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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Strafkammer
Fallnummer:SK.2011.33
Datum:13.11.2012
Leitsatz/Stichwort:Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug (Art. 146 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 25 StGB)
Schlagwörter : Anklage; Bundes; Wette; Person; Wetten; Verfahren; Wettanbieter; Schuldig; Anklageschrift; Bundesanwaltschaft; Stunden; Betrug; Recht; Wettanbietern; Beschuldigte; Verfahren; Akten; Beschuldigte; Verfahrens; Verteidigung; Beweis; Personen; Urteil; Manipulation; Geschädigt; Entschädigung; Gespräch; Gericht
Rechtskraft:Kein Weiterzug, rechtskräftig
Rechtsnorm: Art. 100 BGG ; Art. 11 StPO ; Art. 115 StPO ; Art. 118 StPO ; Art. 14 StGB ; Art. 146 StGB ; Art. 182 StPO ; Art. 19 StPO ; Art. 2 StGB ; Art. 24 StPO ; Art. 32 StPO ; Art. 325 StPO ; Art. 328 StPO ; Art. 329 StPO ; Art. 337 StGB ; Art. 350 StPO ; Art. 355 StPO ; Art. 356 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 88 StPO ; Art. 9 BGG ; Art. 9 StPO ; Art. 97 BGG ;
Referenz BGE:118 IV 35; 129 IV 315; 135 IV 76; ;
Kommentar zugewiesen:
Trechsel, Crameri, Praxiskommentar, Zürich, St. Gallen , Art. 146 StGB, 2008
Heimgartner, Niggli , Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, Art. 325 StPO, 2011
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: SK.2011.33

Urteil vom 13. November 2012
Strafkammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Walter Wüthrich, Einzelrichter,
Gerichtsschreiber Tornike Keshelava

Parteien

Bundesanwaltschaft , vertreten durch Olivier Thormann, Leitender Staatsanwalt des Bundes,

gegen

A., amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Markus Zwicky,

Gegenstand

Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug


Anträge der Bundesanwaltschaft:

1. A. sei schuldig zu sprechen wegen Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug im Sinne von Art. 146 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 25 StGB .

2. A. sei mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à Fr. 60.-- zu bestrafen. Der Vollzug der Geldstrafe sei aufzuschieben, unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren.

3. Es seien Fr. 7'200.-- bei A. einzuziehen.

4. Von den Verfahrenskosten sei A. ein Anteil von 1/24, entsprechend Fr. 2'187.--, aufzuerlegen.

Antrag der Verteidigung:

A. sei freizusprechen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Staates.

Prozessgeschichte:

A. Die deutschen Strafverfolgungsbehörden führen seit ca. April 2009 ein Verfahren gegen B., C. und weitere Personen, denen vorgeworfen wird, als Mitglieder einer international agierenden Gruppierung Meisterschaftsspiele der europäischen Fussballligen und Freundschaftsspiele durch Geldzahlungen an Spieler, Trainer, Vereinsfunktionäre und Schiedsrichter manipuliert zu haben, um Wetten auf die manipulierten Fussballspiele abzuschliessen. In diesem Zusammenhang ersuchte die Staatsanwaltschaft Bochum am 29. Oktober 2009 die schweizerischen Behörden um Durchführung von Untersuchungshandlungen gegen D. und E., die mutmasslichen Tatbeteiligten in der Schweiz (cl. 13 pag. 18.1.3 ff.).

B. Im Nachgang zum erwähnten Rechtshilfeersuchen eröffnete die Bundesanwaltschaft am 12. November 2009 ein gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren gegen D. und E. wegen Verdachts des gewerbsmässigen Betrugs gemäss Art. 146 Abs. 2 StGB (cl. 1 pag. 1.1).

C. In der Folge dehnte die Bundesanwaltschaft die Strafverfolgung auf weitere Personen aus, u.a. am 20. November 2009 auf A. (cl. 1 pag. 1.4).

D. Am 18. November 2011 erliess die Bundesanwaltschaft gegen A. einen Strafbefehl, worin sie ihn der Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug im Sinne von Art. 146 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 25 StGB schuldig sprach und ihn mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à Fr. 90.--, bedingt aufgeschoben mit einer Probezeit von 2 Jahren, belegte. Zudem wurde A. eine Ersatzforderung von Fr. 4'050.-- auferlegt (cl. 1 pag. 3.29 ff.).

E. Auf rechtzeitige Einsprache von A. (cl. 11 pag. 16.7.66) hin überwies die Bundesanwaltschaft in Anwendung von Art. 355 Abs. 3 lit. a und Art. 356 Abs. 1 StPO am 22. Dezember 2011 den Strafbefehl als Anklageschrift an die Strafkammer des Bundesstrafgerichts ( SK.2011.33 , cl. 75 pag. 75.1.5 f.).

