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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Beschwerdekammer: Rechtshilfe
Fallnummer:RP.2019.51
Datum:29.10.2019
Leitsatz/Stichwort:Auslieferung an Kroatien. Auslieferungsentscheid (Art. 55 IRSG).
Schlagwörter : Beschwerde; Auslieferung; Recht; Kroatien; Bundes; Beschwerdeführer; Verfahren; Staat; Verfahren; Ersuchen; Kroatische; Schweiz; Kroatischen; Rechtshilfe; Urteil; Gericht; Verfahrens; International; Entscheid; Behörde; Beschwerdekammer; Beschwerdeführers; Gesundheit; Ermittlungen; Internationale; Ersuchende; Medizinische; Staatsanwaltschaft; Basel
Rechtskraft:Kein Weiterzug, rechtskräftig
Rechtsnorm: Art. 10 BV ; Art. 29 BV ; Art. 3 EMRK ; Art. 6 EMRK ; Art. 63 VwVG ; Art. 65 VwVG ; Art. 84 BGG ;
Referenz BGE:129 II 56; 130 II 217; 132 II 81; 135 IV 212; 139 III 475; 141 IV 249; 142 IV 250; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: RR.2019.258

Nebenverfahren: RP.2019.51

Entscheid vom 29. Oktober 2019
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter

Roy Garré, Vorsitz,

Cornelia Cova und Stephan Blättler ,

Gerichtsschreiberin Santina Pizzonia

Parteien

A. , vertreten durch Advokaten Miriam Riegger und Martin Kaiser,

Beschwerdeführer

gegen

Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung ,

Beschwerdegegner

Gegenstand

Auslieferung an Kroatien

Auslieferungsentscheid (Art. 55 IRSG )


Sachverhalt:

A. Das Justizministerium der Republik Kroatien ersuchte die Schweiz mit Schreiben vom 22. Juli 2019 um Auslieferung des montenegrinischen Staatsangehörigen A. zwecks Strafverfolgung gestützt auf den Haftbefehl des Bezirksgerichts Zagreb vom 14. Juli 2019 i.V.m. mit dem Beschluss der Staatsanwaltschaft der Republik Kroatien, Amt für die Bekämpfung der Korruption und der organisierten Kriminalität, vom 14. Juli 2019 (act. 4.1). Gleichzeitig beantragten die kroatischen Behörden die Übertragung des schweizerischen Strafverfahrens an Kroatien (s. nachfolgend lit. B). A. wird zusammengefasst vorgeworfen, Kopf einer international agierenden Bande zu sein, die grössere Mengen Kokain von Südamerika nach Europa geschmuggelt haben soll in der Absicht, dieses in Europa zu verkaufen. A. soll die Anschaffung, den Transport und den Vertrieb des Kokains organisiert haben (zu den einzelnen Sachverhaltsvorwürfen s. act. 4.1).

B. Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt hatte A. bereits am 16. Mai 2019 zusammen mit zwei weiteren Mittätern (B. und C.) im Rahmen ihrer Ermittlungen in Basel festgenommen. Diese Festnahmen sowie die gleichzeitig erfolgte Beschlagnahme von 600 kg Kokain waren der Abschluss umfangreicher Ermittlungen vieler ausländischer Staaten gegen die kriminelle Drogenhändlergruppierung um A. (act. 4.3).

In der Folge hatte am 19. Juni 2019 im Verfahren betreffend die «Operation D.» ein Coordination Meeting bei Eurojust (Einheit für justizielle Zusammenarbeit der Europäischen Union, welche die Ermittlungen und Strafverfolgungen der einzelnen Mitgliedstaaten koordiniert und die internationale Rechtshilfe sowie die Erledigung von Auslieferungsersuchen erleichtert) in Den Haag stattgefunden, an welchem Vertreter der ermittlungsführenden Staaten teilgenommen hatten (s. Abkommen zwischen der Schweiz und Eurojust vom 27. November 2008). Dabei war festgestellt worden, dass der Schwerpunkt sowohl der Ermittlungen als auch der kriminellen Aktivitäten der verfolgten Gruppierung in Kroatien liegt. Entsprechend waren die Meeting-Teilnehmer, einschliesslich der Schweiz, nach vorgängiger Rücksprache mit dem Bundesamt für Justiz (nachfolgend «BJ») übereingekommen, die Strafverfolgung in Kroatien zu konzentrieren. Es war vereinbart worden, dass Kroatien die Schweiz um Auslieferung der in der Schweiz inhaftierten Personen ersuchen und den Antrag auf Übertragung des schweizerischen Strafverfahrens an Kroatien sowie Herausgabe der Beweismittel stellen werde. In diesem Zusammenhang hatten die Vertreter der zuständigen Staatsanwaltschaft in Kroatien der stellvertretenden Verbindungsstaatsanwältin der Schweiz bei Eurojust mitgeteilt, bei ihrem zuständigen Gericht zuvor Haftbefehle für die drei in der Schweiz inhaftierten Personen (A., B. und C.) erhältlich zu machen (act. 4.3).

