Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung V |
Dossiernummer: | E-6128/2020 |
Datum: | 15.12.2020 |
Leitsatz/Stichwort: | Asyl und Wegweisung |
Schlagwörter : | Beschwerde; Beschwerdeführerin; Vorinstanz; Person; Sachverhalt; Iranische; Recht; Verfügung; Flüchtling; Wegweisung; Behörde; Iranischen; Rechtlich; Vollzug; Komala; Bundesverwaltungsgericht; Beweis; Veranstaltung; Vorbringen; Reichte; Aufgr; Glaubhaft; Verfahren; Begründet; Werden; Vater; Verfolgung; Behörden; Zuweisen; Zumutbar |
Rechtsnorm: | Art. 25 BV ; Art. 29 BV ; Art. 32 VwVG ; Art. 35 VwVG ; Art. 49 BV ; Art. 52 VwVG ; Art. 65 VwVG ; Art. 83 AIG ; Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
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Abteilung V E-6128/2020
Besetzung Einzelrichter Markus König,
mit Zustimmung von Richter Walter Lang; Gerichtsschreiber Nicholas Swain.
Parteien A. , geboren am (…), Iran,
vertreten durch lic. iur. Michael Steiner, Rechtsanwalt, (…),
Beschwerdeführerin,
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Asyl und Wegweisung;
Verfügung des SEM vom 30. Oktober 2020 / N (…).
Die Beschwerdeführerin reiste am (…) Januar 2019 legal mit einem Visum in die Schweiz ein und stellte am 21. Februar 2019 im Empfangsund
Verfahrenszentrum (EVZ) B.
ein Asylgesuch. Am 4. März 2019
fand ihre summarische Befragung zur Person (BzP) im EVZ und am 8. Oktober 2020 eine Anhörung zu den Asylgründen gemäss Art. 29 Abs. 1 AsylG (SR 142.31) statt.
Die Beschwerdeführerin brachte zur Begründung ihres Asylgesuchs vor, sie sei auf Einladung einer Freundin zu Besuchszwecken in die Schweiz gereist. Am (…) 2019 sei sie für ein paar Tage nach C. gereist, um dort eine weitere Freundin, D. , zu besuchen. Diese habe sie am (…) 2019 zu einem kurdischen Fest eingeladen, bei welchem Reden gehalten worden seien und sie getanzt hätten. Am (…) 2019, einen Tag vor ihrer geplanten Rückreise in den Iran, habe sie durch einen Telefonanruf ihrer Mutter erfahren, dass Angehörige des Etelaat (iranischer Geheimdienst) sich bei ihren Angehörigen unter Vorweisung eines Haftbefehls nach ihr erkundigt und sie beschuldigt hätten, mit einer oppositionellen Gruppierung zusammenzuarbeiten. Zudem hätten sie ihren Laptop und einen USB-Stick beschlagnahmt. Die Sicherheitskräfte hätten auch ihren Arbeitsplatz aufgesucht. Sie habe nachträglich erfahren, dass es sich bei der kurdischen Veranstaltung, an welcher sie in Deutschland teilgenommen habe, um ein Fest der Komala-Partei gehandelt habe. Videoaufnahmen dieses Anlasses, auf denen sie auch zu erkennen sei, seien auf YouTube sowie in diversen sozialen Medien gepostet worden. Ihr Vater habe erfolglos versucht, ihre Probleme mithilfe eines iranischen Parlamentsabgeordneten zu klären. Der Vater und ihr Bruder würden einmal pro Woche vom Etelaat vorgeladen und unter Druck gesetzt. Sie befürchte im Falle einer Rückkehr in den Iran festgenommen und verhört zu werden.