F. Mit Verfügung vom 13. Januar 2012 wies der Einzelrichter die Anklage gegen A. zur Anklage- und Aktenergänzung an die Bundesanwaltschaft zurück und sistierte das Verfahren bis zur Wiedereinreichung der Anklage. Die Hängigkeit blieb beim Gericht (Art. 329 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 und 3 StPO). Der Einzelrichter befand, dass die Nennung der geschädigten Personen für die Beurteilung der Frage, ob der Anklagesachverhalt den Tatbestand des Betrugs erfülle, unerlässlich sei und die Anklageschrift keine konkreten Angaben darüber enthalte, wer durch die dem Beschuldigten vorgeworfenen Handlungen am Vermögen geschädigt worden sein soll. Weiter stellte er fest, dass neben der beschuldigten auch die geschädigte Person, d.h. die Person, die durch die Straftat in ihren Rechten unmittelbar verletzt worden sei (Art. 115 Abs. 1 StPO), ein Informationsrecht im Hinblick auf die Ausübung der ihr zustehenden Mitwirkungsrechte im Strafverfahren habe. Insbesondere könne sie sich als Privatklägerschaft konstituieren, indem sie bis zum Abschluss des Vorverfahrens ausdrücklich erkläre, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin oder -kläger zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 und 3 StPO). Die Staatsanwaltschaft müsse die geschädigte Person nach Eröffnung des Vorverfahrens auf diese Möglichkeit hinweisen, wenn diese von sich aus keine Erklärung abgegeben habe (Art. 118 Abs. 4 StPO ). Und falls der Hinweis unterbleibe, müsse die geschädigte Person noch nachträglich die Möglichkeit haben, sich als Privatklägerschaft zu konstituieren ( Lieber , in Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Zürich etc. 2010, Art. 118 StPO N. 14). Aus den Akten gehe nicht hervor, dass die Bundesanwaltschaft den geschädigten Personen im Sinne der vorstehenden Ausführungen die Möglichkeit gegeben habe, sich als Privatklägerschaft zu konstituieren ( SK.2011.33 , cl. 75 pag. 75.950.1 ff.).

G. Die Bundesanwaltschaft wies in der Folge allfällige geschädigte Personen, insbesondere betroffene Fussballvereine und Wettanbieter, mit entsprechenden Schreiben resp. öffentlicher Bekanntmachung im Sinne von Art. 88 Abs. 1 lit. b StPO auf die Möglichkeit hin, sich als Privatkläger am Verfahren zu beteiligen. Die kontaktierten Personen verzichteten auf eine Verfahrensteilnahme bzw. reagierten auf die Schreiben resp. die Bekanntmachung nicht. Insbesondere meldete sich keiner der in der Anklageschrift erwähnten Wettanbieter (cl. 8 pag. 15.8.1 ff.; SK.2011.33 , cl. 75 pag. 75.510.1).

H. Mit Datum vom 18. Mai 2012 reichte die Bundesanwaltschaft eine ergänzte Anklage gegen A. im ordentlichen Verfahren beim Bundesstrafgericht ein (cl. 75 pag. 75.100.7).

I. Innert angesetzter Frist stellte der Verteidiger die Beweisanträge, es sei die Aufzeichnung des Fussballspiels FC Wil 1900 - FC Thun (2:0) vom 16. Mai 2009 im Rahmen des Beweisverfahrens einzusehen, es seien die Torschützenlisten, Challenge League, Saison 2008/2009 und 2009/2010 zu den Akten zu nehmen und es sei ein Gutachten zur Wahrnehmungsfähigkeit des Beklagten anzuordnen ( SK.2011.33 , cl. 75 pag. 75.521.2 ff.). Die Torschützenlisten wurden zu den Akten genommen, die übrigen Beweisanträge abgewiesen ( SK.2011.33 , cl. 75 pag. 75.430.2). Die Bundesanwaltschaft verzichtete auf Beweisanträge ( SK.2011.33 , cl. 75 pag. 75.510.7). Das Gericht holte von Amtes wegen einen aktuellen Straf- und Betreibungsregisterauszug sowie Steuerunterlagen von A. ein ( SK.2011.33 , cl. 75 pag. 75.430.1).

J. Die Hauptverhandlung fand am 12. und 13. November 2012 in Anwesenheit der Parteien vor dem Einzelrichter der Strafkammer des Bundesstrafgerichts am Sitz des Gerichts in Bellinzona statt ( SK.2011.33 , cl. 75 pag. 75.920.1 ff.).

Der Einzelrichter erwägt:

1. Prozessuales

1.1 Zuständigkeit

1.1.1 Gemäss dem bis 31. Dezember 2010 gültigen Art. 337 Abs. 2 StGB (seither mit gleichem Inhalt: Art. 24 Abs. 2 StPO ) kann die Bundesanwaltschaft bei Verbrechen u.a. des zweiten Titels des StGB eine Untersuchung eröffnen, wenn die Straftaten zu einem wesentlichen Teil im Ausland begangen worden sind oder wenn sie in mehreren Kantonen begangen worden sind und dabei kein eindeutiger Schwerpunkt in einem Kanton besteht. Ferner ist für die Bundeszuständigkeit vorausgesetzt, dass keine kantonale Strafverfolgungsbehörde mit der Sache befasst ist oder die zuständige kantonale Strafverfolgungsbehörde die Bundesanwaltschaft um Übernahme des Verfahrens ersucht.

1.1.2 Die Bundesanwaltschaft hat das Verfahren nach Erhalt eines Rechtshilfegesuchs aus Bochum/D gegen insgesamt elf Personen, darunter die hier beschuldigte, wegen Verdachts des gewerbsmässigen Betrugs (Art. 146 Abs. 2 StGB ) eröffnet (cl. 1 Rubriken 1 und 2). Ein Schwerpunkt für die Tatbegehung in einem Kanton besteht nicht. Vielmehr ist von internationaler Verflechtung auszugehen. Demnach ist Bundesgerichtsbarkeit für die Beurteilung der vorliegenden Anklage gegeben.

