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Bundesverwaltungsgericht Urteil E-3316/2018

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung V
Dossiernummer:E-3316/2018
Datum:17.07.2018
Leitsatz/Stichwort:Asyl und Wegweisung
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführer; Pakistan; Christ; Beschwerdeführers; Verfolgung; Staat; Christen; Beweis; Christliche; Sachverhalt; Abklärung; Christlichen; Kopie; Schweiz; Beweismittel; Ehefrau; Person; Recht; Pakistanische; Verfügung; Türkei; Über; Anhörung; Situation; Organisation
Rechtsnorm: Art. 26b BV ; Art. 52 VwVG ; Art. 61 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ; Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung V E-3316/2018

U r t e i l  v o m  1 7.  J u l i  2 0 1 8

Besetzung Richterin Christa Luterbacher (Vorsitz),

Richter Simon Thurnheer, Richterin Muriel Beck Kadima, Gerichtsschreiberin Regina Derrer.

Parteien A. , geboren am ( ), Pakistan,

vertreten durch MLaw Nora Maria Riss, Freiplatzaktion ( ), Rechtshilfe Asyl und Migration, ( ),

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Asyl und Wegweisung;

Verfügung des SEM vom 3. Mai 2018 / N ( ).

Sachverhalt:

A.

Der Beschwerdeführer - ein pakistanischer Staatsangehöriger christlichen Glaubens mit letztem offiziellem Wohnsitz in B. - reiste eigenen Angaben zufolge im August 2015 aus seinem Heimatstaat aus und gelangte über den Iran, die Türkei und verschiedene europäische Staaten im Dezember 2015 in die Schweiz. Am 10. Dezember 2015 stellte er im Empfangsund Verfahrenszentrum (EVZ) Kreuzlingen ein Asylgesuch, wo er am 16. Dezember 2015 zu seiner Person und seinen Gesuchsgründen befragt wurde (Befragung zur Person [BzP]). Am 20. Januar 2017 fand die vertiefte Anhörung zu seinen Asylgründen statt. Dabei trug er wiederholt vor, an Gedächtnisproblemen zu leiden, deswegen - und wegen anderer gesundheitlicher Beschwerden - in der Schweiz in medizinischer Behandlung gewesen zu sein und Medikamente eingenommen zu haben. Seine Flucht begründete der Beschwerdeführer in der BzP und der vertieften Anhörung wie folgt:

Er sei wegen seines Engagements für die christliche Gemeinschaft und wegen seiner politischen Aktivitäten in Pakistan von muslimischen Mitbürgern verfolgt worden, wobei die pakistanische Polizei ihm keinen Schutz gewährt habe. Bis zu seiner Ausreise in die Schweiz sei er Präsident der christlichen Glaubensgemeinschaft in seiner Gegend gewesen. [Ereignis, bei dem sich der Beschwerdeführer viele Feinde gemacht habe]. Daraufhin sei er wiederholt belästigt worden. Zudem sei er wegen des Baus einer Kirche mit der muslimischen Gemeinschaft in Streit geraten. Er sei mehrmals von muslimischen Mitbürgern verprügelt worden. Kurz vor seiner Flucht in die Schweiz habe er als Parteiloser für die Gemeinderatswahlen kandidiert. Da er sich geweigert habe, mit der C. , einer zu

D.

gehörenden Partei, zusammenzuarbeiten, sei er von Anhä-

ngern der Partei so stark geschlagen worden, dass er ins Spital habe eingeliefert werden müssen. Nachdem er sich von diesem Vorfall erholt habe, sei er aus seinem Heimatstaat geflohen. Die pakistanische Polizei habe er nicht kontaktiert, da diese ihm nicht geholfen, sondern für ihn noch eine zusätzliche Bedrohung dargestellt hätte. Aufgrund seiner Probleme in Pakistan habe er bereits um das Jahr 2000 herum in Hongkong und später nochmals in der Türkei Asylgesuche eingereicht, wobei er sich jeweils beim UNHCR gemeldet habe. Das Asylgesuch in Hongkong sei abgelehnt, jenes in der Türkei nie entschieden worden. Seine in Pakistan zurückgebliebene Familie habe nach wie vor Probleme mit seinen Widersachern.

