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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Beschwerdekammer: Rechtshilfe
Fallnummer:RR.2015.317
Datum:19.05.2016
Leitsatz/Stichwort:Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Lettland. Herausgabe von Beweismitteln (Art. 74 IRSG).
Schlagwörter : Recht; Rechtshilfe; Beschwerde; Rechtshilfeersuchen; Beschwerdeführer; Staat; Zeuge; Zeugen; Ersuchende; Lettland; Entscheid; Ersuchenden; Verfahren; Schweiz; Bundesgericht; Verfahren; Bundesstrafgericht; Einvernahme; Bundesstrafgerichts; Verfahrens; Beschuldigte; Aussage; Beschwerdekammer; Begründet; Rüge; Zeugenaussage; Auslieferung; Sachen; Bundesgerichts
Rechtskraft:Kein Weiterzug, rechtskräftig
Rechtsnorm: Art. 141 StPO ; Art. 158 StPO ; Art. 177 StPO ; Art. 3 EMRK ; Art. 63 VwVG ; Art. 65 VwVG ; Art. 84 BGG ;
Referenz BGE:129 II 268; 129 II 544; 132 II 81; 134 IV 156; 135 IV 212; 140 IV 123; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: RR.2015.317

Entscheid vom 19. Mai 2016
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz,

Andreas J. Keller und Nathalie Zufferey Franciolli ,

Gerichtsschreiberin Chantal Blättler Grivet Fojaja

Parteien

A. , vertreten durch Rechtsanwalt Christian Alexander Meyer,

Beschwerdeführer

gegen

Bundesanwaltschaft,

Beschwerdegegnerin

Gegenstand

Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Lettland

Herausgabe von Beweismitteln (Art. 74 IRSG )


Sachverhalt:

A. Die B. AG von Lettland ist hauptsächlicher Elektrizitätsversorger des Landes. Präsident des Vorstands der B. AG war im interessierenden Zeitraum C., sein Stellvertreter war D. E. war Leiter der Erzeugungsprojekte. Die B. AG beabsichtigte, zwei Energieblöcke (TEZ-2/1 und TEZ-2/2) der thermoelektrischen Kraftwerkszentrale in U. im Rahmen von zwei Projekten zu erneuern. Am Beginn dieser Projekte stand ein Beschaffungswettbewerb für ingenieurtechnische Beratungsdienstleistungen. Mittels dieser Beratungsdienstleistungen sollte ein Beratungsunternehmen für die Angebotsausschreibung und deren Überprüfung für die eigentlichen Ingenieurarbeiten, Beschaffungen und Bauarbeiten (EPC) sowie die Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten (SMA) erstellen (Rechtshilfeersuchen, act. 1.1, S. 2 - 4). In dem am 8. Juni 2004 ausgeschriebenen Beschaffungswettbewerb erhielt die damalige F. Ltd (später durch Verkauf an die schwedische Firma G. AG übergegangen) den Zuschlag für diese Beratungsdienstleistungen. CEO der F. Ltd war damals A. Dieser Zuschlag erfolgte durch Vermittlung von der H. zuzurechnenden I. GmbH.

Im Umfeld dieses Zuschlags soll H. aufgrund seiner Beziehungen zu den Führungskräften der B. AG der F. Ltd gezielte Informationen zugespielt haben, welche es der F. Ltd ermöglichten, ihre Offerte entsprechend auszugestalten, um so gegenüber anderen Wettbewerbern im Vorteil zu sein und den Zuschlag zu erhalten. Dafür soll ein Teil des Honorars der F. Ltd gestützt auf einen Vertrag der F. Ltd mit I. GmbH an Letztere geflossen sein. Die I. GmbH soll diesen zum überwiegenden Teil an Führungsverantwortliche von B. AG bezahlt haben (Rechtshilfeersuchen, act. 1.1, S. 17 - 36). Nach dem gleichen Muster sollen in der Folge auch die eigentlichen Ingenieurarbeiten, Beschaffungen und Bauarbeiten (EPC) sowie die Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten (SMA) für TEZ-2/1 an die spanischen Unternehmungen J. AU und K. SAU sowie für TEZ-2/2 an die türkische L. Inc. gegangen sein (Rechtshilfeersuchen, act. 1.1, S. 2 - 16).

