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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Beschwerdekammer: Strafverfahren
Fallnummer:BG.2021.25
Datum:22.04.2021
Leitsatz/Stichwort:
Schlagwörter : Gericht; Kanton; Gerichtsstand; Hinzufügen; öffnen; Filter; Gesetzlich; Gesetzlichen; Kantone; Entscheide; Gesuch; Meinungsaustausch; Gerichts; Akten; Beschwerdekammer; Ordentliche; Kantonen; Abweichen; Bundesstrafgericht; Taten; Zuständig; Oberstaatsanwaltschaft; Schwergewicht; Ordentlichen; Diebstähle; Recht; Bundesstrafgerichts; Beschluss; Staatsanwaltschaft
Rechtskraft:Kein Rechtsmittel gegeben
Rechtsnorm: Art. 1 ZGB ; Art. 139 StGB ; Art. 31 StPO ; Art. 34 StPO ; Art. 40 StPO ; Art. 423 StPO ; Art. 5 StPO ; Art. 7 BGG ;
Referenz BGE:117 IV 87; 117 IV 95; 121 IV 224; 123 IV 23; 129 IV 202; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

BG.2021.25

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BG.2021.25 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen

Beschluss vom 22. April 2021
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter

Cornelia Cova, Vorsitz,

Miriam Forni und Giorgio Bomio-Giovanascini,

Gerichtsschreiber Martin Eckner

Parteien

Kanton Zürich, Oberstaatsanwaltschaft ,

Gesuchsteller

gegen

Kanton Aargau, Oberstaatsanwaltschaft ,

Gesuchsgegner

Gegenstand

Gerichtsstandskonflikt ( Art. 40 Abs. 2 StPO)


Sachverhalt:

A. Ab August 2020 erfolgten in mehreren Kantonen Bankkarten-Diebstähle, mit anschliessenden missbräuchlichen Bargeldbezügen ab Geldautomaten (act. 1/2 S. 3). Aufgrund der Sachverhaltsschilderungen der Geschädigten und der Videoüberwachungsbilder am Ort der Ereignisse (Geldautomaten/Banken) ergab sich der Verdacht, dass zwei Männer die Geschädigten bei der PIN-Code-Eingabe beobachtetet, sie abgelenkt, deren Karte entwendeten hatten und für die darauffolgenden missbräuchlichen Bargeldbezüge verantwortlich waren (act. 3/4). Am 15. Dezember 2020 erstellte die Stadtpolizei Zürich mit mehreren, den Überwachungsvideos entnommenen Bildern der beiden (als UT 1 und UT 2 bezeichneten) Männer, eine Bildfahndungszusammenstellung (act. 3/4). Am 18. Februar 2021 erkannten zivile Fahndungspolizisten der Stadtpolizei Zürich die Gesuchten in Zürich-Albisrieden, worauf die zwei Männer verhaftet wurden. Bei den Tatverdächtigen handelte es sich um A. und B. Am 19. Februar 2021 eröffnete die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl die Voruntersuchung gegen B. und A. unter den Geschäftsnummern 2021/10006082 (B.) und 2021/10006114 (A.). Mit Verfügung vom 20. Februar 2021 ordnete der Zwangsmassnahmerichter des Bezirksgerichts Zürich für beide die Untersuchungshaft an (Akten StA Zürich Sihl 2021/10006082 und 2021/10006114, jeweils act. 8/8).

B. Zusammengefasst werden B. und A. verdächtigt, zwischen dem 12. August 2020 und dem 12. Februar 2021 an folgenden Daten und Orten 18 Delikte mit demselben (oben beschriebenen) Tatvorgehen begangen zu haben (act. 1 S. 3–4):

Datum                         Ort                                          Betrag

12.08.2020                  Z./AG                                      Fr.     1'000.--

20.08.2020                  Y./ZH                                      Fr.     3'000.--

24.08.2020                  X./ZH                                      Fr.     1'000.--

26.08.2020                  W./ZH                                     Fr.       100.--

30.09.2020                  V./ZH                                      Fr.   9'891.10

01.10.2020                  U./VD                                     unklar

19.10.2020                  ZZ./ZH                                    Fr.   20'000.--

20.10.2020                  YY./FR                                   Fr.   10'000.--

21.10.2020                  X./ZH                                      Fr.     2'420.--

22.10.2020                  XX./VD                                   Fr.     1'680.--

24.10.2020                  WW./BE                                 unklar

15.11.2020                  VV./ZH                                   Fr.     4'800.--

17.11.2020                  UU./ZH                                   Fr.     4'800.--

18.11.2020                  W./ZH                                     Fr.     4'620.--

22.11.2020                  W./ZH                                     Fr.     4'550.--

10.02.2021                  W./ZH                                     Fr.     1'250.--

12.02.2021                  W./ZH                                     Fr.       490.--

12.02.2021                  TT./ZH                                    Fr.       300.--

C. Am 3. März 2021 ersuchte die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl die Staatsanwaltschaft Baden/AG, ihre Strafuntersuchung gegen A. und B. zu übernehmen. Die Staatsanwaltschaft Baden/AG lehnte dies am 9. März 2021 ab. Auch der Meinungsaustausch zwischen den Oberstaatsanwaltschaften der Kantone Zürich und Aargau (19. März 2021, 31. März 2021; E-Mails vom 7. und 12. April 2021) erzielte keine Einigung.

D. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich rief am 12. April 2021 die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts an. Sie beantragt, es seien die Strafbehörden des Kantons Aargau für zuständig zu erklären (act. 1). Gemäss Gesuchsantwort der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau vom 19. April 2021 sei dagegen der Kanton Zürich für zuständig zu erklären (act. 3).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Es sind vorliegend nicht sämtliche Akten aller Kantone in den Meinungsaustausch einbezogen worden. Dieser wurde zudem nur zwischen zwei Kantonen geführt.

Findet ein Meinungsaustausch nicht zu sämtlichen einschlägigen Akten bzw. in Frage kommenden Taten statt, so ist das Gerichtsstandsverfahren grundsätzlich noch nicht spruchreif. Diesfalls wäre auf ein Gerichtsstandsersuchen nicht einzutreten. Waren die fehlenden Akten im Meinungsaustausch bereits angesprochen, so kann es im Interesse der Sache gegebenenfalls geboten sein, einen Teilbeschluss zu fällen (mithin gewisse Kantone auszuscheiden) und/oder eine vorläufige Zuständigkeit (z.B. für ein Sammelverfahren) bei dem Kanton festzustellen, dessen Zuständigkeit wahrscheinlich ist – gerade, wenn es auch ein Kanton wäre, der nicht sämtliche Akten offenlegte (z.B. unter Berufung auf das Untersuchungsgeheimnis, Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2017.39 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 28. Februar 2018 E. 3.1). Denn mit dem Gebot der raschen Einigung wäre die Gefahr eines erneut unvollständigen Meinungsaustauschs nicht verträglich. Je nach Umständen – geht es z.B. um einen vordringlich zu führenden Haftfall ( Art. 5 Abs. 2 StPO) – ist allenfalls aufgrund der Akten materiell zu entscheiden (Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2020.31 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 20. August 2020 E. 2.3).

1.2 Vorliegend ging es beiden Kantonen im Meinungsaustausch darum, die Zuständigkeit zwischen ihnen zu klären. Es kam für sie kein anderer Kanton ernsthaft in Betracht. Die Beschwerdekammer teilt diese Ansicht. Die fehlenden Akten erscheinen nicht zentral, um den Gerichtsstand festzusetzen. Es handelt sich vorliegend sodann um einen Haftfall und der Meinungsaustausch wurde zügig abgewickelt. Die Eintretensvoraussetzungen (durchgeführter Meinungsaustausch zwischen den involvierten Kantonen und zuständigen Behörden, Frist und Form, vgl. Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2019.50 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 22. Januar 2020 E. 1.1) sind vorliegend erfüllt. Auf das Gesuch ist einzutreten.

2.

2.1 Hat eine beschuldigte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt, so sind für die Verfolgung und Beurteilung sämtlicher Taten die Behörden des Ortes zuständig, an dem die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen worden ist. Bei gleicher Strafdrohung sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind ( Art. 34 Abs. 1 StPO).

2.2 Gesuchsteller und Gesuchsgegner anerkennen, dass die in den Kantonen Zürich und Aargau angezeigten Taten bandenmässige Diebstähle darstellen (Art. 139 Ziff. 3 Satz 1 StGB). Einig sind sie ebenso, dass diese die schwersten Taten sind und am 13. August 2020 zuerst im Kanton Aargau angezeigt wurden. Der ordentliche Gerichtsstand liegt demnach gemäss Art. 34 Abs. 1 StPO im Kanton Aargau.

3.

3.1 Der Gesuchsgegner bringt vor, es sei vom ordentlichen Gerichtsstand abzuweichen. Zuständig sei der Kanton Zürich. Dort bestehe ein Schwergewicht an Straftaten. Nur die bandenmässigen Diebstähle zu betrachten, sei vorliegend nicht sachgerecht. Denn nachdem die beiden Beschuldigten die Bankkarten gestohlen hätten, hätten sie damit zumeist mehrere Geldautomatenbezüge vorgenommen oder dies versucht. Insgesamt seien ca. 60 solcher Missbräuche von Datenverarbeitungsanlagen bekannt, der Löwenanteil (zwei Drittel) im Kanton Zürich. Mit den Geldautomatenbezügen hätten die Beschuldigten das meiste Geld deliktisch erworben. Dies werde auch bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sein. Die bandenmässigen Diebstähle seien so nur formell die schwersten Taten (act. 3).

