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Bundesverwaltungsgericht Urteil C-4762/2019

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung III
Dossiernummer:C-4762/2019
Datum:16.08.2021
Leitsatz/Stichwort:Rentenanspruch
Schlagwörter : Beschwerde; Medizinisch; Medizinische; Beschwerdeführerin; Arbeit; Medizinischen; Akten; Vorinstanz; Beurteilung; Gesundheit; Urteil; Verfügung; ärztliche; Recht; B-act; Hinweis; Rente; Bericht; Einschränkung; Stellung; Verfahren; Stellungnahme; Schweiz; Abklärung; Invalidität; Liegenden; Person; Aufgr; Vorliegenden; Anspruch
Rechtsnorm: Art. 21 ATSG ; Art. 29 ATSG ; Art. 43 ATSG ; Art. 48 BGG ; Art. 48 VwVG ; Art. 61 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ;
Referenz BGE:117 V 194; 121 V 275; 125 V 351; 125 V 353; 128 V 29; 130 V 1; 131 V 164; 131 V 49; 131 V 9; 132 V 215; 132 V 93; 134 V 109; 136 I 229; 136 V 279; 137 V 210; 139 V 349; 140 V 193; 140 V 290; 140 V 507; 140 V 8; 141 V 15; 141 V 281; 142 V 106; 142 V 58; 143 V 409; 144 I 28; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung III C-4762/2019

U r t e i l v o m 1 6 . A u g u s t 2 0 2 1

Besetzung Richterin Viktoria Helfenstein (Vorsitz),

Richter Daniel Stufetti, Richterin Michela Bürki Moreni, Gerichtsschreiber Roger Stalder.

Parteien A. , (Thailand),

vertreten durch lic. iur. Nadeshna Ley, Rechtsanwältin, Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle für Versicherte im Ausland IVSTA,

Vorinstanz.

Gegenstand Invalidenversicherung (IV); Rentenanspruch; Verfügung vom 21. August 2019.

Sachverhalt:

A.

Die 1963 geborene, geschiedene A. (im Folgenden: Versicherte oder Beschwerdeführerin) stammt ursprünglich aus Deutschland; seit dem

19. Februar 1990 verfügt sie über das Schweizer Bürgerrecht. Nachdem sie gemäss ihren eigenen Angaben vom 31. August 2005 bis 22. Oktober 2013 Südostasien bereist, da gewohnt und nach ihrer Rückkehr ihren zivilrechtlichen Wohnsitz ab 1. November 2013 erneut in der Schweiz begründet hatte, arbeitete sie in der Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2015 als Fachperson Wohnen in der B. . Per 1. Dezember 2015 zog sie erneut nach Thailand (Akten [im Folgenden: act.] der InvalidenversicherungsStelle für Versicherte im Ausland [im Folgenden: IVSTA oder Vorinstanz] 2, 5 und 18; vgl. auch act. 11).

B.

Mit E-Mail vom 14. Januar 2019 teilte die Versicherte der IVSTA mit, aufgrund massiver gesundheitlicher Verschlechterung möchte sie einen Antrag auf Leistungen der Invalidenversicherung stellen (act. 1 und 2). Nach Vorliegen der Bescheinigung des Versicherungsverlaufs in Deutschland (act. 3 und 4), der ausgefüllten und am 25. Januar 2019 unterzeichneten Anmeldung für Erwachsene (act. 5), von medizinischen Dokumenten (act. 7 bis 10, 19, 20, 27, 29, 30 bis 33; vgl. auch act. 21, 28) sowie der Fragebögen für Arbeitgebende vom 11. März 2019 (act. 18) und für die Versicherte vom 13. März 2019 (act. 23) gab Dr. med. C. , Facharzt für Allgemeine Medizin, vom Regionalen Ärztlichen Dienst D. (im Folgenden: RAD) am 13. Juni 2019 eine Stellungnahme ab (act. 37). Gestützt darauf stellte die IVSTA der Versicherten mit Vorbescheid vom

17. Juni 2019 die (verfügungsweise) Abweisung des Rentenbegehrens in Aussicht (act. 38). Gegen diesen beabsichtigten Entscheid brachte die Versicherte in ihrer Eingabe vom 12. Juli 2019 ihre Einwendungen vor (act. 39). In der Folge erliess die IVSTA am 21. August 2019 eine dem Vorbescheid vom 17. Juni 2019 im Ergebnis entsprechende Verfügung (act. 40).

C.

    1. Hiergegen erhob die Versicherte beim Bundesverwaltungsgericht mit Eingabe vom 10. September 2019 Beschwerde und beantragte (sinngemäss) die Aufhebung der Verfügung vom 21. August 2019 (act. im Beschwerdeverfahren [im Folgenden: B-act.] 1).

      Zur Begründung führte die Versicherte zusammengefasst aus, die von ihr unterzeichnete Ermächtigung vom 13. März 2019, die es der IVSTA ermöglicht hätte, Aufnahmen der ganzen Wirbelsäule bei der Klinik E. anzufordern, sei nicht wahrgenommen worden. Eine der Stenosen, aufgrund derer sie drei Infiltrationen gehabt habe, sei somit überhaupt nicht begutachtet worden. Bei ihr sei die Diagnose UARS (Upper Airways Resistance Syndrome) gestellt worden. Die Nasenoperation sei nötig geworden, um eine Druckbeatmung durch die Nase überhaupt zu ermöglichen. Die Verengung des Rachens bleibe. Ursache dieser Verengung sei die Skoliose, die nicht einfach an der Halswirbelsäule (HWS) aufhöre, sondern sich auch in der Asymmetrie zum Beispiel des Oberkiefers und der Zahnstellung zeige. Die ärztliche Beurteilung seitens der IVSTA sei äusserst oberflächlich und unprofessionell erfolgt. Wie sie bereits angegeben habe, sei bei ihr 1979 eine idiopathische Skoliose diagnostiziert worden, und sie habe bis zum Ende des Wachstums (1981) ein "Milwaukee-Korsett" getragen. Mit zunehmendem Alter habe sie vermehrt Rückenschmerzen und Probleme im Rippenbereich links/Brustbein. Da die Rippen sehr dicht zusammenlägen, klemme es schon bei kleinsten Fehlbewegungen Nerven ein. Sämtliche Wirbelkörper als auch Bandscheiben seien deformiert, und an mehreren Stellen sei der Spinalkanal verengt resp. versteift. Da sie ihren Oberkörper nur langsam und unter Schmerzen aufrichten und in keiner Position länger verbleiben könne, sei eine Erwerbstätigkeit nicht mehr möglich gewesen. Sie habe entschieden, nach Thailand auszuwandern. Ihr Zustand habe sich seit 2016 kontinuierlich verschlechtert. Ihre Krankengeschichte gemäss der Orthopädischen Klinik E. sollte von einem Facharzt neu beurteilt werden.

    2. Mit Eingabe vom 21. Oktober 2019 reichte Rechtsanwältin Nadeshna Ley eine Vollmacht der Versicherten ein und verwies darauf, dass ein an die IVSTA gerichtetes Akteneinsichtsgesuch noch unbeantwortet geblieben sei, weshalb sie noch nicht über weitere Aktenkenntnisse verfüge. Weiter bat sie um Ansetzen einer Nachfrist für eine allfällige Ergänzung der Beschwerde (B-act. 3).

    3. Mit Zwischenverfügung vom 31. Oktober 2019 wurde die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die Säumnisfolgen (Nichteintreten auf die Beschwerde) aufgefordert, einen Kostenvorschuss von Fr. 800.- in der Höhe der mutmasslichen Verfahrenskosten zu leisten. Weiter wurde Vormerk genommen vom Gesuch um Akteneinsicht sowie um Beschwerdeergänzung,

      wobei die Akteneinsicht erfolge, sobald die Akten dem Gericht zur Verfügung stünden und die Ergänzungen im Rahmen des zweiten Schriftenwechsels eingebracht werden könnten (B-act. 4 und 5).

    4. Nachdem der Verfahrenskostenvorschuss in der Höhe von Fr. 800.- am 11. November 2019 geleistet worden war (B-act. 6), ging am 23. Januar 2020 die Vernehmlassung der Vorinstanz vom 21. Januar 2020 ein (B-act. 10).