Zur Untermauerung seiner Vorbringen reichte der Beschwerdeführer - neben seinem pakistanischen Pass (im Original) - beim SEM die nachfolgenden Dokumente ein: Ein Bestätigungsschreiben der christlichen Organisation E. vom 13. Februar 2004, wonach er Präsident dieser Organisation sei (in Kopie); ein Bestätigungsschreiben der Church of Pakistan vom 23. November 2015 betreffend seine Mitgliedschaft bei der [Kirche] in B. (in Kopie); einen Notfallpass, von der pakistanischen Botschaft in Teheran am ( ) 2000 auf seinen Namen ausgestellt (in Kopie); den Totenschein seiner Tochter, wonach diese im ( ) 2007 an einer ( ) gestorben sei (in Kopie mit notariell beglaubigter englischer Übersetzung) sowie einen vom ihm verfassten Lebenslauf mit seiner Fluchtgeschichte (in Kopie). Ferner reichte er beim SEM folgende Unterlagen ein: Kopien von Ausschnitten aus pakistanischen Zeitungen, wonach seine Ehefrau (gemäss Übersetzung G. genannt) aus religiösen und politischen Gründen behelligt und aufgefordert worden sei, ihr Wohnquartier zu verlassen (mit handschriftlicher Übersetzung); eine Anzeige seiner Ehefrau (gemäss Übersetzung H. genannt) an den Friedensrichter von J. , wonach sie und ihre ( ) Kinder - die wegen des Aufenthalts des Ehemanns in der Türkei alleine lebten - im Juni 2013 an ihrem Wohnort in I. , B. , von Unbekannten bedroht worden seien und deswegen Angst hätten (in Kopie mit handschriftlicher Übersetzung); ein Schreiben einer christlichen Schule in J. vom 15. Oktober 2014, welche von den ( ) Söhnen des Beschwerdeführers besucht werde (in Kopie); ein Schreiben der deutschen Botschaft in Islamabad vom 10. März 2010 sowie ein Schreiben der Schweizerischen Botschaft in Islamabad vom 9. Juni 2010 betreffend seine Gesuche um Hilfe wegen seiner Probleme in Pakistan (in Kopie); ein undatiertes Formular betreffend die Nominierung als Kandidat für die Gemeinderatswahl, wonach er als Minderheitsvertreter, das heisst als Nicht-Muslim, kandidiert habe (in Kopie mit notariell beglaubigter englischer Übersetzung); ein Schreiben eines Anwalts in Pakistan (K. ) vom 18. Juni 2013, wonach dieser für die Ehefrau des Beschwerdeführers eine Petition beim [Gericht], J. , eingereicht habe; Bestätigungsschreiben verschiedener Kirchen in der Schweiz und in Pakistan, wonach er und seine Ehefrau aktive Christen seien und wegen ihres Glaubens verfolgt würden (in Kopie); seinen Taufschein und ein Be- gleitschreiben der reformierten Kirche M. vom 1. Februar 2018 (in Kopie); diverse medizinische Berichte von Ärzten in der Schweiz, wonach er im Wesentlichen an [gesundheitliche Beschwerden] sowie an einem posttraumatischen Stresssyndrom leide und im Rahmen einer Computertomographie habe festgestellt werden können, dass er kleine alte Hirninfarkte gehabt habe.

B.

    1. Mit Verfügung vom 3. Mai 2018 - eröffnet am 7. Mai 2018 - verneinte das SEM die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers, lehnte sein Asylgesuch ab und ordnete seine Wegweisung aus der Schweiz sowie den Vollzug an.

    2. Zur Begründung führte das Staatssekretariat im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe keine gezielt gegen seine Person gerichteten Verfolgungsmassnahmen gemäss Art. 3 Abs. 1 AsylG (SR 142.31) glaubhaft machen können. Sollte er tatsächlich Opfer von Gewalt geworden sein, sei nicht ersichtlich, inwiefern diese persönlich gegen ihn gerichtet gewesen sei, denn seine Schilderung, weshalb Mitglieder der D. ihn angegriffen hätten, seien unlogisch und substanzarm und widersprächen auch seiner ursprünglichen Aussage, er sei verprügelt worden, weil er an einer Kirche gebaut habe. Weshalb Mitglieder besagter Partei ihn als Christen hätten anwerben sollen, sei ohnehin nicht plausibel, habe er doch gemäss seinen Angaben für den christlichen Sitz im Gemeinderat kandidiert. Gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgungsmassnahmen seien folglich nicht glaubhaft. Des Weiteren sei er nach dem Vorfall, bei dem er verletzt worden sei, seinen Ausführungen zufolge noch sieben bis zwölf respektive vier bis fünf Monate an seinem Wohnort verblieben, ohne dass es zu weiteren Vorkommnissen gekommen sei. Somit sei eine für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nötige Verfolgungsintensität zu verneinen. Aus demselben Grund bestehe ebenso wenig ein in zeitlicher und sachlicher Hinsicht genügend enger Kausalzusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht. An dieser Stelle werde trotz vorliegender Zweifel aufgrund von Widersprüchlichkeiten auf eine Prüfung der Glaubhaftigkeit seiner Verfolgungsvorbringen verzichtet.

      Ferner hätte sich der Beschwerdeführer den allfälligen Verfolgungsmassnahmen durch einen Wegzug in einen anderen Teil Pakistans entziehen können, weshalb er nicht auf den Schutz der Schweiz angewiesen sei. So sei die Begründung, weshalb er in Pakistan grossräumig bekannt sein soll, wenig überzeugend. Es sei schwerlich vorstellbar, wie er durch seine berufliche Tätigkeit oder das Kandidieren für den Gemeinderat einer Kleinstadt einen nationalen Bekanntheitsgrad hätte erlangen sollen. Ebenso unwahrscheinlich sei, dass er wegen seiner Religionszugehörigkeit im ganzen Land bekannt und verfolgt gewesen sei. Auch seine Beteiligung [am Ereignis, bei dem er sich viele Feinde gemacht habe] könnten schwerlich dazu geführt haben, dass er noch Jahrzehnte danach einen überregionalen Bekanntheitsgrad hätte haben sollen. Folglich sei davon auszugehen,

