BK 2020 345 - Anordnung Untersuchungshaft
Obergericht
des Kantons Bern
Beschwerdekammer in Strafsachen
Cour suprême
du canton de Berne
Chambre de recours pénale
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Postfach
3001 Bern
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Beschluss
BK 20 345
Bern, 15. September 2020
Besetzung Oberrichter J. Bähler (Präsident), Oberrichter Schmid,
Oberrichterin Hubschmid
Gerichtsschreiberin Beldi
Verfahrensbeteiligte A.________
a.v.d. Rechtsanwältin Dr. iur. B.________
Beschuldigter/Beschwerdeführer
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern
v.d. Staatsanwalt C.________, Regionale Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland, Amthaus, Hodlerstrasse 7, 3011 Bern
Gegenstand Anordnung Untersuchungshaft
Strafverfahren wegen Betrugs, evtl. Diebstahls
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonalen Zwangsmassnahmengerichts vom 16. August 2020 (KZM 20 946)
Erwägungen:
1. Die Regionale Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) führt ein Strafverfahren gegen A.________ wegen Betrugs, evtl. Diebstahls. A.________ wurde am 13. August 2020 verhaftet und mit Entscheid des Kantonalen Zwangsmassnahmengerichts (nachfolgend: Zwangsmassnahmengericht) vom 16. August 2020 für eine Dauer von drei Monaten, d.h. bis 12. November 2020, wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft versetzt. Hiergegen erhob A.________ (nachfolgend: Beschwerdeführer), amtlich verteidigt durch Rechtsanwältin Dr. B.________, am 28. August 2020 bei der Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts des Kantons Bern (nachfolgend: Beschwerdekammer) Beschwerde. Er beantragte das Folgende:
2. Der Entscheid des kantonalen Zwangsmassnahmengerichts vom 16. August 2020 sei aufzuheben und der Beschwerdeführer sei umgehend aus der Untersuchungshaft zu entlassen.
3. Eventualiter
a. sei die Untersuchungshaft bis am 11. September 2020 zu beschränken;
b. die Staatsanwaltschaft anzuweisen, die Beweismassnahmen im Sinne von parteiöffentlichen Einvernahmen von Frau D.________ sowie der Freundin des Beschwerdeführers aus Bulle umgehend vorzunehmen.
Das Zwangsmassnahmengericht verzichtete am 1. September 2020 unter Verweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid auf eine Stellungnahme. Gleichzeitig stellte es der Beschwerdekammer die Akten des Haftverfahrens KZM 20 946 zu. In ihrer delegierten Stellungnahme vom 4. September 2020 beantragte die Staatsanwaltschaft die Abweisung der Beschwerde, unter Beilage der dem Zwangsmassnahmengericht zur Verfügung gestellten Unterlagen sowie weiterer Aktenstücke. Mit Verfügung vom 7. September 2020 wurden die Eingaben des Zwangsmassnahmengerichts und der Staatsanwaltschaft der amtlichen Verteidigerin des Beschwerdeführers zugestellt und die von der Staatsanwaltschaft zusätzlich eingereichten Aktenstücke zu den Akten erkannt. Die Zustellung der von der Staatsanwaltschaft eingereichten Beilagen erfolgte am 10. September 2020 (exkl. DVDs) mit dem Hinweis, dass die DVDs bei der Beschwerdekammer angefordert werden können.
3. Gemäss Art. 222 i.V.m. Art. 393 Abs. 1 Bst. c der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0) können Entscheide über die Anordnung, Verlängerung und Aufhebung der Untersuchungshaft durch die verhaftete Person mit Beschwerde angefochten werden. Zuständig ist die Beschwerdekammer (Art. 35 des Gesetzes über die Organisation der Gerichtsbehörden und der Staatsanwaltschaft [GSOG; BSG 161.1] i.V.m. Art. 29 Abs. 2 des Organisationsreglements des Obergerichts [OrR OG; BSG 162.11]). Der Beschwerdeführer ist durch die Anordnung der Untersuchungshaft unmittelbar in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen und somit zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 222 und Art. 382 Abs. 1 StPO). Auf die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist einzutreten.
