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Bundesverwaltungsgericht Urteil C-5309/2018

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung III
Dossiernummer:C-5309/2018
Datum:02.04.2020
Leitsatz/Stichwort:Befreiung Versicherungspflicht
Schlagwörter : Beschwerde; Versicherung; Beschwerdeführerin; Schweiz; Versicherung; Bundesverwaltungsgericht; Leistungsaushilfe; Internationale; Kanton; Recht; Vorinstanz; Kantons; Gesundheit; Versicherungspflicht; Befreiung; Gemeinsame; Verfügung; Gericht; Pflege; Entscheid; B-act; Gesundheitsdirektion; Schweizerischen; Zuständig; Verfahren; Partei; Leistungen; Einsprache
Rechtsnorm: Art. 18 KVG ; Art. 48 BGG ; Art. 58 ATSG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung III C-5309/2018

U r t e i l  v o m  2.  A p r i l  2 0 2 0

Besetzung Einzelrichter Beat Weber, Gerichtsschreiber Daniel Golta.

Parteien A. , (Schweiz), Beschwerdeführerin,

gegen

Gemeinsame Einrichtung KVG,

Vorinstanz,

Gesundheitsdirektion des Kantons B. , Beigeladene.

Gegenstand KVG, Befreiung von der Versicherungspflicht; Einspracheentscheid der Gemeinsamen Einrichtung KVG vom 22. August 2018.

Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest und erwägt,

dass A.

(nachfolgend Versicherte oder Beschwerdeführerin),

deutsche Staatsangehörige, seit April 2004 in der Schweiz im Kanton B. wohnt, aufgrund ihrer Ehe mit einem (2010 verstorbenen) italienischen Staatsbürger und ihres früheren Wohnsitzes in Italien beim Servizio Sanitario Nazionale Italiano und der privaten Krankenkasse

C.

krankenversichert ist und zusätzlich bei der D. in

Deutschland eine private Krankenhausversicherung sowie eine Pflegeund Unfallversicherung aufweist,

dass die Versicherte am 12. Oktober 2004 von der Gesundheitsdirektion des Kantons B. von der Versicherungspflicht (Art. 3 Abs. 1 KVG) befreit wurde, die Gesundheitsdirektion die Befreiung von der Versicherungspflicht nach Überprüfung im Jahre 2013 mit Wiedererwägungsverfügung vom 10. September 2013 bestätigte und die Versicherte für die internationale Leistungsaushilfe bei Eintritt des Risikos Krankheit nach der EU-Verordnung (VO) Nr. 883/2004 bei der Gemeinsamen Einrichtung KVG (nachfolgend Vorinstanz) registriert wurde,

dass die Vorinstanz mit Verfügung vom 17. Juli 2018 - nach vorgängiger Gewährung des rechtlichen Gehörs - die internationale Leistungsaushilfe per 1. September 2018 einstellte, weil sie festgestellt habe, dass die Versicherte eine Altersrente der schweizerischen Altersund Hinterlassenenversicherung beziehe und diese damit in der Schweiz der Krankenversicherungspflicht unterstehe,

dass die Vorinstanz mit Einspracheentscheid vom 22. August 2018 die am

14. August 2018 dagegen erhobene Einsprache mit der Begründung abwies, Anknüpfungspunkt für die KVG-Versicherungspflicht sei gemäss Art. 23 der VO Nr. 883/2004 der Rentenbezug im Wohnsitzland, andere Rentenbezüge (auch höhere) aus dem Ausland seien nicht beachtlich, auch nicht die (tieferrangige) kantonale Befreiung nach Art. 2 Abs. 8 KVV,

