Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung V |
Dossiernummer: | E-7389/2018 |
Datum: | 15.12.2020 |
Leitsatz/Stichwort: | Asyl und Wegweisung |
Schlagwörter : | Beschwerde; Beschwerdeführer; Eritrea; Wegweisung; Nationaldienst; Bundesverwaltungsgericht; Ausreise; Person; Eritreische; Rückkehr; Behörde; Beschwerdeführers; Behörden; Politisch; Vorladung; Vollzug; Eritreischen; Recht; Glaubhaft; Vorinstanz; Zumutbar; Politische; Verfügung; Wegweisungsvollzug; Heimatstaat; Aufgr; Verfahren; Schweiz; Habe |
Rechtsnorm: | Art. 25 BV ; Art. 44 BV ; Art. 49 BV ; Art. 52 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 65 VwVG ; Art. 83 AIG ; Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
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Abteilung V E-7389/2018
Besetzung Richterin Constance Leisinger (Vorsitz),
Richterin Gabriela Freihofer, Richter David R. Wenger, Gerichtsschreiberin Natassia Gili.
Parteien A. , geboren am (…), Eritrea,
vertreten durch Roger Plattner, AsyLex, Beschwerdeführer,
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Asyl und Wegweisung;
Verfügung des SEM vom 20. November 2018 / N (…).
Der Beschwerdeführer, eritreischer Staatsangehöriger, der Ethnie der Tigre angehörend, ersuchte am 27. Juli 2015 im Empfangsund Verfahrenszentrum (EVZ) B. um Asyl. Am 10. August 2015 wurde er summarisch zu seiner Person befragt (Befragung zur Person; BzP), am 6. Februar 2017 wurde er eingehend zu seinen Asylvorbringen angehört.
Zur Begründung seines Asylgesuchs brachte er im Wesentlichen vor, aus dem Ort C. , Subzoba D. , Zoba E. , zu stammen, wo er – mit Ausnahme von zwei Schuljahren, welche er in F. absolviert habe – bis zu seiner Ausreise gelebt habe. Er habe bis zum Tod seiner Mutter im Jahre 2011 die Schule besucht. In C. habe er mit seinen Geschwistern bei einer Tante gelebt, während sein Vater im Nationaldienst in G. gedient habe und daher nur selten zu Hause gewesen sei. Um nach dem Abbruch der Schule einem Zugriff durch die Militärbehörden und dem Nationaldienst zu entgehen, habe er sich kaum mehr im Dorf und stattdessen mehrheitlich am Strand aufgehalten, wo er als (…) gearbeitet habe. Im Januar 2015 habe er an einer Hochzeit eines Freundes teilgenommen. Während der Feier sei es zu einer Militärrazzia gekommen, wobei er und andere Jugendliche verhaftet und auf einen Sammelplatz in C. gebracht worden seien. Weil er sich nicht ordnungsgemäss habe ausweisen können, sei er aufgefordert worden, sich ab sofort den Militärbehörden zur Verfügung zu halten. Ihm sei ein Gewehr ausgehändigt und mitgeteilt worden, er habe zu gegebener Zeit die Grundausbildung im Nationaldienst anzutreten. Er sei von der in H. stationierten (…) zu Wachdiensten und zur aktiven Teilnahme an Razzien eingesetzt worden. Im April 2015 habe er eine Vorladung zur militärischen Grundausbildung erhalten, welche er im Mai 2015 in I. hätte antreten müssen. Noch im April 2015 sei er zusammen mit seinem jüngeren Bruder mithilfe eines Schleppers illegal aus Eritrea geflohen. Weil sein Bruder die Weiterreise als zu gefährlich eingestuft habe, sei er allein über den Sudan, Libyen und Italien in die Schweiz gelangt. Sein Bruder sei zwischenzeitlich aus dem Sudan nach Eritrea zurückgeschafft worden und absolviere in Eritrea die militärische Ausbildung.
Mit Verfügung vom 20. November 2018 – eröffnet am 26. November 2018
– verneinte das SEM die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers,
lehnte sein Asylgesuch ab und ordnete die Wegweisung sowie deren Vollzug aus der Schweiz an.
Mit Eingabe 27. Dezember 2018 erhob der Beschwerdeführer, handelnd durch den rubrizierten Rechtsvertreter, beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen den vorinstanzlichen Entscheid. Dabei beantragte er, die vorinstanzliche Verfügung sei aufzuheben und ihm sei in Anerkennung seiner Flüchtlingseigenschaft Asyl zu gewähren. Eventualiter sei er vorläufig aufzunehmen, subeventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung und vertieften Abklärung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
In formeller Hinsicht ersuchte er um Aussetzung des Wegweisungsvollzugs bis zum Entscheid sowie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses.
Mit Zwischenverfügung vom 15. Januar 2019 wurde festgehalten, dass der Beschwerde aufschiebende Wirkung zukomme. Zudem wurde das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gutgeheissen und der Beschwerdeführer von der Pflicht zur Leistung eines Kostenvorschusses befreit. Gleichzeitig wurde die Vorinstanz zur Einreichung einer Vernehmlassung aufgefordert.
Mit Vernehmlassung vom 21. Januar 2019 nahm die Vorinstanz zur Beschwerde Stellung und hielt an ihren Ausführungen mit ergänzenden Anmerkungen fest.
Die Vernehmlassung wurde dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom
28. Januar 2019 zur Einreichung einer Replik zugestellt.
Mit Schreiben vom 11. Februar 2019 reichte der Beschwerdeführer eine Replik ein.
Mit Eingabe vom 13. Mai 2019 informierte der Beschwerdeführer unter Beilage eines Arbeitsvertrages sowie der Arbeitsbewilligung des Migrationsamtes J. über seine unbefristete Anstellung per 11. April 2019 als (…).
Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG). Eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG liegt nicht vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet.
Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).
Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht worden. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und aArt. 108 Abs. 1 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
Am 1. März 2019 ist die Teilrevision des AsylG vom 26. Juni 1998 (AS 2016 3101; SR 142.31) in Kraft getreten. Für das vorliegende Verfahren gilt das bisherige Recht (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des AsylG vom 25. September 2015).
Am 1. Januar 2019 wurde das Ausländergesetz vom 16. Dezember
2005 (AuG, SR 142.20) teilrevidiert (AS 2018 3171) und in Ausländerund Integrationsgesetz (AIG) umbenannt. Die vorliegend anzuwendenden Gesetzesartikel (insbesondere Art. 83) sind unverändert vom AuG ins AIG übernommen worden.
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).
Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG). Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken (Art. 3 Abs. 2 AsylG).
Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG).
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Anforderungen an das Glaubhaftmachen der Vorbringen in verschiedenen Entscheiden dargelegt und folgt dabei ständiger Praxis. Darauf kann hier verwiesen werden (vgl. BVGE 2015/3 E. 6.5.1 mit Verweisen).
Subjektive Nachfluchtgründe liegen vor, wenn eine asylsuchende Person erst durch ihre Ausreise aus dem Heimatoder Herkunftsstaat oder wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise eine Verfolgung im Sinne von Art. 3 AsylG zu befürchten hat. Als subjektive Nachfluchtgründe gelten insbesondere unerwünschte exilpolitische Betätigungen, ein illegales Verlassen des Heimatlandes (sog. Republikflucht) oder die Einreichung eines Asylgesuchs im Ausland, wenn sie die Gefahr einer zukünftigen Verfolgung begründen (BVGE 2009/29 E. 5.1 S. 376 f.; 2009/28 E.7.1 S. 352). Perso-
nen mit subjektiven Nachfluchtgründen erhalten gemäss Art. 54 AsylG kein Asyl, werden jedoch als Flüchtlinge vorläufig aufgenommen.
Das SEM führte in seiner Verfügung aus, dass die Vorbringen des Beschwerdeführers den Anforderungen an die Glaubhaftmachung nicht genügen würden. So habe der Beschwerdeführer in Bezug auf die geltend gemachte Militärvorladung eine solche weder als Beweismittel eingereicht noch Bemühungen für deren nachträgliche Beschaffung erkennen lassen,
obwohl ihm die Vorladung eigenen Angaben zufolge ausgehändigt worden sei und er in Kontakt mit seinen Angehörigen im Heimatstaat stehe. Es wäre ihm möglich und zumutbar gewesen, sich um die Organisation des Beweismittels zu kümmern, zumal eritreischen Asylsuchenden die Wichtigkeit von Beweismitteln bekannt sein dürfte und diese auch immer wieder bei der Vorinstanz nachgereicht würden. Aus dem Fehlen dieses Beweismittels könne zwar nicht direkt auf die Unglaubhaftigkeit der Vorbringen geschlossen werden, es bestünden aber gewisse Zweifel an den vorgebrachten Asylgründen. Den Ausführungen des Beschwerdeführers fehle es ferner an einer plausiblen und substanziierten Schilderung der Ausreisegründe. Erste Zweifel an der Glaubhaftigkeit hätten sich durch die oberflächliche Beschreibung der Vorladung ergeben. Trotz mehrmaliger Nachfrage sei er nicht in der Lage gewesen, nähere Angaben zum Inhalt der Vorladung zu machen. Gerade von einem Dokument, welches letztendlich ausschlaggebend für die Flucht gewesen sein solle, wäre eine eingehendere Beschreibung zu erwarten gewesen. Auch die Gründe, wieso er sich jahrelang vor den Militärbehörden versteckt gehalten habe, seien weder konzis noch übereinstimmend geschildert worden. So habe er an der Anhörung ausgeführt, im Jahre 2011 nach dem Schulabbruch und dem Tod seiner Mutter bereits darüber informiert gewesen zu sein, dass er entweder in Wia oder Sawa in den Militärdienst einrücken müsse. Da er dies nicht gewollt habe, habe er sich versteckt gehalten. Anschliessend habe er bestätigt, dass von Juli 2011 bis Januar 2015 nichts mehr geschehen sei und dass er erst im Januar 2014 (recte: 2015) ein erstes Aufgebot erhalten habe. Im Dorf hätten nur einbis zweimal im Monat allgemeine Razzien stattgefunden. Im weiteren Verlauf der Anhörung habe er jedoch erläutert, nach dem Abbruch der Schule ganz gezielt gesucht worden zu sein und dass nach ihm persönlich bei der Tante ungefähr zweimal im Monat gefragt worden sei. Auf den Widerspruch angesprochen, habe er nur ausweichend Stellung genommen, indem er lediglich bereits getätigte Aussage wiederholt habe. Den Protokollen sei zu entnehmen, dass er immer erst auf Nachfrage hin Sachverhalte ergänzt habe, ohne diese in der eigenen freien Äusserung zu schildern. Dies betreffe auch seine geltend gemachten Aufgaben als Wächter und Teilnehmer von Razzien. Seine knappe Darstellung zeichne kein nachvollziehbares Bild, welches darauf schliessen lasse, dass er tatsächlich den Behörden in dieser Weise behilflich gewesen sei. Entsprechende Ergänzungen, die er nur auf Nachfrage hin angebracht habe, seien im Übrigen vage ausgefallen. Dass ihm ohne eine militärische Ausbildung von den eritreischen Behörden eine Waffe ausgehändigt worden sei und er ohne jegliche Einführung Wachdienst habe halten und an Razzien habe teilnehmen sollen, entbehre jeglicher Logik und Erfahrung
im Kontext Eritreas. Bei der geltend gemachten offenkundig feindseligen Haltung gegenüber dem Nationaldienst müsse die blosse Aushändigung eines Gewehrs auch für die heimatlichen Behörden ein offensichtliches Risiko darstellen. Insgesamt würden seine Ausführungen nicht den Eindruck erwecken, er hätte die Ereignisse selbst erlebt. Vielmehr sei davon auszugehen, dass er diese von Dritten oder aus den Medien erfahren habe, zumal seinem Vorbringen die typischen Merkmale persönlicher Wahrnehmungen, Befürchtungen und Ängste fehlen würden. Ein weiterer Widerspruch habe sich ausserdem im Zusammenhang mit der Zeitdauer zwischen Erhalt der Vorladung und der Ausreise ergeben. Im Rahmen der BzP habe er ausgesagt, sein Heimatdorf zwei Tage nach Erhalt der Vorladung verlassen zu haben und innerhalb von fünf Tagen in den Sudan gereist zu sein. Gemäss Ausführungen an der Anhörung habe er hingegen nach dem Erhalt der Vorladung noch zwanzig Tage mit der Ausreise zugewartet, für welche er drei Tage benötigt habe. Darauf angesprochen habe er gemeint, er wisse nicht, wie viele Tage vergangen seien, allenfalls seien es 14 Tage gewesen. Insgesamt sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, seine Asylvorbringen glaubhaft darzulegen.