      dass die von ihm geltend gemachten Nachteile lokal oder regional beschränkt seien, weshalb nicht ersichtlich sei, warum ein Wohnsitzwechsel nach N. , wo seine Ehefrau zeitweise lebe, nicht auch für ihn möglich sein sollte. Zudem bestünden gemäss den Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission (EMARK) keine Anzeichen für eine systematische staatliche Verfolgung von Christen in Pakistan. Wie in EMARK 1996 Nr. 23 E. 3 festgehalten, seien die von muslimischen Gruppierungen ausgehenden Benachteiligungen oder Drohungen gegen Christen in der Regel asylrechtlich nicht relevant, da die pakistanischen Behörden diesen den Schutz nicht grundsätzlich verweigerten. Allein aufgrund allgemeiner Benachteiligungen der christlichen Glaubensgemeinschaft erscheine der Wegweisungsvollzug noch nicht als unzumutbar. Hingegen sei im Fall eines leitenden Funktionsträgers, der sich besonders exponiert habe, eine konkrete Gefährdung seitens radikaler Muslimgruppen nicht auszuschliessen (vgl. EMARK 1996 Nr. 23 E. 5).

      Überdies seien die vom Beschwerdeführer eingereichten Beweismittel untauglich, den asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. Die Bestätigungsschreiben von christlichen Organisationen und christlichen Würdenträgern, welche seine Schwierigkeiten aufgrund seines Engagements bezeugen sollen, hätten keine Beweiskraft, da es sich um Gefälligkeitsschreiben handeln könne, die leicht fälschbar seien. Bei den zwei in Kopie eingereichten Aufsetzern von Artikeln auf der Titelseite einer Zeitung gehe es nicht um seine persönliche Bedrohungslage, sondern um diejenige einer gewissen Frau G. , die Ehefrau eines gewissen O. . Dieser O. werde zwar in beiden Aufsetzern erwähnt, es werde jedoch für die Fortsetzung des Berichts just an jenen Stellen auf Folgeseiten in der Zeitung verwiesen, welche der Beschwerdeführer bezeichnenderweise nicht eingereicht habe. Somit sei nicht ersichtlich, wie er selbst von einer Verfolgung hätte betroffen sein sollen. Der Antrag für eine Anzeigeaufnahme sei von einer Frau mit dem Namen H. wegen einer Behelligung durch Unbekannte am ( ) Juni 2013 bei der lokalen Polizei eingereicht worden. Bezeichnenderweise habe sie in jenem Schreiben angegeben, ihr Ehemann lebe in der Türkei. Angenommen, bei der erwähnten H. handle es sich tatsächlich um die Ehefrau des Beschwerdeführers, stelle sich die Frage, ob dieser denn überhaupt von seinem Türkeiaufenthalt nach Pakistan zurückgekehrt sei, um dort während drei bis vier Jahren zu leben, wie er es angegeben habe. Denn gemäss seinen Ausführungen habe er sich zum Zeitpunkt vom ( ) Juni 2013 längst wieder in seinem Heimatstaat aufgehalten. Auch der Ausreisestempel aus Pakistan vom 16. August 2015 in seinem Reisepass belege nicht, dass er sich davor

      für längere Zeit dort aufgehalten habe. Das Schreiben [einer Organisation], in J. vom 15. Oktober 2014 habe ebenfalls nur eine geringe Beweiskraft, da es leicht fälschbar sei und es sich um ein Gefälligkeitsschreiben handeln könne. Zudem habe der Beschwerdeführer entgegen dem Inhalt dieses Schreibens bei der BzP angegeben, bis zu seiner Ausreise im August 2015 zusammen mit seiner Ehefrau und seinen ( ) Kindern in B. gewohnt zu haben. Auch dem in Kopie eingereichten Polizeirapport vom ( ) Juni 2013 sei zu entnehmen, dass er sich bis im Juni 2013 in der Türkei aufgehalten haben müsse. Laut diesem Dokument habe ihm dort ein Gerichtsverfahren gedroht. Der Taufschein vom reformierten

      Pfarramt M.

      habe auf die Beurteilung seiner Flüchtlingseigen-

      schaft schliesslich keinerlei Einfluss, da es, wie bereits ausgeführt, keine Anzeichen für eine systematische Verfolgung der Christen in Pakistan gebe.

    3. Ferner sei der Wegweisungsvollzug des Beschwerdeführers nach Pakistan zulässig, zumutbar und möglich. Bezüglich der Zumutbarkeit führte das SEM im Wesentlichen aus, dass weder die dort herrschende politische Situation noch andere Gründe gegen seine Rückführung dorthin sprächen. So habe er in seinem Heimatland ein intaktes Familiennetz, auf das er bei einer Rückkehr zurückgreifen könne. Zudem stamme er aus einer gut situierten Familie, die auch finanziell für ihn aufkommen könne. Seine Frau sei

überdies bereits teilzeitig in N.

wohnhaft, eine innerstaatliche

Fluchtalternative sei somit bereits gegeben. Auch sein Gesundheitszustand spreche nicht gegen einen Wegweisungsvollzug nach Pakistan. So bestätige der von ihm eingereichte Arztbericht, dass die allfälligen Fehlleistungen seines Gedächtnisses nicht auf ein Schädeltrauma zurückzuführen seien, sondern auf eine Durchblutungsstörung, welche mit Aspirin Cardio behandelt werden könne. Das darin angedeutete posttraumatische Belastungssyndrom bedürfe gemäss Arztbericht weiterer Abklärungen durch einen Spezialisten. Sollte sich tatsächlich ergeben, dass der Beschwerdeführer unter psychischen Problemen - die sich in Pakistan behandeln liessen - leide, gebe es jedoch keine schlüssigen Hinweise darauf, dass diese von Gewaltakten gegen ihn herrührten.