C. Nach Eingang des kroatischen Auslieferungsersuchens ersuchte das BJ mit Schreiben vom 6. August 2019 die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt, A. zum Auslieferungsersuchen zu befragen (act. 4.2).

Mit demselben Schreiben ersuchte das BJ die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt mit Blick auf die dargelegten gesetzlichen Grundlagen ebenfalls um Stellungahme, ob und weshalb einer Auslieferung für Straftaten, die der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterlägen, der Vorrang gegenüber dem Abschluss des schweizerischen Strafverfahrens gegeben werden solle. In diesem Zusammenhang hielt das BJ fest, dass die kroatischen Behörden die Auslieferung von A. auch für Straftaten verlangen würden, die in der Schweiz sowie in Drittstaaten (Serbien, Slowenien, Tschechien und Frankreich) begangen worden seien. Es hielt zum einen fest, dass für die Auslandstaten bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen gemäss Art. 19 Abs. 4 des Bundesgesetzes vom 3. Oktober 1951 über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe ( BetmG ; SR 812.121) auch eine schweizerische Zuständigkeit bestehe. Zum anderen wies es darauf hin, dass die Auslieferung für eine Tat, die der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterliege, gemäss Art. 36 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. März 1981 über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG; SR 351.1) ausnahmsweise bewilligt werden könne, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen (act. 4.2).

D. Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt erklärte gegenüber dem BJ mit Antwortschreiben vom 9. August 2019, dass sie sich an die beim Coordination Meeting bei Eurojust in Den Haag getroffenen Absprachen halte und einer Auslieferung mit gleichzeitiger Strafübernahme der hiesigen Verfahren zustimme. Diese Vorgehensweise sei sowohl sachlich (umfangreichste Ermittlungen in Kroatien, Festnahme etlicher weiterer Organisationsmitglieder in Kroatien, Sicherstellung in Basel sei nur der letzte Akt langjähriger Ermittlungen und soll im Prozess gegen die Exponenten der Drogenhändlergruppierung verwendet werden können) als auch prozessökonomisch am sinnvollsten (act. 4.3).

Weiter stellte die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt dem BJ das Protokoll der Einvernahme von A. vom 9. August 2019 zu. Anlässlich seiner Befragung zum kroatischen Auslieferungsersuchen hatte dieser erklärt, mit einer Auslieferung an Kroatien nicht einverstanden zu sein (act. 4.3).

E. Das BJ ernannte mit Schreiben vom 16. August 2019 Advokatin Miriam Riegger auf deren Gesuch vom 15. August 2019 (act. 4.4) zur amtlichen Rechtsbeiständin von A. (act. 4.5).

F. Mit Schreiben vom 26. August 2019 liess A. seine schriftliche Stellungnahme zum Auslieferungsersuchen einreichen (act. 4.6).

G. Mit Auslieferungsentscheid vom 6. September 2019 bewilligte das BJ die Auslieferung von A. für die dem kroatischen Auslieferungsersuchen vom 22. Juli 2019 zu Grunde liegenden Straftaten (act. 4.7).

H. Dagegen lässt A. durch die Advokaten Miriam Riegger und Martin Kaiser mit Eingabe vom 8. Oktober 2019 Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts erheben. Er beantragt zur Hauptsache die Aufhebung des angefochtenen Auslieferungsentscheids und die Nichtbewilligung seiner Auslieferung unter Kostenfolge. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen zwecks Abklärungen betreffend Einhaltung der EMRK, insbesondere Art. 6 und 8 EMRK durch die ersuchenden Behörden. Subeventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen zwecks Einholung von Zusicherungen und Überwachung der ersuchenden Behörde betreffend Einhaltung der EMRK, insbesondere Art. 6 und 8 EMRK (act. 1 S. 2). Zudem beantragt er die unentgeltliche Prozessführung ( RP.2019.51 ).