      Darin beantragte die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde und führte zur Begründung zusammengefasst aus, die Versicherte leide an einer schweren thorakalen Skoliose, an Schulterschmerzen rechts bei idiopathischer Schultersteife und an einem Schlaf-Apnoe-Syndrom. Im April 2019 habe sie eine Nasenoperation bei rezidivierenden Sinusitiden und Septumdeviation gehabt. Der ärztliche Dienst sei nach Würdigung sämtlicher medizinischer Unterlagen zum Schluss gekommen, die Schultersteife sei nicht traumatisch und selbstheilend. Durch die Nasenoperation seien die Probleme mit den Nebenhöhlen behandelt. Das Schlaf-Apnoe-Syndrom sei korrekt behandelt und die Wirbelsäulen-Skoliose sei als nicht behindernd beschrieben. In keinem der vorhandenen ärztlichen Dokumente werde auch nur ansatzweise eine Arbeitsunfähigkeit dargelegt. Der beurteilende Arzt halte fest, dass die Aktenlage vollständig sei. Die Versicherte weise verschiedene Gesundheitsprobleme auf, welche jedoch weder schwerwiegend noch langdauernd seien und somit keine invalidisierende Erkrankung im Sinne der Invalidenversicherung aufweisen könnten. Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass die medizinischen Unterlagen keine Elemente enthielten, welche darauf hinweisen würden, dass die Arbeitsfähigkeit der Versicherten und demzufolge ihre entsprechenden Erwerbsmöglichkeiten beeinträchtigt wären. Nach eigenen Angaben der Versicherten bestehe die Arbeitsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 2015. Aus den ärztlichen Unterlagen sei nicht ersichtlich und werde auch nicht geltend gemacht, dass die im Jahre 2013 erfolgten Infiltrationen zur Behandlung von Stenosen noch Auswirkungen auf den gegenwärtigen Gesundheitszustand bzw. auf die Arbeitsfähigkeit der Versicherten hätten. Ein allfälliger Rentenanspruch könnte ohnehin erst sechs Monate nach der Geltendmachung des Leistungsanspruchs entstehen. Aus den Akten ergebe sich, dass der medizinische Sachverhalt feststehe und sich somit zusätzliche Beweisvorkehren im Sinne der antizipierten Beweiswürdigung erübrigten. Ergäbe die Beweiswürdigung wie im vorliegenden Fall, dass keine Einschränkung der

      Arbeitsfähigkeit vorliege, habe die versicherte Person, welche einen Rentenanspruch geltend gemacht habe, die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen.

    5. In ihrer Replik vom 27. April 2020 liess die Beschwerdeführerin beantragen, es sei die Verfügung vom 21. August 2019 aufzuheben und die Angelegenheit zur Vervollständigung der Abklärungen, namentlich zur Veranlassung einer polydisziplinären medizinischen Begutachtung bei unabhängiger Abklärungsstelle, an die Vorinstanz zurückzuweisen (B-act. 14).

      Zur Begründung liess die Beschwerdeführerin zusammengefasst vorbringen, die Behauptung, die Aktenlage sei vollständig, sei unzutreffend. Ohne Kenntnis der Belastung der ganzen Wirbelsäule durch Skoliose, Stenosen, Degeneration und Diskusprotrusionen könne die Einschätzung des RAD zum Vornherein nicht zuverlässig sein, weshalb auf diese jedenfalls nicht abschliessend abgestellt werden könne. Zwar treffe es zu, dass sich die im Recht liegenden medizinischen Unterlagen zur Arbeitsund Leistungsunfähigkeit ausschweigen würden. Allerdings sei danach im jeweiligen Behandlungszusammenhang auch nicht gefragt worden. Das Fehlen einer ärztlichen Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit sei nicht gleichbedeutend mit dem Fehlen einer Arbeitsunfähigkeit an sich. Es stimme auch nicht, dass die gesundheitlichen Einschränkungen die Beschwerdeführerin niemals behindert hätten. Diese habe die auf ein halbes Jahr befristete Stelle nur unter zahlreichen Vorbehalten für körperliche Arbeit antreten können und sei aufgrund ihres Gebrechens von verschiedenen Tätigkeiten entbunden worden. Das UARS, an welchem die Beschwerdeführerin leide, dürfte ebenfalls durch die Skoliose bedingt sein. Die Atemprobleme bzw. die daraus resultierende Kurzatmigkeit bedeuteten nicht "nur" Störung des Nachtschlafs mit konsekutiver Tagesmüdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten, sondern bewirkten auch erhebliche Einschränkungen am Tag. Dass körperlich anspruchsvolle Tätigkeiten ausgeschlossen seien, dürfte sich spätestens unter Berücksichtigung der Befunde auch der Klinik E. von selbst verstehen. Darüber hinaus sei die Beschwerdeführerin aber auch in ihrer Beweglichkeit und Mobilität erheblich eingeschränkt und leide zusätzlich unter Tagesmüdigkeit, Konzentrationsstörungen und Kurzatmigkeit. Eine psychische Beeinträchtigung sei ebenfalls zu verzeichnen. Bei den Erkrankungen bzw. den sich daraus offensichtlich ergebenden Folgen könne keinesfalls von "banalen Gesundheitsproblemen" gesprochen werden. Die Schilderung der gesundheitlichen Einschränkungen beruhe gerade nicht "allein auf subjektiven Beschwerden der Versicher-

      ten". Erst 2015 habe die Beschwerdeführerin zur Einsicht gelangen müssen, dass ihr eine Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich sei. Insofern könne die Vorinstanz auch nicht mittels antizipierter Beweiswürdigung vorwegnehmen, dass von weiteren Beweismassnahmen keine neuen Erkenntnisse mehr zu erwarten seien. Im Gegenteil bestehe sowohl aufgrund der Parteivorbringen als auch anderer sich aus den Akten ergebenden Anhaltspunkten hinreichender Anlass für die Vorinstanz, zusätzliche Abklärungen vorzunehmen oder zu veranlassen. Die Auswirkungen der objektivierten Befunde auf die Erwerbsfähigkeit seien noch zu klären. Insbesondere sei eine polydisziplinäre Begutachtung unerlässlich, da die Beschwerden und Einschränkungen vielgestaltiger Natur und Ursachen seien und sich gegenseitig (mutmasslich) beeinflussten. Die Angelegenheit sei daher antragsgemäss an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie die Abklärungen wie beantragt vervollständige. Sie werde dann auch noch Abklärungen/Feststellungen betreffend die massgeblichen Vergleichseinkommen anzustellen/zu treffen haben, was bislang noch unterblieben oder zumindest nicht aktenkundig gemacht worden sei. Über einen allfälligen Rentenanspruch werde die Vorinstanz nach Massgabe der so vervollständigten Abklärungen zu entscheiden haben.

    6. Duplicando verwies die Vorinstanz am 18. Mai 2020 auf die Stellungnahme des RAD-Arztes Dr. med. C. vom 12. Mai 2020 und führte weiter zusammengefasst aus, die beschwerdeund replikweise vorgebrachten Einwände beruhten weitgehend auf der subjektiven Sichtweise der Versicherten, was aus medizinischer Sicht nicht allein massgebend sein könne. Aus der Replik würden sich somit keine neuen Elemente ergeben, welche Veranlassung zu einer geänderten Betrachtungsweise geben würden. Es verbleibe dementsprechend bei den vernehmlassungsweise gestellten Anträgen (B-act. 16).

    7. Mit prozessleitender Verfügung vom 4. August 2020 schloss die Instruktionsrichterin unter Vorbehalt weiterer Instruktionsmassnahmen den Schriftenwechsel (B-act. 17).

    8. Auf den weiteren Inhalt der Akten sowie der Rechtsschriften und Beweismittel der Parteien ist – soweit erforderlich – in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

Das Bundesverwaltungsgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind und ob auf eine Beschwerde einzutreten ist (Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG, SR 172.021]; BVGE 2016/15 E. 1; 2014/4 E. 1.2).

    1. Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) in Verbindung mit Art. 33 Bst. d VGG und Art. 69 Abs. 1 Bst. b des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG, SR 831.20) ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig.