Zur Stützung ihrer Vorbringen reichte die Beschwerdeführerin drei Screenshots einer Videoaufnahme der Komala-Veranstaltung, Schreiben ihres Vaters, eines iranischen Parlamentsabgeordneten sowie des stellvertretendem Vorsitzenden der (…) und eine ärztliche Bestätigung vom
15. Februar 2019 ein.
Mit Verfügung vom 30. Oktober 2020 (eröffnet am 3. November 2020) stellte das SEM fest, die Beschwerdeführerin erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, lehnte ihr Asylgesuch ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie den Vollzug an.
Zur Begründung ihrer Verfügung führte die Vorinstanz im Wesentlichen, aus, die widersprüchlichen und oberflächlichen Aussagen der Beschwerdeführerin zu ihrem Besuch eines Festes der oppositionellen Komala-Partei sowie zu ihrem Aufenthalt in C. würden Anlass zu schwerwiegenden Zweifeln daran geben, dass sie tatsächlich an dieser Veranstaltung teilgenommen habe. Selbst unter Annahme der Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens könne aber ausgeschlossen werden, dass sie aufgrund der Anwesenheit bei diesem Fest durch die iranischen Behörden als Regimekritikerin verfolgt werde und flüchtlingsrechtlich relevante Nachteile zu befürchten habe. Es könne davon ausgegangen werden, dass die iranischen Behörden sich auf die diesbezügliche Erfassung von Personen beschränken würden, die über die massentypischen, niedrigprofilierten Erscheinungsformen exilpolitscher Proteste hinaus Funktionen wahrnehmen würden, die sie als ernsthafte Regimegegner erscheinen lassen würden. Diese Voraussetzungen seien bei der Beschwerdeführerin, die gemäss ihren Aussagen nie politisch aktiv oder interessiert gewesen sei, nicht gegeben, und es könne daher nicht geglaubt werden, dass die Sicherheitskräfte ein gesteigertes Interesse an ihrer Person hätten. Auffallend seien überdies die oberflächlichen Angaben der Beschwerdeführerin dazu, wie die iranischen Behörden von ihrer Teilnahme an der Komala-Veranstaltung erfahren hätten und ihre divergierenden Angaben zu den Ereignissen nach diesem Fest. Dass die Angehörigen des Etelaat einen Haftbefehl vorgewiesen hätten, habe sie bei der Erstbefragung bezeichnenderweise nicht erwähnt. Schliesslich beruhe die Aussage der Beschwerdeführerin, dass sie vom den iranischen Behörden gesucht werde, ausschliesslich auf Informationen von Drittpersonen, was den Anforderungen an eine flüchtlingsrechtliche Verfolgung nicht zu genügen vermöge. Die eingereichten Beweismittel würden daran nichts ändern, zumal sie den Charakter von Gefälligkeitsschreiben aufweisen würden. Insgesamt vermöchten die Vorbringen der Beschwerdeführerin den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit gemäss Art. 7 AsylG nicht zu genügen.
Mit Eingabe ihrer Rechtsvertretung an das Bundesverwaltungsgericht vom 3. Dezember 2020 erhob die Beschwerdeführerin gegen diesen
Entscheid des SEM Beschwerde und beantragte, die vorinstanzliche Verfügung sei aufzuheben und die Sache zur vollständigen und richtigen Abklärung und Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei ihr Asyl zu gewähren, respektive sei sie als Flüchtling vorläufig aufzunehmen. In weiteren Eventualbegehren wurde beantragt, es sei die Unzulässigkeit, Unzumutbarkeit, respektive Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzugs festzustellen und ihr die vorläufige Aufnahme zu gewähren. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersuchte die Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung sowie um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses.
Zum Beleg ihrer Vorbringen reichte die Beschwerdeführerin mehrere Fotografien sowie Screenshots von Facebook-Posts und dem YouTubeVideo betreffend das Komala-Fest, Ausdrucke aus dem Facebook-Profil ihrer Freundin D. , sowie eine Terminkarte von E. – Centre de psychiatrie et psychothérapie, F. , zu den Akten.