In der Beschwerde hielt der Beschwerdeführer dem entgegen, dass er sich durch die Nachreichung der Identitätskarte durchaus bemüht habe, Beweismittel zu beschaffen. Dem Vorwurf der Vorinstanz, er habe die Vorladung nicht einreichen können, sei entgegenzuhalten, dass sich seine Vorladung gemeinsam mit seiner Waffe in Eritrea befinde. Es sei verboten, Originale der Regierung ausser Landes zu bringen. Aufgrund der Überwachung der Post ins Ausland sei es seiner Familie nicht zuzumuten gewesen, Beweisdokumente zu verschicken. Mit seinem Vater, in dessen Haus sich das Dokument befinde, habe er im Übrigen seit zwei Jahren keinen Kontakt mehr. Bezüglich der von der Vorinstanz bezeichneten Widersprüche und Ungenauigkeiten sei darauf hinzuweisen, dass die Befragung in Tigrinya durchgeführt worden sei, was nicht seine Muttersprache sei. Selbst wenn er angegeben habe, die Sprache und den Dolmetscher gut zu verstehen, sei es immer wieder zu Ungenauigkeiten und Missverständnissen oder Übersetzungsfehlern gekommen. Dem sei bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit Rechnung zu tragen. Des Weiteren habe er detailliert über den Inhalt der Vorladung Auskunft geben können. Dass auf der Vorladung nur der Monat und kein genaueres Datum verzeichnet gewesen sei, sei durchaus möglich. Auch die vom SEM bezeichneten chronologischen Widersprüche seien nicht überzeugend. Er habe dargelegt, dass er nach Abbruch der Schule aufgefordert worden sei, in den Nationaldienst zu gehen.
Die Tatsache, dass Eritreer in den Nationaldienst einrücken müssten, sobald sie die Schule beendet oder abgebrochen haben, sei allgemein bekannt. Um dieser Aufforderung keine Folge leisten zu müssen, habe er von 2011 bis 2015 jeglichen Behördenkontakt vermieden, habe sich von Versammlungen ferngehalten und habe in der Wildnis übernachtet. In dieser Zeit sei er im Rahmen von Razzien bei sich zu Hause und bei seiner Tante gesucht worden. Nach der Verhaftung, an welcher ihm ein Gewehr ausgehändigt und ihm das Aufgebot zum Nationaldienst in Aussicht gestellt worden sei, habe er sich den Behörden zur Verfügung halten müssen und sei in einen Vordienst eingeteilt worden, anlässlich welchem er bei Wachen und Razzien habe teilnehmen müssen. Er habe die Aufforderungen der Behörden befolgt, da er bei einer Nichtbefolgung eine Festnahme beziehungsweise eine Bestrafung befürchtet habe. Nachdem er im April 2015 die Vorladung erhalten habe für den Nationaldienst im Mai 2015, habe er sich zur Flucht entschlossen. Was den Widerspruch in Bezug auf die Anzahl Tage, die zwischen dem Erhalt des Aufgebots und der Ausreise vergangen seien, anbelange, sei darauf hinzuweisen, dass er an der BzP verunsichert gewesen sei und die Befragung nicht in seiner Muttersprache durchgeführt worden sei. Da er ohnehin noch Vorkehrungen habe treffen müssen, sei es unwahrscheinlich, dass er sein Heimatdorf zwei Tage nach Erhalt der Vorladung bereits verlassen habe. Soweit ihm vorgeworfen werde, seine Ausführungen seien nicht detailliert und er habe nur auf Nachfrage hin Sachverhalte ergänzt, sei dies auf das Naturell der Eritreer zurückzuführen, die lediglich nur das beantworten würden, was sie gefragt würden. Auf entsprechende Nachfragen hin habe er aber jeweils weitere Ausführungen getätigt, ohne sich in Details oder Widersprüchen zu verlieren. Auf diese Weise sei ein nachvollziehbares Bild der Geschehnisse entstanden. Die Waffe, die er getragen habe, sei allenfalls gar nicht geladen gewesen und habe vielleicht nur der Abschreckung gedient, was auch erklären würde, wieso er trotz seiner Antipathie dem Militär gegenüber und der fehlenden militärischen Ausbildung eine Waffe ausgehändigt bekommen habe. Er habe durchaus reflektierte Aussagen zu den Geschehnissen gemacht. Der Vorwurf, dass typische Merkmale einer persönlichen Wahrnehmung fehlen würden, sei zurückzuweisen, zumal er zu keinem Zeitpunkt dazu gefragt worden sei und es ausserdem nicht dem Charakter eines jungen Mannes entspreche, sich nach aussen verängstigt oder verletzlich darzustellen. Insgesamt würden die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen würden, überwiegen, weswegen die Flüchtlingseigenschaft glaubhaft gemacht worden sei. Die Dienstverweigerung oder Desertion vom eritreischen Nationaldienst führe aufgrund der unverhältnismässigen Bestrafung auch nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Vorliegend habe er zwar den Aktivdienst noch nicht begonnen, er sei aber den Behörden bekannt gewesen und sei zu einer Art Vordienst eingeteilt worden. Durch seine Flucht habe er sich einer Dienstverweigerung schuldig gemacht. Sollte das Gericht dem Antrag keine Folge leisten, sei darauf hinzuweisen, dass sich das Koordinationsurteil vom 30. Januar 2017 auf einen Bericht des SEM «Focus Eritrea» vom 22. Juni 2016 stütze, in welchem darauf hingewiesen werde, dass keine Rechtssicherheit bestehe und es nicht allen eritreischen Staatsangehörigen möglich sei, nach