4. Die beschuldigte Person bleibt grundsätzlich in Freiheit (Art. 212 Abs. 1 StPO). Untersuchungshaft ist nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist (nachfolgend E. 5) und besondere Haftgründe (E. 6 hiernach) vorliegen. Die Untersuchungshaft muss überdies verhältnismässig sein (Art. 197 Abs. 1 Bst. c und d StPO) und darf nicht länger dauern als die zu erwartende Freiheitsstrafe (Art. 212 Abs. 3 StPO; nachfolgend E. 7). Das zuständige Gericht ordnet anstelle der Untersuchungshaft eine oder mehrere mildere Massnahmen an, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (Art. 237 Abs. 1 StPO).
Unbestritten ist, dass die der Strafuntersuchung zugrundeliegenden Tatbestände - unter Vorbehalt der weiteren Voraussetzungen - die Anordnung von Untersuchungshaft rechtfertigen.
5. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit einem sogenannten «Wash-Wash-Deal» Betrug, evtl. Diebstahl, vor. Gemäss ihren Ausführungen soll der Geschädigten D.________ vorgemacht worden sein, durch das Beilegen einer grossen Summe Notengeld könne schwarz eingefärbtes Notengeld (unter Beigabe einer Flüssigkeit) «gesäubert» werden. Am 13. August 2020 hätten der Beschwerdeführer und E.________, welcher sich ebenfalls in Untersuchungshaft befindet, die Geschädigte besucht. Dabei sei es ihnen gelungen, das in Alufolie verpackte und mit Klebeband zugeklebte echte Geld (Betrag: CHF 20'000.00) an sich zu nehmen resp. mit einem identischen, jedoch mit wertlosem Papier gefüllten Paket auszutauschen und anschliessend das wertvolle Paket mitgehen zu lassen.
Dem Anzeigerapport vom 23. Juli 2020 und dem Haftantrag der Staatsanwaltschaft vom 14. August 2020 lässt sich weiter entnehmen, dass die Geschädigte bereits im Juni 2020 im Zusammenhang mit dem «Wash-Wash-Deal» von zwei unbekannten dunkelhäutigen Männern um CHF 27’000.00 erleichtert worden sein soll (zum ganzen Vorgehen vgl. Anzeigerapport vom 23. Juli 2020 S. 3 f.). Daraufhin meldete sie sich erstmals bei der Kantonspolizei Bern. Nach einer weiteren Kontaktaufnahme seitens der mutmasslichen Täterschaft, welche sich zwecks Fortführung des begonnen Deals erneut mit der Geschädigten hatte treffen wollen, sprach die Geschädigte wiederum bei der Polizei vor. Diese stellte sogenanntes Vorzeigegeld im Sinn von Art. 295 StPO bereit und veranlasste die technische Überwachung des Geschäfts der Geschädigten (Bild- und Tonaufnahmen).
Am 13. August 2020 fand das hier interessierende Treffen zwischen der mutmasslichen Täterschaft und der Geschädigten statt. Aktenkundig verliess die mutmassliche Täterschaft (der Beschwerdeführer und E.________) nach einem ersten Besuch bei der Geschädigten zunächst deren Studio, um Einkäufe zu tätigen. Nach einem weiteren Besuch bei der Geschädigten wurden der Beschwerdeführer und E.________ von der Kantonspolizei Bern angehalten, wobei das Vorzeigegeld beim Mitbeschuldigte E.________ sichergestellt werden konnte.
Soweit den 13. August 2020 betreffend, kann hinsichtlich der Aussagen der beiden Beschuldigten, welche den jeweils anderen für das Geschäftstreffen verantwortlich machen, auf die von der Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme wiedergegebene Zusammenfassung verwiesen werden:
So machte der Beschwerdeführer geltend, er habe eine Freundin in Bulle besuchen wollen und habe von der Gelegenheit der Mitfahrt profitiert, um Transportkosten zu sparen. Vom Hintergrund des Geldgeschäfts zwischen dem ihm flüchtig bekannten Mann (E.________) und der ihm gänzlich unbekannten Frau (D.________) habe er keine Kenntnis gehabt. Er habe lediglich als Übersetzer für die Gespräche fungiert, mehr nicht. So habe er auch nichts angefasst.