Mit Schreiben vom 8. Dezember 2020 bestätigte das Gericht den Eingang der Beschwerde
Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG [SR 142.31]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG). Eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG liegt nicht vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet.
Am 1. März 2019 ist eine Teilrevision des AsylG in Kraft getreten (AS 2016 3101); für das vorliegende Verfahren gilt das bisherige Recht (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des AsylG vom
25. September 2015).
Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht worden. Die Beschwerdeführerin hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Sie ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und aArt. 108 Abs. 1 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG).
Auf die Beschwerde ist einzutreten.
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).
Über offensichtlich unbegründete Beschwerden wird in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden (Art. 111 Bst. e AsylG). Wie nachstehend aufgezeigt, handelt es sich um eine solche, weshalb das Urteil nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG).
Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet.
Im Verwaltungsverfahren und namentlich im Asylverfahren gilt der Untersuchungsgrundsatz, das heisst die Behörde stellt den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen fest (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 12 VwVG; vgl. Art. 106 Abs. 1 Bst. b AsylG). Sie muss die für das Verfahren notwendigen Sachverhaltsunterlagen beschaffen und die rechtlich relevanten Umstände abklären sowie ordnungsgemäss darüber Beweis führen (beispielsweise durch die Einholung eines Gutachtens). Unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung dann, wenn der Verfügung ein falscher und aktenwidriger oder nicht weiter belegbarer Sachverhalt zugrunde gelegt wurde. Unvollständig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn die Behörde trotz Untersuchungsmaxime den Sachverhalt nicht von Amtes wegen abgeklärt hat, oder wenn nicht alle für die Entscheidung wesentlichen Sachumstände berücksichtigt wurden. Nach Lehre und Praxis besteht eine Notwendigkeit für über die Befragung hinausgehende Abklärungen insbesondere dann, wenn aufgrund der Vorbringen der asylsuchenden Person und der von ihr eingereichten oder angebotenen Beweismittel Zweifel und Unsicherheiten am
Sachverhalt weiterbestehen, die voraussichtlich mit Ermittlungen von Amtes wegen beseitigt werden können (vgl. BVGE 2009/50 E. 10.2.1 S. 734
m.H.a. Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 1995 Nr. 23 E. 5a).
Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 29 VwVG, Art. 32 Abs. 1 VwVG) verlangt, dass die verfügende Behörde die Vorbringen des Betroffenen tatsächlich hört, sorgfältig und ernsthaft prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt, was sich entsprechend in der Entscheidbegründung niederschlagen muss (vgl. Art. 35 Abs. 1 VwVG).
In der angefochtenen Verfügung hat die Vorinstanz ausführlich und nachvollziehbar begründet, weshalb sie aufgrund der damaligen Aktenlage die behauptete Teilnahme der Beschwerdeführerin an einer Veranstaltung der Komala-Partei in Zweifel zog. Inwiefern die vorliegenden Beweismittel dadurch nicht korrekt gewürdigt worden sein sollen, dass allenfalls die eingereichten Screenshots nicht direkt mit der Person der Beschwerdeführerin, sondern mit einem Foto von ihr verglichen wurden (vgl. Beschwerde
S. 5 und 8), ist nicht ersichtlich.
Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör ergeben sich keine zwingenden zeitlichen Vorgaben für die Vorinstanz. Im Übrigen ist festzustellen, dass die Vorinstanz die Ablehnung des Asylgesuchs in der vorliegend angefochtenen Verfügung nicht nur mit der mangelnden Glaubhaftigkeit, sondern wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen, zu Recht auch mit der fehlenden Asylrelevanz der betreffenden Vorbringen der Beschwerdeführerin begründet hat. Dem geltend gemachten zeitlichen Abstand zwischen Befragung zur Person und Anhörung der Beschwerdeführerin kommt demnach unter diesem Blickwinkel keine entscheidwesentliche Bedeutung zu. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs erweist sich somit als unbegründet (vgl. zum Ganzen etwa Urteile des BVGer D-2157/2017 vom 21. Dezember 2017 E. 6.3.5, E-2344/2017 vom
