Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung IV |
Dossiernummer: | D-1882/2016 |
Datum: | 29.04.2016 |
Leitsatz/Stichwort: | Asyl und Wegweisung |
Schlagwörter : | Beschwerde; Beschwerdeführerin; Wegweisung; Schule; Schweiz; Eritrea; SEM-act; Sind; Bundesverwaltungsgericht; Verfügung; Asylgesuch; Kostenvorschuss; Heimat; Recht; Vollzug; Person; Glaubhaft; Verfahren; Identität; Flüchtlingseigenschaft; Verfahrens; Anhörung; Verlassen; Asylgesuchs; Staatssekretariat; Militärdienst; Flüchtlinge |
Rechtsnorm: | Art. 48 VwVG ; Art. 49 BV ; Art. 52 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: | - |
Abteilung IV D-1882/2016
law/bah
Besetzung Einzelrichter Walter Lang,
mit Zustimmung von Richter Thomas Wespi; Gerichtsschreiber Christoph Basler.
Parteien A. , geboren am ( ), Eritrea,
vertreten durch Françoise Jacquemettaz, Centre Suisses-Immigrés, Beschwerdeführerin,
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Asyl und Wegweisung;
Verfügung des SEM vom 24. Februar 2016 / N ( ).
dass die Beschwerdeführerin Eritrea eigenen Angaben zufolge ungefähr zwei Monate vor ihrer Einreise und Asylgesuchstellung in der Schweiz, die am 17. August 2014 erfolgte, verliess,
dass am 21. August 2014 im Empfangs- und Verfahrenszentrum B. die Befragung zur Person (BzP) durchgeführt wurde und die Beschwerdeführerin am 16. Februar 2016 einlässlich zu den Asylgründen angehört wurde,
dass sie zur Begründung des Asylgesuchs im Wesentlichen geltend machte, sie sei in C. aufgewachsen und habe lediglich zwei Jahre lang die Schule besucht,
dass zwei ihrer Brüder in den Militärdienst aufgeboten und aus diesem nicht mehr entlassen worden seien,
dass sie ihre Heimat verlassen habe, da sie in der Schule nichts gelernt und Hunger gehabt habe beziehungsweise sie nicht mehr zur Schule gegangen sei, weil sie befürchtet habe, wie ihre Brüder für den Militärdienst aufgeboten zu werden,
dass sie zusammen mit Freundinnen spontan nach Äthiopien ausgereist sei,
dass die Beschwerdeführerin am 16. Februar 2016 einen Taufschein zu den Akten gab,
dass das SEM mit Verfügung vom 24. Februar 2016 - eröffnet am 26. Februar 2016 - feststellte, die Beschwerdeführerin erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, das Asylgesuch ablehnte und die Wegweisung aus der Schweiz verfügte sowie deren Vollzug anordnete,
dass das SEM zur Begründung im Wesentlichen anführte, die Beschwerdeführerin habe keine rechtsgenüglichen Identitätspapiere eingereicht, die Rückschlüsse auf ihre wahre Identität und Staatsangehörigkeit zuliessen,
dass sie ihre Asylkernvorbringen unterschiedlich gewichtet habe, indem sie erst bei der Anhörung explizit auf ihre jahrelang gehegte Furcht vor einer Zwangsrekrutierung hingewiesen habe,
dass ein Verlassen der Schule die Beschwerdeführerin nicht vor dem Einzug in den Militärdienst geschützt hätte, riskierten doch Schulabtrünnige den vorzeitigen Einzug in denselben,
dass sie trotz mehrmaliger Nachfrage nicht in der Lage gewesen sei, substanziierte Angaben über ihr Heimatdorf zu machen,
dass auch ihre Schilderung der Ausreiseumstände nicht überzeuge,
dass die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertreterin mit Eingabe vom
26. März 2016 gegen diesen Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhob und dabei beantragte, es sei die Flüchtlingseigenschaft festzustellen und ihr Asyl zu gewähren, eventualiter sei die Undurchführbarkeit des Wegweisungsvollzugs festzustellen und der Vollzug der Wegweisung aufzuheben sowie die Vorinstanz anzuweisen, ihre vorläufige Aufnahme in der Schweiz anzuordnen,
dass sie in verfahrensrechtlicher Hinsicht den Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses beantragte,
dass der Instruktionsrichter das Gesuch um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses mit Zwischenverfügung vom 4. April 2016 abwies und die Beschwerdeführerin aufforderte, bis zum 19. April 2016 einen Kostenvorschuss von Fr. 600. - zu leisten, unter der Androhung, bei ungenutzter Frist werde auf die Beschwerde nicht eingetreten,
dass der Kostenvorschuss am 14. April 2016 geleistet wurde,
dass das Bundesverwaltungsgericht auf dem Gebiet des Asyls endgültig über Beschwerden gegen Verfügungen (Art. 5 VwVG) des SEM entscheidet, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG [SR 142.31] i.V.m. Art. 31-33 VGG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG),
dass eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG nicht vorliegt, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet,