3.2 Die Beschwerdekammer kann (wie die beteiligten Staatsanwaltschaften untereinander auch) einen andern als den in den Art. 31–37 StPO vorgesehenen Gerichtsstand festlegen, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen ( Art. 40 Abs. 3 StPO). Ein solches Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand soll indes die Ausnahme bleiben und setzt triftige Gründe voraus. Die Überlegungen, welche den gesetzlichen Gerichtsstand als unzweckmässig erscheinen lassen, müssen sich gebieterisch aufdrängen; die Anforderungen, um vom gesetzlichen Gerichtsstand abzuweichen, sind entsprechend hoch anzusetzen. Überdies kann ein Kanton entgegen dem gesetzlichen Gerichtsstand nur für zuständig erklärt werden resp. sich selber als zuständig erklären, wenn dort tatsächlich ein örtlicher Anknüpfungspunkt besteht ( TPF 2018 38 Entscheide der Amtlichen Sammlung Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 3.1; TPF 2012 66 Entscheide der Amtlichen Sammlung Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 3.1 S. 67 f.; TPF 2011 178 Entscheide der Amtlichen Sammlung Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 3.1 S. 180 f.).

Ein triftiger Grund für das Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand kann im Schwergewicht der deliktischen Tätigkeit der Beschuldigten liegen (vgl. Art. 38 Abs. 1 und Art. 40 Abs. 3 StPO). Gemäss konstanter Praxis kann von einem solchen Schwergewicht ausgegangen werden, wenn mehr als zwei Drittel einer grösseren Anzahl von Straftaten auf einen einzigen Kanton entfallen ( BGE 129 IV 202 E. 2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 203; 123 IV 23 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2a S. 26). Das Übergewicht muss dabei so offensichtlich und bedeutsam sein, dass sich das Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand geradezu aufdrängt. Fehlt es bereits an einer grösseren Zahl der in Frage stehenden Fälle, so drängt sich ein Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand – sofern nicht weitere triftige prozessökonomische Gesichtspunkte ernsthaft in Betracht gezogen werden müssen – nicht auf ( BGE 129 IV 202 E. 2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 203 f.; TPF 2018 38 Entscheide der Amtlichen Sammlung Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 3.2).

Für die Beurteilung, ob in einem Kanton ein Schwergewicht bestehe oder nicht, sind nur gleichartige oder gleich gelagerte deliktische Handlungen oder verschiedene Tatbestände, deren Strafdrohungen sich indessen nicht wesentlich unterscheiden, zu berücksichtigen ( BGE 117 IV 87 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2a S. 89). Das Bundesgericht nahm dies namentlich an bei Diebstahl und bandenmässigem Diebstahl oder bandenmässigem und gewerbsmässigem Diebstahl ( BGE 117 IV 95 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 4c S. 95 f.). Es kommt dafür in erster Linie auf die objektive Strafdrohung der Tatbestände an ( BGE 117 IV 87 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2b S. 89).

3.3 Die vereinheitlichte StPO führte die Gerichtsstandsregeln zusammen und präzisierte sie mit Blick auf die Erfordernisse der Praxis im Lichte der bisherigen Rechtsprechung (Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2005, BBl 2006 1085 Bundesblatt Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 1143). Da die Gerichts-standsregeln bei Zusammentreffen mehrerer strafbaren Handlungen gelegentlich unbefriedigend waren, war eine Abweichung vom ordentlichen Gerichtsstand bereits nach altem Recht möglich ( BGE 123 IV 23 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2a S. 25).

Der Gesetzgeber hatte dabei im Sinn, die richtige und rasche Anwendung des materiellen Rechts zu ermöglichen. Insbesondere aus Zweckmässigkeits-, Wirtschaftlichkeits- und prozessökonomischen Gründen war ein Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand gerechtfertigt ( BGE 121 IV 224 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 3a). Es geht darum zu verhindern, dass die Anwendung der gesetzlichen Regelung zu besonderen prozessualen Schwierigkeiten führt. Die Schwerpunktberechnung gilt also nicht absolut, sondern muss ihrerseits einer Überprüfung vor allem nach prozessökonomischen Gesichtspunkten standhalten. Insbesondere sollen grobe Verfahrensverzögerungen und deshalb nach Möglichkeit ein unnötiger prozessualer Aufwand verhindert werden. Wenn die Untersuchung am Ort des gesetzlichen Gerichtsstandes sozusagen beendet ist, rechtfertigte sich in der Regel ein Abweichen von diesem Gerichtsstand nicht mehr (zum Ganzen BGE 123 IV 23 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2a S. 25 f. kein Abweichen trotz Schwergewicht).