Die Abteilung für Ermittlung der besonders wichtigen Fälle des strafrechtlichen Departements der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Lettland (nachfolgend StA Lettland") führt seit Juni 2010 im obigen Kontext ein Strafverfahren wegen Korruption.

B. Auf Rechtshilfeersuchen der StA Lettland wurde A. am 12. September 2011 als Zeuge einvernommen (act. 1.2). Das Rechtshilfeersuchen wurde am 10. November 2011 durch die Schweizer Bundesanwaltschaft (nachfolgend BA") erledigt (liegt nicht bei den Akten, aus Rechtshilfeersuchen, act. 1.1, S. 37).

C. Mit einem weiteren Rechtshilfeersuchen vom 24. Juli 2014 ersuchte die StA Lettland u.a., A. den Anklagesatz" auszuhändigen und ihn über die Rechte als Angeschuldigter zu belehren. Ferner ersuchte sie, sofern er bereit sei auszusagen, ihm einen detaillierten Fragenkatalog zu unterbreiten (Rechtshilfeersuchen, act. 1.1, S. 37 f.).

Am 13. November 2015 trat die BA auf das erneute Rechtshilfeersuchen ein, bejahte die doppelte Strafbarkeit und lud A. zur Einvernahme als Beschuldigter vor (act. 1.4). Die Einvernahme fand am 18. November 2015 statt, wobei A. von seinem Schweigerecht Gebrauch machte und die Aussage integral verweigerte (act. 7.2, unter Abdeckung der Fragen seitens der BA).

D. Mit Schlussverfügung vom 26. November 2015 entsprach die BA dem lettischen Rechtshilfeersuchen und ordnete die Herausgabe des Protokolls der Einvernahme vom 18. November 2015 unter Vorbehalt des Spezialitätsprinzips an (act. 1.3).

E. Dagegen lässt A. durch seinen Rechtsvertreter am 18. Dezember 2015 Beschwerde erheben mit folgenden Anträgen (act. 1):

1. Auf das Rechtshilfeersuchen der Generalstaatsanwaltschaft von Lettland vom 24. Juli 2014 sei nicht einzutreten;

2. Die Eintretensverfügung in Rechtshilfesachen der Bundesanwaltschaft vom 13. November 2015 im Verfahren RH.14.0182 sei entsprechend aufzuheben;

3. Entsprechend seien auch die Ziffern 1 und 2 der Schlussverfügung in Rechtshilfesachen der Bundesanwaltschaft vom 26. November 2015 aufzuheben, soweit sie nicht bereits nichtig sind;

4. Eventuell sei die Rechtshilfe nur unter der Auflage zu gewähren, dass die ersuchende Behörde vom Inhalt der Beilage 2 des Rechtshilfeersuchens, Zeugenaussage des Beschwerdeführers vom 12. September 2011 im dem Rechtshilfeersuchen zu Grunde liegenden Verfahren in Lettland, keinen Gebrauch machen darf (Art. 141 Abs. 2 StPO , Art. 6 EMRK) und diese und die darin enthaltenen weiterverwendeten Informationen aus dem Rechts weist. Das Spezialitätsprinzip bleibt vorbehalten.

Alles unter Kosten und Entschädigungsfolge zu Gunsten des Beschwerdeführers.

F. Während das Bundesamt für Justiz (nachfolgend BJ") am 5. Januar 2016 auf begründete Beschwerdeantwort verzichtet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist, beantragt (act. 6), reicht die BA am 8. Januar 2016 begründete Beschwerdeantwort ein und stellt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde (act. 7).

Der Beschwerdeführer hält replicando ohne weitere Ausführungen am 18. Januar 2016 an seinen Anträgen fest (act. 9), wovon dem BJ und der BA am 19. Januar 2016 Kenntnis gegeben wird (act. 10).