Demgegenüber behauptete der Mitbeschuldigte, er habe den Beschwerdeführer auf dessen Drängen hin nach Bern gefahren, da dieser hier ein Geschäftstreffen gehabt habe. Er habe gemeint, es ginge um eine einfache Übergabe von Geld. Doch sei er unvermittelt vom Beschwerdeführer in dessen Aktivitäten eingebunden worden. So habe er das Geld einpacken und das Paket in einem von der Geschädigten unbeachteten Moment gegen ein anderes Paket eintauschen und unter seinem Hemd verstecken müssen. Er habe mit der Geschichte eigentlich nichts zu tun.
Hinsichtlich des zuvor erwähnten, angeblich von den Beschuldigten mit wertlosem Papier gefüllten Pakets kann den Akten ausserdem was folgt entnommen werden:
Der Beschwerdeführer hielt anlässlich seiner Einvernahme vom 13. August 2020 fest, dass die Geschädigte dem Mitbeschuldigten gesagt habe, dass er einkaufen gehen müsse. Danach seien sie in einen Laden gegangen und hätten dort die Sachen gekauft. Anschliessend seien sie in dessen Auto gestiegen und zur Geschädigten zurückgefahren (Einvernahmeprotokoll vom 13. August 2020 Z. 168 ff.). Im Auto habe er (der Beschwerdeführer) telefoniert und E.________ habe im Auto aufgeräumt (Z. 203 f.). Anlässlich der Hafteröffnung führte der Beschwerdeführer weiter aus, dass der Mitbeschuldigte die Sachen gekauft habe. Zurück im Auto habe dieser im Auto «Sachen» gemacht, er wisse nicht, ob er Papier geschnitten habe, dies habe ihn nicht interessiert (Einvernahmeprotokoll vom 14. August 2020 Z. 132 ff.).
Gemäss Aussagen des Mitbeschuldigten E.________ soll der Beschwerdeführer nach dem ersten Besuch bei der Geschädigten in einem Laden eine Rolle Klebeband und Babypuder und anschliessend in einem anderen Laden Papier und ein Teppichmesser gekauft haben. Zurück im Auto habe der Beschwerdeführer das Papier geschnitten und ihm (E.________) die Anweisung gegeben, dieses mit Klebeband einzuwickeln (Einvernahmeprotokoll vom 13. August 2010 Z. 98 ff.; so auch Einvernahmeprotokoll vom 14. August 2020 Z. 78 f.).
6.
6.1 Der Beschwerdeführer bestreitet zunächst den dringenden Tatverdacht. Insoweit ist einleitend festzuhalten, dass es im Haftprüfungsverfahren nicht darum geht, den Schuldbeweis zu erbringen, sondern den dringenden Tatverdacht zu belegen. Das Zwangsmassnahmengericht resp. die Beschwerdekammer muss, anders als das Sachgericht, nicht sämtliche belastenden und entlastenden Beweise gegeneinander abwägen. Macht ein Inhaftierter geltend, er befinde sich ohne ausreichenden Tatverdacht in strafprozessualer Haft, ist vielmehr zu prüfen, ob aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse genügend konkrete Anhaltspunkte für ein Verbrechen oder Vergehen und eine Beteiligung des Beschwerdeführers an dieser Tat vorliegen, die Justizbehörden somit das Bestehen eines dringenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejahen durften. Im Haftprüfungsverfahren genügt dabei der Nachweis von konkreten Verdachtsmomenten, wonach das untersuchte Verhalten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die fraglichen Tatbestandsmerkmale erfüllen könnte (vgl. BGE 137 IV 122 E. 3.2). Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen (Art. 31 Abs. 3-4 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [BV; SR 101], Art. 5 Abs. 2 StPO) lässt hier nur wenig Raum für Beweis-
massnahmen. Zur Frage des dringenden Tatverdachts bzw. zur Schuldfrage hat das Haftgericht weder ein eigentliches Beweisverfahren durchzuführen noch dem erkennenden Strafrichter vorzugreifen. Vorbehalten bleibt allenfalls die Abnahme eines liquiden Alibibeweises (vgl. BGE 137 IV 122 E. 3.2 und BGE 124 I 208 E. 3).