I. Mit Beschwerdeantwort vom 11. Oktober 2019 beantragt das BJ die Abweisung der Beschwerde unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid und reichte die Akten ein (act. 4). Mit Schreiben vom 14. Oktober 2019 wurde diese Eingabe dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht (act. 5).

J. Auf die weiteren Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Für den Auslieferungsverkehr zwischen der Schweiz und Kroatien sind primär das Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EAUe; SR 0.353.1) sowie das zu diesem Übereinkommen am 15. Oktober 1975 ergangene erste Zusatzprotokoll (1. ZP; SR 0.353.11) und das am 17. März 1978 ergangene zweite Zusatzprotokoll (2. ZP; SR 0.353.12) massgebend.

1.2 Soweit diese Staatsverträge bestimmte Fragen nicht abschliessend regeln, findet auf das Verfahren der Auslieferung ausschliesslich das Recht des ersuchten Staates Anwendung (Art. 22 EAUe), vorliegend also das Rechtshilfegesetz und die Verordnung vom 24. Februar 1982 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfeverordnung, IRSV; SR 351.11). Das innerstaatliche Recht gelangt nach dem Günstigkeitsprinzip auch dann zur Anwendung, wenn dieses geringere Anforderungen an die Auslieferung stellt (BGE 142 IV 250 E. 3; 140 IV 123 E. 2 S. 126; 137 IV 33 E. 2.2.2 S. 40 f.; jeweils m.w.H.). Vorbehalten bleibt die Wahrung der Menschenrechte (BGE 135 IV 212 E. 2.3; 123 II 595 E. 7c S. 617; TPF 2016 65 E. 1.2).

1.3 Bestimmt es das IRSG nicht anders, so sind auf das Beschwerdeverfahren in internationalen Rechtshilfeangelegenheiten zudem die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG; SR 172.021) anwendbar (Art. 39 Abs. 2 lit. b i.V.m. Art. 37 Abs. 2 lit. a StBOG ; Art. 12 Abs. 1 IRSG ).

2.

2.1 Gegen Auslieferungsentscheide des Bundesamtes kann innert 30 Tagen seit der Eröffnung des Entscheides bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde geführt werden (Art. 55 Abs. 3 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 IRSG ; Art. 37 Abs. 2 lit. a Ziff. 1 des Bundesgesetzes vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes [StBOG; SR 173.71]).

2.2 Die Beschwerde vom 8. Oktober 2019 gegen den Auslieferungsentscheid vom 6. September 2019 (eröffnet am 9. September 2019; act. 4.8) wurde fristgerecht erhoben, weshalb darauf einzutreten ist.

3.

3.1 Die Beschwerdekammer ist nicht an die Begehren der Parteien gebunden (Art. 25 Abs. 6 IRSG ). Sie prüft die Auslieferungsvoraussetzungen grundsätzlich mit freier Kognition. Die Beschwerdekammer befasst sich jedoch nur mit Tat- und Rechtsfragen, die Streitgegenstand der Beschwerde bilden (BGE 132 II 81 E. 1.4; 130 II 337 E. 1.4; TPF 2011 97 E. 5; Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2013.357 vom 26. Februar 2014 E. 3).

3.2 Ebenso wenig muss sich die urteilende Instanz nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen. Sie kann sich auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken und es genügt, wenn die Behörde wenigstens kurz die Überlegungen nennt, von denen sie sich leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; 139 IV 179 E. 2.2; Urteil des Bundesgerichts 1A.59/2004 vom 16. Juli 2004, E. 5.2 m.w.H.).

4.

4.1 Der Beschwerdeführer bringt in einem ersten Punkt vor, es müsse vorliegend davon ausgegangen werden, dass das kroatische Ermittlungsverfahren nicht rechtmässig war und ist und dass die Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers zudem in unzulässiger Weise eingeschränkt werden (act. 1 S. 5).