1.1.3 Die Kompetenz des Einzelgerichts ergibt sich aus Art. 19 Abs. 2 lit. b StPO i.V.m. Art. 36 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Organisation der Strafbehörden des Bundes vom 19. März 2010 ( StBOG ; SR 173.71).

1.2 Anwendbares Prozessrecht

Das Vorverfahren bis zur Anklageerhebung wurde unter der Herrschaft des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege (BStP) durchgeführt. Die entsprechenden Verfahrenshandlungen behalten gemäss Art. 448 Abs. 2 der seit 1. Januar 2011 in Kraft stehenden StPO ihre Gültigkeit.

1.3 Anklage nach Einsprache gegen Strafbefehl

Wird gegen einen Strafbefehl Einsprache erhoben, so entscheidet die Staatsanwaltschaft nach allfälliger Abnahme weiterer Beweise über das weitere Vorgehen. Will sie die Sache vor Gericht bringen, stehen ihr zwei Möglichkeiten offen, nämlich am Strafbefehl festzuhalten (Art. 355 Abs. 3 lit. a StPO ) oder Anklage beim erstinstanzlichen Gericht zu erheben (Art. 355 Abs. 3 lit. d StPO). Erfüllt der angefochtene Strafbefehl die inhaltlichen Erfordernisse einer Anklage nicht, so bleibt nur die Möglichkeit der Anklage im ordentlichen Verfahren gemäss lit. d des zitierten Artikels. Diese Konstellation ist im vorliegenden Verfahren gegeben (vgl. Prozessgeschichte, lit. F und H). Das Urteil ergeht im ordentlichen Verfahren nach Art. 328 ff . StPO.

1.4 Anklagegrundsatz

1.4.1 Eine Straftat kann nur gerichtlich beurteilt werden, wenn die Staatsanwaltschaft gegen eine bestimmte Person wegen eines genau umschriebenen Sachverhalts beim zuständigen Gericht Anklage erhoben hat (Art. 9 Abs. 1 StPO). Gemäss Art. 325 Abs. 1 StPO sind in der Anklageschrift insbesondere die beschuldigte und die geschädigte Person zu nennen (lit. d und e), die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten mit Beschreibung von Ort, Datum, Zeit, Art und Folgen der Tatausführung möglichst kurz, aber genau zu bezeichnen (lit. f) und die nach Auffassung der Staatsanwaltschaft erfüllten Straftatbestände unter Angabe der anwendbaren Bestimmungen anzuführen (lit. g). Mit dem Anklagegrundsatz und der daraus abzuleitenden Umgrenzungs- und Informationsfunktion der Anklage wird bezweckt, dass die beschuldigte Person genau weiss, was ihr konkret vorgeworfen wird ( Heimgartner/Niggli , Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, Basel 2011, Art. 325 StPO N. 18; Landshut , in Donatsch/Hansjakob/Lieber, a.a.O., Art. 325 StPO N. 8). Das Gericht ist an den in der Anklage umschriebenen Sachverhalt, nicht aber an die darin vorgenommene rechtliche Würdigung gebunden (Art. 350 Abs. 1 StPO).

Falls erforderlich, weist die Verfahrensleitung nach einer bei Eingang der Anklageschrift oder später im Verfahren vorzunehmenden Prüfung die Anklage zur Ergänzung oder Berichtigung an die Staatsanwaltschaft zurück (Art. 329 Abs. 2 StPO). Wird im Anschluss keine dem Anklagegrundsatz genügende Anklageschrift eingereicht, wird das Verfahren eingestellt ( Heimgartner/Niggli , a.a.O., Art. 9 StPO N. 62; Stephensen/Zanulardo-Walser , Basler Kommentar, a.a.O., Art. 329 StPO N. 12).

1.4.2 Mit Verfügung vom 13. Januar 2012 wurde die Anklage vom 22. Dezember 2011 zur Ergänzung zurückgewiesen. Die Anklageschrift vom 18. Mai 2012 (Wiedereinreichung mit Ergänzungen) erging als solche im ordentlichen Verfahren (Prozessgeschichte, lit. F und H).

1.4.3 Der Beschuldigte ist der Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug angeklagt. Bevor auf die Anklage materiell eingetreten werden kann, ist zu prüfen, ob die Anklageschrift nach der Wiedereinreichung alle für ein Urteil notwendigen Sachverhaltskomponenten beinhaltet.

1.4.4 Wegen Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt.

1.4.5 Somit erfordert eine ausreichende Anklage wegen Betrugs eine Aussage zu folgenden Punkten:

a) Wer hat wo und wann wem was vorgespiegelt oder unterdrückt?
b) Wurde die getäuschte Person irregeführt oder in ihrem Irrtum bestärkt?
c) Handelte der Täter arglistig?
d) Hat die irregeführte oder in ihrem Irrtum bestärkte Person sich oder eine andere Person am Vermögen geschädigt?