Auf die Ausführungen der Parteien wird im Rahmen der nachstehenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen, soweit dies erforderlich ist.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1. Für die Rechtshilfe zwischen der Schweiz und der Republik Lettland sind in erster Linie das Europäische Übereinkommen vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen (EUeR; SR 0.351.1) sowie die Bestimmungen der Art. 48 ff. des Übereinkommens vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 (Schengener Durchführungsübereinkommen, SDÜ; ABl. L 239 vom 22. September 2000, S. 19 - 62) massgebend. Soweit das Staatsvertragsrecht bestimmte Fragen nicht abschliessend regelt, gelangt das schweizerische Landesrecht, namentlich das Bundesgesetz vom 20. März 1981 (Rechtshilfegesetz, IRSG; SR 351.1) und die Verordnung vom 24. Februar 1982 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfeverordnung, IRSV; SR 351.11), zur Anwendung (vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. b IRSG). Das innerstaatliche Recht gilt nach dem Günstigkeitsprinzip auch dann, wenn dieses geringere Anforderungen an die Rechtshilfe stellt (BGE 140 IV 123 E. 2 S. 126; 137 IV 33 E. 2.2.2; 136 IV 82 E. 3.1; 129 II 462 E. 1.1). Vorbehalten bleibt die Wahrung der Menschenrechte (BGE 135 IV 212 E. 2.3; 123 II 595 E. 7c S. 617).

2.

2.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um eine Schlussverfügung der BA in internationalen Rechtshilfeangelegenheiten, gegen welche innert 30 Tagen ab der schriftlichen Mitteilung bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde geführt werden kann (Art. 80 e Abs. 1 i.V.m. Art. 80 k IRSG ; Art. 37 Abs. 2 lit. a Ziff. 1 StBOG). Die Beschwerde vom 18. Dezember 2015 gegen die Schlussverfügung vom 26. November 2015 ist fristgerecht eingereicht worden.

2.2 Zur Beschwerdeführung ist berechtigt, wer persönlich und direkt von einer Rechtshilfemassnahme betroffen ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (Art. 80 h lit. b IRSG). Der Beschuldigte im ausländischen Strafverfahren ist legitimiert, sich gegen die Herausgabe des Protokolls seiner Einvernahme im Rechtshilfeverfahren zur Wehr zu setzen (Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2013.160 -161 vom 6. Februar 2014, E. 2.2.3). Dies gilt sogar, wenn er - wie hier - integral die Aussage verweigert, und zwar wegen der potentiellen Beweiswirkung der Aussageverweigerung (Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2008.158 -159 vom 20. November 2008, E. 2.2; vom Bundesgericht offen gelassen in Nichteintretensentscheiden 1C_561/2008 und 1C_569/2008 vom 9. Februar 2009). Die Legitimation zur Beschwerde ist daher vorliegendenfalls zu bejahen. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

3. Die Beschwerdekammer ist nicht an die Begehren der Parteien gebunden (Art. 25 Abs. 6 IRSG ). Sie prüft die bei ihr erhobenen Rügen grundsätzlich mit freier Kognition. Sie ist aber nicht verpflichtet, nach weiteren der Gewährung der Rechtshilfe allenfalls entgegenstehenden Gründen zu forschen, die aus der Beschwerde nicht hervorgehen (BGE 132 II 81 E. 1.4; 130 II 337 E. 1.4; Urteil des Bundesgerichts 1A.1/2009 vom 20. März 2009, E. 1.6; TPF 2011 97 E. 5). Ebenso wenig muss sich die urteilende Instanz nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen. Sie kann sich auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken, und es genügt, wenn die Behörde wenigstens kurz die Überlegungen nennt, von denen sie sich leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt (Urteil des Bundesgerichts 1A.59/2004 vom 16. Juli 2004, E. 5.2, mit weiteren Hinweisen).

4.