dass die Beschwerdeführerin am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung hat und daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert ist (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 48 Abs. 1 VwVG),
dass somit auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde einzutreten ist (Art. 108 Abs. 1 AsylG; Art. 105 AsylG i.V.m Art. 37 VGG und Art. 52 Abs. 1 VwVG), nachdem der erhobene Kostenvorschuss fristgerecht eingezahlt wurde,
dass sich die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG richten, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5),
dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters entschieden wird (Art. 111 Bst. e AsylG) und es sich vorliegend, wie nachfolgend aufgezeigt, um eine solche handelt, weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG),
dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG vorliegend auf einen Schriftenwechsel verzichtet wurde,
dass die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl gewährt (Art. 2 Abs. 1 AsylG), wobei Flüchtlinge Personen sind, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG),
dass Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimatoder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind, keine Flüchtlinge sind, wobei die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30) vorbehalten bleibt (Art. 3 Abs. 4 AsylG),
dass die Flüchtlingseigenschaft nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht werden muss (Art. 7 AsylG),
dass die Flüchtlingseigenschaft glaubhaft gemacht ist, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält,
dass Vorbringen insbesondere dann unglaubhaft sind, wenn sie in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden,
dass die Beschwerdeführerin bei der BzP vom 21. August 2014 zweimal darauf hinwies, sie sei in die Schweiz gekommen, um hier die Schule besuchen zu können (vgl. SEM-act. A4/14 S. 4 und 9),
dass sie sich bezüglich ihres Schulbesuchs in Eritrea widersprüchlich äusserte, da sie einerseits angab, sie habe die Schule zwei Jahre lang besucht (vgl. SEM-act. A4/14 S. 3 und 4), anderseits behauptete, sie sei nicht in der Schule gewesen (vgl. SEM-act. A4/14 S. 7),
dass sie vorbrachte, ihre Eltern hätten mit ihrer "Tante" vereinbart, dass sie von dieser hierher gebracht werde, damit sie nicht alleine sei, wenn sie die Schule besuche (vgl. SEM-act. A4/14 S. 9),
dass sie bei der Anhörung zu den Asylgründen vom 16. Februar 2016 indessen geltend machte, sie habe die Schule abgebrochen und später ihre Heimat verlassen, weil sie sich seit Jahren davor gefürchtet habe, wie ihre Geschwister in den Militärdienst eingezogen zu werden (vgl. SEM-act. A12/15 S. 7),
dass ihre Eltern keine Kenntnis davon gehabt hätten, dass sie Eritrea verlasse, und sie ihre ihr bis dahin unbekannte "Tante" zufällig im Sudan angetroffen habe, wonach sie die Reise gemeinsam mit ihr fortgesetzt habe (vgl. SEM-act. A12/15 S. 9 und 12),
dass sie bei der BzP sagte, ihr Vater sei Soldat und trage eine Waffe (vgl. SEM-act. A4/14 S. 4), bei der Anhörung indessen vorbrachte, ihr Vater sei kurz nach ihrer Ankunft in der Schweiz gezwungen worden, zu den Waffen zu greifen (vgl. SEM-act. A12/15 S. 12),
dass sie in der Anhörung aufgefordert wurde, ihr Heimatdorf zu beschreiben, dazu aber keine substantiierten Angaben machen konnte,
dass die persönliche Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin, die Eritrea aus anderen als den von ihr genannten Gründen und früher als behauptet
verlassen haben dürfte, durch ihre ungereimten und substanzarmen Aussagen angeschlagen ist,
dass das SEM in der angefochtenen Verfügung zu Recht darauf hingewiesen hat, dass Asylgesuchsteller das Vorliegen von subjektiven Nachfluchtgründen (hier: das illegale Verlassen Eritreas) beweisen oder glaubhaft zu machen haben,
dass im Kontext zu Eritrea weder eine Umkehr der Beweislast noch eine Herabsetzung der Anforderungen an das Glaubhaftmachen eines Sachverhalts Anwendung finden,
dass das SEM in der angefochtenen Verfügung zutreffend festgehalten hat, die Beschwerdeführerin habe durch ihre Schilderungen nicht den Eindruck erweckt, sie habe die Strapazen der illegalen Ausreise und die damit verbundenen Ängste überzeugend vermitteln können,
dass ihre Aussage, sie und die sie begleitenden Freundinnen hätten sich spontan dazu entschlossen, nach Äthiopien zu gehen, ohne sich vorzubereiten und auch nur den Weg zu kennen, nicht glaubhaft erscheint,
