CHF 5‘942.35) bestimmt und dem Kindsvater auferlegt. Sie gehen jedoch vorläufig zulasten des Kantons Bern. Der Kindsvater ist zur Nachzahlung verpflichtet, sobald er dazu in der Lage ist (Art. 123 ZPO).
3. Parteientschädigung der Kindsmutter
3.1 Für die Kindsmutter macht Fürsprech D.________ in seiner Kostennote vom 31. Dezember 2017 (pag. 407 ff.) eine Parteientschädigung von CHF 1‘020.51 (Honorar CHF 919.92; Auslagen CHF 25.00; Mehrwertsteuer 8 % CHF 75.59) und in seiner Kostennote vom 13. Dezember 2018 (pag. 411 ff.) eine Parteientschädigung von CHF 4‘298.41 (Honorar CHF 3‘840.00; Auslagen CHF 151.10; Mehrwertsteuer 7.7 % CHF 307.31) geltend. Er beziffert seinen Zeitaufwand auf insgesamt 19.833 Stunden und wendet einen Tarif von CHF 240.00 pro Stunde an.
3.2 Ausgehend von einer nicht vermögensrechtlichen Streitwert ergibt sich für das vorliegende Verfahren ein erstinstanzlicher Honorarrahmen von CHF 400.00 bis CHF 11‘800.00 (Art. 5 Abs. 2 der Parteikostenverordnung [PKV; BSG 168.811]). Das Rückführungsverfahren ist eine Summarsache (E. 26 oben), in der das Honorar 30 bis 60 Prozent des erstinstanzlichen (Normal-)Honorars beträgt (Art. 5 Abs. 3 PKV). Somit ergibt sich eine Spanne von CHF 120.00 bis CHF 7‘080.00. Innerhalb des Rahmentarifs bemisst sich die Parteientschädigung nach dem in der Sache gebotenen Zeitaufwand, der Bedeutung der Streitsache und der Schwierigkeit des Prozesses (Art. 41 Abs. 3 des Kantonalen Anwaltsgesetzes [KAG; BSG 168.11]). Das von Fürsprech D.________ geltend gemachte Honorar von insgesamt CHF 4‘759.92 entspricht einem Ausschöpfungsgrad von knapp über 65 %. Dies erscheint angemessen.
3.3 Weiter verrechnet Fürsprech D.________ Auslagen im Wert von insgesamt CHF 176.10. Er macht u.a. 128 Kopien à CHF 0.50 geltend. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Infrastrukturkosten im Honoraransatz eingerechnet sind und nicht unter den Begriff der Auslagen fallen. Als Infrastrukturkosten gelten beispielsweise - neben Büro- und Verbrauchsmaterial - die Kosten der gesetzlich vorgeschriebenen Doppel und der üblichen Partei- und Orientierungsdoppel der eigenen Rechtsschriften und sonstigen Rechtsvorkehren des Anwalts (Kreisschreiben Nr. 15 des Obergerichts des Kantons Bern vom 25. November 2016 [abgekürzt: KS Nr. 15], Ziff. 3.3; abrufbar unter www.justice.be.ch > Die Justiz > Zivilgerichtsbarkeit > Downloads & Publikationen). Die Kopien der Beilagen gelten hingegen nicht als Infrastrukturkosten (Hans Brunner, Das Tarif- und Moderationswesen, in: Standesrechtlicher Lehrgang, 1986, S. 168). Durch den Abzug der gesetzlich vorgeschriebenen Doppel und der üblichen Partei- und Orientierungsdoppel der Rechtsschriften und der sonstigen Rechtsvorkehren von Fürsprech D.________ wird in der Kostennote vom 31. Dezember 2017 die Anzahl der Kopien von 22 auf 15 und in der Kostennote vom 13. Dezember 2018 von 106 auf 78 reduziert. Kopien können mit CHF 0.40 in Rechnung gestellt werden (KS Nr. 15, Ziff. 3.3). Somit beläuft sich der Aufwand für die Kopien in der Kostennote vom 31. Dezember 2017 auf CHF 6.00 und in der Kostennote vom 13. Dezember 2018 auf CHF 31.20. Die übrigen Auslagen erscheinen angemessen. In der Kostennote vom 31. Dezember 2017 betragen diese CHF 14.00 und in der Kostennote vom 13. Dezember 2018 CHF 98.10.
3.4 Zusammenfassend ergibt sich, dass gemäss der Honorarnote vom 31. Dezember 2017 eine Parteientschädigung von CHF 1‘015.12 (Honorar CHF 919.92; Auslagen CHF 20.00; Mehrwertsteuer 8 % CHF 75.20) und gemäss der Honorarnote vom 13. Dezember 2018 eine Parteientschädigung von CHF 4‘274.95 (Honorar CHF 3‘840.00; Auslagen CHF 129.30; Mehrwertsteuer 7.7 % CHF 305.65) als angemessen erscheinen. Der Kindsvater wird verpflichtet, der Kindsmutter insgesamt eine Parteientschädigung, bestimmt auf von CHF 5‘290.07 (gerundet: CHF 5‘290.05; inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer), zu bezahlen.
3.5 Weil dem Kindsvater das Recht auf uR gewährt wird, gilt die zugesprochene Parteientschädigung der Kindsmutter als klar uneinbringlich. Der Kindsmutter wurde die uR ebenfalls bewilligt. Der Stundenansatz für die amtliche Entschädigung beträgt CHF 200.00 (Art. 1 der Verordnung über die Entschädigung der amtlichen Anwältinnen und Anwälte [EAV; BSG 168.711]). Zufolge Uneinbringlichkeit der Parteientschädigung gemäss E. 40.4 wird das amtliche Honorar von Fürsprech D.________ wie folgt bestimmt:


Im Umfang der Zahlung dieses amtlichen Honorars geht der Anspruch auf den Kanton Bern über (Art. 122 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Subsidiär dazu hat die Kindsmutter dem Kanton Bern das ausgerichtete amtliche Honorar zurückzuzahlen, sobald sie dazu in der Lage ist. Schliesslich hat die Kindsmutter Fürsprech D.________ die Differenz zwischen dem amtlichen und dem vollen Honorar zu erstatten, sobald sie dazu in der Lage ist (Art. 123 ZPO und Art. 42a KAG).
4. Amtliche Entschädigung von Rechtsanwältin B.________
4.1 Der Kanton Bern hat aufgrund der dem Kindsvater erteilten uR Rechtsanwältin B.________ eine angemessene amtliche Entschädigung auszurichten (Art. 122 Abs. 1 Bst. a ZPO). Rechtsanwältin B.________ verlangt in ihrer Kostennote vom 20. Dezember 2018 (pag. 419 ff.) eine Entschädigung von CHF 6‘562.75 (Honorar CHF 5‘875.05; Auslagen CHF 218.50; Mehrwertsteuer CHF 469.20). Hinzu kommt noch das Übersetzerhonorar von CHF 174.05 für eine Besprechung mit dem Kindsvater am 12. Dezember 2018 (pag. 447 ff.). Rechtsanwältin B.________ beziffert ihren Zeitaufwand auf 23.5 Stunden und verlangt einen Stundenansatz von CHF 250.00. Gemäss den Ausführungen unter E. 40.2 oben resultiert damit ein Ausschöpfungsgrad des Honorarrahmens von knapp unter 85 %. Dies erscheint angemessen.
4.2 Der Stundenansatz für die amtliche Entschädigung beträgt CHF 200.00 (E. 40.5 oben). Damit resultiert ein amtliches Honorar von CHF 4‘700.00.
4.3 Rechtsanwältin B.________ macht in ihrer Kostennote eine Mehrwertsteuer von CHF 469.20 geltend. Diesbezüglich wird darauf hingewiesen, dass im Rahmen einer privaten anwaltlichen Vertretung an einen ausländischen Empfänger erbrachte Dienstleistungen nicht der Inlandsteuer unterliegen (Art. 8 Abs. 1 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 des Mehrwertsteuergesetzes [MWSTG; SR 641.20]). Auf dem entsprechenden Anwaltshonorar inkl. Auslagen ist somit keine Mehrwertsteuer zuzusprechen, wenn die vertretene Partei - wie vorliegend der Kindsvater - Wohnsitz im Ausland hat. Etwas anderes gilt, wenn der Partei mit Wohnsitz im Ausland im Rahmen der uR ein amtlicher Anwalt gemäss Art. 118 Abs. 1 Bst. c ZPO zugeordnet wurde. In diesem Fall steht dem amtlichen Anwalt ein Entschädigungsanspruch gegenüber dem Staat zu. Der Staat gibt dem amtlichen Anwalt den Auftrag, die uR-Partei zu vertreten. In einem solchen Verhältnis muss der (schweizerische) Staat als Empfänger der Leistung i.S.v. Art. 8 Abs. 1 MWSTG angesehen werden, was heisst, dass ein Inlanddomizil besteht. Bei einer amtlichen Vertretung ist somit die Mehrwertsteuer auch dann zu entschädigen, wenn die vertretene Partei im Ausland wohnt (BGE 141 III 560 E. 3.2 und E. 3.3 S. 561 ff. = Pra 2016 Nr. 74 S. 690). Im Rahmen der Festsetzung des vollen Honorar und des nachforderbaren Betrags gemäss Art. 123 ZPO und Art. 42 a KAG ist jedoch keine Mehrwertsteuer zuzusprechen.
4.4 Das amtliche Honorar von Rechtsanwältin B.________ wird damit wie folgt bestimmt:

Der Kindsvater hat dem Kanton Bern das ausgerichtete amtliche Honorar zurückzuzahlen und Rechtsanwältin B.________ die Differenz zwischen dem amtlichen und dem vollen Honorar zu erstatten, sobald er dazu in der Lage ist (Art. 123 ZPO und Art. 42a KAG).
5. Reise- und Aufenthaltskosten des Kindsvaters
5.1 Rechtsanwältin B.________ macht für den Gesuchsteller mit ihrer Eingabe vom 20. Dezember 2018 (pag. 417 ff.) Reisekosten von CHF 145.15, Übernachtungskosten von 396.00 und Verpflegungskosten von CHF 83.40 geltend. Sie weist darauf hin, dass der Kindsvater zusammen mit einem Bekannten mit dessen Auto in die Schweiz gereist sei, damit sich die beiden beim Fahren abwechseln hätten können. Mit Eingabe vom 29. Januar 2019 (pag. 439 ff.) liess Rechtsanwältin B.________ dem Gericht weitere Belege über Auslagen zukommen, welche dem Kindsvater im Zusammenhang mit der Teilnahme an der Gesuchsverhandlung entstanden seien. Es handelt sich dabei um Reisekosten in der Höhe von CHF 77.75 (EUR 68.94 zum Kurs von 1.1278) und CHF 35.42 sowie Verpflegungskosten in der Höhe von CHF 11.70 (EUR 10.36 zum Kurs von 1.1290), CHF 31.00, CHF 4.00 (EUR 3.54 zum Kurs von 1.1290), CHF 8.55 (EUR 7.56 zum Kurs von 1.1290) und CHF 10.60.
5.2 Das Gericht hat auf den 13. Dezember 2018 eine Verhandlung angesetzt und beide Parteien zum persönlichen Erscheinen verpflichtet (pag. 223). Kindesentführungsangelegenheiten betreffen häufig komplexe und nicht geklärte Familiensituationen, in denen zur Lösungsfindung die Anwesenheit beider Elternteile an der Gerichtsverhandlung erwünscht ist. Dies entspricht den Intentionen des Gesetzgebers. Damit entstehen aber bei den im Ausland wohnenden gesuchstellenden Elternteilen Reise- und Aufenthaltskosten, die sie bei Bedürftigkeit nicht selbst aufbringen können. Um den ordnungsgemässen Ablauf des Verfahrens zu gewährleisten und mangels anderweitiger Finanzierungsmöglichkeiten kommt das Gericht nicht umhin, diese Begleitkosten im Rahmen der uR zu übernehmen.
5.3 Bei den Übernachtungskosten in der Höhe von CHF 396.00 fällt auf, dass der Kindsvater während seinem Aufenthalt in der Schweiz vom 11. bis. 14. Dezember 2018 jeweils ein Zimmer für zwei Personen bezahlt hat (vgl. pag. 425 und pag. 431 ff.). Auch aus den Belegen für die Verpflegungskosten geht hervor, dass für zwei Personen Spesen geltend gemacht werden (pag. 429, pag. 441 und pag. 445). Es ist davon auszugehen, dass es sich bei der zweiten Person um den Bekannten des Kindsvaters handelt, mit welchem er gemeinsam mit dessen Auto in die Schweiz gereist ist, damit sie sich beim Fahren abwechseln können. Dadurch konnten die Reisekosten gering gehalten werden. Ausserdem haben der Kindsvater und sein Bekannter in einem Hostel übernachtet und sich auch bescheiden verpflegt. Weil sich damit die gesamten Reise- und Aufenthaltskosten in Grenzen halten, können auch die Spesen für die zweite Person übernommen werden.
5.4 Die vom Kanton Bern an den Kindsvater auszurichtenden Reise- und Aufenthaltskosten werden gestützt auf die eingereichten Belege auf CHF 803.55 (Reisekosten CHF 258.32 [gerundet: CHF 258.30]; Übernachtungskosten CHF 396.00; Verpflegungskosten CHF 149.25) bestimmt. Dieser Betrag ist an Rechtsanwältin B.________ zu überweisen. Der Kindsvater ist zur Nachzahlung verpflichtet, sobald er dazu in der Lage ist (Art. 123 ZPO).
Die Kammer entscheidet:
1. Das Rückführungsgesuch wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten, bestimmt auf CHF 11‘269.15 (Gerichtskostenpauschale CHF 4‘000.00; Kosten Kindsanhörung CHF 530.00; Kosten Übersetzer CHF 796.80; Kosten Kindsvertretung CHF 5‘942.35), werden dem Kindsvater auferlegt, gehen jedoch vorläufig zulasten des Kantons Bern. Der Kindsvater ist zur Nachzahlung verpflichtet, sobald er dazu in der Lage ist (Art. 123 ZPO).
3. Der Kindsvater wird verpflichtet, der Kindsmutter eine Parteientschädigung, bestimmt auf CHF 5‘290.05 (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer), zu bezahlen.
4. Zufolge Uneinbringlichkeit der Parteientschädigung gemäss Ziff. 3 wird das amtliche Honorar von Fürsprech D.________ wie folgt bestimmt:


Im Umfang der Zahlung dieses amtlichen Honorars geht der Anspruch auf den Kanton Bern über (Art. 122 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Subsidiär dazu hat die Kindsmutter dem Kanton Bern das ausgerichtete amtliche Honorar zurückzuzahlen, sobald sie dazu in der Lage ist. Schliesslich hat die Kindsmutter Fürsprech D.________ die Differenz zwischen dem amtlichen und dem vollen Honorar zu erstatten, sobald sie dazu in der Lage ist (Art. 123 ZPO und Art. 42a KAG).
5. Das amtliche Honorar von Rechtsanwältin B.________ wird wie folgt bestimmt:

Der Kindsvater hat dem Kanton Bern das ausgerichtete amtliche Honorar zurückzuzahlen und Rechtsanwältin B.________ die Differenz zwischen dem amtlichen und dem vollen Honorar zu erstatten, sobald er dazu in der Lage ist (Art. 123 ZPO und Art. 42a KAG).
6. Die vom Kanton Bern an den Kindsvater auszurichtenden Reise- und Aufenthaltskosten werden gestützt auf die eingereichten Belege auf CHF 803.55 bestimmt. Dieser Betrag ist an Rechtsanwältin B.________ zu überweisen. Der Kindsvater ist zur Nachzahlung verpflichtet, sobald er dazu in der Lage ist (Art. 123 ZPO).
7. Zu eröffnen:
• den Parteien, v.d. ihre Anwälte
• dem Kindsvertreter, Rechtsanwalt F.________
Mitzuteilen:
• dem Bundesamt für Justiz, Zentralbehörde internationaler Kindsentführungen, Bundesrain 20, 3003 Bern



Bern, 13. Dezember 2018
(Ausgefertigt: 5. Februar 2019)
Im Namen der 2. Zivilkammer
Der Referent:
Oberrichter Hurni

Die Gerichtsschreiberin:
Peng



Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid über die Rückgabe eines Kindes nach dem HKÜ kann innert 10 Tagen seit Zustellung beim Bundesgericht, Av. du Tribunal fédéral 29, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in Zivilsachen gemäss Art. 39 ff., Art. 72 ff. und Art. 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) geführt werden. Die Beschwerde muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.



Hinweis:
Der Entscheid ist rechtskräftig.
Quelle: https://www.zsg-entscheide.apps.be.ch/tribunapublikation/
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