6.2 Das Zwangsmassnahmengericht bejahte den dringenden Tatverdacht. Es führte aus, dass das Treffen vom 13. August 2020 eine Fortsetzung des bereits im Juni 2020 begonnenen «Wash-Wash-Deals» gewesen sei. Die beiden Beschuldigten hätten am 13. August 2020 ein Paket mit echtem Geld (Vorzeigegeld inklusive «Schwarzgeld») gegen ein ähnlich aussehendes Paket, welches nur Papierschnitzel beinhaltet habe, ausgetauscht und das mit echtem Geld gefüllte Paket mitgehen lassen. Dies stelle eine Teilhandlung des bereits im Juni begonnenen Deals dar. Wie viele und welche Beteiligte am gesamten Sachverhalt involviert gewesen seien, würden die Ermittlungen noch zeigen. Die Aussagen der Geschädigten müssten anders als diejenigen der Beschuldigten, die sich im Übrigen selber widersprächen, als glaubhaft bezeichnet werden. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach er nichts gewusst und am 13. August 2020 lediglich als Übersetzer für ein Geschäftstreffen fungiert habe, seien unglaubhaft. Abgesehen davon dürfe bei einem Geschäftstreffen mit Bargeldübergabe im Ausland davon ausgegangen werden, dass dieses Besonderheiten aufweise (andernfalls der Geldbetrag via Banküberweisung hätte transferiert werden können), welche besprochen und übersetzt würden.
6.3 Der Beschwerdeführer wehrt sich gegen die Annahme eines im Sinn von Art. 221 StPO dringenden Tatverdachts. Belastende Beweise lägen nicht vor. Zur Begründung hält er - wie bereits im vorinstanzlichen Verfahren - fest, dass er lediglich als Übersetzer am Geschäftstreffen von E.________ und der Geschädigten teilgenommen habe, jedoch keine Kenntnisse über die Geschäftsdetails gehabt oder erhalten habe. E.________ kenne er nicht wirklich. Ihm sei von einem Kollegen (F.________) gesagt worden, dass er mit E.________ in die Schweiz fahren und dabei die Zugkosten sparen könne, die er sonst zwecks Besuchs einer Freundin in Bulle hätte aufwenden müssen. Im Gegenzug hätte er eben am besagten Geschäftstreffen übersetzen sollen. Die Geschädigte könne seine Aussagen bestätigen resp. bezeugen, dass er weder das Geld berührt noch das Geschäft geleitet oder dem Mitbeschuldigten Anweisungen erteilt habe. Er könne nicht für den Austausch der Pakete und die Mitnahme des mit echtem Geld gefüllten Pakets verantwortlich gemacht werden.
6.4 In ihrer Stellungnahme führt die Staatsanwaltschaft aus, dass den Aussagen der Beschuldigten nicht gefolgt werden könne, wonach nur der jeweils andere in den «Wash-Wash-Deal» verwickelt gewesen sei. Gestützt auf die bisherigen Erkenntnisse müsse von mittäterschaftlichem Vorgehen ausgegangen werden. Anders als geltend gemacht, würde der Verdacht nicht nur auf Vermutungen basieren. Die Staatsanwaltschaft verweist dabei auf die anlässlich der Durchsuchung des Fahrzeugs sichergestellten Gegenstände und die zwischenzeitlichen Auswertungen der Videoaufzeichnungen des Coop, denen zufolge davon auszugehen sei, dass die beiden Beschuldigten die Zeit zum Kauf von Utensilien genutzt hätten, um damit ein identisches Paket wie das wertvolle herzustellen, allerdings lediglich mit wertlosem Papier gefüllt. Ferner sei gestützt auf die mittels technischer Überwachung erhobenen Bild- und Tonaufnahmen davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer der Anführer der beiden gewesen sei und der Mitbeschuldigte E.________ derjenige, der sich die Hände schmutzig habe machen müssen. Dafür spreche nicht zuletzt der Umstand, dass der Beschwerdeführer genau darauf geachtet habe, so wenig wie möglich anzufassen und nirgends seine Spuren zu hinterlassen. Gegen die Schilderungen des Beschwerdeführers würden ferner die bisherigen Telefonauswertungen sprechen.