25. September 2017 E. 2.8 oder D-5750/2018 vom 13. Dezember 2018
E. 5.2).
Schliesslich ist unter dem Aspekt des rechtlichen Gehörs respektive des Untersuchungsgrundsatzes auch die konkrete Situation bei der Anhörung der Beschwerdeführerin (die protokollführende Person sowie die Hilfswerksvertretung befanden sich wegen der Schutzmassnahmen aufgrund der Corona-Pandemie in einem anderen Raum) nicht zu beanstanden. Es war der Hilfswerksvertretung möglich, der Beschwerdeführerin Fragen zu stellen und sie thematisierte in ihren Anmerkungen auch keine
Einwände gegen die Anhörungssituation. Dem Protokoll lassen sich keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Aussagen der Beschwerdeführerin nicht korrekt oder unvollständig protokolliert worden wären. Vielmehr bestätigte sie ausdrücklich, dass das Protokoll vollständig sei und ihren freien Äusserungen entspreche (vgl. Protokoll Anhörung A14 S. 14). Unter diesen Umständen besteht kein Grund zur Annahme, der rechtserhebliche Sachverhalt sei vorliegend aufgrund des Vorgehens der Vorinstanz bei der Anhörung nicht korrekt erhoben worden.
Nach dem Gesagten ist der Hauptantrag der Beschwerdeführerin abzuweisen, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und die Sache zur vollständigen und richtigen Abklärung und Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts sowie zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG). Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken; den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen (Art. 3 Abs. 2 AsylG).
Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimatoder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind, wobei die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30) vorbehalten bleibt (Art. 3 Abs. 4 AsylG).
Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG).
Da die Beschwerdeführerin ihr Asylbegehren ausschliesslich mit einer sich aus ihrem Verhalten nach der Ausreise ergebenden Verfolgung begründet, fällt eine Asylgewährung von vornherein ausser Betracht. Die geltend gemachten Verfolgungsgründe sind nur unter dem Aspekt des Vorliegens subjektiven Nachfluchtgründe gemäss Art. 54 AsylG zu prüfen, welche allenfalls eine vorläufige Aufnahme als Flüchtling zu rechtfertigen vermöchten.
Aufgrund der im Beschwerdeverfahren eingereichten Beweismittel kann zwar nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Beschwerdeführerin nach ihrer Ausreise aus dem Heimatstaat tatsächlich an einer oppositionellen Veranstaltung teilgenommen hat. Die Frage, inwieweit die von der Vorinstanz geäusserten Zweifel an der von ihr geschilderten Reise nach Deutschland und Teilnahme an einem Komala-Fest gerechtfertigt sind, kann jedoch letztlich offenbleiben.
Jedenfalls hat nämlich die Vorinstanz zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt, dass die angeblich dadurch ausgelösten Verfolgungsmassnahmen der iranischen Sicherheitskräfte als unglaubhaft zu qualifizieren sind. Das Bundesverwaltungsgericht geht in konstanter Praxis davon aus, dass sich die iranischen Geheimdienste auf die Erfassung von Personen konzentrieren, die über die massentypischen, niedrigprofilierten Erscheinungsformen exilpolitischer Proteste hinaus Funktionen ausgeübt und/oder Aktivitäten vorgenommen haben, welche die jeweilige Person aus der Masse der mit dem Regime Unzufriedenen herausstechen und als ernsthaften und gefährlichen Regimegegner erscheinen lassen. Dabei darf davon ausgegangen werden, dass die iranischen Sicherheitsbehörden zu unterscheiden vermögen zwischen tatsächlich politisch engagierten Regimekritikern und Exil-aktivisten, die mit ihren Aktionen in erster Linie die Chancen auf ein Aufenthaltsrecht zu erhöhen versuchen (vgl. BVGE 2009/28 E. 7.4.3; Urteil des BVGer D-830/2016 vom 20. Juli 2016 E. 4.2).