1.4.6 a) Die vorliegende Anklageschrift enthält zusammengefasst folgende Aussagen:

D. und C. sollen am 14. Mai 2009 in einer Pizzeria in Thun mit den Fussballspielern F. vom FC Wil 1900 sowie G. und H. vom FC Thun gegen Entgelt die Manipulation des Fussballspiels FC Wil 1900 - FC Thun vom 16. Mai 2009 vereinbart haben. Des Weiteren habe D. in der Woche vor dem Fussballspiel A., Stürmer des FC Thun, telefonisch kontaktiert und für die Manipulation angeworben. Gemäss der Vereinbarung sollte der FC Thun mit zwei Toren Unterschied verlieren und sollten beide Tore in der zweiten Halbzeit fallen, indem G., A. und H. dies ermöglichen sollten. Dies sei im Hinblick auf abzuschliessende Wetten geschehen. Am 15. Mai 2009 habe C. in Kombinationswetten mit einem Einsatz von EUR 4'000.-- bei der maltesischen Wettanbieterfirma I. gewettet. Am 16. Mai 2009 habe C. zusammen mit dem in die Manipulation eingeweihten B. über den Wettvermittler J. Ltd. mit Sitz in London bei der asiatischen Wettanbieterfirma K. mit einem Betrag von EUR 80'000.-- gewettet. Daneben habe er noch weitere sieben Wetten bei der asiatischen Wettanbieterfirma L. und sieben Wetten bei der asiatischen Wettanbieterfirma M. mit einem Einsatz von total EUR 15'093.27 platziert. Die Wetten seien unter anderem auf das Verlieren des FC Thun abgeschlossen worden. A. habe die Manipulation des betreffenden Spiels und damit der entsprechenden Wetten gefördert, indem er gemäss der Vereinbarung dafür besorgt gewesen sei, dass er als Stürmer des FC Thun nicht angegriffen und keine Torchancen geschaffen oder verwertet habe. Aufgrund des Spielverlaufs und des Endresultats von 2:0 zu Gunsten des FC Will 1900 hätten sich die Wetten bei den asiatischen Buchmachern als erfolgreich herausgestellt. Infolgedessen hätten K. Wettgewinne von EUR 68'000.-- und L. und M. EUR 2'730.12 zu Gunsten der manipulierenden Tätergruppierung ausgezahlt. C. habe sodann A. in Zürich (Glattzentrum) EUR 6'000.-- ausgehändigt, einen Betrag, den A. in der Folge bei seinem Rechtsanwalt deponiert habe.

b) Die Anklageschrift lässt offen, ob und gegebenenfalls wer durch die inkriminierten Handlungen getäuscht resp. irregeführt wurde. Sie bezeichnet zwar die erwähnten Wettanbieter als - infolge Annahme eines nicht manipulierten Fussballspiels - irregeführt. Dies genügt jedoch den Anforderungen des Anklagegrundsatzes im Hinblick auf Art. 146 StGB nicht. Denn irren kann nur ein Mensch (vgl. hierzu E. 2.1), nicht eine Firma. Die Anklageschrift enthält keinerlei Hinweise darauf, dass in casu ein Mensch getäuscht resp. irregeführt wurde. Es fehlen Angaben über die Art der Kommunikation zwischen den Wettenden und den Wettvermittlern oder den Wettanbietern bzw. zwischen den Wettvermittlern und den Wettanbietern. Aus der Anklageschrift geht lediglich hervor, dass C. seine Wetteinsätze telefonisch oder per SMS einem Mittelsmann übermittelte, welcher ein Konto bei I. besass, und dass die Wettbestätigung ebenfalls per SMS erfolgte. Ob es sich bei diesem Mittelsmann um einen eingeweihten Tatbeteiligten oder einen Getäuschten handelte, bleibt unklar. B. soll hingegen laut Anklage vorwiegend über die Einschaltung des Vermittlers J. Ltd. gewettet haben. Bei der J. Ltd. soll es Mitarbeiter gegeben haben, die teilweise in die Möglichkeit der Spielmanipulationen eingeweiht gewesen seien. In welcher Art und welchem Ausmass dies der Fall gewesen sein soll, bleibt indes offen. Weiter geht aus der Anklageschrift hervor, dass die J. Ltd. die Wetten an asiatische Wettanbieter, vorliegend L., K. und M., weitervermittelte. Wie diese Wetten bei den einzelnen Wettanbietern platziert wurden (direkt, per Telefon, SMS, Internet, etc.), ist der Anklageschrift jedoch nicht zu entnehmen. Es fehlen auch Angaben darüber, wie bei den betroffenen Wettanbietern Wetten konkret abgewickelt wurden: Waren dabei Menschen involviert oder lief der ganze Prozess zwischen der Entgegennahme der Wette und der Auszahlrung des Wettgewinns rein maschinell ab?

1.4.7 Die Anklageschrift lässt nach dem Gesagten wesentliche Angaben zur angeklagten Tat, namentlich in Bezug auf die Tatbestandselemente der Täuschung und des Irrtums gemäss Art. 146 StGB, vermissen, weshalb das Verfahren aufgrund des unter E. 1.4.1 Ausgeführten eingestellt werden müsste. Bei dieser Sachlage kann auch die Frage offen bleiben, ob die Anklageschrift unter weiteren Gesichtspunkten den gesetzlichen Anforderungen genügt. Wie nachfolgend gezeigt wird, würde eine materielle Beurteilung selbst dann zu einem kompletten Freispruch führen, wenn alle in der Anklageschrift fehlenden Elemente - mit welchem Inhalt auch immer - vorhanden wären. Bei dieser Sachlage rechtfertigt sich im Interesse der höheren Rechtssicherheit eine materielle Beurteilung des angeklagten Sachverhalts.