6.5
6.5.1 Die mit voller Kognition ausgestattete Beschwerdekammer in Strafsachen hat die Haftgründe aufgrund der aktuellen relevanten Tatsachen zu beurteilen und nicht bloss aufgrund des Sachverhalts, der vor erster Instanz bekannt gewesen ist. Das Einreichen von Noven ist in Haftbeschwerdeverfahren somit zulässig, sofern - wie hier - der beschwerdeführenden Partei Einsicht in die eingereichten Akten und damit das rechtliche Gehör gewährt wird (vgl. Urteile des Bundesgerichts 1B_458/2016 vom 19. Dezember 2016 E. 2.3 und 1B_51/2015 vom 7. April 2015 E. 4.2 mit Hinweisen). Dass der Beschwerdeführer von einer Sichtung der ihm nicht von Amtes wegen zugestellten DVDs abgesehen hat, ändert nichts daran, wurde ihm die Einsichtnahme doch angeboten.
6.5.2 Der Argumentation des Beschwerdeführers, wonach er lediglich zwecks günstiger Mitfahrgelegenheit als Übersetzer beim Geschäftstreffen von E.________ und der Geschädigten teilgenommen und mit dem der Strafuntersuchung zugrundeliegenden «Wash-Wash-Deal» nichts zu tun habe, kann die Beschwerdekammer nicht folgen. Dass das Zwangsmassnahmengericht bereits gestützt auf die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen den dringenden Tatverdacht des Betrugs bejaht hat, ist nicht zu beanstanden, zumal an diesen zu Verfahrensbeginn weniger strenge Anforderungen zu stellen sind als im Verlauf der Untersuchung. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer anlässlich beider Einvernahmen im Ergebnis gleichlautende Aussagen gemacht hat, spricht nicht von vornherein für deren Glaubhaftigkeit.
Gestützt auf die Akten ist davon auszugehen, dass zwischen den beiden Treffen mit der Geschädigten (13. August 2020) im Fahrzeug des Mitbeschuldigten das mit wertlosem Papier gefüllte Paket erstellt worden ist (vgl. Liste der sichergestellten Gegenstände [u.a. Klebeband, Teppichmesser, Lineal und Babypuder]). Weiter besteht gestützt auf die Akten der begründete Verdacht, dass der Beschwerdeführer weit mehr in den «Wash-Wash-Deal» verwickelt ist, als er glaubhaft zu machen versucht. Zu Recht weist die Staatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich die Aussage des Beschwerdeführers, wonach er anlässlich der Gespräche zwischen dem Mitbeschuldigten und der Geschädigten lediglich übersetzt habe, nicht mit den mittels technischer Überwachung erhobenen Bild- und Tonaufnahmen deckt. Auch wenn diese Aufnahmen derzeit noch nicht vollständig ausgewertet sind resp. noch nicht mit vollständig abgeschlossener Synchronisation von Ton und Bild vorliegen, erlauben sie bereits heute den Schluss, dass der Beschwerdeführer nicht nur der «ahnungslose» Übersetzer gewesen ist. Er war es, der mehrheitlich mit der Geschädigten geredet und versucht hat, ihr Vertrauen zu gewinnen. Ebenso war er es, der mit der von der Geschädigten per Telefon kontaktierten Person gesprochen hat. Demgegenüber hat sich der Mitbeschuldigte kaum am Gespräch beteiligt. Wäre der Beschwerdeführer tatsächlich «nur» Übersetzer gewesen (ohne Kenntnis darüber, was vor sich geht), wäre zumindest eine aktivere Teilnahme des Mitbeschuldigten am Gespräch zu erwarten.