Bereinigung ihres Verhältnisses mit dem Staat nach Eritrea zurückzukehren. Die Situation in Eritrea sei unberechenbar und unsicher. Es sei eine absolut willkürliche und übersteigerte Bestrafung bei einer Rückkehr nach Eritrea zu erwarten, bei Personen, die noch keine militärische Ausbildung absolviert hätten. Es seien zu wenig dokumentierte Informationen über die Situation nach einer Rückkehr nach Eritrea vorhanden, um eine solche vorzuschlagen. Mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit sei davon auszugehen, dass ihm bei einer Rückkehr umgehend der Einzug in den Nationaldienst beziehungsweise eine rigide und menschenrechtswidrige Bestrafung drohe. Im Weiteren sei die Schweizerische Asylpraxis in Bezug auf Eritrea äusserst restriktiv und streng, auch im Vergleich zu anderen europäischen Staaten, so dass diese Praxis als politisch motiviert erscheine und den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz widerspreche. Seine Furcht vor Verfolgung, Folter und Inhaftierung bei einer Rückkehr nach Eritrea sei mithin begründet, zumal Eritrea weiterhin als einer der schlimmsten Unrechtsstaaten der Welt gelte. Ausserdem sei er seit Januar 2016 politisch aktiv und setze sich gegen das Regime in Eritrea zur Wehr, indem er insbesondere an Demonstrationen teilgenommen habe und entsprechende Posts in den sozialen Medien veröffentliche. Es sei bekannt, dass das eritreische Regime auch im Ausland Spione einsetze, welche die exilpolitischen Aktivitäten ihrer Staatsangehörigen rapportieren würden. Sein exilpolitisches Wirken sei ferner nicht nachgeschoben. Er habe dieses an der Anhörung nicht erwähnt, da er sich nicht bewusst gewesen sei, dass dies von Belang sei, was die Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit seiner politischen Tätigkeiten nur unterstreiche.
In der Vernehmlassung wird ausgeführt, dass es sich bei den angeblich durch sprachliche Probleme bedingten Widersprüchen um sachliche Diskrepanzen handle, die nicht durch eine ungenaue Übersetzung der dolmetschenden Person erklärbar seien. Aus dem Protokoll der Anhörung würden sich keine offensichtlichen Hinweise darauf ergeben, dass eine sprachliche und flüssige Verständigung in Tigrinya nicht möglich gewesen sei. In Bezug
auf die geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten des Beschwerdeführers sei festzuhalten, dass selbst wenn eritreische Behörden über die politischen Aktivitäten ihrer Staatsangehörigen informiert seien, sie nicht jede Person einzeln überwachen und identifizieren könnten. Die eritreischen Behörden hätten nur dann ein Interesse an der Identifizierung von Personen, wenn die Aktivitäten als konkrete Bedrohung für das politische System wahrgenommen würden. Die exilpolitischen Aktivitäten des Beschwerdeführers seien insgesamt nicht geeignet, ein ernsthaftes Vorgehen der eritreischen Behörden zu bewirken. Er verfüge zusammenfassend über kein derartiges politisches Profil, aufgrund welchem er bei einer Rückkehr nach Eritrea einer konkreten Gefährdung ausgesetzt wäre.
Replizierend führte der Beschwerdeführer aus, dass die in der Beschwerde vorgebrachten Ungenauigkeiten und Missverständnisse sowie die kurz ausgefallenen Antworten, welche auf Nachfrage hätten ausgeführt werden können, darauf hindeuten würden, dass eine irrtumsfreie Verständigung in Tigrinya nicht möglich gewesen sei. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des UN-Folterausschusses (Comittee against Torture, CAT) der Verwendung einer Zweitsprache in der Befragung entsprechend Rechnung zu tragen sei. Sodann sei sein Gesundheitszustand seit dem 5. September 2018 verschlechtert, mithin bereits vor dem erstinstanzlichen Entscheid. Es sei zu bezweifeln, dass eine adäquate Behandlung seiner gesundheitlichen Beschwerden in Eritrea möglich sei. Ebenso sei gemäss der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die psychiatrische Versorgung im Land nur sehr beschränkt. Die ungewisse Situation und das fehlende familiäre Netzwerk könnten seine psychische Verfassung weiter verschlimmern.
Sofern auf Beschwerdeebene geltend gemacht wird, der Beschwerdeführer sei nicht in seiner Muttersprache Tigre angehört worden, sondern in der Sprache Tigrynia, was zu berücksichtigen sei bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung, ist zunächst festzuhalten, dass er damit keine Verletzung von Verfahrensrechten geltend macht. Eine solche ergibt sich auch nicht aus den Akten. Der Beschwerdeführer hat anlässlich der Anhörung unterschriftlich bestätigt, den Dolmetscher verstanden zu haben, und es ergeben sich aus den Protokollen keine Hinweise, dass er offensichtlich Mühe gehabt habe, sich in der Sprache Tigrinya frei, ausführlich und substantiiert auszudrücken. Der anwesende Hilfswerksvertreter hat keine Be-
merkungen angebracht. Es ist mithin keine Verfahrenspflichtverletzung erkennbar und das SEM konnte sich in seiner Einschätzung auf das Protokoll der einlässlichen Anhörung stützen.