    2. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (vgl. Art. 37 VGG). Gemäss Art. 3 Bst. dbis VwVG bleiben in sozialversicherungsrechtlichen Verfahren die besonderen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG, SR 830.1) vorbehalten. Gemäss Art. 2 ATSG sind die Bestimmungen dieses Gesetzes auf die bundesgesetzlich geregelten Sozialversicherungen anwendbar, wenn und soweit die einzelnen Sozialversicherungsgesetze es vorsehen. Nach Art. 1 IVG sind die Bestimmungen des ATSG auf die IV anwendbar (Art. 1a - 26bis und 28 - 70 IVG), soweit das IVG nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht. Nach den allgemeinen intertemporalrechtlichen Regeln finden diejenigen Verfahrensregeln Anwendung, welche im Zeitpunkt der Beschwerdebeurteilung in Kraft stehen (BGE 130 V 1 E. 3.2).

    3. Als direkte Adressatin ist die Beschwerdeführerin von der angefochtenen Verfügung vom 21. August 2019 (act. 40) berührt und kann sich auf ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung berufen (Art. 59 ATSG; Art. 48 Abs. 1 VwVG). Nachdem sie den Kostenvorschuss fristgerecht geleistet hat (B-act. 6), ergibt sich zusammenfassend, dass auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 60 ATSG; Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1) einzutreten ist.

    4. Anfechtungsobjekt und damit Begrenzung des Streitgegenstandes des vorliegenden Beschwerdeverfahrens (vgl. BGE 131 V 164 E. 2.1) bildet die

      Verfügung vom 21. August 2019 (act. 40), mit welcher die Vorinstanz den Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine IV-Rente sowie denjenigen auf berufliche Eingliederungsmassnahmen abgewiesen hat. Strittig und zu prüfen ist die Rechtmässigkeit dieser Verfügung und in diesem Zusammenhang insbesondere, ob die Vorinstanz den Sachverhalt in medizinischer Hinsicht rechtsgenüglich abgeklärt und gewürdigt hat.

    5. Das Bundesverwaltungsgericht prüft die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich der Überschreitung oder des Missbrauchs des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit (Art. 49 VwVG).

2.

Im Folgenden sind vorab die im vorliegenden Verfahren weiter anwendbaren gesetzlichen Normen und Rechtsgrundsätze darzustellen.

    1. Die Beschwerdeführerin ist Schweizer Staatsangehörige und wohnt in Thailand. Mangels Sozialversicherungsabkommens zwischen der Schweiz und Thailand kommt ausschliesslich Schweizer Recht zur Anwendung, zumal keine Hinweise auf eine seit dem 28. August 2007 nach § 25 Absatz 1 des deutschen Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) mögliche doppelte Staatsbürgerschaft der Versicherten aktenkundig sind (vgl. hierzu https://www.bmi.bund.de/DE/themen/verfassung/staatsangehoerigkeit/ staatsangehoerigkeitsrecht/staatsangehoerigkeitsrecht-node.html; https:// www.eda.admin.ch/countries/germany/de/home/dienstleistungen/buerger- recht-/doppelte-staatsbuergerschaft.html; zuletzt aufgerufen am 2. Juli 2021).

    2. In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgeblich, die bei der Erfüllung des rechtlich zu ordnenden oder zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 132 V 215 E. 3.1.1). Im vorliegenden Verfahren finden demnach jene Vorschriften Anwendung, die spätestens beim Erlass der Verfügung vom 21. August 2019 (act. 40) in Kraft standen (so auch die Normen der am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Fassung des IVG vom 18. März 2011 [6. IV-Revision]); weiter aber auch solche, die zu jenem Zeitpunkt bereits ausser Kraft getreten waren, die aber für die Beurteilung allenfalls früher entstandener Leistungsansprüche von Belang sind.

    3. Anspruch auf eine Rente der schweizerischen Invalidenversicherung hat, wer invalid im Sinne des Gesetzes ist (Art. 8 ATSG) und beim Eintritt

      der Invalidität während der vom Gesetz vorgesehenen Dauer Beiträge an die Alters-, Hinterlassenenund Invalidenversicherung (AHV/IV) geleistet hat, d.h. während mindestens dreier Jahre (Art. 36 Abs. 1 IVG in der seit

      1. Januar 2008 geltenden Fassung). Diese Bedingungen müssen kumulativ gegeben sein; fehlt eine, so entsteht kein Rentenanspruch, selbst wenn die andere erfüllt ist. Die Beschwerdeführerin hat in der Schweiz unbestrittenermassen während mehr als drei Jahren AHV/IV-Beiträge geleistet (act. 11 S. 4 und act. 35 S. 1), so dass die Voraussetzung der Mindestbeitragsdauer gemäss Art. 36 Abs. 1 IVG in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung erfüllt ist.

    4. Invalidität ist die voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 ATSG), die Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein kann (Art. 4 Abs. 1 IVG). Invalidität ist somit der durch einen Gesundheitsschaden verursachte und nach zumutbarer Behandlung oder Eingliederung verbleibende länger dauernde (volle oder teilweise) Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt resp. der Möglichkeit, sich im bisherigen Aufgabenbereich zu betätigen. Der Invaliditätsbegriff enthält damit zwei Elemente: ein medizinisches (Gesundheitsschaden mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit) und ein wirtschaftliches im weiteren Sinn (dauerhafte oder länger dauernde Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder der Tätigkeit im Aufgabenbereich; vgl. zum Ganzen UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 3. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2015, Art. 8 Rz. 7). Arbeitsunfähigkeit ist die durch eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit bedingte, volle oder teilweise Unfähigkeit, im bisherigen Beruf oder Aufgabenbereich zumutbare Arbeit zu leisten. Bei langer Dauer wird auch die zumutbare Tätigkeit in einem anderen Beruf oder Aufgabenbereich berücksichtigt (Art. 6 ATSG). Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 7 ATSG).

    5. Neben den geistigen und körperlichen Gesundheitsschäden können auch solche psychischer Natur eine Invalidität bewirken (Art. 8 i.V.m. Art. 7 ATSG). Ausgangspunkt der Anspruchsprüfung nach Art. 4 Abs. 1 IVG sowie Art. 6 ff. und insbesondere Art. 7 Abs. 2 ATSG ist die medizinische Befundlage. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit kann immer nur dann

      anspruchserheblich sein, wenn sie Folge einer Gesundheitsbeeinträchtigung ist, die fachärztlich einwandfrei diagnostiziert worden ist (BGE 141 V 281 E. 2.1). Mit der Diagnose eines Gesundheitsschadens ist noch nicht gesagt, dass dieser auch invalidisierenden Charakter hat. Ob dies zutrifft, beurteilt sich gemäss dem klaren Gesetzeswortlaut nach dem Einfluss, den der Gesundheitsschaden auf die Arbeitsund Erwerbsfähigkeit hat. Entscheidend ist, ob der versicherten Person wegen des geklagten Leidens nicht mehr zumutbar ist, ganz oder teilweise zu arbeiten. Deshalb gilt eine objektivierte Zumutbarkeitsprüfung unter ausschliesslicher Berücksichtigung von Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung (BGE 142 V 106

      E. 4.4). Nicht als Folgen eines psychischen Gesundheitsschadens und damit invalidenversicherungsrechtlich nicht als relevant gelten Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit, welche die versicherte Person bei Aufbietung allen guten Willens, die verbleibende Leistungsfähigkeit zu verwerten, abwenden könnte; das Mass des Forderbaren wird dabei weitgehend objektiv bestimmt (BGE 131 V 49 E. 1.2, 130 V 352 E. 2.2.1; SVR 2014 IV Nr. 2

      S. 5 E. 3.1). Entscheidend ist, ob und inwiefern es der versicherten Person trotz ihres Leidens sozialpraktisch zumutbar ist, die Restarbeitsfähigkeit auf dem ihr nach ihren Fähigkeiten offenstehenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt zu verwerten, und ob dies für die Gesellschaft tragbar ist. Dies ist nach einem weitgehend objektivierten Massstab zu prüfen (BGE 136 V 279 E. 3.2.1; SVR 2016 IV Nr. 2 S. 5 E. 4.2).