Die Staatsanwaltschaft geht derzeit davon aus, dass der Beschwerdeführer der «Anführer» gewesen ist und der Mitbeschuldigte derjenige, der sich die Hände hat schmutzig machen müssen. Gestützt auf die im Geschäft der Geschädigten aufgezeichneten Aufnahmen und die vorläufige Auswertung der mittels rückwirkender Teilnehmeridentifikation gewonnenen Daten ist gegen diesen Verdacht nichts einzuwenden. Gemäss den Aussagen des Beschwerdeführers war er auf Geheiss seines Kollegen «F.________» am hier interessierenden «Geschäft» mit dabei (Einvernahmeprotokoll des Beschwerdeführers vom 13. August 2020 Z. 152 - 162). Vor und nach der Anhaltung des Beschwerdeführers fanden zahlreiche Kontaktaufnahmen seitens ausländischer Rufnummern auf die beiden Mobiltelefone des Beschwerdeführers statt (wobei die deutsche Rufnummer +49 .________ (Nummer) vom Beschwerdeführer unter «F.________» abgespeichert gewesen ist; vgl. zum Ganzen Berichtsrapport der Kantonspolizei Bern vom 4. September 2020). Vor diesem Hintergrund weisen die Ausführungen des Beschwerdeführers zu seiner auf Übersetzungstätigkeit beschränkten Funktion nur auf eine blosse Schutzbehauptung hin.
Gestützt auf das Ausgeführte ist der dringende Tatverdacht des Betrugs, evtl. Diebstahls, mit Blick auf das Ereignis vom 13. August 2020 klar zu bejahen. Dass der Beschwerdeführer das Vorzeigegeld im Zeitpunkt der Anhaltung nicht auf sich getragen und dieses zuvor nicht berührt hat, ändert nichts daran. Inwiefern er am Gesamtvorgang des «Wash-Wash-Deals» beteiligt gewesen ist, werden die weiteren Ermittlungen zeigen. Zur Beantwortung der Frage, ob ein die Haft rechtfertigender dringender Tatverdacht eines Verbrechens oder Vergehens besteht, ist dies nicht weiter von Relevanz.
7. Neben dem dringenden Tatverdacht setzt die Untersuchungshaft einen besonderen Haftgrund im Sinn von Art. 221 Abs. 1 Bst. a-c StPO voraus. Das Zwangsmassnahmengericht begründete die Rechtmässigkeit der Untersuchungshaft mit dem besonderen Haftgrund der Fluchtgefahr. Dieser liegt gemäss Art. 221 Abs. 1 Bst. a StPO vor, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass sich die beschuldigte Person durch Flucht der Strafverfolgung oder der zu erwartenden Sanktion entzieht. Im Vordergrund steht dabei eine mögliche Flucht ins Ausland, denkbar ist jedoch auch ein Untertauchen im Inland (BGE 143 IV 160 E. 4.3; Urteile des Bundesgerichts 1B_379/2019 vom 15. August 2019 E. 6.1 und 1B_387/2016 vom 17. November 2016 E. 5, auch zum Folgenden). Bei der Bewertung, ob Fluchtgefahr besteht, sind die gesamten konkreten Verhältnisse zu berücksichtigen. Es müssen Gründe vorliegen, die eine Flucht nicht nur als möglich, sondern als wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Schwere der drohenden Strafe darf als Indiz für die Fluchtgefahr gewertet werden. Sie genügt jedoch für sich allein nicht, um den Haftgrund zu bejahen (BGE 125 I 60 E. 3a; Urteil des Bundesgerichts 1B_126/2012 vom 28. März 2012 E. 3.3.2). Vielmehr müssen die konkreten Umstände, insbesondere die gesamten Lebensverhältnisse der beschuldigten Person, in Betracht gezogen werden (zum Ganzen: BGE 143 IV 160 E. 4.3 mit Hinweisen).