Die Beschwerdeführerin weist klarerweise kein Profil auf, das gemäss diesen Kriterien ein Verfolgungsinteresse der iranischen Behörden wecken könnte. Sie hat bei der Veranstaltung der Komala vom (…) 2019 als einfache Teilnehmerin keine besondere Funktion ausgeübt, die sie hätte exponieren können; zudem hat sie sich gemäss ihrer Darstellung ansonsten in keiner Weise politisch engagiert. Überdies ist festzustellen, dass eine Identifizierung der Beschwerdeführerin in der auf YouTube veröffentlichten Filmaufnahme der genannten Veranstaltung aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse nicht möglich ist. Unter diesen Umständen muss ihre
Darstellung, der iranische Geheimdienst habe sie bereits wenige Tage nach dem Komala-Fest identifiziert und unter dem Vorwurf der Kooperation mit oppositionellen Kreisen gesucht, als offensichtlich unrealistisch und damit unglaubhaft qualifiziert werden. Ebenso realitätsfremd ist demnach, dass ihr Vater und ihr Bruder wegen der gegen sie erhobenen Vorwürfe von den Sicherheitskräften wöchentlich vorgeladen und behelligt worden sein sollen.
Zu bestätigen ist sodann auch die Einschätzung der Vorinstanz in Bezug auf die von der Beschwerdeführerin eingereichten Dokumente, welche die Bemühungen ihres Vaters, ihre Probleme abzuwenden, dokumentieren sollen. Ungeachtet der Frage der Authentizität der Schreiben der beiden Parlamentarier ist festzustellen, dass diese inhaltlich auf die Ausführungen des Vaters der Beschwerdeführerin in seinem Brief an diese Personen Bezug nehmen, und ihnen damit schon deshalb für das vorliegende Verfahren kein wesentlicher Beweiswert beigemessen werden kann.
Die Ausführungen in der Beschwerdeeingabe vermögen keine andere Einschätzung zu rechtfertigen. Insbesondere sind in den Argumenten, dass Sympathisantinnen und Mitglieder der Komala-Partei im Iran als Staatsfeinde gezielt verfolgt würden, und dass die Beschwerdeführerin als sich mutmasslich für die Anliegen der Kurden einsetzende Perserin als besonders staatsfeindlich betrachtet und verstärkt verfolgt würde, keine stichhaltigen Hinweise auf ein besonders exponiertes Profil zu erblicken.
Lehnt das SEM das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie (Art. 44 AsylG).
Die Beschwerdeführerin verfügt insbesondere weder über eine ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer solchen. Die Wegweisung wurde demnach ebenfalls zu Recht angeordnet (vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4; 2009/50 E. 9, je m.w.H.).
Beim Geltendmachen von Wegweisungsvollzugshindernissen gilt gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft; das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).
Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AIG).
So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden (Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30]).
Gemäss Art. 25 Abs. 3 BV, Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Die Vorinstanz wies in ihrer angefochtenen Verfügung zutreffend darauf hin, dass das Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-Refoulement nur Personen schützt, die die Flüchtlingseigenschaft erfüllen. Da es der Beschwerdeführerin nicht gelungen ist, eine asylrechtlich erhebliche Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, kann der in Art. 5 AsylG verankerte Grundsatz der Nichtrückschiebung im vorliegenden Verfahren keine Anwendung finden. Eine Rückkehr der Beschwerdeführerin in den Heimatstaat ist demnach unter dem Aspekt von Art. 5 AsylG rechtmässig.