    6. Gemäss Art. 28 Abs. 1 IVG in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung haben jene Versicherten Anspruch auf eine Rente, die ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wiederherstellen, erhalten oder verbessern können (Bst. a), und die zusätzlich während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 % arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG) gewesen sind und auch nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 % invalid (Art. 8 ATSG) sind (Bst. b und c). Gemäss Art. 28 Abs. 2 IVG in der ab 2008 geltenden Fassung besteht der Anspruch auf eine ganze Rente, wenn die versicherte Person mindestens 70 %, derjenige auf eine Dreiviertelsrente, wenn sie mindestens 60 % invalid ist. Bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 50 % besteht Anspruch auf eine halbe Rente und bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 % ein solcher auf eine Viertelsrente. Laut Art. 29 Abs. 4 IVG (in der ab 2008 geltenden Fassung) werden Renten, die einem Invaliditätsgrad von weniger als 50 % entsprechen, jedoch nur an Versicherte ausgerichtet, die ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 13 ATSG) in der Schweiz haben,

      soweit nicht zwischenstaatliche Vereinbarungen eine abweichende Regelung vorsehen. Eine solche Ausnahme ist vorliegend nicht gegeben. Diese Regelung stellt nicht eine blosse Auszahlungsvorschrift, sondern eine besondere Anspruchsvoraussetzung dar (BGE 121 V 275 E. 6c).

    7. Um den Invaliditätsgrad bemessen zu können, ist die Verwaltung (und im Beschwerdefall das Gericht) auf Unterlagen angewiesen, die Ärzte und gegebenenfalls auch andere Fachleute zur Verfügung zu stellen haben. Aufgabe des Arztes oder der Ärztin ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die Versicherten arbeitsunfähig sind. Im Weiteren sind ärztliche Auskünfte eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Frage, welche Arbeitsleistungen den Versicherten noch zugemutet werden können (BGE 140 V 193 E. 3.2; 132 V 93 E. 4). Demgegenüber fällt es nicht in den Aufgabenbereich des Arztes oder der Ärztin, sich zur Höhe einer allfälligen Rente zu äussern, da der Begriff der Invalidität nicht nur von medizinischen, sondern auch von erwerblichen Faktoren bestimmt wird (vgl. Art. 16 ATSG).

Geht es um psychische Erkrankungen, namentlich eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, ein damit vergleichbares psychosomatisches Leiden (vgl. BGE 140 V 8 E. 2.2.1.3) oder depressive Störungen leichtbis mittelgradiger Natur (BGE 143 V 409), sind für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit systematisierte Indikatoren beachtlich, die – unter Berücksichtigung leistungshindernder äusserer Belastungsfaktoren einerseits und Kompensationspotentialen (Ressourcen) anderseits – erlauben, das tatsächlich erreichbare Leistungsvermögen einzuschätzen (BGE 141 V 281

E. 2, E. 3.4-3.6 und 4.1; 143 V 418 E. 6 ff.). Ausgangspunkt der Prüfung und damit erste Voraussetzung bildet eine psychiatrische, lege artis gestellte Diagnose (vgl. BGE 141 V 281 E. 2.1; 143 V 418 E. 6 und E. 8.1). Die für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit erwähnten Indikatoren hat das Bundesgericht wie folgt systematisiert (BGE 141 V 281 E. 4.1.3): Kategorie

«funktioneller Schweregrad» (E. 4.3) mit den Komplexen «Gesundheitsschädigung» (Ausprägung der diagnoserelevanten Befunde und Symptome; Behandlungsund Eingliederungserfolg oder -resistenz; Komorbiditäten [E. 4.3.1]), «Persönlichkeit» (Persönlichkeitsentwicklung und -struktur, grundlegende psychische Funktionen [E. 4.3.2]) und «sozialer Kontext» (E. 4.3.3) sowie Kategorie «Konsistenz» (Gesichtspunkte des Verhaltens [E. 4.4]) mit den Faktoren gleichmässige Einschränkung des Aktivitä-

tenniveaus in allen vergleichbaren Lebensbereichen (E. 4.4.1) und behandlungsund eingliederungsanamnestisch ausgewiesener Leidensdruck (E. 4.4.2).

Das Prinzip inhaltlich einwandfreier Beweiswürdigung besagt, dass das Sozialversicherungsgericht alle Beweismittel objektiv zu prüfen hat, unabhängig davon, von wem sie stammen, und danach zu entscheiden hat, ob die verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des strittigen Rechtsanspruchs gestatten. Insbesondere darf das Gericht bei einander widersprechenden medizinischen Berichten den Prozess nicht erledigen, ohne das gesamte Beweismaterial zu würdigen und die Gründe anzugeben, warum es auf die eine und nicht auf die andere medizinische These abstellt (SVR 2010 IV Nr. 58 S. 178 E. 3.1; AHI 2001 S. 113 E. 3a).

Der Beweiswert eines ärztlichen Berichts hängt davon ab, ob der Bericht für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Darlegung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen begründet sind. Ausschlaggebend für den Beweiswert ist grundsätzlich somit weder die Herkunft eines Beweismittels noch die Bezeichnung der eingereichten oder in Auftrag gegebenen Stellungnahme als Bericht oder Gutachten, sondern dessen Inhalt (BGE 137 V 210 E. 6.2.2; 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a). Unab-

hängig davon, ob es sich um eine nachweisliche organische Pathologie oder um ein unklares Beschwerdebild handelt, setzt eine Anspruchsberechtigung stets eine nachvollziehbare ärztliche Beurteilung der Auswirkungen des Gesundheitsschadens auf die Arbeitsund Erwerbsfähigkeit voraus. Dabei können – insbesondere unklaren Beschwerdebildern inhärente – Abklärungsund Beweisschwierigkeiten die Berücksichtigung weiterer Lebensund Aktivitätsbereiche wie etwa Freizeitverhalten oder familiäres Engagement erfordern, um das Ausmass der Einschränkungen zu plausibilisieren, wobei auch fremdanamnestische Angaben zu berücksichtigen sind. Ohne Einbezug solcher Indizien, wie sie im Rahmen der festen Praxis zu den organisch nicht nachweisbaren unklaren Beschwerdebildern (BGE 141 V 281 E. 4.4.1) regelmässig zu berücksichtigen sind, ist eine ärztliche Arbeitsfähigkeitsbeurteilung nicht beweiskräftig (BGE 140 V 290

E. 3.3.2). In den konsistenten Nachweis einer gestörten Aktivität und Partizipation einzubeziehen sind nur funktionelle Ausfälle, die sich aus denjenigen Befunden ergeben, welche auch für die Diagnose der Gesundheitsbeeinträchtigung massgebend gewesen sind. Die Einschränkung in den

Alltagsfunktionen, welche begrifflich zu einer lege artis gestellten Diagnose gehört, wird mit den Anforderungen des Arbeitslebens abgeglichen und anhand von Schweregradund Konsistenzkriterien in eine allfällige Einschränkung der Arbeitsfähigkeit umgesetzt. Auf diesem Weg können geltend gemachte Funktionseinschränkungen über eine sorgfältige Plausibilitätsprüfung bestätigt oder verworfen werden (BGE 141 V 281 E. 2.1.2).

Die Stellungnahmen des RAD oder des medizinischen Dienstes der IVSTA, welche nicht auf eigenen Untersuchungen beruhen, können wie Aktengutachten beweiskräftig sein, sofern ein lückenloser Befund vorliegt und es im Wesentlichen nur um die fachärztliche Beurteilung eines an sich feststehenden medizinischen Sachverhalts geht, mithin die direkte ärztliche Befassung mit der versicherten Person in den Hintergrund rückt (vgl. Urteile des BGer 9C_524/2017 vom 21. März 2018 E. 5.1; 9C_28/2015 vom 8. Juni 2015 E. 3.2; 9C_196/2014 vom 18. Juni 2014 E. 5.1.1, je mit Hinweisen). Sofern RAD-Untersuchungsberichte den Anforderungen an ein ärztliches Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a) genügen, auch hinsichtlich der erforderlichen ärztlichen Qualifikationen (vgl. hierzu Urteil des BGer 9C_736/2009 vom 26. Januar 2010 E. 2.1), haben sie einen vergleichbaren Beweiswert wie ein anderes Gutachten (SVR 2009 IV Nr. 53 S. 165

E. 3.3.2). Eine von anderen mit der versicherten Person befassten Ärzten abweichende Beurteilung vermag die Objektivität des Experten nicht in Frage zu stellen. Es gehört vielmehr zu den Pflichten eines Gutachters, sich kritisch mit dem Aktenmaterial auseinanderzusetzen und eine eigenständige Beurteilung abzugeben. Auf welche Einschätzung letztlich abgestellt werden kann, ist eine im Verwaltungsund allenfalls Gerichtsverfahren zu klärende Frage der Beweiswürdigung (BGE 132 V 93 E. 7.2.2).