4.1 Der Beschwerdeführer macht Verletzungen von Art. 6 Abs. 1 , Abs. 2 und Abs. 3 lit. b EMRK im ersuchenden Staat geltend und beruft sich für die Verweigerung der Rechtshilfe auf Art. 2 lit. a IRSG im Wesentlichen mit folgender Begründung: Aufgrund seiner seinerzeit im Jahre 2011 auf Rechtshilfeersuchen hin erfolgten Aussagen als Zeuge habe die StA Lettland gegen ihn einen Tatverdacht als Beschuldigten begründet und die entsprechenden Vorwürfe ihrem neuen Rechtshilfeersuchen zu Grunde gelegt. Gleich verhalte es sich mit der ebenfalls rechtshilfeweise in Deutschland erfolgten Befragung als Zeuge von M., dem damals verantwortlichen Bereichsleiter der F. Ltd. Aufgrund der seinerzeitigen Zeugenpflicht sei die Kerngarantie der EMRK, sich nicht selbst belasten zu müssen, verletzt worden. Damit sei ein Verwertungsverbot gemäss StPO bzw. EMRK entstanden. Er sei seinerzeit nicht gemäss Art. 158 Abs. 1 StPO belehrt worden und habe entsprechend nicht gewusst, dass er als Beschuldigter die Aussage ohne jeden Grund hätte verweigern können. Seine Aussagen seien gemäss Art. 177 Abs. 3 und Art. 158 Abs. 2 StPO unverwertbar und es liege keine Ausnahme vom Verwertungsverbot vor. Damit verletze die lettische Behörde Art. 6 EMRK , indem sie das Rechtshilfeersuchen auf eine unverwertbare Zeugenaussage stütze (act. 1).

Die Beschwerdegegnerin wendet dagegen ein, der Beschwerdeführer sei 2011 als Zeuge befragt worden, weil das Rechtshilfeersuchen dies so verlangt habe und sich daraus keine Anhaltspunkte für dessen Einvernahme als Auskunftsperson ergeben habe. Zudem sei er über seine Rechte als Zeuge belehrt worden. Unzutreffend sei, dass sich das neue Rechtshilfeersuchen vorwiegend auf die Zeugenaussagen des Beschwerdeführers und von M. stütze. Gemäss Rechtshilfeersuchen gebe es weitere Zeugenaussagen sowie den sichergestellten Emailverkehr zwischen den Beschuldigten und weiteren Personen infolge der Verhaftung von H. (act. 7).

4.2 Sowohl mit der Rüge der fehlenden Gewährleistung der EMRK Garantien im ersuchenden Staat als auch mit der damit zusammenhängenden Rüge, das Rechtshilfeverfahren gründe auf menschenrechtswidrigen Grundlagen, beruft sich der Beschwerdeführer auf den Verweigerungsgrund für Rechtshilfe nach Art. 2 lit. a IRSG . Die Gewährleistung der EMRK-Garantien in einem Strafverfahren gehört zum "ordre public" der Schweiz. Allerdings kann sich grundsätzlich nur eine natürliche Person auf deren Einhaltung im ersuchenden Staat berufen, die sich auf dem Gebiet des ersuchenden Staates aufhält und geltend machen kann, konkret der Gefahr einer Verletzung seiner Verfahrensrechte ausgesetzt zu sein ( TPF 2012 144 E. 5.1.1, 5.1.2; TPF 2010 56 E. 6.2.2, 6.2.3). Der Beschwerdeführer ist Schweizer Staatsangehöriger und hat Wohnsitz in der Schweiz. Gegen seinen Willen kann er somit nicht ausgeliefert werden. Freilich hat die Praxis diese Rüge auch schon zugelassen bei einem Beschuldigten, der sich in der Schweiz oder anderswo aufhält, wo ihm keine Auslieferung droht, dann allerdings nur wegen Verletzung von Art. 6 EMRK im ersuchenden Staat (Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2007.161 vom 14. Februar 2008, E. 5 mit Verweis auf Urteil des Bundesgerichts 1A.212/2000 vom 19. September 2000, E. 3a/cc). Die ausführende Behörde bzw. die Beschwerdekammer im Beschwerdeverfahren muss sich diesfalls mit den Verfahrensgarantien nach Art. 6 EMRK im ersuchenden Staat auseinandersetzen, allerdings nur soweit, als deren Verletzung bzw. Gefährdung auch konkret und substantiiert behauptet oder offenkundig ist. Letzteres ist hier der Fall, die Rüge ist daher zuzulassen.