Zur Begründung beruft er sich auf zwei Urteile des EGMR (i.S. Metanovic gegen Kroatien vom 4. Juli 2017 und i.S. Grba gegen Kroatien vom 23. November 2017), welche sich auf zwei Straf- inkl. Rechtsmittelverfahren aus den Jahren 2006 bis 2012 bzw. 2008 bis 2012 in Kroatien beziehen. Der EGMR habe die beurteilten Massnahmen als nicht EMRK-konform gerügt, insbesondere betreffend die Einsetzung von verdeckten Ermittlern mit involvierten Informanten und der Überwachung des Telefons. Nach Ansicht des Beschwerdeführers seien die Parallelen der beiden kroatischen Strafverfahren zum vorliegenden Verfahren gegen ihn betreffend die verdeckten Ermittlungen und geheimen Überwachungen als offensichtlich zu bezeichnen (act. 1 S. 4). Auch im vorliegenden Verfahren seien die Ermittlungen der kroatischen Behörden in identischer Vorgehensweise geführt worden. Die Fälle aus dem Jahre 2017 veranschaulichen nach Ansicht des Beschwerdeführers, dass vorliegend Zweifel an der Fairness des konkreten kroatischen Verfahrens bestünden und entsprechende Anhaltspunkte für die Verletzung von EMRK-Rechten ohne Weiteres vorlägen (act. 1 S. 5). Der Beschwerdegegner habe entgegen seiner Abklärungspflicht nicht näher abgeklärt, ob sich gestützt auf die Urteile des EGMR in Kroatien etwas geändert hätte (act. 1 S. 5).

Dieser Umstand lege den Schluss nahe, so der Beschwerdeführer weiter, dass ihm kein faires Verfahren garantiert werde. Gemäss Auskunft eines kroatischen Anwaltes" versuche Kroatien sich gegenüber der EU als Hardliner im Kampf gegen die Korruption etc. zu positionieren. Dies lasse darauf schliessen, dass ihm in Kroatien kein faires Verfahren garantiert werden könne. Vielmehr müsse bereits jetzt von einer (Vor-)Verurteilung ausgegangen werden. Auf medialer Ebene werde ein ungeheurer Druck aufgebaut, dass er mit der Höchststrafe verurteilt werden müsse (act. 1 S. 6).

Es seien somit nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zwingend die vorgängigen und spezifischen Zusicherungen bzw. Auflagen hinsichtlich der Einhaltung von Art. 6 und 8 EMRK von den kroatischen Behörden zu fordern (act. 1 S. 7).

Im Weiteren könne er auch nur dann ausgeliefert werden, wenn Kroatien die entsprechenden strafrechtlichen Verfahrensbestimmungen angepasst habe (act. 1 S. 7).

4.2 Der Beschwerdeführer erläutert in einem nächsten Punkt seine gesundheitlichen Probleme (Harnblasenkarzinom, Eisenmangelanämie; act. 1 S. 8 ff.) und erklärt, dass er auf eine entsprechende professionelle medizinische Versorgung und ein entsprechendes Umfeld zwingend und dringend angewiesen sei (act. 1 S. 10). Die kroatischen Gefängnis- und Haftbedingungen seien in diverser Hinsicht problematisch und würden mit Blick auf die Gesundheit des Beschwerdeführers seiner Auslieferung entgegenstehen. Sei­ne Auslieferung würde nur dann nicht gegen Art. 3 und 8 EMRK verstossen, wenn Kroatien explizit zusichere, dass die Überführung in eine den ärztlichen Vorgaben entsprechende, geeignete Klinik erfolge. Als zwingende Voraussetzung erachtet er, dass der Beschwerdegegner auf die aktuellen schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers hinweise und entsprechend auch ein aktuelles ärztliches Gutachten zu seinem Gesundheitszustand und seiner medizinischen Versorgung/Betreuung übermittelt werde (act. 1 S. 10). Seine Therapie dürfe durch die Auslieferung in keinster Weise gefährdet werden (act. 1 S. 11).

4.3 Die Schweiz prüft die Auslieferungsvoraussetzungen des EAUe auch unter dem Blickwinkel ihrer grundrechtlichen völkerrechtlichen Verpflichtungen (vgl. Art. 2 IRSG ). Gemäss Art. 2 lit. a IRSG wird einem Ersuchen um Zusammenarbeit in Strafsachen nicht entsprochen, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass das Verfahren im Ausland den in der EMRK oder im Internationalen Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II; SR 0.103.2) festgelegten Verfahrensgrundsätzen nicht entspricht. Art. 2 IRSG soll verhindern, dass die Schweiz die Durchführung von Strafverfahren oder den Vollzug von Strafen unterstützt, in welchen den Personen die ihnen in einem Rechtsstaat zustehenden und insbesondere durch die EMRK und den UNO-Pakt II umschriebenen Minimalgarantien nicht gewährt werden oder welche den internationalen Ordre public verletzen (BGE 130 II 217 E. 8.1 S. 227; 129 II 268 E. 6.1 A. 271, je m.w.H.). Aus dieser Zielsetzung ergibt sich, dass einzelne Verfahrensverstösse im ausländischen Untersuchungsverfahren für sich allein nicht genügen, um die Rechtshilfe auszuschliessen; es ist in erster Linie Aufgabe der Rechtsmit-telinstanzen des ersuchenden Staates, solche Verfahrensfehler zu korrigieren und sicherzustellen, dass dem Beschuldigten trotzdem ein faires Strafverfahren garantiert wird. Der Ausschluss der Rechtshilfe rechtfertigt sich nur, wenn das ausländische Strafverfahren insgesamt die durch die EMRK und den UNO-Pakt II umschriebenen Minimalgarantien nicht erfüllt (Urteil des Bundesgerichts 1A.226/2000 vom 6. November 2000 E. 3b).