C.

    1. Mit Eingabe vom 6. Juni 2018 liess der Beschwerdeführer von seiner Rechtsvertreterin gegen diesen Entscheid des SEM Beschwerde erheben und beantragen, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und es sei seine Flüchtlingseigenschaft festzustellen und ihm Asyl zu gewähren, eventualiter sei die Unzulässigkeit, subeventualiter die Unzumutbarkeit der

      Wegweisung festzustellen und er sei vorläufig aufzunehmen, subsubeventualiter sei der Fall zur erneuten Abklärung und Beurteilung ans SEM zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht wurde darum ersucht, es sei auf die Erhebung eines Kostenvorschusses zu verzichten und ihm die unentgeltliche Prozessführung, inklusive Verbeiständung, zu gewähren.

    2. Zur Begründung der Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt, das SEM habe im vorliegenden Fall den Sachverhalt nur ungenügend abgeklärt und damit seine Untersuchungsund Begründungspflicht verletzt.

      Auch wenn sich die genaue Erstellung der Verfolgungsgeschichte des Beschwerdeführers aufgrund seiner Gedächtnisprobleme schwierig gestalte, sei das SEM dadurch nicht von seiner Untersuchungspflicht entbunden. Da der Beschwerdeführer in der Anhörung wiederholt auf seine Gedächtnisprobleme hingewiesen und auch einen Arztbericht dazu eingereicht habe, wäre es vor dem Hintergrund von Art. 26bis AsylG und BVGE 2009/50 E.

      10.2.3 am SEM gelegen, diesbezüglich weitere Abklärungen zu tätigen, wenn es die Vorbringen des Beschwerdeführers für unglaubhaft befunden hätte. Aus der angefochtenen Verfügung sei aber nicht einmal ersichtlich, ob seine Gedächtnisprobleme seitens des SEM als unglaubhaft erachtet oder ob diese aufgrund von anderen Überlegungen nicht in die Glaubhaftigkeitsprüfung einbezogen worden seien. Da der Beschwerdeführer seine Mitwirkungspflicht in keiner Weise verletzt habe, hätte es aber am SEM gelegen, abzuklären, wie die gesundheitlichen Beeinträchtigungen seine Glaubhaftigkeit beeinflusst hätten und welche seiner Vorbringen zutreffend seien. Die Tatsache, dass sich die gesamte Glaubhaftigkeitsprüfung trotz seiner Gedächtnisprobleme an seinen Aussagen orientiere, verletze die Untersuchungspflicht.

      Bei den eingereichten Beweismitteln habe sich das SEM in der angefochtenen Verfügung zudem damit begnügt, festzuhalten, diese könnten reine Gefälligkeitsschreiben sein, welche auch leicht fälschbar seien, weswegen sie einen geringen Beweiswert hätten, oder darauf zu verweisen, dass die Beweismittel aufgrund ihrer Datierung nicht mit der Erzählung des Beschwerdeführers zusammenpassten, obwohl er mehrmals darauf hingewiesen habe, dass er sich aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme bei den von ihm genannten Daten nicht sicher sei. So sei der Anzeige durch seine Ehefrau bei der lokalen Polizei und dem Schreiben [einer Organisation] vom 15. Oktober 2014 klar zu entnehmen, dass er sich länger in der Türkei aufgehalten haben müsse, als er angegeben habe. Da er mehrfach vorgebracht habe, sich nicht richtig erinnern zu können und nicht sicher zu

      sein, wann er von der Türkei nach Pakistan zurückgekehrt sei, könne davon nicht auf eine Fälschung dieser Beweismittel geschlossen werden. Wenn die Vorinstanz der Ansicht gewesen sei, die Ausführungen des Beschwerdeführers seien substanzarm ausgefallen, sei es zudem an ihr gelegen, anlässlich der Anhörung vertieft nachzufragen. Stattdessen sei die Anhörung sehr kurz ausgefallen und gemäss Hilfswerkvertretung (vgl. Unterschriftenblatt vom 20. Januar 2017) seien nicht alle Themen - insbesondere die Probleme der Familie, die persönliche Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Mitgliedschaft in der christlichen Organisation E. , die Hindernisse für die Wegweisung in andere Städte sowie unklare Aussagen zu seinen Verfolgern (zum Beispiel in A20/20 F82 oder F151) - genügend abgedeckt worden.