Sodann ergeben sich weder aus den Aussagen der Beschwerdeführerin noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass sie für den Fall einer Ausschaffung in den Heimatstaat dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre. Gemäss der Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie jener des UN-AntiFolterausschusses müsste die Beschwerdeführerin eine konkrete Gefahr ("real risk") nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihr im Fall einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung drohen würde (vgl. Urteil des EGMR Saadi gegen Italien vom 28. Februar 2008, Grosse Kammer 37201/06, §§ 124–127 m.w.H.). Dies gelingt ihr offensichtlich nicht. Auch die allgemeine Menschenrechtssituation im Heimatstaat lässt den Wegweisungsvollzug zum heutigen Zeitpunkt nicht als unzulässig erscheinen.
Nach dem Gesagten ist der Vollzug der Wegweisung sowohl im Sinne der asylals auch der völkerrechtlichen Bestimmungen zulässig.
Gemäss Art. 83 Abs. 4 AIG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimatoder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist – unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AIG – die vorläufige Aufnahme zu gewähren.
Im Iran herrscht weder Krieg oder Bürgerkrieg noch eine Situation allgemeiner Gewalt, aufgrund derer eine Rückkehr generell unzumutbar wäre.
Wie die Vorinstanz zutreffend festhielt, erscheint auch in individueller Hinsicht eine Rückkehr der Beschwerdeführerin in den Iran zumutbar. Ihr Einwand, ihre Familienangehörigen hätten sich von ihr abgewandt, steht in klarem Widerspruch zu den geltend gemachten Bemühungen ihres Vaters, die von ihr angeblich befürchteten Verfolgungsmassnahmen abzuwenden und kann deshalb nicht geglaubt werden.
Im Weiteren besteht auch kein Grund zur Annahme einer medizinischen Notlage. Aus dem eingereichten Beleg einer Terminvereinbarung mit einer Psychotherapeutin (auf den "(…) [2020]") kann nicht auf gravierende Gesundheitsprobleme der Beschwerdeführerin geschlossen werden, zu-
mal sich aus den Akten keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sie während des erstinstanzlichen Verfahrens bereits in medizinsicher Behandlung war und sie ausdrücklich zu Protokoll gab, sie sei gesund (vgl. Protokoll BzP A7, S. 7). Der Antrag, es sei ein ärztliches Zeugnis einzuholen, ist bei dieser Ausgangslage abzuweisen.
Schliesslich vermag auch die aktuelle COVID-19-Pandemie kein Vollzugshindernis zu begründen, da praxisgemäss davon auszugehen ist, dass es sich dabei – wenn überhaupt – bloss um ein temporäres Hindernis handelt, welchem im Rahmen der Vollzugsmodalitäten durch die kantonalen Behörden Rechnung zu tragen ist (vgl. statt vieler etwa das Urteil des BVGer E-5943/2020 vom 10. Dezember 2020 E. 8.5).
Nach dem Gesagten erweist sich der Vollzug der Wegweisung auch als zumutbar.
Schliesslich verfügt die Beschwerdeführerin über die für eine Rückkehr notwendigen Reisedokumente, weshalb der Vollzug der Wegweisung auch als möglich zu bezeichnen ist (Art. 83 Abs. 2 AIG).
Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Wegweisungsvollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich bezeichnet. Eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme fällt somit ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1–4 AIG).
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig sowie vollständig feststellt (Art. 106 Abs. 1 AsylG) und – soweit diesbezüglich überprüfbar – angemessen ist. Die Beschwerde ist abzuweisen.
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdebegehren der Beschwerdeführerin schon bei Einreichung des Rechtsmittels als aussichtslos zu gelten hatten. Damit ist – ungeachtet der Frage ihrer prozessualen Bedürftigkeit – eine der kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG und aArt. 110a Abs. 1 Bst. a AsylG nicht erfüllt. Die entsprechenden Gesuche sind demnach abzuweisen. Das Gesuch um Verzicht auf die Kostenvorschusserhebung ist mit dem vorliegenden Entscheid gegenstandslos geworden.
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG und aArt. 110a Abs. 1 Bst. a AsylG werden abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 750.– werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführerin, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.
Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:
Markus König Nicholas Swain
Versand:
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