4.3 Die Prüfung des vorgenannten Ausschlussgrundes für Rechtshilfe setzt ein Werturteil über das politische System des ersuchenden Staates, seine Institutionen, sein Verständnis von den Grundrechten und deren effektive Gewährleistung sowie über die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz voraus. Der Rechtshilferichter muss in dieser Hinsicht besondere Zurückhaltung walten lassen (Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2008.158 -159 vom 20. November 2008, E. 8.3; Nichteintretensentscheide des Bundesgerichts 1C_561/2008 und 569/2008 vom 9. Februar 2009). Massgeblich für den Entscheid, ob und wie Rechtshilfe zu gewähren ist, ist das vom Bundesgericht entwickelte Dreikreismodell für die Beurteilung der Menschenrechtskonformität des Verfahrens im ersuchenden Staat: Das Bundesgericht hat diese Dreiteilung der Staaten im Zusammenhang mit Auslieferungen entwickelt (BGE 134 IV 156 E. 6.7 ff.). Diese Einteilung gelangt jedoch auch im Rahmen der kleinen Rechtshilfe zur Anwendung ( TPF 2012 144 E. 5.1.3 unter Verweis auf BGE 129 II 268 E. 6 - 6.4.3). Bei Ländern mit bewährter Rechtsstaatskultur - insbesondere jenen Westeuropas - bestehen regelmässig keine ernsthaften Gründe für die Annahme, dass der Verfolgte bei einer Auslieferung dem Risiko einer Art. 3 , 5 und 6 EMRK verletzenden Behandlung ausgesetzt sein könnte. Gegenüber Staaten dieser 1. Kategorie werden Auslieferung bzw. Rechtshilfe ohne Auflage gewährt. Die Gewährleistung eines EMRK konformen Verfahrens ist zu vermuten, und es bedarf unbestreitbarer Beweise ("sur la base d'éléments de preuve incontestables"), um diese Vermutung zu beseitigen (BGE 129 II 544 , nicht publizierte E. 4.2 aus Urteil des Bundesgerichts 1A.149/2003 vom 27. Oktober 2003, bestätigt in 1C_9/2015 vom 8. Januar 2015, E. 1.3). Dann gibt es Staaten bzw. Konstellationen in Staaten (z. B. politische Implikation), in denen zwar ernsthafte Gründe für die Annahme bestehen, dass der Verfolgte im ersuchenden Staat einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt sein könnte, dieses Risiko aber mittels diplomatischer Garantien behoben oder jedenfalls auf ein so geringes Mass herabgesetzt werden kann, dass es als nur noch theoretisch erscheint. Da ein solches theoretisches Risiko einer menschenrechtswidrigen Behandlung praktisch immer besteht, kann es für die Ablehnung der Auslieferung nicht genügen (2. Kategorie). Mit Hilfe verlässlicher Zusicherungen wird die Menschenrechtskonformität der Behandlung des Betroffenen im konkreten Fall sichergestellt. Schliesslich gibt es Staaten (3. Kategorie), in denen das Risiko einer menschenrechtswidrigen Behandlung auch mit diplomatischen Zusicherungen nicht auf ein Mass herabgesetzt werden kann, dass es als nur noch theoretisch erscheint und gegenüber denen die Rechtshilfe zu verweigern ist (bspw. in TPF 2010 56 E. 6.4.2).