      Bezüglich der innerstaatlichen Fluchtalternative sei festzuhalten, dass die Organisation und Vernetzung der D. - von welcher der Beschwerdeführer zur Mitarbeit aufgefordert worden sei (was durchaus Sinn mache, da er für sie als christlicher Vertreter politisieren sollte) und aufgrund seiner Weigerung, dies zu tun, verprügelt worden sei - vom SEM in keiner Weise abgeklärt worden sei. Es sei daher durchaus möglich, dass der Beschwerdeführer als Lokalpolitiker von B. im nur dreieinhalb Autostunden

      entfernten N.

      bekannt sei. Der alleinige Verweis darauf, dass

      seine Ehefrau schon zeitweise in N. gelebt habe, reiche jedenfalls nicht aus, um ohne weitere Abklärungen von einer innerstaatlichen Fluchtalternative auszugehen. Auf staatlichen Schutz könne er schon deshalb nicht zählen, weil er Christ sei und daher von der Regierung massiv diskriminiert werde. Zudem lebten neunzig Prozent der Christen in Pakistan in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers, weshalb es nur schwer vorstellbar sei, dass er aufgrund seiner Religionszugehörigkeit in einem anderen Landesteil Schutz finden würde. Wenn ihm, wie von ihm vorgetragen, gar vorgeworfen werde, den Propheten beleidigt zu haben, würde er sogar staatlich gesucht und müsse mit der Todesstrafe rechnen. Im Zusammenhang mit der innerstaatlichen Schutzalternative hätte das SEM ferner abklären müssen, inwiefern es dem Beschwerdeführer mit seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung überhaupt möglich wäre, sich eine neue Existenz aufzubauen, da momentan nicht davon ausgegangen werden könne, dass er wieder arbeitsfähig werde.

      Auch mit Bezug zur Situation von Christen in Pakistan habe das SEM seine Untersuchungspflicht verletzt, indem es sich diesbezüglich einzig auf ein Urteil aus dem Jahr 1996 berufen habe, obwohl das UNHCR erst kürzlich,

      das heisst im Jahr 2017, zu diesem Thema festgestellt habe, dass Mitglieder der christlichen Gemeinschaft in Pakistan abhängig von den Umständen des Einzelfalls wegen ihrer Religion Schutz als Flüchtlinge bräuchten. Die Lage der Christen in Pakistan deute zusammen mit den vom Beschwerdeführer eingereichten Beweismitteln auf eine wahrscheinliche Verfolgungssituation hin.

      Schliesslich habe das SEM auch die Voraussetzungen für die Zulässigkeit und insbesondere die Zumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung des Beschwerdeführers nach Pakistan nicht richtig und vollständig abgeklärt. Insbesondere sei nicht gesichert, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Heimatstaat die nötige medizinische Behandlung erhalten werde - ein Erfordernis dafür, dass er wieder für seinen Lebensunterhalt aufkommen könne.

    3. Zusammenfassend habe das SEM es unterlassen, den Sachverhalt mittels eigener Recherchen rechtsgenüglich festzustellen, obwohl es angesichts der Gedächtnisprobleme des Beschwerdeführers dazu angehalten und dies aufgrund der zahlreich eingereichten Beweismittel auch einfach möglich gewesen wäre.

D.

In seiner Zwischenverfügung vom 12. Juni 2018 hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass der Beschwerdeführer den Ausgang des Verfahrens in der Schweiz abwarten dürfe und auf die Rechtsbegehren zu einem späteren Zeitpunkt zurückgekommen werde.

E.

Mit Eingabe vom 13. Juni 2018 liess der Beschwerdeführer in Ergänzung zu seiner Rechtsmitteleingabe eine Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse zum Thema „Pakistan: Situation von Christ_innen“ vom 8. Juni 2018 einreichen und dazu im Wesentlichen ausführen, dass Pakistan zu jenen Ländern gehöre, in denen es am schwierigsten sei, der Religionsgemeinschaft der Christen anzugehören. Die gewalttätige Verfolgung von Personen christlichen Glaubens sei in Pakistan üblich. Davon sei auch die Heimatregion des Beschwerdeführers nicht ausgenommen. Christinnen und Christen seien Angriffen und Diskriminierungen durch extremistische Gruppen und die pakistanische Gesellschaft ausgesetzt, wobei die Regierung ihnen keinen angemessenen Schutz biete, sondern sogar selbst für ungeheuerliche Verletzungen der Religionsfreiheit verantwortlich sei. Zudem würden Falschanklagen unter Blasphemiegesetzen häufig dazu benutzt,

Angehörige der christlichen Religionsgemeinschaft zu terrorisieren, und das Justizsystem fälle in solchen Verfahren oft widersprüchliche sowie willkürliche Entscheide. Dies fördere die Atmosphäre der religiösen Intoleranz und die Institutionalisierung der Diskriminierung religiöser Minderheiten, beispielsweise im Gesundheitsbereich. Durch die Gründung von neuen, oft extremistischen Parteien im Vorfeld der nationalen Wahlen im Juli 2018 habe sich die Lage von religiösen Minderheiten zusätzlich verschärft. Durch diese Schnellrecherche der SFH werde aufgezeigt, dass die Aussagen des Beschwerdeführers durchaus plausibel seien, in seinem Fall eine reale Verfolgungsgefahr nicht auszuschliessen sei und seine Angaben im Zusammenhang mit den von ihm eingereichten Beweismitteln genauer hätten untersucht werden müssen. Zudem zeige die Schnellrecherche, dass die aktuelle Situation der Christinnen und Christen in Pakistan vom SEM hätte berücksichtigt werden müssen, statt nur darauf zu verweisen, dass laut einem über zwanzig Jahre alten Urteil keine Kollektivverfolgung von Personen christlichen Glaubens in Pakistan bestehe.