Die Aufgabe der versicherungsinternen Fachpersonen besteht insbesondere darin, aus medizinischer Sicht – gewissermassen als Hilfestellung für die medizinischen Laien in Verwaltung und Gerichten, welche in der Folge über den Leistungsanspruch zu entscheiden haben – den medizinischen Sachverhalt zusammenzufassen und versicherungsmedizinisch zu würdigen (vgl. SVR 2009 IV Nr. 50 [Urteil 8C_756/2008] E. 4.4 mit Hinweis; Urteil des BGer 9C_692/2014 vom 22. Januar 2015 E. 3.3). Sie haben die vorhandenen Befunde aus medizinischer Sicht zu würdigen, wozu namentlich auch gehört, bei widersprüchlichen medizinischen Akten eine Wertung vorzunehmen und zu beurteilen, ob auf die eine oder die andere Ansicht abzustellen oder aber eine zusätzliche Untersuchung vorzunehmen ist (BGE 142 V 58 E. 5.1). Enthalten die Akten für die streitigen Belange keine be-

weistauglichen Unterlagen, kann die Stellungnahme einer versicherungsinternen Fachperson in der Regel keine abschliessende Beurteilungsgrundlage bilden, sondern nur zu weitergehenden Abklärungen Anlass geben (vgl. Urteil des BGer 9C_58/2011 vom 25. März 2011 E. 3.3).

3.

Im Zusammenhang mit der vorliegend angefochtenen Verfügung vom

21. August 2019 stützte sich die Vorinstanz betreffend den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin und dessen Auswirkungen auf die Arbeitsund Erwerbsunfähigkeit insbesondere auf die Stellungnahme von Dr. med. C. vom RAD vom 13. Juni 2019 (act. 37). Diese sowie weitere medizinischen Berichte sind nachfolgend zusammengefasst wiederzugeben und einer Würdigung zu unterziehen. Anhand dieser medizinischen Akten ist zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin einen (befristeten oder unbefristeten) Rentenanspruch hat resp. ob die materiellen, kumulativen Anspruchsvoraussetzungen von Art. 28 Abs. 1 Bst. a bis c IVG (vgl. zum kumulativen Charakter von Art. 28 Abs. 1 Bst. a bis c IVG bspw. Urteil des BGer 9C_942/2015 vom 18. Februar 2016 E. 3.1) und Art. 28 Abs. 2 IVG erfüllt sind (vgl. E. 2.6 hiervor). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Rentenanspruch gemäss Art. 29 IVG frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Art. 29 Abs. 1 ATSG entsteht, jedoch frühestens im Monat, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt (Abs. 1). Die Beschwerdeführerin unterzeichnete die Anmeldung für Erwachsene am 25. Januar 2019 (act. 5) und signalisierte bereits in ihrer E-Mail vom 14. Januar 2019 (act. 1 und 2) ihren Anmeldewillen. Da sowohl die E-Mail als auch die Anmeldung vom Januar 2019 datieren, ist vorliegend nicht weiter von Relevanz, dass für das Vorliegen einer Anmeldung gemäss Art. 29 Abs. 3 ATSG nicht entscheidend ist, ob der Anspruch formgerecht mit dem dafür vorgesehenen Formular geltend gemacht wurde, sondern vielmehr, ob sich der fraglichen Eingabe ein Anmeldewille entnehmen lässt (UELI KIESER, ATSGKommentar, 3. Aufl. 2015, Art. 29, Rz. 12 und 46; vgl. auch Urteile des BVGer C-7250/2014 vom 13. Dezember 2016 E. 8.3.3 und C-3476/2015 vom 22. Februar 2017 E. 3.3). Nach dem oben Dargelegten könnte der Beschwerdeführerin frühestens ab Juli 2019 unter der Bedingung, dass die materiellen Anspruchsvoraussetzungen von Art. 28 Abs. 1 Bst. a bis c IVG erfüllt sind (vgl. E. 2.6 hiervor), eine IV-Rente ausgerichtet werden.

3.1

      1. In seinem Bericht vom 20. November 2018 diagnostizierte Dr. med. F. vom Zentrum G. eine frozen shoulder bzw. eine adhäsive Capsulitis rechts (ICD-10: F75.0). Weiter schrieb er von einer Aussenrotation bei adduziertem Arm von 30 Grad, einer deutlichen Funktionseinschränkung und einer HWS mit muskulärer Verspannung und symmetrischer Bewegungseinschränkung im Sinne eines degenerativen Facettensyndroms (jedoch kein Anhalt für eine zervikal-radikuläre Ursache der beklagten Schulterschmerzen). Schliesslich führte er aus, er habe dazu geraten, den spontanen Heilungsverlauf abzuwarten, der sich sicherlich noch einige Monate hinziehen werde (act. 8).

      2. Am 25. April 2019 wurde bei der Versicherten chirurgisch eine Septoturbinoplastik durchgeführt (act. 21 S. 1, act. 26 und 28). Gemäss dem entsprechenden Bericht des H. Hospital in (…) vom 26. April 2019 war die Versicherte vom 25. bis 27. April 2019 hospitalisiert; die postoperative Periode sei ereignislos verlaufen (act. 30 und 31).

      3. In seiner Stellungnahme vom 13. Juni 2019 diagnostizierte der RADArzt Dr. med. C. gestützt auf die ihm vorliegenden medizinischen Dokumente eine schwere thorakale Skoliose (ICD-10: M54.4), Zustände nach Schulterschmerzen rechts bei idiopathischer frozen shoulder (ICD10: M75.0) und Septoturbino-Plastie im April 2019 bei rezidivierenden Sinusitiden und Septumdeviation sowie anhand der Berichte des Schlaflabors (act. 37) ein Schlaf-Apnoe-Syndrom. Er attestierte der Versicherten weder in der bisherigen Tätigkeit noch im Haushalt noch in einer Verweisungstätigkeit eine Arbeitsund Leistungsunfähigkeit und berichtete weiter, die Aktenlage sei vollständig. Die Versicherte weise diverse, aber banale Gesundheitsprobleme auf. Die Schultersteife (frozen shoulder) rechts sei nicht traumatisch und in diesem Zusammenhang selbstheilend. Die Nasenoperation kuriere die Probleme mit den Nebenhöhlen. Das Schlaf-ApnoeSyndrom sei korrekt mittels CPAP behandelt. Die Wirbelsäulen-Skoliose sei wahrscheinlich seit der Jugend vorhanden und nirgends als behindernd beschrieben. Demnach weise die Versicherte keine langdauernde und invalidisierende Erkrankung im Sinne der Invalidenversicherung auf (act. 37).

3.2

Obwohl die Versicherte im Anmeldeformular vom 25. Januar 2019 angege-

ben hatte, von 2011 bis 2013 auch in der Klinik E. behandelt worden zu sein (act. 5 S. 6), verzichtete die Vorinstanz vor Erlass der vorliegend angefochtenen Verfügung vom 21. August 2019 (act. 40) auf die Einholung der entsprechenden Berichte. Diese erst nach Einreichung der Replik vom 27. April 2020 (B-act. 14) aktenkundig gewordenen Dokumente sind im vorliegenden Beschwerdeverfahren ebenfalls zu berücksichtigen. Dasselbe gilt auch für die nach Verfügungserlass erstellte Stellungnahme des RAD-Arztes Dr. med. C. vom 12. Mai 2020 (B-act. 16 Beilage 2), da diese mit dem Streitgegenstand in engem Sachzusammenhang steht und geeignet ist, die Beurteilung im Zeitpunkt des Erlasses der vorliegend angefochtenen Verfügung vom 21. August 2019 zu beeinflussen (vgl. Urteil des BVGer C-1516/2013 vom 4. März 2015 E. 2.4 mit Hinweis auf das Urteil des BGer 9C_24/2008 vom 27. Mai 2008 E. 2.3.1).