Der Beschwerdeführer ist französischer Staatsangehöriger und lebt gemäss eigenen Angaben in Frankreich. In der Schweiz verfügt er weder über familiäre noch über anderweitige soziale oder wirtschaftliche Beziehungen. Angeblicher Grund für seinen Aufenthalt in der Schweiz war lediglich ein Besuch bei einer Freundin in Bulle. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass das Zwangsmassnahmengericht die Fluchtgefahr bejaht hat. Der Beschwerdeführer wehrt sich denn auch nicht gegen die Annahme von Fluchtgefahr. Ergänzend zu den Ausführungen des Zwangsmassnahmengerichts ist festzuhalten, dass im Fall einer Haftentlassung ernsthaft befürchtet werden muss, dass sich der Beschwerdeführer der Strafuntersuchung entziehen würde. Der im Verurteilungsfall zu erwartenden Sanktion kommt an dieser Stelle angesichts der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers keine ausschlaggebende Bedeutung zu.
In Anbetracht der bejahten Fluchtgefahr braucht die Frage, ob ebenfalls von Kollusionsgefahr ausgegangen werden muss, nicht beantwortet zu werden, zumal diese auch das Zwangsmassnahmengericht offengelassen hat.
8. Der Beschwerdeführer bestreitet jedoch die Verhältnismässigkeit der angeordneten Untersuchungshaft.
8.1 Eine in Haft gehaltene Person hat gemäss Art. 5 Ziff. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101) Anspruch darauf, innerhalb einer angemessenen Frist abgeurteilt oder während des Verfahrens aus der Haft entlassen zu werden. Dass eine an sich rechtmässige Haft nicht übermässig lange dauern darf, ergibt sich aus dem Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit. Eine übermässige Haft liegt dann vor, wenn die Haft die mutmassliche Dauer der zu erwartenden Strafe übersteigt (sog. Überhaft; BGE 139 IV 270 E. 3.1). Ausserdem sind freiheitsentziehende Zwangsmassnahmen aufzuheben, sobald Ersatzmassnahmen nach Art. 237 StPO zum gleichen Ziel führen (Art. 212 Abs. 2 Bst. c StPO).
8.2 Der Beschwerdeführer macht zusammengefasst geltend, dass seine glaubhaften Schilderungen einer raschen Überprüfung zugänglich seien. Die Geschädigte werde bestätigen können, dass er nur als Übersetzer fungiert und dem Mitbeschuldigten keine Anweisungen erteilt habe. Ausserdem könnten seine Aussagen, wonach er mit verschiedenen Personen telefoniert und Nachrichten über WhatsApp versendet habe, während der Mitbeschuldigte das mit wertlosem Papier gefüllte Paket gebastelt habe, mittels Auswertung des Mobiltelefons verifiziert werden. Diese Auswertung und die Einvernahmen der Geschädigten und seiner Freundin aus Bulle müssten innert zwei Wochen möglich sein, weshalb die angeordnete Haftdauer von drei Monaten unverhältnismässig sei.
8.3 Die angeordnete Haft erweist sich auch unter Verhältnismässigkeitsaspekten als rechtens. So rechtfertigt sich die Dauer von drei Monaten mit Blick auf die derzeitigen Ermittlungshandlungen. Anders als der Beschwerdeführer meint, sind die - auch ihn betreffenden - Ermittlungen nicht innert zwei Wochen durchführbar. Die Staatsanwaltschaft weist zu Recht darauf hin, dass die Auswertung der sichergestellten Mobiltelefone, die Spurenauswertung sowie die Erkundigungen über Interpol in Deutschland und in Frankreich zeitaufwändig sind. Es müssen nicht nur deren Ergebnisse abgewartet werden, sondern ist der Beschwerdeführer bei Vorliegen der entsprechenden allfälligen Ergebnisse auch noch mit diesen zu konfrontieren. Dem Umstand, dass Einvernahmen - sofern die einzuvernehmenden Personen bekannt und «greifbar» sind - grundsätzlich innert kurzer Zeit durchgeführt werden können, kommt somit vorliegend keine die angeordnete Haftdauer beschränkende Bedeutung zu.