Ferner sei darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer kürzlich in der Schweiz an einer Demonstration gegen die Verfolgung von Christinnen und Christen teilgenommen und auch gesprochen habe. Leider seien bisher keine Videos gefunden worden, auf denen seine Reden zu sehen seien. Allerdings sei er auf Videos zu sehen, die auf Facebook veröffentlicht worden seien

([ ]).

Schliesslich liess der Beschwerdeführer eine aktuelle Fürsorgebestätigung und die Kostennote seiner Rechtsvertreterin einreichen.

F.

Mit Eingabe vom 11. Juli 2018 liess der Beschwerdeführer einen USB-Stick einreichen, auf dem ein Video seiner Rede anlässlich der Demonstration gegen die Verfolgung von Christinnen und Christen zu sehen sei.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne

      von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel - so auch vorliegend - endgültig (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).

    2. Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG und das AsylG nichts anderes bestimmen (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

    3. Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung; er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und 108 Abs. 1 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist mithin einzutreten.

    4. Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde vorliegend auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet.

2.

Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG.

3.

Das Verwaltungsrespektive Asylverfahren wird vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht (Art. 12 VwVG i.V.m. Art. 6 AsylG). Demnach hat die Behörde von Amtes wegen für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhaltes zu sorgen, die für das Verfahren notwendigen Unterlagen zu beschaffen, die rechtlich relevanten Umstände abzuklären und ordnungsgemäss darüber Beweis zu führen. Dabei beschränken sich die behördlichen Ermittlungen nicht nur auf jene Umstände, welche die Betroffenen belasten, sondern haben auch die sie entlastenden Momente zu erfassen. Die Behörde hat alle sachund entscheidwesentlichen Tatsachen und Ergebnisse in den Akten festzuhalten (vgl. BVGE 2012/21 E. 5.1; KRAUSKOPF/EMMENEGGER/BABEY, in: Praxiskom-

mentar Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG, Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], 2. Aufl. 2016, Art. 12 VwVG N 19 ff.; KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, Ver-

waltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl., Zürich 2013, Rz. 1043 ff.).

Die Bestimmung von Art. 13 VwVG beschränkt den Untersuchungsgrundsatz und hält fest, dass die Parteien verpflichtet sind, an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken. Eine im Vergleich zum Verwaltungsverfahren verstärkte Mitwirkungspflicht ist in Art. 8 AsylG vorgesehen. Dahinter steckt der Grundgedanke, dass die zuständige Behörde den Sachverhalt nicht selber ermitteln muss, wenn eine asylsuchende Person die erforderliche Mitwirkung verweigert. Gesundheitliche Probleme einer asylsuchenden Person müssen von dieser im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht in geeigneter Form unaufgefordert geltend gemacht werden, wobei dies spätestens mündlich bei der Anhörung zu den Asylgründen nach Art. 36 Abs. 2 AsylG oder schriftlich bei der Gewährung des rechtlichen Gehörs nach Art. 36 Abs. 1 AsylG zu erfolgen hat. Befindet sich die asylsuchende Person bereits in medizinischer Behandlung, ist dies ebenfalls aktenkundig zu machen. Verfügt sie schon über ärztliche Zeugnisse oder Bestätigungen, sind diese unaufgefordert einzureichen (vgl. Art. 26bis AsylG; BVGE 2009/50 E. 10.2.1 und 10.2.2 m.w.H.).

Sofern es zur Feststellung des Sachverhalts notwendig ist und die gesetzlichen Mitwirkungspflichten durch die asylsuchende Person nicht verletzt worden sind, ist das SEM verpflichtet, über die Befragung hinaus weitere Abklärungen vorzunehmen. Nach Lehre und Rechtsprechung besteht insbesondere dann eine Notwendigkeit für weitere Abklärungen, wenn aufgrund der Vorbringen der asylsuchenden Person und der von ihr eingereichten oder angebotenen Beweismittel Zweifel und Unsicherheiten am Sachverhalt weiterbestehen, die voraussichtlich mit Ermittlungen von Amtes wegen beseitigt werden können (vgl. BVGE 2009/50 E. 10.2.1 m.w.H.).

4.