4.4 Die Republik Lettland ist Unterzeichnerstaat der EMRK und mit der Schweiz sowohl über den EUeR verbunden als auch bezüglich Rechtshilfe und Auslieferung über den SDÜ. Sie ist daher der ersten Kategorie zuzuordnen, gilt mithin als Staat, gegenüber dem Rechtshilfe auch ohne zusätzliche Garantien zu gewähren ist. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung, bestehen auch keine Beweise, dass der ersuchende Staat die Grundrechte der EMRK, namentlich die Verfahrensgarantien von Art. 6 EMRK , nicht gewährleistet. Dass der Beschwerdeführer sich im ersuchenden Staat mit Bezug auf die Frage der Verwertbarkeit nicht auf die Schweizer StPO berufen kann, ist vorab naheliegend. Insofern sind seine Ausführungen zur Unverwertbarkeit der Zeugenaussage nach Schweizer StPO unbehelflich. Lettland wendet sein eigenes Strafprozessrecht an und hat dabei für die Rechtshilfegewährung durch die Schweiz allein die Verfahrensgarantien von Art. 6 EMRK zu respektieren. In welcher Art dies ein ausländischer Staat tut, ist ausschliesslich Sache seiner nationalen (hier lettischen) Gesetzgebung. Der vorliegend kritisierte Umstand, dass ein Staat in einer früheren Phase der Ermittlungen (hier 2011) noch keinen Verdacht gegen eine Person hegte und ihn deshalb als Zeugen einvernimmt oder einvernehmen lässt, sich dann im späteren Verlauf (hier 2014) ein Tatverdacht gegen die gleiche Person ergibt, er ihn neu als Beschuldigten behandelt (und einvernehmen lässt), bedeutet für sich noch nicht, dass seine früheren Aussagen als Zeuge im Strafprozess auch gegen ihn als Beschuldigten verwendet werden. Nichts spricht dafür, der ersuchende Staat würde eine allfällige Unverwertbarkeit unter Art. 6 EMRK nicht berücksichtigen bzw. die Rechtsmittelwege zur Durchsetzung solcher Rechte nicht gewähren.

4.5 Der Beschwerdeführer macht im gleichen Kontext geltend, das Rechtshilfeersuchen selbst gründe auf seiner Zeugenaussage (und der ebenfalls rechtswidrig entstandenen von M.). Diese Rüge erweist sich in zweierlei Hinsicht als unbegründet:

4.5.1 Zum einen ist die 2011 rechtshilfeweise erfolgte Zeugeneinvernahme rechtmässig erhoben worden. Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer dem Ersuchen von Lettland folgend als Zeugen einvernommen. Unbegründet ist auch der Vorwurf, die Rechtsbelehrung sei ungenügend gewesen, weshalb ein Mangel im Sinne von Art. 177 Abs. 3 StPO (gilt nur für die ungenügende Information über hier nicht relevantes Zeugnisverweigerungsrecht) vorgelegen habe. Insbesondere wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er die Aussage verweigern könne, wenn er sich oder eine ihm nahestehende Person belasten würde, dass straf- oder zivilrechtliche Konsequenzen drohten (Einvernahme, act. 1.2, S. 2). Unerfindlich ist, inwiefern diese Rechtsbelehrung neben der Rechtsbelehrung, aussagen zu müssen und dabei wahrheitsgemäss auszusagen, verblassen soll (Beschwerde, act. 1, S. 7, Ziff. 14). Ein Mangel in der Zeugeneinvernahme, welche diese unter Art. 177 Abs. 1 StPO als ungültig erscheinen liesse, liegt somit gerade nicht vor. Das Protokoll dieser Einvernahme ist, ohne dass die Rechte des Beschwerdeführers im damaligen Rechtshilfeverfahren verletzt worden wären, von der Beschwerdegegnerin dem ersuchenden Staat zu Recht übermittelt worden.