2. Materielles

2.1 Der Tatbestand des Betruges nach Art. 146 StGB setzt nebst anderem voraus, dass der Täter eine Täuschungshandlung ("Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen") vorgenommen hat und dadurch beim Opfer einen Irrtum hervorgerufen oder es in einem Irrtum bestärkt hat. Täuschung ist jedes Verhalten, das darauf gerichtet ist, bei einem anderen eine von der Wirklichkeit abweichende Vorstellung hervorzurufen (BGE 135 IV 76 E. 5.1 m.w.H.). Die Täuschung muss beim Opfer einen Irrtum bewirken, eine Vorstellung, die von der Wirklichkeit abweicht ( Trechsel/Crameri , Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, Zürich/St. Gallen 2008, Art. 146 StGB N. 14; Stratenwerth/Jenny/Bommer , Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, 7. Aufl., Bern 2010, § 15 N. 30). Der Getäuschte muss zumindest im Sinne eines "Mitbewusstseins" davon ausgehen, dass die vom Täter vorgegebene Tatsache richtig sei (BGE 118 IV 35 E. 2c m.w.H.). Das Gesetz verlangt, dass "jemand", also ein Mensch, irregeführt wird. Die Einwirkung auf eine Datenverarbeitung, bei der keine natürliche Person involviert ist, erfüllt mangels Täuschung nicht den Betrugstatbestand von Art. 146 StGB (BGE 129 IV 315 E. 2; Trechsel/Crameri , a.a.O., Art. 146 StGB N. 14; Stratenwerth/Wohlers , Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, 2. Aufl., Bern 2009, Art. 146 StGB N. 7; Donatsch , Strafrecht III, 9. Aufl., Zürich etc. 2008, 208). Dies gilt insbesondere für Manipulationen von Wetten, die über das Internet automatisch, d.h. ohne Mitwirkung einer natürlichen Person, abgewickelt werden (vgl. Korruptionsbekämpfung und Wettkampfmanipulation im Sport, Bericht des Bundesrates vom 7. November 2012 in Erfüllung des Postulats 11.3754 der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates vom 28. Juni 2011, 62, abrufbar unter http://www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/28529.pdf ; ferner Läser , Betrug durch Manipulation von legalen Fussballwetten, AJP 2012, 1258, Fn. 39).

2.2 Wie bereits dargelegt (E. 1.4.6b), schweigt sich die Anklage darüber aus, über welches Medium die Wetten in casu platziert wurden. Aus den Anklageschriften bezüglich E. und N. im Parallelverfahren SK.2012.21 ergibt sich indes, dass es sich bei den bei den Wettanbietern I., K., L. und M. platzierten Wetten von C. und B. um Internetwetten handelte ( SK.2011.33 , cl. 75.100.11; SK.2012.21 , cl. 76 pag. 76.100.4 ff.). Dies deckt sich auch mit der Aktenlage (vgl. z.B. Verzeichnis der Wettanbieter auf der der Anklageschrift beigelegten CD-ROM "EK Flankengott" [ SK.2012.21 , cl. 76 Rubrik 1 in fine]). Es ist daher davon auszugehen, dass die vorliegend zur Diskussion stehenden Wetten übers Internet abgeschlossen wurden.

2.3 In Bezug auf die im Hinblick auf die angeklagte Tat erforderlichen Sachverhaltskomponenten Täuschung und Irrtum führte die Bundesanwaltschaft in der Hauptverhandlung im Rahmen des Parteivortrags folgende Faktoren auf, welche belegen sollen, dass auf Seiten der betroffenen Wettanbieter "menschliche Hand" bei der Abwicklung von Wetten im Spiel war ( SK.2011.33 , cl. 75 pag. 75.925.5):

2.3.1 Gemäss den im bei den Akten liegenden Urteil des Landgerichts Bochum vom 14. April 2011 in der Strafsache gegen O. und Konsorten, denen unter anderem vorgeworfen wurde, an den von C. organisierten Wettmanipulationen mitgewirkt zu haben, wiedergegebenen Aussagen eines Sachverständigen sollen alle Online-Wettanbieter über Abteilungen bzw. Mitarbeiter zur Manipulationserkennung und -abwehr verfügen. Bei Internetplatzierungen sollen auffällige Wetten, namentlich solche auf unterklassige Begegnungen mit hohen Einsätzen, vor Bestätigung überprüft werden. Jedenfalls bei einzelnen oder kumulierten Wetteinsätzen ab EUR 5'000.-- sei von einer persönlichen Gegenprüfung auszugehen (cl. 74 pag. B18.2.55.117).

2.3.2 Aus den bei den Akten liegenden Protokollen der überwachten Telefongespräche zwischen B. und den Mitarbeitern der J. Ltd. (cl. 51 pag. B18.2.32A.47 f.; ...71 f.; ...80 f.), insbesondere aus den darin vermerkten Gesprächsunterbrechungen und Hintergrundgeräuschen, ergebe sich, dass die Mitarbeiter der J. Ltd. gerade bei der Platzierung von Live-Wetten mit den asiatischen Wettanbietern via Skype einen Kontakt hätten.

2.3.3 Aus der Telefonüberwachung gehe sodann hervor, dass offenbar bestimmte Wetten von B. nicht akzeptiert worden seien, was auf eine Prüfung durch eine natürliche Person rückschliessen lasse (cl. 48 pag. B18.2.30.415).

2.3.4 Gemäss den - mündlich vorgetragenen - Ausführungen der Bundesanwaltschaft sei spätestens bei der Wettgewinnauszahlung davon auszugehen, dass eine menschliche Gegenprüfung stattgefunden habe.