    1. Wie in der Rechtsmitteleingabe zu Recht ausgeführt, machte der Beschwerdeführer anlässlich der Anhörung wiederholt geltend, er leide an Gedächtnisproblemen. Zur Untermauerung dieses Vorbringens legte er - in Erfüllung seiner Mitwirkungspflicht - ein ärztliches Zeugnis ins Recht, das sich zwar nicht abschliessend zu diesem Leiden äussert, aber dennoch festhält, dass die von ihm beklagten Symptome von einem posttraumatischen Belastungssyndrom herrühren könnten, eine genauere Diagnose aber einer weiteren Abklärung durch einen Spezialisten bedürfe. Die Lektüre des Anhörungsprotokolls lässt Gedächtnisschwierigkeiten des Beschwerdeführers denn auch plausibel erscheinen. So sind seine Antworten oft wirr und lückenhaft, so dass sich daraus nur mit Mühe und Not ein zusammenhängender, vollständiger Sachverhalt erstellen lässt. Bezeichnen derweise wurde - wie in der Beschwerde zu Recht vorgetragen - die Sachverhaltsabklärung mittels Anhörung denn auch von der Hilfswerkvertretung als unvollständig empfunden. Vor diesem Hintergrund und weil es aus den vom Beschwerdeführer eingereichten Beweismitteln sowie aufgrund der Situation von Christen in Pakistan (vgl. dazu auch E. 4. 2) Anzeichen dafür gibt, dass er bei einer Rückkehr in seinen Heimatstaat asylrelevante Verfolgung erleiden müsste, wäre das SEM verpflichtet gewesen, bei Zweifeln an seinem Gesundheitszustand weitere medizinische Atteste einzuholen oder den Sachverhalt anderweitig (vgl. dazu E. 5. 2) abzuklären. Stattdessen nahm es lediglich im Rahmen der materiellen Würdigung Bezug auf die Gedächtnisprobleme des Beschwerdeführers und führte dazu aus, es gebe keine schlüssigen Hinweise dafür, dass diese in Pakistan behandelbaren Beschwerden von Gewaltakten herrührten.

      Zur Würdigung der eingereichten Beweismittel durch das SEM ist festzuhalten, dass den Bestätigungsschreiben verschiedener Organisationen zwar tatsächlich keine allzu grosse Beweiskraft zukommt, die ins Recht gelegten Dokumente in ihrer Gesamtheit aber - wie bereits gesagt - dennoch einige nicht vernachlässigbare Hinweise auf eine Verfolgung des Beschwerdeführers im Heimatland enthalten, die einer genaueren Abklärung bedurft hätten. Die vom SEM angeführten Widersprüche zwischen seinen Aussagen und dem Inhalt einiger Beweismittel vermögen angesichts seiner gegenwärtig nicht ausschliessbaren Gedächtnisprobleme nicht zu überzeugen. Auch geht es nicht an, dass das SEM mit Bezug zur Anzeige einer Frau mit Namen H. daran zweifelt, dass es sich dabei um die Ehefrau des Beschwerdeführers handelt, ohne - in Beachtung seiner Untersuchungspflicht - genauer abzuklären, wer diese Person ist, zumal einer der Vornamen des Beschwerdeführers A. ist und er bei der BzP angegeben hat, seine Ehefrau heisse Q. (A8/13, Rz. 1.14), und ohnehin fraglich ist, ob die handschriftliche Übersetzung dieses Dokuments tatsächlich von hoher Qualität ist (vgl. A21/1 Beilage 2). Unklar ist ferner, ob es sich bei den an den angeblichen Polizeirapport vom ( ) Juni 2013 angehängten Schreiben tatsächlich um Übersetzungen dieses Rapports handelt, sind diese in Englisch abgefassten Dokumente doch mit

      „Lawyer Certificate“ betitelt (vgl. A21/1, Beilage 7).

    2. Des Weiteren ist dem Beschwerdeführer - insbesondere mit Blick auf die von ihm beim Gericht eingereichte SFH-Schnellrecherche - zuzustimmen, dass das SEM seine Untersuchungspflicht mit Bezug zu seiner Abklärung der Situation von Christen in Pakistan offensichtlich verletzt hat,

      indem es dazu einzig auf ein Urteil der ARK, das zwanzig Jahre alt ist (E- MARK 1996 Nr. 23 E. 3), abstellt. Im Übrigen liesse sich selbst gemäss diesem Urteil - wie das SEM selber anmerkt - nicht ausschliessen, dass Christinnen und Christen, die sich - wie das der Beschwerdeführer von sich selbst behauptet - in Pakistan besonders exponieren, einer konkreten Gefährdung seitens radikaler muslimischer Gruppierungen ausgesetzt sein könnten. Wie sich die Situation heute darstellt, ist mangels Abklärungen des SEM aber schlichtweg nicht bekannt. Es ist folglich davon auszugehen, dass auch die Erwägungen zur innerstaatlichen Fluchtalternative nicht auf einer aktuellen Lageanalyse fussen.

    3. Schliesslich ist dem Beschwerdeführer auch zuzustimmen, dass die Zumutbarkeitskriterien für seinen Wegweisungsvollzug seitens des SEM nur in ungenügender Weise abgeklärt wurden. Es ist nicht klar, ob seine gesundheitlichen Probleme in Pakistan tatsächlich behandelt werden könnten und er auch Zugang zum Gesundheitssystem seines Heimatstaates hätte. Unter anderem davon abhängig ist auch die Frage, ob seine Existenz bei einer Rückkehr nach Pakistan tatsächlich gesichert wäre.

5.

    1. Gemäss Art. 61 Abs. 1 VwVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in der Sache selbst oder weist diese mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurück. Eine Kassation und Rückweisung an die Vorinstanz ist insbesondere angezeigt, wenn weitere Tatsachen festgestellt werden müssen und ein umfassendes Beweisverfahren durchzuführen ist. Die in diesen Fällen fehlende Entscheidungsreife kann grundsätzlich zwar auch durch die Beschwerdeinstanz selbst hergestellt werden, wenn dies im Einzelfall aus prozessökonomischen Gründen angebracht erscheint; sie muss dies aber nicht (vgl. BVGE 2012/21 E. 5).