Eine Prüfung der Akten ergibt, dass die vorinstanzlichen Erwägungen zu bestätigen sind. Es kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (vorinstanzliche Verfügung Ziff. II). Als wesentlich erachtet das Bundesverwaltungsgericht Folgendes:
Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründe, wie er sich bis zum Alter von 27 Jahren im Heimatstaat jahrelang vor den Militärbehörden versteckt gehalten haben will, sind weder konzis noch übereinstimmend geschildert worden.
Der Beschwerdeführer vermochte nicht glaubhaft darzulegen, wie es ihm gelungen sein soll, die ab dem 18. Lebensjahr bestehende Nationaldienstpflicht bis zur Ausreise, welche erst im Alter von 27 Jahren erfolgt sein soll, zu umgehen. So führte er aus, er sei erstmals im Januar 2015 für den Nationaldienst aufgeboten worden und bis dahin nicht behelligt worden (act. A19 F70 ff.). Dass er nicht behelligt worden sein soll, erklärt er damit, dass er sich von 2011 bis 2015 immer versteckt gehalten und insbesondere jeglichen Kontakt mit den Behörden gemieden habe (act. A19 F89). Er wurde aber damit konfrontiert, dass ihm im Jahr 2011 eine Identitätskarte ausgestellt worden sei, zu einem Zeitpunkt, in welchem er sich bereits versteckt gehalten haben will (act. A19 F88, F90, F91). Diesen offenbar bewussten Behördenkontakt wusste er nicht plausibel zu begründen (act. A19 F91 f.). Auch sein Vorbringen, dass er sein Auskommen als (…) erzielt habe und ab und an in den Laden der Familie gegangen sei, lässt sich mit der Erklärung, er habe sich permanent versteckt halten müssen, nicht in Einklang bringen, zumal der Beschwerdeführer geltend macht, es habe regelmässige Razzien im Heimatort gegeben, die unangemeldet gewesen seien (act. A19 F103 ff.). Die Ausführungen des Beschwerdeführers zu den Sicherheitsvorkehrungen, um sich vor den Razzien der Soldaten und den Gefahren des Meeres zu schützen, sind weder substanziiert noch nachvollziehbar (act. A19 F120 ff.). Diese Einschätzung betrifft sodann auch die Schilderung der Umstände seiner Festnahme anlässlich der Hochzeit seines Freundes. Diese erweisen sich ebenso als unsubstanziiert (act. A19 F124 ff.). Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang weiter geltend macht, alle Anwesenden an der Hochzeit, welche keine Papiere
hätten vorlegen können, hätten ein Gewehr erhalten (act. A19 F143) und seien in eine Art Vordienst eingezogen worden, in dessen Rahmen sie Überwachungen durchgeführt hätten, ist dieses behördliche Vorgehen im landeskundlichen Kontext untypisch. Ungeachtet dessen konnte der Beschwerdeführer die Umstände aber auch nicht näher konkretisieren (act. A19 F147 ff., F156 ff.). Der Beschwerdeführer hat sodann in der Tat die Vorladung, welche er erhalten habe, im Verfahren nicht eingereicht. Soweit er auf Beschwerdeebene geltend macht, die Vorladung sei im Haus seines Vaters, zu dem kein Kontakt mehr bestehe, ist das nicht plausibel, zumal er im Haus seiner Tante gelebt hat und er nach eigenen Angaben dort die Vorladung zurückgelassen haben will. Es ist dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen, eine konkrete asylrelevante Verfolgung oder Verfolgungsgefahr zum Zeitpunkt seiner Ausreise darzutun. Die vom SEM festgestellten unterschiedlichen Angaben zum Zeitpunkt seiner Ausreise sind ebenfalls zu bestätigen (act. A19 F198 ff.).
Auch die illegale Ausreise des Beschwerdeführers führt vorliegend nicht zur Bejahung der Flüchtlingseigenschaft.
Das Bundesverwaltungsgericht befasste sich im Rahmen des Urteils D-7898/2015 vom 30. Januar 2017 (als Referenzurteil publiziert) mit der Frage, ob Eritreerinnen und Eritreer, die ihr Land illegal verlassen haben, allein deswegen bei einer Rückkehr Verfolgung zu befürchten haben. Das Gericht kam dabei zum Schluss, dass sich die bisherige Praxis nicht mehr aufrechterhalten lässt und vom SEM zwischenzeitlich zu Recht angepasst worden ist. Für die Entscheidfindung des Gerichts war zudem die Tatsache von Bedeutung, dass seit einiger Zeit Personen aus der eritreischen Diaspora für kurze Aufenthalte in ihren Heimatstaat zurückkehren und sich unter ihnen auch Personen befinden, die Eritrea zuvor illegal verlassen hatten. Es ist mithin nicht mehr davon auszugehen, dass einer Person einzig aufgrund ihrer unerlaubten Ausreise aus Eritrea eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung droht. Von der begründeten Furcht vor intensiven und flüchtlingsrechtlich begründeten Nachteilen ist nur dann auszugehen, wenn zur illegalen Ausreise weitere Faktoren hinzukommen, welche die asylsuchende Person in den Augen der eritreischen Behörden als missliebige Person erscheinen lassen (vgl. a.a.O. E. 5).