Mit Blick auf die genannte Rechtsprechung betonen Schweri/Bänziger, vom gesetzlichen Gerichtsstand dürfe nicht willkürlich abgewichen werden. Die Abweichung muss sich im einzelnen Fall von einer Regel leiten lassen, die der Gesetzgeber aufstellen würde (analog Art. 1 Abs. 2 ZGB), wenn die Anwendung der ordentlichen Gerichtsstandsregeln dem Sinn des Gesetzes zuwiderliefe. Dem Sinn des Gesetzes entspricht eine Lösung nicht schon dann, wenn sie die Aufgabe des Strafgerichts erleichtert. Die sich oft widersprechenden Umstände des einzelnen Falles sind sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Dabei ist von den folgenden Grundsätzen auszugehen: (1) Die Strafverfolgung soll wenn möglich dort stattfinden, wo das geschützte Rechtsgut verletzt ist. (2) Das Gericht soll eine möglichst vollständige und gründliche Kenntnis von Tat und Täter erhalten. (3) Der Beschuldigte soll sich am Ort seiner Verfolgung und dort leicht verteidigen können. (4) Das Verfahren soll möglichst wirtschaftlich sein ( Schweri/Bänziger, Interkantonale Gerichtsstandsbestimmung in Strafsachen, 2. Aufl. 2004, N. 433 f.).

3.4 Vorliegend fanden die angezeigten Delikte in beiden von diesem Verfahren betroffenen Kantonen und vereinzelt auch in weiteren (für die Gerichtsstandsfrage nicht entscheidenden) Kantonen statt. Sie betreffen grundsätzlich ähnliche Sachverhalte. Um ein allfälliges Schwergewicht zwischen dem Kanton Aargau und dem Kanton Zürich zu bestimmen, geht es somit vorliegend durchaus um ein Abzählen (vgl. die Praxis in Baumgartner, Die Zuständigkeit im Strafverfahren, 2014, S. 362–375; Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 458–473), doch geht es nicht um die Arithmetik alleine ( BGE 123 IV 23 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2a; 129 IV 202 E. 2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; Schlegel, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2020, Art. 38 N. 7; Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 458). Die Diebstähle und Missbräuche der Datenverarbeitungsanlagen hängen eng zusammen. Die entsprechenden Lebenssachverhalte sind verflochten. Die Delikte getrennt zu zählen, begünstigt nicht erkennbar eine richtige und rasche Anwendung des materiellen Rechts und zwar unabhängig davon, ob eine Konsumierung des Unrechtsgehalts angenommen würde, mithin eine Mitbestrafung der Diebstähle und Missbräuche entweder als Vor- oder Nachtaten (vgl. dazu Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2018.13 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 12. Juni 2018 E. 3.3) in Frage käme oder nicht. An der Praxis zu den massgeblichen schwersten Delikten (vgl. obige Erwägung 3.2; BGE 117 IV 95 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 4c S. 95 f.; 117 IV 87 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2a und E. 2b S. 89) ist festzuhalten.

Die Beschwerdekammer erkennt vorliegend keine Not, einen gesetzlich abweichenden Gerichtsstand zu bestimmen. Die 18 grundsätzlich gleichgelagerten im einzelnen umgrenzten Vorfälle (Diebstahl einer Bankkarte mit folgendem Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage oder Versuch dazu) bilden nicht eine Anzahl Straftaten, deren Grösse eine Abweichung vom ordentlichen Gerichtsstand gebietet. Die angezeigten Tatorte waren videoüberwacht und die sich zur mutmasslichen Tatzeit dort befindenden Personen sowie deren im videoerfassten Bereich erfolgten Handlungen wurden gefilmt. Inwiefern bei dieser Strafuntersuchung besondere Zweckmässigkeits-, Wirtschaftlichkeits- und prozessökonomische Gründe vorliegen, die eine Abweichung vom ordentlichen Gerichtsstand gebieten, ist nicht ersichtlich.

3.5 Damit sind die Strafbehörden am ordentlichen Gerichtsstand, dem Kanton Aargau, zuständig ( Art. 34 Abs. 1 StPO). Der Kanton Aargau ist berechtigt und verpflichtet, die B. und A. zur Last gelegten Straftaten zu untersuchen und zu beurteilen.

4. Es sind keine Gerichtsgebühren zu erheben (vgl. Art. 423 Abs. 1 StPO).


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Der Kanton Aargau ist berechtigt und verpflichtet, die B. und A. zur Last gelegten Straftaten zu untersuchen und zu beurteilen.

2. Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben.

Bellinzona, 22. April 2021

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Die Vizepräsidentin:                                                    Der Gerichtsschreiber :

Zustellung an

-              Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich

-              Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben ( Art. 79 BGG; SR 173.110).  

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