dass sie den Fussmarsch und die persönlichen Eindrücke und Empfindungen, die dieses Unterfangen bei ihr ausgelöst haben müsste, nicht in der erforderlichen Tiefe darzulegen im Stande gewesen ist,
dass der Einwand in der Beschwerde, die Beschwerdeführerin habe die Schule nicht lange besucht und die ihr gestellten Fragen nicht vollumfänglich verstanden, nicht überzeugt, da sie sich auch zu vielen offen gestellten Fragen zu ihren Lebensumständen und ihrem Lebenslauf widersprüchlich äusserte,
dass es der Beschwerdeführerin weder gelungen ist, eine ihr drohende Verfolgung glaubhaft zu machen, noch plausibel darzutun, dass sie bis vor Kurzem in der von ihr genannten Region gelebt hat und illegal aus ihrem Heimatland ausgereist ist,
dass das Staatssekretariat demnach zu Recht festgestellt hat, die Beschwerdeführerin erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, und das Asylgesuch abgelehnt hat,
dass die Ablehnung eines Asylgesuchs oder das Nichteintreten auf ein Asylgesuch in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz zur Folge hat
(Art. 44 AsylG), vorliegend der Kanton keine Aufenthaltsbewilligung erteilt hat und zudem kein Anspruch auf Erteilung einer solchen besteht (vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4), weshalb die verfügte Wegweisung im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen steht und demnach vom Staatssekretariat zu Recht angeordnet wurde,
dass das Staatssekretariat das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme regelt, wenn der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich ist (Art. 44 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AuG [SR 142.20]),
dass die Zulässigkeit, Zumutbarkeit und Möglichkeit des Vollzugs grundsätzlich von Amtes wegen zu prüfen sind, diese Untersuchungspflicht jedoch nach Treu und Glauben ihre Grenzen an der Mitwirkungspflicht der asylsuchenden Person findet (Art. 8 AsylG), die im Übrigen auch die Substanziierungslast trägt (Art. 7 AsylG), und es nicht Sache der Asylbehörden sein kann, nach allfälligen Wegweisungshindernissen in hypothetischen Herkunftsländern zu forschen,
dass aufgrund ihrer substanzlosen Aussagen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon zugehen ist, die Beschwerdeführerin habe Eritrea bereits zu einem früheren als dem genannten Zeitpunkt verlassen und sei in einem anderen Land aufgewachsen,
dass es der Beschwerdeführerin mit den auf Beschwerdeebene eingereichten Kopien von zwei eritreischen Identitätskarten nicht gelingt, ihre Asylvorbringen - namentlich ihre Lebensgeschichte - zu belegen, da ihre Identität und somit ihre Verwandtschaft mit den Personen, denen die Identitätskarte zusteht, nicht belegt sind, und nicht hauptsächlich ihre Staatsangehörigkeit, sondern der von ihr genannte Wohnsitz in den Jahren vor ihrer Reise in die Schweiz bezweifelt wird,
dass auch die eingereichten Fotografien, auf denen die Beschwerdeführerin abgebildet ist, keine zuverlässigen Rückschlüsse über den Ort, an dem sie vor ihrer Reise in die Schweiz ansässig war, zulassen,
dass die Beschwerdeführerin die Folgen ihrer mangelhaften Mitwirkung zu tragen hat, indem vermutungsweise davon auszugehen ist, dem Vollzug der Wegweisung würden keine landesoder völkerrechtlichen Hindernisse im Sinne von Art. 44 AsylG i.V.m. Art. 83 Abs. 2-4 AuG (vgl. BVGE 2014/39
E. 9, Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2005 Nr. 1 E. 3.2.2.) entgegen stehen,
dass somit keine Wegweisungshindernisse vorliegen,
dass das SEM den Vollzug der Wegweisung demnach zu Recht angeordnet hat,
dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig sowie vollständig feststellt (Art. 106 Abs. 1 AsylG) und - soweit überprüfbar - angemessen ist, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist,
dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten von Fr. 600.- (Art. 1- 3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) der Beschwerdeführerin aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 1 VwVG),
dass der von ihr in gleicher Höhe geleistete Kostenvorschuss zur Bezahlung der Verfahrenskosten zu verwenden ist.
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Der in gleicher Höhe geleistete Kostenvorschuss wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführerin, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.
Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:
Walter Lang Christoph Basler
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