Nach internationalem Völkerrecht sind Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung verboten (Art. 10 Abs. 3 BV ; Art. 3 EMRK , Art. 7 und 10 Ziff. 1 UNO-Pakt II [ SR 0.103.2]). Die Haftbedingungen dürfen nicht unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK sein; die physische und psychische Integrität der ausgelieferten Person muss gewahrt sein (vgl. auch Art. 7, 10 und 17 des UNO Pakts II). Die Gesundheit des Häftlings muss in angemessener Weise sichergestellt werden, insbesondere mittels Zugang zu genügender medizinischer Versorgung. Die Auslieferung ist abzulehnen, wenn ernstliche Gründe für die Annahme bestehen, der Auszuliefernde werde im ersuchenden Staat ohne genügende medizinische Versorgung in einer sein Leben oder seine Gesundheit schwer gefährdenden Weise inhaftiert werden, was eine unmenschliche Behandlung i.S.v. Art. 3 EMRK darstellen würde (vgl. Urteil des EGMR i.S. McGlinchey gegen Vereinigtes Königreich vom 29. April 2003, Ziff. 47-58; i.S. Mouisel gegen Frankreich vom 14. November 2002, Recueil CourEDH 2002-IX S. 191, Ziff. 36 - 48).

Der im ausländischen Strafverfahren Beschuldigte muss glaubhaft machen, dass er objektiv und ernsthaft eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte im ersuchenden Staat zu befürchten hat (BGE 130 II 217 E. 8). Abstrakte Behauptungen genügen nicht. Der Beschwerdeführer muss seine Vorbringen im Einzelnen präzisieren (Urteil des Bundesgerichts 1A.210/1999 vom 12. Dezember 1999 E. 8b).

Darüber hinaus sehen weder das EAUe noch das IRSG die Möglichkeit vor, eine Auslieferung aus gesundheitlichen Gründen zu verweigern. Weder die Schweiz noch Kroatien haben einen entsprechenden Vorbehalt zum EAUe gemacht. Nach ständiger Rechtsprechung kann daher ein Auslieferungsersuchen grundsätzlich nicht wegen des schlechten Gesundheitszustands der auszuliefernden Person abgelehnt werden (Urteil des Bundesgerichts 1C_433/2019 vom 2. September 2019 E. 2.1 mit Hinweisen). Es ist Sache des ersuchenden Staates dafür zu sorgen, dass die auszuliefernde Person eine angemessene medizinische Behandlung bekommt und ihrem Gesundheitszustand entsprechend untergebracht oder allenfalls, mangels Hafterstehungsfähigkeit, aus der Haft entlassen wird (vgl. nicht veröffentlichte E. 8 von BGE 129 II 56 ; Urteil des Bundesgerichts 1A.116/2003 vom 26. Juni 2003 E. 2.1 mit Hinweisen).