Vorliegend fehlt es an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass beim Beschwerdeführer – neben der behaupteten illegalen Ausreise – zusätzliche Faktoren hinzukommen, welche ihn in den Augen der eritreischen Behörden als missliebige Person erscheinen lassen könnten und aufgrund
welcher er deshalb bei einer Rückkehr in ihren Heimatstaat Sanktionen zu befürchten hätte, welche ernsthafte Nachteile im Sinne von Art. 3 AsylG darstellen würden.
Auf Beschwerdeebene wird eine exilpolitische Tätigkeit des Beschwerdeführers in der Schweiz geltend gemacht und ausgeführt, das politische Engagement lebe der Beschwerdeführer seit Januar 2016. Er habe insbesondere an Demonstrationen teilgenommen und entsprechende Beiträge in den sozialen Medien publiziert. Es sei bekannt, dass das eritreische Regime auch im Ausland Spione einsetze, welche exilpolitische Aktivitäten ins Heimatland rapportieren würden (Beschwerde S. 11 f.). Eingereicht wurden in diesem Zusammenhang ein Screenshot aus einem Video, welches den Beschwerdeführer an einer Demonstration in K. im Juni 2016 zeigen soll, sowie ein Ausdruck von vier Auszügen aus vermutlichen Chatposts, welche der Beschwerdeführer zwischen Januar 2016 und November 2017 veröffentlich haben soll (Beilagen 8 und 9). Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, zu einer anderen Einschätzung als der getroffenen im Hinblick auf das Risikoprofil zu führen, zumal in den weiteren auf Beschwerdeebene eingereichten Eingaben kein weiteres Engagement des Beschwerdeführers geltend gemacht wird. Die Teilnahme an einer Demonstration im Jahre 2016 sowie die vom Beschwerdeführer eingereichten Posts, von welchen nicht klar ist, ob diese überhaupt einer Öffentlichkeit zugänglich waren, lassen nicht auf ein exilpolitisches Engagement schliessen, das den Beschwerdeführer als ernsthaften Regimekritiker erkennen lässt.
Der Beschwerdeführer befürchtet, bei einer Rückkehr nach Eritrea in den Nationaldienst eingezogen zu werden. Die Möglichkeit, in Zukunft eingezogen zu werden, ist indessen flüchtlingsrechtlich schon deshalb nicht relevant, weil es sich dabei nach Lehre und Praxis nicht um eine Massnahme handeln würde, die in einem der in Art. 3 Abs. 1 AsylG erwähnten Motive begründet wäre (vgl. bereits Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2006 Nr. 3
E. 4.7 und E. 4.10; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts [BVGer] D-7898/2015 vom 30. Januar 2017 [als Referenzurteil publiziert] E. 5.1 S. 42 und D-246/2018 vom 11. September 2018 E. 6.3).
Soweit in der Beschwerde insgesamt Kritik an der Praxis des Bundesverwaltungsgerichts geübt wird, ist diese zwar zur Kenntnis zu nehmen. Diese Ausführungen vermögen die gefestigte und koordinierte Rechtsprechung aber nicht in Frage zu stellen.
Zusammenfassend ergibt sich, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, das Bestehen von Fluchtgründen im Sinne von Art. 3 AsylG oder von subjektiven Nachfluchtgründen gemäss Art. 54 AsylG glaubhaft darzutun. Die Ausführungen in der Beschwerde vermögen zu keinem anderen Schluss zu führen. Die Vorinstanz hat zu Recht seine Flüchtlingseigenschaft verneint und das Asylgesuch abgelehnt.
Lehnt das Staatssekretariat das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie (Art. 44 AsylG).
Der Beschwerdeführer verfügt insbesondere weder über eine ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer solchen. Die Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet (Art. 44 AsylG; vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4; 2009/50 E. 9, je m.w.H.).
Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das Staatssekretariat das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme (Art. 44 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AIG).
Beim Geltendmachen von Wegweisungsvollzugshindernissen gilt gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft; das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).
Die Vorinstanz hielt in Bezug auf die Zulässigkeit des Wegweisungsvollzuges im Wesentlichen fest, im Falle des Beschwerdeführers ergäben sich keine Anhaltspunkte, wonach ihm bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine durch Art. 3 EMRK verbotene Strafe oder Behandlung drohe. Aufgrund der unglaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers könne nicht von einer tatsächlichen und unmittelbaren Gefahr einer Einberufung in den eritreischen Nationaldienst ausgegangen werden, zumal eine Überprüfung seiner Angaben aufgrund der Unglaubhaftigkeit verunmöglicht werde. Der Wegweisungsvollzug sei vorliegend auch zumutbar und möglich. Insbesondere herrsche heute in Eritrea weder ein Bürgerkrieg
noch eine Situation allgemeiner Gewalt. Ebenso wenig lasse die individuelle Situation des Beschwerdeführers den Wegweisungsvollzug unzumutbar erscheinen.
In Bezug auf die Wegweisung führte der Beschwerdeführer in der Beschwerde aus, dass eine solche bereits zum vornherein als unzumutbar und unzulässig zu qualifizieren sei. Wegen seines Alters würde ihm bei einer Rückkehr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Einzug in den Nationaldienst drohen, was entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Verletzung des Folterverbots nach Art. 3 EMRK und des Verbots der Zwangsarbeit nach Art. 4 EMRK darstelle. Auch aufgrund der prekären Situation im Heimatland sei die Unzumutbarkeit zu bejahen. Zwar habe er Verwandte in Eritrea, welche über ein gewisses Einkommen verfügen würden. Er habe sich aber bei ihnen verschuldet und befürchte, von ihnen verstossen zu werden. Mithin verfüge er über kein wirtschaftliches Auffangnetz. Es würde ihm Perspektivlosigkeit und finanzielle Armut drohen. Zudem sei er für die Behandlung eines (…) auf (…) angewiesen, und er leide unter psychischen Problemen und (…)problemen, aufgrund welcher er sich in ärztlicher Behandlung befinde. Eine genügende ärztliche Behandlung dieser Beschwerden sei in Eritrea nicht möglich.