      1. Im Bericht des Spitals E. vom 29. Oktober 2013 wurde zusammengefasst ausgeführt, im MRI zeige sich eine Nervenwurzelkompression L4 und wahrscheinlich auch L5 links, die Versicherte schildere jedoch keine ausstrahlende Symptomatik. Man führe die konservative Therapie weiter und sehe die Versicherte in zirka sechs Wochen zu einer Verlaufskontrolle mit Röntgenaufnahmen der ganzen Wirbelsäule in der Skoliosesprechstunde (B-act. 14 Beilage 2 S. 1, 2 und 4).

      2. Im Bericht vom 6. November 2013 des Spitals E. wurde ausgeführt, die Kontrollaufnahme nach der Intervention zeige eine korrekte Nadellage und eine korrekte Verteilung des Kontrastmittels periradikulär L3 rechts. Nach einer Viertelstunde zeige sich eine Schmerzregredienz von 8 Punkten auf 2.5 Punkte auf der visuell-analogen Skala (B-act. 14 Beilage 2 S. 5).

      3. Nach Durchführung eines EOS-Röntgen am 6. Dezember 2013 wurde gleichentags in einem weiteren Bericht des Spitals E. erwähnt, der Verlauf nach dem Nervenwurzelblock L3 rechts sei erfreulich. Aktuell sei die Versicherte beschwerdearm, sodass keine weiteren Therapiemassnahmen notwendig seien. Die Versicherte werde sich bedarfsweise melden (B-act. 14 Beilage 2 S. 3 und 6).

      4. In seiner Stellungnahme vom 12. Mai 2020 berichtete Dr. med. C. vom RAD, die Unterlagen der E. -Klinik bestätigten den funktionellen Charakter der Rückenbeschwerden; diese seien mit konservativen Massnahmen ohne weiteres behandelbar und berechtigten per se zu keiner langandauernden Arbeitsunfähigkeit. Von der Rechtsvertreterin

werde auch moniert, dass es sich angeblich nicht um eine Schlafapnoe handle, sondern um eine Einschränkung der oberen Luftwege (Upper Airway Resistance Syndrom); leider habe sich die Anwältin "zuwenig darüber schlau gemacht", dass diese zwei Krankheiten Symptome seien, dasselbe bedeuten würden und nichts mit der Skoliose zu tun habe. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass die Versicherte erfolgreich mittels nächtlichem CPAP behandelt werde. Somit würden die neu eingereichten Akten keine neuen Aspekte bringen, die die RAD-Beurteilung vom 13. Juni 2019 ändern würden. Vielmehr werde mit diesen Unterlagen diese Einschätzung bestätigt, dass die Versicherte während vielen Jahren ohne Probleme gearbeitet habe (B-act. 16 Beilage 2).

    1. Wie bereits dargelegt wurde (vgl. E. 2.7 hiervor), kann auf Stellungnahmen von Fachärztinnen und -ärzten des RAD nur unter der Bedingung abgestellt werden, dass deren Beurteilungen den allgemeinen beweisrechtlichen Anforderungen an einen ärztlichen Bericht (resp. an ein Gutachten) genügen und zudem die beigezogenen Ärztinnen und Ärzte über die im Einzelfall gefragten persönlichen und fachlichen Qualifikationen verfügen. Den Stellungnahmen im Sinne von Art. 59 Abs. 2bis IVG von Dr. med. C. vom 13. Juni 2019 und 12. Mai 2020 könnte – obwohl solche ohne eigene Untersuchung resp. Abklärung vor Ort verfasst wurden – volle Beweiskraft zukommen, wenn die übrigen, von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien erfüllt sind. Das ist vorliegend jedoch aufgrund der nachfolgenden Erwägungen nicht der Fall.

      1. Insofern sich Dr. med. C. bei seiner Beurteilung in der Stellungnahme vom 12. Mai 2020 auf die Berichte des Spitals E. vom

        29. Oktober, 6. November und 6. Dezember 2013 stützte, kann darauf mit Blick auf das massgebliche Verfügungsdatum vom 21. August 2019 mangels Aktualität zum Vornherein nicht abgestellt werden.

      2. Die Beschwerdeführerin wurde von Dr. med. C. nicht selber untersucht. Zwar steht dieser Umstand der Beweiskraft seiner Stellungnahmen vom 13. Juni 2019 und 12. Mai 2020 grundsätzlich nicht entgegen. Da jedoch kein lückenloser Befund vorliegt und es nicht bloss um die fachärztliche Beurteilung eines – aufgrund eines beweiskräftigen medizinischen Dokuments – an sich feststehenden medizinischen Sachverhalts geht, kann darauf nicht abgestellt werden (vgl. E. 2.7 hiervor). Hinzu kommt, dass Dr. med. C. mit Blick auf die Berichte des Spitals E. nicht über einen Facharzttitel in der medizinischen Disziplin Orthopädie

        verfügt und seine Auffassung, wonach die Versicherte während vielen Jahren ohne Probleme gearbeitet habe, insofern nicht zutrifft, als sie nach ihrer langjährigen Landesabwesenheit vom 31. August 2005 bis 22. Oktober

        2013 (act. 2, 5 und 11) nur in der Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2015 als Fachperson Wohnen in der B. gearbeitet hatte (act. 11).

      3. Zwar kann ein Schlafapnoe-Syndrom durch eine CPAP-Therapie grundsätzlich wirksam behandelt werden, wobei diese Behandlungsmassnahme der Beschwerdeführerin im Rahmen der Schadenminderungspflicht praxisgemäss auch zumutbar ist (vgl. hierzu Urteil des BGer 8C_348/2015 vom 25. August 2015 E. 4.2 mit Hinweis auf BGE 134 V 109 E. 10.2.7 mit Hinweisen und Urteil des BGer 8C_249/2015 vom 13. Juli 2015 E. 4.2 mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 8C_53/2010 vom 26. Mai 2010 E. 5.2.1 mit Hinweis). Jedoch ist keine fachärztliche Beurteilung aktenkundig, welche rechtsgenüglich beschreibt, inwiefern sich die DPAP-Behandlung auf die Arbeitsund Erwerbsfähigkeit der Beschwerdeführerin auswirkt. Immerhin macht diese explizit geltend, dass die Atemprobleme bzw. die daraus resultierende Kurzatmigkeit nicht bloss Störung des Nachtschlafs mit konsekutiver Tagesmüdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten bedeuteten, sondern auch erhebliche Einschränkungen am Tag bewirkten. Unter diesen Aspekten vermag die reine Aktenbeurteilung von Dr. med. C. im massgebenden Zeitpunkt des Verfügungserlasses (21. August 2019; vgl. BGE 131 V 9 E. 1 und 121 V 362 E. 1b je mit Hinweisen) nicht vollends zu überzeugen.

      4. Ebenfalls fehlen fachärztliche Angaben hinsichtlich des Leistungsvermögens der Versicherten in der angestammten resp. der zuletzt befristet ausgeübten ausserhäuslichen Erwerbstätigkeit. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin anlässlich ihrer letzten, vom 1. Juni bis 30. November 2015 befristet gewesenen Erwerbstätigkeit in der Funktion als Fachperson Wohnen (vgl. Bst. A. hiervor) aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme von diversen Arbeiten (Transfers von Bewohnern und Bewohnerinnen in Rollstühle oder Badewannen, Stossen von Rollstühlen, Gehund Stehübungen mit schlecht stehenden Bewohnerinnen und Bewohnern, Heben und Transferieren von schweren Gegenständen) entbunden worden war (B-act. 14 Beilage 3). Unter diesen Aspekten ist es fraglich, ob der Beschwerdeführerin diese zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit – ohne entsprechendes Entgegenkommen seitens der Arbeitgeberin – überhaupt noch vollzeitlich zumutbar gewesen war resp. mit Blick auf eine neue potentielle Arbeitgeberin zumutbar ist. Zufolge der oben erwähnten, körperlich schweren Tätigkeiten sind die Ausführungen von Dr.

        med. C. in dessen Stellungnahme vom 13. Juni 2019, wonach die Beschwerdeführerin trotz der von Dr. med. C. aus den medizinischen Akten übernommenen Diagnose einer schweren thorakalen Skoliose (ICD-10: M54.4) "banale Gesundheitsprobleme" aufweise, wenig überzeugend.