4.4 Nach dem völkerrechtlichen Vertrauensprinzip wird vermutet, dass ein Staat wie Kroatien, welcher die EMRK, den UNO-Pakt II, die UNO-Folterschutzkonvention ( SR 0.105) und das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ( SR 0.106) ratifiziert hat, ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist und mit der Schweiz durch das EAUe verbunden ist, seine völkerrechtlichen Verpflichtungen wahrnimmt (Urteile des Bundesgerichts 1C_9/2015 vom 8. Januar 2015 E. 1.3; 1C_260/2013 vom 19. März 2013 E. 1.4; Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2018.72 vom 29. März 2018 E. 5.4; jeweils m.w.H.). Dabei betont der Beschwerdegegner, dass aus dem bisherigen Auslieferungsverkehr mit Kroatien keine Fälle bekannt seien, in denen dort Verletzungen der vorgenannten Konventionen erfolgt wären (act. 4.7 S. 6). Etwas Anderes wird vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Soweit sich der Beschwerdeführer auf die zwei Kroatien betreffenden Urteile des EGMR beruft, vermag er damit nicht im Ansatz glaubhaft zu machen, dass das kroatische Strafverfahren insgesamt die durch die EMRK und den UNO-Pakt II umschriebenen Minimalgarantien nicht erfüllt. Die befürchteten Verletzungen seiner Verfahrensrechte vermöchten, selbst wenn glaubhaft gemacht, den Ausschluss der Auslieferung nicht zu rechtfertigen. Vielmehr ist von einem wirksamen Rechtsschutz in Kroatien auszugehen; der Beschwerdeführer kann allfällige Verletzungen seiner Verfahrensrechte in Kroatien vor den übergeordneten Instanzen und gegebenenfalls beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte rügen. Es ist nach dem Gesagten gestützt auf das völkerrechtliche Vertrauensprinzip davon auszugehen, dass das kroatische Strafverfahren insgesamt die durch die EMRK und den UNO-Pakt II umschriebenen Minimalgarantien erfüllt.

4.5 Was die medizinische Betreuung im Strafvollzug anbelangt, zeigte der Beschwerdeführer ebenfalls nicht auf, dass die kroatischen Behörden mit Blick auf den von ihm geltend gemachten Gesundheitszustand ihrer Pflicht nicht nachkommen würden. Solches ist auch nicht ersichtlich. Es bestehen keine ernstlichen Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer im ersuchenden Staat ohne genügende medizinische Versorgung in einer sein Leben oder seine Gesundheit schwer gefährdenden Weise inhaftiert werde. Zu Recht erachtet der Beschwerdegegner die Einholung von expliziten Zusicherung hiefür als nicht notwendig (act. 4.7 S. 7). Der Beschwerdegegner sicherte im Auslieferungsentscheid dem Beschwerdeführer im Falle dessen Auslieferung bereits explizit zu, die ersuchende Behörde auf die gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers hinzuweisen, und, falls er dies wünsche, ein aktuelles ärztliches Gutachten zu übermitteln (act. 4.7 S. 7).

4.6 Die vorgenannten Rügen des Beschwerdeführers sind daher offensichtlich unbegründet. Die Auslieferung des Beschwerdeführers an Kroatien ist daher zulässig.

5. Die Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen.

6.

6.1 Der Beschwerdeführer beantragt die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Rechtsvertretung ( RP.2019.51 , act. 1 S. 2). Zur Begründung lässt er u.a. vorbringen, dass die Herkunft all seiner Gelder bzw. sein Vermögen Gegenstand des Strafverfahrens sei, weshalb diesbezüglich alles unklar sei. Es sei ohne weiteres möglich, dass sämtliche Gelder bzw. die Vermögenswerte deliktischer Herkunft seien, weshalb es von seinen Rechtsvertretern auch gar nicht entgegengenommen werden könne ( RP.2019.51 , act. 3).

6.2 Die Beschwerdekammer befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Verfahrenskosten, sofern ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 65 Abs. 1 VwVG) und bestellt dieser einen Anwalt, wenn dies zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist (Art. 65 Abs. 2 VwVG ).

Diese Regelung ist Ausfluss von Art. 29 Abs. 3 BV . Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind Prozessbegehren als aussichtslos anzusehen, wenn die Gewinnaussichten beträchtlich geringer erscheinen als die Verlustgefahren. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde (BGE 139 III 475 E. 2.2 S. 476 f.; 139 III 396 E. 1.2; 138 III 217 E. 2.2.4).

6.3 Nach dem oben Ausgeführten muss die vorliegende Beschwerde als aussichtslos bezeichnet werden. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Rechtsvertretung ist daher abzuweisen.

7. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 39 Abs. 2 lit. b StBOG ). Für die Berechnung der Gerichtsgebühr gelangt das BStKR (i.V.m. Art. 63 Abs. 5 VwVG ) zur Anwendung. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Gerichtsgebühr vorliegend auf Fr. 3'000.-- festzusetzen.


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Rechtsvertretung wird abgewiesen.

3. Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

Bellinzona, 30. Oktober 2019

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Vizepräsident: Die Gerichtsschreiberin :

Zustellung an

- Advokaten Miriam Riegger und Martin Kaiser

- Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen kann innert zehn Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 und 2 lit. b BGG ).

Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn er eine Auslieferung, eine Beschlagnahme, eine Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten oder eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Art. 84 Abs. 1 BGG). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG ).

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