2.4

2.4.1 In Bezug auf die in E. 2.3.1 erwähnten Aussagen des Sachverständigen im deutschen Verfahren ist Folgendes festzuhalten:

a) Aus einem anderen Verfahren beigezogene Akten gelten als "sachliche Beweismittel" im Sinne von Art. 194 StPO . Dies gilt auch für ein Gutachten in jenen Akten. Dies ist bei der Beweiswürdigung zu beachten. Der Sachverständige wurde nicht nach den Regeln von Art. 182 ff . StPO in das vorliegende Verfahren eingebunden.

b) Dem Urteil des Landgerichts Bochum ist zu entnehmen, dass der Sachverständige ein gelernter Programmierer sei, der einen der ersten Online-Wettdienste P. gegründet und lange geleitet habe. Er habe die Wettsoftware entwickelt, sich als Geschäftsführer mit sämtlichen Aspekten des Buchmachergewerbes befasst und die Geschäftsorganisation sowie die Geschäftsabläufe der Konkurrenz durch zahlreiche persönliche Kontakte kennen gelernt. Nach der Veräusserung des Wettdienstes habe er sein Geschäftsfeld auf die Quotendokumentation sowie -analyse und die Manipulationsprävention verlagert. Hierzu habe sein gegenwärtiges Unternehmen Q. eine eigene Marktbeobachtungssoftware entwickelt. Q. beliefere den Grossteil der international tätigen Sportwettanbieter in der Art eines Börseninformationsdienstes mit Quotenspiegeln und stehe mit zahlreichen nationalen und internationalen Fussballverbänden in laufender Geschäftsbeziehung, um ihnen manipulationsverdächtige Quotenentwicklungen anzuzeigen (cl. 74 pag. B18.2.55.117).

c) Weder aus den Aussagen des Sachverständigen noch aus den Ausführungen im obgenannten Urteil geht hervor, dass der Sachverständige konkrete Kenntnisse über die Organisation und die Geschäftsabläufe der durch die angeklagten Taten betroffenen individuellen Wettanbieter hatte. Ohne solche spezifischen Kenntnisse lassen sich aus seinen allgemeinen Ausführungen über die Erscheinungsformen und Gepflogenheiten des Wettgewerbes keine tragfähigen Schlussfolgerungen in Bezug auf die vorliegend zur Diskussion stehenden Wetten ziehen. Selbst wenn man im Sinne der Aussagen des Sachverständigen davon ausgehen würde, dass alle Online-Wettanbieter über Mitarbeiter verfügen, die das Wettgeschehen im Hinblick auf mögliche Wettmanipulationen generell überwachen, könnte daraus nicht gefolgert werden, dass die Wetten im vorliegenden Fall konkret durch Menschen geprüft wurden. Die Aussage des Sachverständigen, bei Wetteinsätzen ab EUR 5'000.-- sei von einer persönlichen Gegenprüfung auszugehen, kann mangels gesicherter Kenntnisse der Geschäftsabläufe bei den in casu betroffenen Wettanbietern, nicht als genügende Beweisgrundlage für eine solche Annahme dienen.

2.4.2 a) Den in E. 2.3.2 erwähnten Protokollen der Telefongespräche, die vom 26. resp. 27. Juni 2009 datieren, kann entnommen werden, wie sich B. bei seinem Gesprächspartner, dem Inhaber eines englischen Telefonanschlusses, im Hinblick auf mögliche Wettplatzierungen bei L. und - in einem Gespräch - einer weiteren Wettanbieterfirma namens R. über die angebotenen Wettquoten informiert und entsprechende Anweisungen hinsichtlich Wettplatzierungen gibt. Den Protokollen ist weiter zu entnehmen, dass bei diesen Gesprächen mehrmals Pausen von ca. 2 Minuten eingelegt werden, während denen sich der Gesprächspartner von B. offenbar über die Wettquoten informiert bzw. Wetten platziert. Während einer Redepause ist im Hintergrund der Skype Messanger sowie eine Person zu hören, welche Mandarin spricht (cl. 51 pag. B18.2.32A.48).

b) Bei der Würdigung dieser Gespräche ist zunächst anzumerken, dass sie nicht den vorliegend zur Beurteilung stehenden konkreten Fall betreffen, so dass aus ihnen bereits aus diesem Grund keine beweiskräftigen Erkenntnisse in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Wetten abgeleitet werden können. Aus den in den Protokollen vermerkten Redepausen und Hintergrundgeräuschen kann zudem auch nicht gefolgert werden, dass die Wettvermittler von der J. Ltd. bei der Platzierung der Wetten, auf die sich diese Gespräche beziehen, in Kontakt mit einer natürlichen Person bei den Wettanbietern standen. Darüber, wer mit wem über was bei dem im Hintergrund zu hörenden Gespräch via Skype kommuniziert hat, kann nur spekuliert werden. Entgegen den Ausführungen der Bundesanwaltschaft im Plädoyer kann auch nicht gesagt werden, dass eine Pause von etwa 2 Minuten zu kurz sei, um eine Wette elektronisch platzieren zu können. Schliesslich lässt auch der Inhalt der besagten Telefongespräche keine Rückschlüsse über die Art der Kommunikation zwischen der J. Ltd. und den Wettanbietern zu.