4.5.2 Zum anderen würde, selbst wenn die Zeugeneinvernahme aus dem Jahre 2011 mangelhaft gewesen wäre, auch dies nicht zu einer Verweigerung der heutigen Rechtshilfe führen. Das Rechtshilfeersuchen aus dem Jahre 2014 beruht offensichtlich nicht in erster Linie auf der Zeugenaussage des Beschwerdeführers (oder von M.). Aus dem umfangreichen Rechtshilfeersuchen ergibt sich, dass die lettischen Strafverfolgungsbehörden bei H. von diesem erstellte Tabellen sichergestellt haben, aus welchen sich Aufstellungen über die Zahlungsflüsse ergeben. Darunter fallen die für sich allein noch nicht zwingend verfänglichen 14 Zahlungen von F. Ltd an I. GmbH. Vor allem aber finden sich darin Zahlungen der I. GmbH mit prozentualer Aufteilung an die relevanten Verantwortlichen der B. AG, so C., D. und E. (verwendet werden Abkürzungen, siehe act. 1.1, S. 36). Daraus ergibt sich ein Tatverdacht gegen die F. Ltd und damit gegen den Beschwerdeführer für Zahlungen korrumpierender Natur. Dass diese Zahlungen einen korrumpierenden Charakter haben, wird noch dadurch bestärkt, dass weitere Tabellen bestehen, welche ein gleiches Vorgehen von H. im Zusammenhang mit den eigentlichen Ingenieurarbeiten, Beschaffungen und Bauarbeiten sowie die Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an die J. AU, K. SAU und die L. Inc. aufzeigen. Allein schon damit und ohne die Prüfung weiterer im Rechtshilfeersuchen angesprochener Beweismittel, ist erstellt, dass das lettische Ersuchen aus dem Jahre 2014 nicht primär auf der Zeugeneinvernahme des Beschwerdeführers aus dem Jahre 2011 beruht. Damit aber fällt eine analoge Anwendung der Rechtsprechung zu Rechtshilfeersuchen aufgrund gestohlener Bankunterlagen bzw. aufgrund sich als rechtswidrig erwiesener Beweiserhebungen ausser Betracht (zur entsprechenden Rechtsprechung siehe Entscheide des Bundesstrafgerichts RR.2012.82 -83 vom 26. Februar 2013, E. 3.1-3.5; RR.2014.116 -118 vom 13. Mai 2015; obiter dictum in Urteil des Bundesgerichts 1C_430/2014 vom 19. September 2014, E. 1.3; Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2013.209 vom 14. März 2014, E. 4.3, 4.4). Auch diese Rüge erweist sich damit als unbegründet.

5. Der vom Beschwerdeführer offenbar bei der Einvernahme vom 18. November 2015 durch seinen Rechtsvertreter vorgebrachte Einwand der fehlenden doppelten Strafbarkeit, wurde im Beschwerdeverfahren nicht mehr explizit vorgebracht. Ein entsprechender Einwand hätte sich ohnehin als unbegründet erwiesen, wozu auch auf die ebenfalls nicht explizit bestrittenen, entsprechenden Ausführungen in der Eintretens- und der Schlussverfügung der Beschwerdegegnerin verwiesen werden kann. Soweit der Beschwerdeführer den Sachverhalt bestreitet bzw. geltend macht, sich nicht strafbar gemacht zu haben (act. 1, S. 1 f., Ziff. 32 - 34), ist dies nicht zu hören. Die ausführende Behörde bzw. die Beschwerdeinstanz ist an die Sachverhaltsdarstellung im Rechtshilfeersuchen gebunden, soweit diese nicht durch offensichtliche Lücken, Fehler oder Widersprüche sofort entkräftet wird (etwa BGE 132 II 81 E. 2.1). Einwendungen des Betroffenen gegen den geltend gemachten Sachverhalt, Gegenbehauptungen und Gegenbeweise sind deshalb untauglich.

Weitere Rechtshilfehindernisse werden in der Beschwerde nicht genannt und sind auch nicht offensichtlich ersichtlich.

6. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kosten-pflichtig (Art. 63 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 39 Abs. 2 lit. b StBOG ). Für die Berechnung der Gerichtsgebühren gelangt das Reglement des Bundes-strafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren (BStKR; SR 173.713.162) zur Anwendung (Art. 53 Abs. 2 lit. a , Art. 73 StBOG i.V.m. Art. 65 Abs. 5 VwVG ). Es rechtfertigt sich vorliegend, die Gebühr auf Fr. 4'000.- festzusetzen und dem Beschwerdeführer aufzuerlegen, unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses in gleicher Höhe.


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.- wird dem Beschwerdeführer auferlegt, unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses in gleicher Höhe.

Bellinzona, 20. Mai 2016

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiber in :

Zustellung an

- Rechtsanwalt Christian Alexander Meyer

- Bundesanwaltschaft

- Bundesamt für Justiz, Fachbereich Rechtshilfe

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen kann innert zehn Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 und 2 lit. b BGG ).

Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn er eine Auslieferung, eine Beschlagnahme, eine Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten oder eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Art. 84 Abs. 1 BGG). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG ).

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