      5. Darüber hinaus findet sich in den Akten auch keine schlüssige und überzeugende fachärztliche Beurteilung in Bezug auf leidensadaptierte Verweisungstätigkeiten. Hingegen ist der Umstand, dass sich in den Akten keine Beurteilung betreffend die Arbeitsresp. Leistungsfähigkeit im Aufgabenbereich (Haushalt) findet, vorliegend nicht weiter von Relevanz (vgl.

E. 5 hiernach).

3.4 Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ergibt sich zusammenfassend, dass sich der gesundheitliche Zustand der Beschwerdeführerin und dessen Auswirkungen auf die Arbeitsund Leistungsfähigkeit aufgrund der Stellungnahmen von Dr. med. C. vom 13. Juni 2019 und 12. Mai 2000 sowie der weiteren aktenkundigen medizinischen Berichte nicht schlüssig und zuverlässig beurteilen lassen (vgl. BGE 125 V 353 E. 3b/bb; vgl. zum Ganzen auch E. 2.7 hiervor). Es kann deshalb nicht – im Sinne einer antizipierten Beweiswürdigung (vgl. hierzu BGE 136 I 229 E. 5 und 131 I 153 E. 3; SVR 2007 IV Nr. 45 S. 149 E. 4; Urteil des BGer I 9/07 vom

9. Februar 2007 E. 4) – davon ausgegangen werden, dass von einer medizinisch nachvollziehbar und schlüssig begründeten Expertise keine verwertbaren entscheidrelevanten Erkenntnisse zu den Diagnosen und zum Grad der Arbeitsund Leistungsunfähigkeit zu erwarten sind (vgl. zum Ganzen Urteil des BGer 8C_189/2008 vom 4. Juli 2008 E. 5 mit Hinweisen). Das gilt selbst unter dem Aspekt, dass retrospektive Beurteilungen der Arbeitsunfähigkeit schwierig sind und entsprechende Begutachtungen deshalb erhöhten Ansprüchen genügen müssen (vgl. hierzu Urteil des BVGer C-1421/2013 vom 29. September 2014 E. 3.4.2 mit Hinweis).

4.

Die Vorinstanz ist demnach in Anwendung von Art. 61 Abs. 1 VwVG anzuweisen, eine umfassende medizinische Begutachtung zu veranlassen. Da die Möglichkeit besteht, dass bei der Beschwerdeführerin möglicherweise somatische Erkrankungen in Form der schweren thorakalen Skoliose (ICD10: M54.4) und des Schlafapnoe-Syndroms untereinander bzw. allenfalls zusätzlich auch mit den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen (B-act. 14; act. 23 S. 11) zusammenwirken könnten, ist diese Begutachtung interdisziplinär in den medizinischen

Disziplinen Pneumologie, Orthopädie und Psychiatrie in der Schweiz durchzuführen, da ausländische Expertinnen und Experten mit der schweizerischen Versicherungsmedizin weniger vertraut sind als in der Schweiz praktizierende Expertinnen und Experten, und weil keine Gründe ersichtlich sind, die eine Begutachtung in der Schweiz als unverhältnismässig erscheinen liessen (vgl. Urteile des BGer 9C_235/2013 vom 10. September 2013 E. 3.2 mit weiteren Hinweisen und 8C_189/2008 vom 4. Juli 2008

E. 5 mit Hinweis auf 8C_321/2007 vom 6. Mai 2008 E. 6.3). Zweck dieses interdisziplinären Gutachtens ist es, alle relevanten gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erfassen und die sich daraus je einzeln ergebenden Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit in ein Gesamtergebnis zu bringen (BGE 137 V 210 E. 1.2.4 S. 224; SVR 2008 IV Nr. 15 S. 43, I 514/06 E. 2.1).

Ob allenfalls weitere Spezialisten – bspw. auf den Fachbereichen Wirbelsäulenchirurgie und/oder Neurochirurgie – beizuziehen sind, ist dem pflichtgemässen Ermessen der Gutachterinnen oder Gutachter zu überlassen, zumal es primär ihre Aufgabe ist, aufgrund der konkreten Fragestellung über die erforderlichen Untersuchungen zu befinden (vgl. dazu BGE 139 V 349 E. 3.3; Urteil des BGer 8C_124/2008 vom 17. Oktober 2008 E.6.3.1), und sie einerseits für die fachliche Güte und die Vollständigkeit der interdisziplinär erstellten Entscheidungsgrundlage und anderseits für eine wirtschaftliche Abklärung letztverantwortlich sind (BGE 139 V 349

E. 3.3). Im Rahmen dieser notwendigen medizinischen Begutachtung – welche bei einer Gutachterstelle, mit welcher das Bundesamt für Sozialversicherungen eine Vereinbarung getroffen hat, nach dem Zufallsprinzip gemäss dem Zuweisungssystem "SuisseMED@P" zu erfolgen hat (vgl. hierzu Art. 59 Abs. 3 IVG i.V.m. Art. 72bis Abs. 1 und 2 IVV; BGE 140 V 507

E. 3.1 und E. 3.2.1 sowie BGE 139 V 349 E. 2.2) – sind sämtliche bisher verfassten ärztlichen Berichte und Gutachten – auch die gegebenenfalls nach Verfügungserlass vom 21. August 2019 erstellten – von den Expertinnen und/oder Experten zu berücksichtigen und zu würdigen. Da Diagnosen unerlässliche Voraussetzung für eine abschliessende Beurteilung bilden, haben sich die Gutachterinnen und/oder die Gutachter zudem auch mit den Diagnosestellungen auseinanderzusetzen und sich – nach feststehenden Diagnosen – zur funktionellen Arbeitsresp. Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin (allenfalls mit Hilfe der heranzuziehenden Standardindikatoren gemäss BGE 141 V 281 bzw. 143 V 409 und 143 V 418) sowohl in der bisherigen Tätigkeit als auch in einer angepassten ausserhäuslichen Erwerbstätigkeit zu äussern.

5.

Aufgrund des vorstehend Dargelegten ist zusammenfassend festzuhalten,

dass die Vorinstanz ihrer Abklärungspflicht nicht rechtsgenüglich nachgekommen ist resp. infolge unvollständiger Feststellung des rechtserheblichen medizinischen Sachverhalts entscheidwesentliche Aspekte vollständig ungeklärt geblieben sind (Art. 43 ff. ATSG und Art. 12 VwVG). Mangels eines lückenlos feststehenden medizinischen Sachverhalts sind die Voraussetzungen für eine reine Aktenbeurteilung durch den RAD-Arzt Dr. med. C. nicht erfüllt, denn die Würdigung der verschiedenen somatischen Leiden bzw. der allenfalls darauf zurückzuführenden Einschränkung der Arbeitsund Leistungsfähigkeit hätte gestützt auf eine umfassende fachübergreifende, polydisziplinäre Gesamtschau erfolgen müssen (vgl. BGE 137 V 210 E. 1.2.4), zumal auch Hinweise auf eine mögliche psychische gesundheitliche Beeinträchtigung vorliegen. Eine rechtskonforme Beurteilung des Rentenanspruchs ist demzufolge aufgrund der Akten nicht möglich. Da es insbesondere an einer interdisziplinären Gesamtbeurteilung fehlt und die Vorinstanz im vorliegenden Verfahren noch kein Gutachten eingeholt, sondern sich lediglich auf die ungenügenden Aktenbeurteilungen ihres RAD-Arztes gestützt hatte, steht einer Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu weiteren Abklärungen nichts entgegen (vgl. BGE 137 V 210 E. 4.4.1.4).