2.4.3 Dass bestimmte Wetten von Wettanbietern nicht akzeptiert worden sein sollen, taugt nicht als Beweis dafür, dass die betreffenden Wetten durch Menschen geprüft wurden. Es ist durchaus denkbar, dass Wetten nach irgendwelchen Kriterien, beispielsweise ab einem bestimmten Betrag, automatisch nicht zugelassen werden. Es kommt hinzu, dass das in E. 2.3.3 erwähnte Gesprächsprotokoll, auf das sich die Bundesanwaltschaft stützt, keine Hinweise enthält, bei welchen Wettanbietern Wetten von B. nicht akzeptiert worden sein sollen.

2.4.4 Die Behauptung der Bundesanwaltschaft, spätestens bei der Wettgewinnauszahlung sei davon auszugehen, dass eine menschliche Gegenprüfung stattgefunden habe, ist durch nichts belegt, insbesondere nicht für die Wetten im vorliegenden Fall.

2.4.5 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass aufgrund der Aktenlage nicht davon ausgegangen werden kann, dass bei der Entgegennahme oder anschliessenden Bearbeitung der in der Anklageschrift thematisierten Wetten natürliche Personen bei den Wettanbietern involviert waren. Zu Gunsten des Beschuldigten ist daher anzunehmen, dass bei den fraglichen Wetten kein Mensch durch Täuschung in einen Irrtum versetzt worden ist. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass selbst wenn erstellt wäre, dass die besagten Wetten von Menschenhand bearbeitet wurden, sich eine Täuschung im Sinne von Art. 146 StGB mangels auch nur geringster Kenntnisse über die Organisation und Geschäftsabläufe bei den angeblich geschädigten Internetwettanbietern und über die für diese handelnden Personen nicht rechtgenüglich beweisen liesse, ist doch nicht auszuschliessen, dass vorliegend auch bei den Wettanbietern Personen tätig waren, die in Manipulationen eingeweiht waren, wie dies offenbar bei dem in der Anklageschrift erwähnten Wettvermittler der Fall war.

2.5 Die vorhandene Beweislage reicht nach dem Gesagten nicht aus, um die in der Anklage umschriebenen Haupttaten unter den Tatbestand des Betrugs (Art. 146 StGB ) zu subsumieren. Dementsprechend kann vorliegend, unbesehen dessen, ob der Beschuldigte an der ihm vorgeworfenen Manipulation des Fussballspiels FC Wil 1900 - FC Thun vom 16. Mai 2009 beteiligt war oder nicht, kein Schuldspruch wegen Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug ergehen. Der in der Anklageschrift umschriebene Sachverhalt lässt sich auch nicht unter einen anderen Straftatbestand, insbesondere nicht unter den allenfalls in Frage kommenden Tatbestand des betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage gemäss Art. 147 StGB , subsumieren. Der Beschuldigte ist folglich freizusprechen.

3. Kosten

Der Beschuldigte wird freigesprochen. Es bestehen keine genügenden Anhaltspunkte in den Akten für eine allfällige Kostenauferlegung an die freigesprochene Person gemäss Art. 426 Abs. 2 StPO . Die Verfahrenskosten sind demnach von der Eidgenossenschaft zu tragen.

4. Entschädigung der beschuldigten Person

4.1 Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie nach Art. 429 Abs. 1 lit. a -c StPO Anspruch auf Schadensersatz und Genugtuung. Die zu erstattenden Aufwendungen im Sinne von lit. a bestehen hauptsächlich aus den Kosten der frei gewählten Verteidigung, wenn der Beistand angesichts der tatsächlichen oder rechtlichen Komplexität notwendig war und wenn der Arbeitsaufwand und somit das Honorar des Anwalts gerechtfertigt sind. Nach lit. b muss die beschuldigte Person für die wirtschaftlichen Nachteile, die sich aus dem Verfahren ergeben, entschädigt werden. Es geht vor allem um Lohn- oder Erwerbseinbussen, die wegen Verhaftung oder der Beteiligung an den Verfahrenshandlungen erlitten wurden sowie um Reisekosten. Hat die beschuldigte Person wegen des Verfahrens eine besonders schwere Verletzung ihrer persönlichen Verhältnisse erlitten, hat sie Anspruch auf Genugtuung (lit. c). Diese wird regelmässig gewährt, wenn sich die beschuldigte Person in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft befand (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1329 ). Das Gericht prüft den Anspruch von Amtes wegen und kann die beschuldigte Person auffordern, ihre Ansprüche zu beziffern und zu belegen (Art. 429 Abs. 2 StPO ).

Die Entschädigung richtet sich nach dem Reglement des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bun-desstrafverfahren (BStKR, SR 173.713.162; vgl. Art. 22 Abs. 3 ). Gemäss Art. 10 BStKR sind auf die Berechnung der Entschädigung der freigesprochenen Person die Bestimmungen über die amtliche Verteidigung anwendbar. Die Anwaltskosten umfassen das Honorar und die notwendigen Auslagen, namentlich für Reise, Verpflegung und Unterkunft sowie Porti und Telefonspesen (Art. 11 Abs. 1 BStKR). Das Honorar wird nach dem notwendigen und ausgewiesenen Zeitaufwand des Anwalts für die Verteidigung bemessen, wobei der Stundenansatz mindestens 200 und höchstens 300 Franken beträgt (Art. 12 Abs. 1 BStKR). Die Auslagen werden im Rahmen der Höchstansätze aufgrund der tatsächlichen Kosten vergütet (Art. 13 BStKR ). Bei Fällen im ordentlichen Schwierigkeitsbereich beträgt der Stundenansatz gemäss ständiger Praxis der Strafkammer Fr. 230.-- für Arbeitszeit und Fr. 200.-- für Reisezeit (vgl. Urteil des Bundesstrafgerichts SN.2011.16 vom 5. Oktober 2011, E. 4.1 m.w.H.).