Dem wurde auf Vernehmlassungsstufe entgegengehalten, soweit der Beschwerdeführer psychische Problem geltend mache, sei dazu auszuführen, dass dem der Eingabe beigelegten ärztlichen Zeugnis von Dr. med. L. keine Hinweise dafür entnommen werden könnten, welche eine Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs begründen könnten. Selbst psychische Erkrankungen könnten gemäss gesicherten Erkenntnissen in Eritrea in den grossen Städten adäquat behandelt werden. Ausserdem sei es nicht unüblich, dass Personen, deren Asylgesuch erstinstanzlich abgewiesen worden sei, Zukunftsängste und Depressionen entwickeln würden.
So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund
nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden (Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 FK).
Gemäss Art. 25 Abs. 3 BV, Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Die Vorinstanz wies in ihrer angefochtenen Verfügung zutreffend darauf hin, dass das Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-Refoulement nur Personen schützt, die die Flüchtlingseigenschaft erfüllen. Da es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine asylrechtlich erhebliche Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, kann der in Art. 5 AsylG verankerte Grundsatz der Nichtrückschiebung im vorliegenden Verfahren keine Anwendung finden. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in den Heimatstaat ist demnach unter dem Aspekt von Art. 5 AsylG rechtmässig.
Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus dem Heimatstaat bereits 27 Jahre alt. Da die geltend gemachte Einberufung zu diesem Zeitpunkt für unglaubhaft befunden wurde, dürfte anzunehmen sein, dass der Beschwerdeführer den Nationaldienst bereits geleistet hat oder aus diesem befreit war (vgl. zur eritreischen Musterungspraxis das Urteil des BVGer D-2311/2016 vom 17. August 2017 [als Referenzurteil publiziert] E. 13.2–13.4). Eine abschliessende Einschätzung lässt sich jedoch aufgrund der unglaubhaften Ausreisegründe nicht treffen. Daher ist für den Fall, dass er ungeachtet dessen bei einer Rückkehr eingezogen würde, unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich etablierten Rechtspraxis Folgendes festzustellen:
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich im Koordinationsentscheid BVGE 2018 VI/4 mit der Frage befasst, ob der Vollzug der Wegweisung angesichts einer drohenden Einziehung in den eritreischen Nationaldienst als zulässig qualifiziert werden könne. Dies hat das Gericht nach einer ausführlichen Auswertung der zur Verfügung stehenden Länderinformationen bejaht und insbesondere festgehalten, dass es sich beim eritreischen Nationaldienst weder um Sklaverei noch um Leibeigenschaft im Sinn von Art. 4 Abs. 1 EMRK handelt (vgl. E. 6.1 insbes. E. 6.1.4) und nicht von
Sklaverei oder von einer flagranten Verletzung von Art. 4 Abs. 2 EMRK (Leibeigenschaft) auszugehen ist (vgl. E. 6.1 insbes. E. 6.1.5).
In der Folge befasste sich das Bundesverwaltungsgericht im genannten Koordinationsentscheid mit der Frage, ob bei einer Rückkehr nach Eritrea aufgrund der Verhältnisse im Nationaldienst oder im Zusammenhang mit einer allfälligen Inhaftierung – beispielsweise aufgrund einer illegalen Ausreise – eine Verletzung des konventionsrechtlichen Verbots von Folter oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) drohen könnte. Ebenfalls in diesem Zusammenhang ging das Gericht davon aus, dass in Eritrea Misshandlungen und sexuelle Übergriffe während der Dienstzeit oder im Fall einer Inhaftierung nicht derart flächendeckend sind, dass jede nach Eritrea zurückkehrende dienstpflichtige Person dem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, selbst solche Übergriffe zu erleiden. Es besteht daher auch insoweit kein ernsthaftes Risiko von Folter oder einer unmenschlichen Behandlung (vgl. a.a.O. E. 6.1 insbes. E. 6.1.6 und E. 6.1.8).
Nach dem oben Ausgeführten stehen das Verbot der Sklaverei und der Leibeigenschaft (Art. 4 Abs. 1 EMRK) dem Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers selbst bei einer anstehenden Einziehung in den Nationaldienst nicht entgegen. Aufgrund der verfügbaren Quellen ist nicht davon auszugehen, dass generell das ernsthafte Risiko einer krassen Verletzung des Verbots der Zwangsund Pflichtarbeit während des Nationaldiensts besteht (Art. 4 Abs. 2 EMRK). Zudem lässt sich nicht darauf schliessen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Heimatstaat dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behandlung zu befürchten hat.
Die allgemeine Menschenrechtssituation im Heimatstaat lässt den Wegweisungsvollzug zum heutigen Zeitpunkt ebenso wenig als unzulässig erscheinen. Der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers erweist sich damit – sowohl im Sinn der asylals auch der völkerrechtlichen Bestimmungen – als zulässig.
Gemäss Art. 83 Abs. 4 AIG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimatoder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist – unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AIG – die vorläufige Aufnahme zu gewähren.
Im Koordinationsurteil D-2311/2016 vom 17. August 2017 (als Referenzurteil publiziert) hat sich das Bundesverwaltungsgericht auch mit der Frage der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs nach Eritrea eingehend auseinandergesetzt. Dabei kam es nach Auswertung der zur Verfügung stehenden Quellen zum Schluss, dass angesichts der dokumentierten Verbesserungen in der Nahrungsmittelund Wasserversorgung, im Bildungswesen sowie im Gesundheitssystem Eritreas die frühere Praxis, wonach eine Rückkehr nur bei begünstigenden individuellen Umständen zumutbar ist (vgl. EMARK 2005 Nr. 12), nicht länger berechtigt ist. Angesichts der trotzdem noch zu bejahenden schwierigen allgemeinen – und insbesondere wirtschaftlichen – Lage des Landes muss bei Vorliegen besonderer individueller Umstände aber nach wie vor von einer Existenzbedrohung ausgegangen werden. Die Frage der Zumutbarkeit bleibt daher im Einzelfall zu beurteilen (vgl. a.a.O. E. 17.2).