Anhaltspunkte dafür, dass dem in Haftsachen besonders zu beachtenden Beschleunigungsgebot nicht ausreichend Rechnung getragen würde, sind ebenfalls nicht erkennbar. Vielmehr zeigen die im Beschwerdeverfahren eingereichten neuen Aktenstücke, dass die Strafverfolgungsbehörden die Ermittlungen rasch vorantreiben. Der Beschwerdekammer steht es somit nicht zu, der Staatsanwaltschaft für die Führung ihrer Untersuchung Weisungen zu erteilen. Das diesbezügliche Begehren des Beschwerdeführers ist demzufolge abzuweisen.
Weiter droht noch keine Überhaft. Selbst wenn sich der Beschwerdeführer allenfalls lediglich wegen des Vorfalls vom 13. August 2020 zu verantworten haben sollte, rückt die angeordnete Haftdauer von drei Monaten noch nicht in die Nähe der im Verurteilungsfall zu erwartenden Strafe.
Und schliesslich sind auch keine Ersatzmassnahmen ersichtlich, welche die Fluchtgefahr zu bannen vermöchten. Der Beschwerdeführer ist französischer Staatsangehöriger ohne Bindungen zur Schweiz. Bei ausländischen Staatsangehörigen kommen Ersatzmassnahmen wie die Hinterlegung der Ausweispapiere und eine Meldepflicht nur selten als wirksame Ersatzmassnahmen in Frage (vgl. etwa Urteil des Bundesgerichts 1B_358/2019 vom 5. August 2019 E. 4, wonach schweizerische Strafbehörden ausländischen Behörden nicht verbieten können, neue Ausweise auszustellen; ferner BGE 145 IV 503 E. 3.3 [= Pra 2020 Nr. 54], wonach eine Meldepflicht lediglich bewirke, dass Alarm ausgelöst und ein Verstoss gegen die angeordneten Auflagen und gegebenenfalls eine Flucht rascher entdeckt würden; ferner Urteil des Bundesgerichts 1B_378/2018 vom 21. September 2018 E. 6.2 und 1B_388/2015 vom 3. Dezember 2015 E. 2.4.1, wonach Ersatzmassnahmen allenfalls einer niederschwelligen Fluchtneigung Rechnung tragen könnten). Von einem solchem Ausnahmefall kann vorliegend nicht gesprochen werden und wird vom Beschwerdeführer denn auch nicht geltend gemacht.
8.4 Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die vom Zwangsmassnahmengericht für eine Dauer von drei Monaten angeordnete Untersuchungshaft nicht zu beanstanden ist. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.
9. Bei diesem Ausgang des Beschwerdeverfahrens sind die Verfahrenskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Beschwerde wäre auch ohne Berücksichtigung der von der Staatsanwaltschaft im Lauf des Verfahrens geltend gemachten haftrelevanten Noven abgewiesen worden. Es sind deshalb keine Kosten auszuscheiden. Die Entschädigung der amtlichen Verteidigerin für ihre Aufwendungen im Beschwerdeverfahren ist durch die Staatsanwaltschaft oder das urteilende Gericht im Endentscheid festzusetzen (Art. 135 Abs. 2 StPO).
Die Beschwerdekammer in Strafsachen beschliesst:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens, bestimmt auf CHF 1'500.00, werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Die amtliche Entschädigung für das Beschwerdeverfahren wird am Ende des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft oder das urteilende Gericht festgesetzt.
4. Zu eröffnen:
• dem Beschuldigten/Beschwerdeführer, a.v.d. Rechtsanwältin Dr. B.________
(per Einschreiben)
• dem Kantonalen Zwangsmassnahmengericht, Gerichtspräsident G.________
(mit den Akten - per Einschreiben)
• Staatsanwalt C.________, Regionale Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland
(mit den Akten - per Einschreiben)
Mitzuteilen:
• der Generalstaatsanwaltschaft (per Kurier)
Bern, 15. September 2020
Im Namen der Beschwerdekammer
in Strafsachen
Der Präsident:
Oberrichter J. Bähler
Die Gerichtsschreiberin:
Beldi
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden durch die Beschwerdekammer in Strafsachen in Rechnung gestellt.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung beim Bundesgericht, Av. du Tribunal fédéral 29, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 39 ff., 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) geführt werden. Die Beschwerde muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.
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