dass A. diesen Entscheid mit Beschwerde vom 17. September 2018 vor Bundesverwaltungsgericht angefochten hat, dessen Aufhebung verlangt und dies damit begründet, dass sie trotz Bezug einer AHV-Rente von der Gesundheitsdirektion des Kantons B. von der Krankenversicherungspflicht befreit worden sei, dieser Entscheid von der Vorinstanz damals akzeptiert worden sei, die Leistungen der italienischen Versicherung nachweislich (s. "Formulario H" vom 15. Juli 2013) höher seien als die schweizerische Krankenversicherung, zusätzlich in Deutschland eine private Krankenhausversicherung sowie eine Pflegeund Unfallversicherung bestehe, welche die Kosten sogar in doppelter Weise abdecke, ein vergleichbarer Versicherungsschutz in der Schweiz nicht erwirkt werden könne und zudem viel teurer sei, sie aus finanziellen Gründen beabsichtige, nach Deutschland zurückzukehren, ein Zurückkommen auf die damalige Befreiung von der Versicherungspflicht (ohne Änderung der Fakten und der rechtlichen Grundlagen) eine Verletzung der Rechtssicherheit und des berechtigten Vertrauens auf die Beständigkeit des Entscheids darstelle, kein Anwendungsfall von Art. 23 der VO Nr. 883/2004, sondern von Art. 24 der Verordnung vorliege und schliesslich nach wie vor ein Härtefall vorliege, den der Bundesrat abweichend regeln könne (Beschwerdeakten

[B-act.] 1),

dass die Vorinstanz mit Vernehmlassung vom 19. Oktober 2018 die Abweisung der Beschwerde und Bestätigung des angefochtenen Einspracheentscheides beantragte und dies damit begründete, dass die Beschwerdeführerin seit Mai 2012 eine schweizerische Altersrente beziehe, Art. 23 der VO Nr. 883/2004 das Wohnland (vorliegend die Schweiz) als primären kollisionsrechtlichen Anknüpfungspunkt und den dort zuständigen Träger als primär leistungszuständig und kostentragungspflichtig definiere, die Frage der Weiterversicherung durch die C. und die Zusatzversicherung der deutschen D. (die im Rahmen der kantonalen Befreiung nach Art. 2 Abs. 8 KVV zu prüfen sei) hier nicht Verfahrensgegenstand sei, eine Abrechnung der in der Schweiz generierten Pflegekosten nach erfolgter Meldung an den Servizio Sanitario Nazionale mittels Formular E 108 nicht mehr über die internationale Leistungsaushilfe möglich sein werde, bei dieser Sachund Rechtslage eine Berufung auf den Vertrauensschutz, die Bestandesgarantie oder die Rechtssicherheit ins Leere ziele, die internationale Zuständigkeit zumindest pro futuro gelebt werden müsse und eine Leistungsabwicklung via die bereits bestehenden Privatversicherungen nicht über die internationale Leistungsaushilfe erfolgen könne (B-act. 4),

dass die Beschwerdeführerin mit Replik vom 13. November 2018 an ihren Anträgen festhielt, in der Begründung auf ihre Eingaben vom 14. August und 12. (recte: 17.) September 2018 verwies und ergänzte, bei der C. handle es sich um eine Versicherung, die über die Leistungen der schweizerischen Grundversicherung hinausgehe, weltweit Gültigkeit habe und ihr gegenüber bereits eine weitere Übernahme der in der Schweiz anfallenden Pflegekosten zugesichert habe; die deutsche Zusatz-

versicherung D.

zahle darüber hinaus Chefarztkosten und Pri-

vatstation und beinhalte auch eine Unfallversicherung sowie Pflegeversicherung (B-act. 6),

dass die zum Verfahren beigeladene Gesundheitsdirektion des Kantons B. mit Stellungnahme vom 20. Dezember 2018 die Abweisung der Beschwerde beantragte und darin ausführte, die Befreiung von der KVGVersicherungspflicht sei am 10. September 2013 im Rahmen einer Wiedererwägung ausgesprochen worden, nachdem die Beschwerdeführerin neue Akten eingereicht habe, die eine Übernahme sämtlicher Leistungen der schweizerischen Grundversicherung und weiterer Leistungen durch die italienische Privatversicherung bestätigt hätten; da die Beschwerdeführerin Wohnsitz in der Schweiz habe und eine schweizerische Altersrente beziehe, die unter die Bestimmung von Art. 23 der VO Nr. 883/2004 falle, unterliege die Beschwerdeführerin den schweizerischen Rechtsvorschriften, entfalle die gesetzliche Krankenversicherung in Italien und unterstehe sie damit der KVG-Versicherungspflicht in der Schweiz, weshalb eine Leistungsdeckung über die internationale Leistungsaushilfe entfalle, die kantonale Befreiung wegen Vorliegens eines Härtefalles jedoch weiterhin Gültigkeit habe, nur die Abrechnung der in der Schweiz in Rechnung gestellten Pflegekosten nun direkt über die Privatversicherung der Beschwerdeführerin erfolgen müsse (B-act. 8),