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich sodann im bereits zitierten Koordinationsentscheid BVGE 2018 VI/4 ebenfalls mit der Frage befasst, ob der Vollzug der Wegweisung auch im Falle einer drohenden Einziehung in den eritreischen Nationaldienst als zumutbar zu qualifizieren ist. Es stellte fest, dass der drohende Einzug in den eritreischen Nationaldienst mangels einer hinreichend konkreten Gefährdung nicht generell zur Feststellung der Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs gemäss Art. 83 Abs. 4 AIG führt (vgl. a.a.O. E. 6.2).
Besondere individuelle Umstände, aufgrund derer bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Eritrea von einer existenziellen Bedrohung ausgegangen werden müsste, sind den Akten nicht zu entnehmen. Der Beschwerdeführer verfügt eigenen Angaben zufolge über ein familiäres Beziehungsnetz (Vater, Geschwister, Tanten und Onkel) im Heimatstaat. Nach Angaben des Beschwerdeführers verfügt die Familie über ein eigenes (…)geschäft mit einem Angestellten (act. A19 F56, F61). Die Familie besitzt sodann ein eigenes Haus (act. A19 F64). Der Ehemann seiner Tante betreibt ein eigenes (…)geschäft (act. A19 F77). Die in C. lebende Tante und deren Familie betreiben mit einem eigenen (…) (act. A19 F78). Die Familie scheint daher ein vergleichsweise gutes Einkommen zu haben. Dass er zu seinem Vater zwischenzeitlich keinen Kontakt mehr haben will, wie er auf Beschwerdeebene, ohne dies näher zu substanziieren, geltend gemacht hat, steht dieser Einschätzung nicht entgegen, zumal der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise bei seiner Tante gelebt haben will, da sein Vater ausserhalb des Wohnortes stationiert gewesen sei. Der Beschwerdeführer hat Gesundheitsbeeinträchtigungen geltend gemacht. Auf
Beschwerdeebene wurde ein ärztliches Zeugnis von Dr. med. M. vom 7. Dezember 2018 eingereicht. Aus diesem ergibt sich, dass der Beschwerdeführer unter (…) und (…) leide. Sein (…) erfordere (…)tropfen. Seit dieser Diagnose wurde kein neues ärztliches Zeugnis im Beschwerdeverfahren eingereicht. Die erstellten Diagnosen sind nicht geeignet, von der Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzuges auszugehen. Es ist sodann auch nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer an einer ernsthaften behandlungsbedürftigen Erkrankung leidet.
Der Beschwerdeführer machte auf Beschwerdeebene geltend, sehr um Integration in der Schweiz bemüht zu sein und verschiedene Beschäftigungsprogramme absolviert zu haben (Beschwerde S. 14 mit Verweis auf die Beilagen). Er reichte sodann auf Beschwerdeebene am 8. Mai 2019 eine Bestätigung über ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als (…) ein, was deutlich auf seine Integrationsbemühungen hinweist. Solche Bemühungen sind jedoch bei der Frage der Zumutbarkeit nicht massgeblich, sondern allenfalls im Rahmen eines Härtefallgesuchs beim zuständigen Kanton zu berücksichtigen. Es ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Heimatstaat eine wirtschaftliche und soziale Reintegration gelingen wird. Der Vollzug der Wegweisung erweist sich demnach nicht als unzumutbar im Sinne von Art. 83 Abs. 4 AIG.
Die zwangsweise Rückführung abgewiesener Asylsuchender nach Eritrea ist zurzeit generell nicht möglich. Die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr steht jedoch praxisgemäss der Feststellung der Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzugs entgegen. Es obliegt daher dem Beschwerdeführer, sich bei der zuständigen Vertretung des Heimatstaates die für eine Rückkehr notwendigen Reisedokumente zu beschaffen (vgl. Art. 8 Abs. 4 AsylG und dazu auch BVGE 2008/34 E. 12).
Der Vollzug der Wegweisung ist deshalb als möglich zu bezeichnen (Art. 83 Abs. 2 AIG).
Schliesslich steht auch die Corona-Pandemie dem Wegweisungsvollzug nicht entgegen. Die Anordnung einer vorläufigen Aufnahme setzt voraus, dass ein Vollzugshindernis nicht nur vorübergehender Natur ist, sondern voraussichtlich eine gewisse Dauer – in der Regel mindestens zwölf Monate – bestehen bleibt. Ist dies nicht der Fall, so ist dem temporären Hindernis bei den Vollzugsmodalitäten Rechnung zu tragen (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 1995 Nr. 14 E. 8d und e). Bei der Corona-Pandemie handelt es
sich – wenn überhaupt – um ein bloss temporäres Vollzugshindernis, welchem im Rahmen der Vollzugsmodalitäten durch die kantonalen Behörden Rechnung zu tragen ist, indem etwa der Zeitpunkt des Vollzugs der Situation im Heimatland angepasst wird.
Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Wegweisungsvollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich bezeichnet. Eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme fällt somit ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1–4 AIG).
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig sowie vollständig feststellt (Art. 106 Abs. 1 AsylG) und – soweit diesbezüglich überprüfbar – angemessen ist. Die Beschwerde ist abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Ein mit der Beschwerde gestelltes Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG wurde jedoch mit Instruktionsverfügung vom 19. Januar 2019 gutgeheissen. Folglich sind keine Verfahrenskosten zu erheben.
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die zuständige kantonale Behörde.
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Constance Leisinger Natassia Gili
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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