    2. Nach dem in E. 4 Gesagten und weil sich die Entscheidreife im vorliegenden Verfahren nicht mit geringem Aufwand herstellen lässt, erscheint es angezeigt, die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Sache zwecks vollständiger und richtiger Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts ans SEM zurückzuweisen.

Das SEM wird angewiesen, insbesondere abzuklären, ob dem Beschwerdeführer aufgrund seines geltend gemachten Engagements für die christliche Gemeinschaft in Pakistan und als Lokalpolitiker eine staatliche respektive private Verfolgung widerfahren ist und/oder droht, und ob sein Heimatstaat - im Fall einer privaten Verfolgung - ihm als Christ gegenüber schutzwillig ist. Dabei hat das SEM unter anderem den Fragen nachzugehen, ob es zutrifft, dass der Beschwerdeführer Präsident der christlichen Organisation E. war, allenfalls aufgrund von Verstössen gegen das Blasphemiegesetz vom Staat gesucht wird (vgl. A20/20, F116) und wegen seiner politischen Aktivitäten tatsächlich in Konflikt mit der D. geraten ist. Ferner hat es in diesem Zusammenhang, und sofern es am Argument der innerstaatlichen Fluchtalternative festhalten will, die aktuelle Situation der Christen in Pakistan und den Bekanntheitsgrad des Beschwerdeführers in seinem Heimatstaat abzuklären. Zudem hat es in Erfahrung zu bringen, in welchem Zeitraum und zu welchem Zweck sich der Beschwerdeführer im Ausland, namentlich in Hongkong und in der Türkei, aufgehalten hat. Schliesslich hat es im Fall der erneuten Verneinung von Asyl und Flüchtlingseigenschaft nach umfassender Abklärung des Sachverhalts den Fragen nachzugehen, ob die gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers im Heimatstaat behandelbar sind und er Zugang zum pakistanischen Gesundheitssystem hätte, sowie inwiefern seine Existenz bei einer Rückkehr nach Pakistan gesichert wäre.

Das SEM hat sich für diese Abklärungen geeigneter Mittel zu bedienen und auf aktuelle Quellen abzustützen. Als nicht geeignet erscheint aufgrund des aktuellen Kenntnisstands bezüglich seiner Gedächtnisprobleme eine weitere Anhörung des Beschwerdeführers. Demgegenüber liesse sich über die Schweizerische Botschaft in Pakistan allenfalls seine Familie kontaktieren und so mehr über deren Situation und die ihm drohende Verfolgung im Heimatland in Erfahrung bringen. Zudem liesse sich mittels Botschaftsanfrage zumindest ein Teil des Inhalts der eingereichten Beweismittel sowie deren Authentizität verifizieren, sowie abklären, ob der Beschwerdeführer im Visier der pakistanischen Behörden oder anderer mächtiger Organisationen im Land steht. Über eine Anfrage beim UNHCR liesse sich allenfalls auch herausfinden, ob und mit welcher Begründung der Beschwerdeführer in Hongkong und der Türkei um Asyl ersucht hatte. Zur Untersuchung der aktuellen Situation von Christen in Pakistan und dem pakistanischen Gesundheitssystem hat das SEM zudem aktuelle und einschlägige Herkunftslandinformationen zu konsultieren. Im Übrigen ist im neuen Entscheid das in der Eingabe vom 13. Juni 2018 (vgl. Bst. E) geltend gemachte exilpolitische Engagement des Beschwerdeführers zu berücksichtigen und im Lichte aktueller Berichte zur Reaktion Pakistans auf ein solches Verhalten seiner Staatsbürger zu würdigen.

6.

Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, soweit die Aufhebung der angefochtenen Verfügung beantragt wird. Der vorinstanzliche Entscheid vom

3. Mai 2018 ist aufzuheben und die Sache in Anwendung von Art. 61 Abs. 1 in fine VwVG zur vollständigen und richtigen Sachverhaltsermittlung und Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen ans SEM zurückzuweisen.

7.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 63 Abs. 1 VwVG).

Dem Beschwerdeführer ist angesichts des Obsiegens im Beschwerdeverfahren in Anwendung von Art. 64 Abs. 1 VwVG eine Parteientschädigung für ihm erwachsene notwendige Vertretungskosten zuzusprechen (vgl. Art. 7 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers reichte am 13. Juni 2018 eine Kostennote ein. Der darin angegebene Stundenansatz von Fr. 200.- ist reglementskonform (vgl. Art. 10 Abs. 2 VGKE). Das darin ausgewiesene Honorar (inkl. Auslagen) von Fr. 1‘665.- ist überdies angemessen. Mehrwertsteuern sind keine geschuldet. Das SEM ist folglich anzuweisen, dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 1‘665.- auszurichten.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit die Aufhebung der angefochtenen Verfügung beantragt wird.

2.

Die Verfügung vom 3. Mai 2018 wird aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen zur Neubeurteilung ans SEM zurückgewiesen.

3.

Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.

4.

Das SEM wird angewiesen, der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. 1‘665.- auszurichten.

5.

Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die zuständige kantonale Behörde.

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Christa Luterbacher Regina Derrer

Versand:

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