dass der Instruktionsrichter der Beschwerdeführerin mit Zwischenverfügung vom 28. Dezember 2018 die Stellungnahme der Gesundheitsdirektion des Kantons B. zur Kenntnis brachte (B-act. 9) und den Schriftenwechsel mit weiterer Zwischenverfügung vom 12. Februar 2019 abschloss, nachdem die Beschwerdeführerin sich nicht mehr vernehmen liess (B-act. 11),

dass das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes beurteilt (Art. 31 VGG, SR 173.32) und dabei seine Zuständigkeit sowie das Vorliegen der weiteren Sachurteilsvoraussetzungen von Amtes wegen prüft (Art. 7 Abs. 1 VwVG),

dass vorliegend Streitgegenstand die Frage bildet, ob die Vorinstanz zu Recht die Registrierung der Beschwerdeführerin für die internationale Leistungsaushilfe aufgehoben hat,

dass das Bundesverwaltungsgericht mit Grundsatzurteil C-6251/2018 vom

9. März 2020 entschieden hat, dass die Gemeinsame Einrichtung KVG im Bereich der internationalen Leistungsaushilfe eine vom Bundesrat übertragene (vgl. Art. 19 Abs. 1 KVV i.V.m. Art. 18 Abs. 3 KVG) Aufgabe nach

Art. 95a KVG wahrnehme, weshalb sie für die Gewährung der Leistungsaushilfe zuständig sei und diese mittels Verfügung auch wieder aufheben könne (E. 3),

dass das Gericht im Grundsatzurteil weiter festhielt, dass die internationale Leistungsaushilfe unter den Aufgaben von Art. 18 Abs. 3 KVG zu subsumieren sei, Art. 18 Abs. 8 KVG jedoch nur eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts bei Verfügungen der Gemeinsamen Einrichtung nach Art. 18 Abs. 2bis, 2ter und 2quinquies KVG nenne, Art. 90a KVG (Anmerkung Gericht: in Abweichung von Art. 58 Abs. 2 ATSG) explizit nur den Rechtsweg an das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen von Art. 18 Abs. 2bis, 2ter und 2quinquies KVG vorsehe und aufgrund einer Gesetzesauslegung auch nicht von einer echten Gesetzeslücke auszugehen sei, die es in richterlicher Lückenfüllung zu korrigieren gelte (E. 4.1 und 5),

dass das Bundesverwaltungsgericht damit nicht für die Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen der Gemeinsamen Einrichtung KVG, die gestützt auf Art. 18 Abs. 3 KVG erlassen worden seien, zuständig sei, weshalb auf Beschwerden, die sich gegen die Aufhebung der Registrierung in der internationalen Leistungsaushilfe richte, nicht einzutreten sei (E. 7.1),

dass vorliegend von einer identischen Sachlage auszugehen ist, weshalb auf die am 17. September 2018 vor Bundesverwaltungsgericht anhängig gemachte Beschwerde nicht einzutreten und die Sache an das (aufgrund des zum Verfügungszeitpunkt gegebenen Wohnsitzes der Beschwerdeführerin im Kanton B. ) vorliegend zuständige Sozialversicherungsgericht des Kantons B. (Art. 58 Abs. 1 und 3 ATSG) zur materiellen Beurteilung der Beschwerde zu überweisen ist,

dass der Entscheid vorliegend in einzelrichterlicher Kompetenz zu treffen ist (Art. 23 Abs. 1 Bst. b VGG),

dass bei vorliegender Sachlage keine Verfahrenskosten zu erheben sind (Art. 6 Bst. b des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]),

dass keine Parteientschädigungen zuzusprechen sind (Art. 7 Abs. 1 und 3 VGKE).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.

Die Sache wird an das zuständige Sozialversicherungsgericht des Kantons B. zur Prüfung überwiesen.

3.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

4.

Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

5.

Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. [ ]; Gerichtsurkunde)

  • das Sozialversicherungsgericht des Kantons B. (Einschreiben; Beilagen: Verfahrensakten C-5309/2018)

  • die Beigeladene (Einschreiben)

  • das Bundesamt für Gesundheit (Einschreiben)

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:

Beat Weber Daniel Golta

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand:

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