6.

Betreffend die Frage nach der anwendbaren Invaliditätsbemessungsmethode (Art. 8 ATSG in Verbindung mit Art. 16 ATSG sowie Art. 28a Abs. 2 und 3 IVG) im vorliegenden Beschwerdeverfahren ergibt sich weiter Folgendes.

    1. Ob eine versicherte Person als ganztägig oder zeitweilig Erwerbstätige oder als Nichterwerbstätige einzustufen ist – was je zur Anwendung einer anderen Methode der Invaliditätsbemessung (Einkommensvergleich, Betätigungsvergleich, gemischte Methode) führt –, ergibt sich aus der Prüfung, was sie bei im Übrigen unveränderten Umständen täte, wenn keine gesundheitliche Beeinträchtigung bestünde (BGE 141 V 15 E. 3.1). Entscheidend ist nicht, welches Ausmass der Erwerbstätigkeit der versicherten Person im Gesundheitsfall zugemutet werden könnte, sondern in welchem Pensum sie hypothetisch erwerbstätig wäre (BGE 144 I 28 E. 2.3). Bei einer im Haushalt tätigen versicherten Person sind im Besonderen unter anderem die persönlichen, familiären, sozialen und erwerblichen Verhältnisse, das Alter, die beruflichen Fähigkeiten und die Ausbildung sowie die persönlichen Neigungen und Begabungen zu berücksichtigen. Dabei sind die konkrete Situation und die Vorbringen der versicherten Person nach Massgabe der allgemeinen Lebenserfahrung zu würdigen (BGE 144

      I 28 E. 2.3 und BGE 117 V 194 E. 3b). Die Frage nach der anwendbaren Methode beurteilt sich praxisgemäss nach den Verhältnissen, wie sie sich bis zum Erlass der Verwaltungsverfügung entwickelt haben, wobei für die hypothetische Annahme einer im Gesundheitsfall ausgeübten (Teil-)Erwerbstätigkeit der im Sozialversicherungsrecht übliche Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erforderlich ist (BGE 144 I 28 E. 2.3).

    2. Die Beschwerdeführerin gab in ihrer Anmeldung vom 25. Januar 2019 zwar an, seit dem 1. Dezember 2015 als Hausfrau tätig zu sein (act. 8 S. 6 und 8). Im Fragebogen für die Versicherte erwähnte sie jedoch, ihre Erwerbstätigkeit zufolge stark eingeschränkter Mobilität, Schlafstörungen, Atemproblemen und mangels Belastbarkeit unterbrochen resp. nicht wiederaufgenommen zu haben (act. 23 S. 4 und 6). Diese Ausführungen legen den Schluss nahe, dass sie die ausserhäusliche Erwerbstätigkeit nicht aus freien Stücken, sondern aufgrund ihres Gesundheitszustandes aufgegeben hatte und aktuell nicht freiwillig im Aufgabenbereich Haushalt tätig ist. Dafür sprechen auch ihre weiteren Angaben, wonach sie seit Dezember 2015 zufolge der stark eingeschränkten Mobilität, von Schlafstörungen und Kurzatmigkeit dauerhaft in Thailand lebe. Zwar würde sie lieber in der Schweiz leben, aber das Klima bereite ihr deutlich grössere Atemprobleme und Rückenschmerzen, und ausserdem könne sie sich in der Schweiz nicht selber finanzieren, während sie in Thailand von Ersparnissen bescheiden leben könne (act. 23 S. 11).

    3. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz im Rahmen der Invaliditätsbemessung die allgemeine Methode des Einkommensvergleichs (vgl. hierzu BGE 128 V 29 E. 1, 104 V 135 E. 2b; SVR

2017 IV Nr. 70 S. 217 E. 2.2) für massgeblich und vorliegend anwendbar erachtet hatte (act. 35 S. 1). Sie hat deshalb nach Vorliegen der vollständigen medizinischen fachärztlichen Abklärungsergebnisse die Invalidität anhand eines Einkommensvergleichs zu bestimmen und abzuklären, in welchem Ausmass die Beschwerdeführerin im ausserhäuslichen Bereich zufolge ihres Gesundheitszustandes auf dem ihr nach ihren Fähigkeiten noch offenstehenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt zumutbarerweise noch erwerbstätig sein könnte (vgl. hierzu etwa Urteil des BGer 9C_921/2009 vom

22. Juni 2010, E. 5.3). Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass an die Konkretisierung von Arbeitsgelegenheiten (und Verdienstaussichten) praxisgemäss nicht übermässige Anforderungen zu stellen sind. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hat wiederholt darauf hingewiesen, dass körperlich leichte und wechselbelastende Tätigkeiten auf dem allein massgebenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt durchaus vorhanden sind (vgl. Urteil

des BGer 8C_391/2014 vom 9. Juli 2014 E. 4 mit Hinweisen). Andererseits hat auch der Umstand, dass die Arbeitsfähigkeit einer versicherten Person nach der Tätigkeit zu beurteilen ist, die sie – im Rahmen der Schadenminderungspflicht (vgl. Art. 21 Abs. 4 ATSG) – nach ihren persönlichen Verhältnissen und gegebenenfalls nach einer gewissen Anpassungszeit bei gutem Willen ausüben könnte (vgl. Urteil des BVGer 5644/2018 vom

27. Mai 2019 E. 6 mit Hinweis), Berücksichtigung zu finden.

7.

Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist zusammenfassend festzuhalten, dass die Beschwerde insoweit gutzuheissen ist, als die angefochtene Verfügung vom 21. August 2019 aufzuheben ist und die Akten im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zur Durchführung von weiteren umfassenden medizinischen Abklärungen und anschliessendem Erlass einer neuen Verfügung zurückzuweisen sind.

8.

Zu befinden bleibt über die Verfahrenskosten und eine allfällige Parteientschädigung.

    1. Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig (Art. 69 Abs. 1bis und 2 IVG), wobei die Verfahrenskosten gemäss Art. 63 Abs. 1 VwVG in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt werden. Da eine Rückweisung praxisgemäss als Obsiegen der Beschwerde führenden Partei gilt (BGE 132 V 215 E. 6), sind im vorliegenden Fall der Beschwerdeführerin keine Kosten aufzuerlegen. Dieser ist der geleistete Verfahrenskostenvorschuss in der Höhe von Fr. 800.- nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils zurückzuerstatten. Der Vorinstanz werden ebenfalls keine Verfahrenskosten auferlegt (Art. 63 Abs. 2 VwVG).

    2. Die obsiegende, anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin hat gemäss Art. 64 Abs. 1 VwVG in Verbindung mit Art. 7 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) Anspruch auf eine Parteientschädigung zu Lasten der Vorinstanz. Da keine Kostennote eingereicht wurde, ist die Entschädigung aufgrund der Akten festzusetzen (Art. 14 Abs. 2 Satz 2 VGKE). Unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs, des gebotenen und aktenkundigen Aufwands, der Bedeutung der Streitsache und der Schwierigkeit des vorliegend zu beurteilenden Verfahrens ist eine Parteientschädigung von Fr. 2‘800.- angemessen (inklusive Auslagen und

7.7%iger Mehrwertsteuer [seit 1. Januar 2018; vgl. Art. 9 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 10 Abs. 2 VGKE; Art. 25 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer vom 12. Juni 2009 {MWSTG; SR 641.20}]).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird insofern gutgeheissen, als die Verfügung vom

21. August 2019 aufgehoben und die Sache zum weiteren Vorgehen im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.

2.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben. Der von der Beschwerdeführerin geleistete Verfahrenskostenvorschuss in der Höhe von Fr. 800.- wird dieser nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils zurückerstattet.

3.

Der Beschwerdeführerin wird zu Lasten der Vorinstanz eine Parteientschädigung von Fr. 2‘800.– zugesprochen.

4.

Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde; Beilage: Formular Zahladresse)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. […]; Einschreiben)

  • das Bundesamt für Sozialversicherungen (Einschreiben)

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:

Viktoria Helfenstein Roger Stalder

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten geführt werden, sofern die Voraussetzungen gemäss Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG gegeben sind. Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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