4.2 Rechtsanwalt Markus Zwicky hat den Beschuldigten während des Strafverfahrens in der Zeit vom 23. November 2009 bis 27. Dezember 2011 erbeten und ab dem 28. Dezember 2011 amtlich verteidigt (cl. 11 pag. 16.7.3; cl. 75 pag. 75.440.1 ff.). Für seine Bemühungen macht er insgesamt einen Arbeitsaufwand von 150.21 Stunden, Hauptverhandlung nicht inbegriffen, zu einem Stundenansatz von Fr. 230.-- bis Fr. 350.-- und 16.5 Stunden Reisezeit zu einem Stundenansatz von Fr. 200.-- geltend und verlangt unter Berücksichtigung der Auslagen von Fr. 975.20 eine Entschädigung von Fr. 39'794.80 (exkl. MWST) (cl. 75 pag. 75.721.1 ff.).

Der vorliegende Straffall stellte keine überdurchschnittlichen Anforderungen an die Verteidigung, weshalb der Stundenansatz für die Arbeitszeit praxisgemäss auf Fr. 230.-- festzusetzen ist. Die Reisezeit ist zum üblichen Stundenansatz von Fr. 200.-- zu vergüten. Vom geltend gemachten Aufwand entfallen ca. 80 Stunden auf Akten- und Rechtsstudium, was angesichts der rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten des Verfahrens und der Schwere des Vorwurfs übermässig erscheint. Der Aufwand ist daher diesbezüglich ermessensweise um 4 Stunden zu kürzen. Sodann sind vom ausgewiesenen Arbeitsaufwand aufgrund der in Rechnung gestellten typischen Sekretariatsarbeiten (Erstellen neuer Ordner und Inhaltsverzeichnisse [Positionen vom 19. Mai 2011]), die bereits im Stundenansatz des Verteidigers enthalten sind, Besprechungen mit den Eltern des Beschuldigten sowie Bemühungen im Zusammenhang mit einem Verfahren vor dem Schweizerischen Fussballverband weitere 4 Stunden in Abzug zu bringen. Andererseits sind für die in der eingereichten Honorarnote nicht berücksichtigte Teilnahme an der Hauptverhandlung zusätzlich 4.5 Stunden Arbeitszeit und 4 Stunden Reisezeit zu entschädigen. Im Ergebnis können demnach 146.71 Stunden Arbeitszeit und 20.5 Stunden Reisezeit als notwendiger Aufwand anerkannt werden. Hiervon entfallen 54.5 Arbeits- und 9.5 Reisestunden auf die erbetene Verteidigung. Die geltend gemachten Auslagen, die sich um Fr. 55.-- für zwei Mahlzeiten erhöhen, geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Hiervon entfallen Fr. 480.-- auf die erbetene Verteidigung. Unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuer auf die erbrachten Anwaltsleistungen ist der Beschuldigte nach dem Gesagten für die Kosten der Wahlverteidigung gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO gerundet mit Fr. 16'100.-- zu entschädigen.

4.3 Für die übrigen Aufwendungen im Verfahren sind dem Beschuldigten im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO pauschal Fr. 400.-- zu entrichten.

4.4 Zusammenfassend ist dem Beschuldigten eine Entschädigung von Fr. 16'500.--zuzusprechen, die durch die Eidgenossenschaft auszurichten ist.

5. Entschädigung der amtlichen Verteidigung

Rechtsanwalt Markus Zwicky ist mit Verfügung des Einzelrichters vom 22. Mai 2012 rückwirkend ab dem 28. Dezember 2011 als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten eingesetzt worden (cl. 75 pag. 75.440.1 ff.). Nach dem unter E. 4.1-4.2 Dargelegten sind ihm in diesem Zusammenhang ein Arbeitsaufwand von 92.21 Stunden à Fr. 230.-- und 11 Stunden Reisezeit à Fr. 200.-- zu vergüten. Dazu kommen Auslagen im Betrag von Fr. 550.20. Demnach ist Rechtsanwalt Markus Zwicky für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten mit Fr. 25'875.20 (inkl. MWST) aus der Kasse des Bundes zu entschädigen.


Der Einzelrichter erkennt:

1. A. wird freigesprochen.

2. Die Verfahrenskosten gehen zu Lasten der Eidgenossenschaft.

3. A. wird durch die Eidgenossenschaft mit Fr. 16'500.-- entschädigt .

4. Rechtsanwalt Markus Zwicky wird für die amtliche Verteidigung von A. durch die Eidgenossenschaft mit Fr. 25'875.20 (inkl. MWST) entschädigt.

5. Dieses Urteil wird in der Hauptverhandlung eröffnet und durch den Einzelrichter mündlich begründet. Den anwesenden Parteien wird das Urteilsdispositiv ausgehändigt .

Im Namen der Strafkammer

des Bundesstrafgerichts

Der Einzelrichter Der Gerichtsschreiber

Zustellung der vollständigen schriftlichen Ausfertigung an:

- Bundesanwaltschaft

- Rechtsanwalt Markus Zwicky (Verteidiger von A. )

Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an:

- Bundesanwaltschaft als Vollzugsbehörde (vollständig)


Rechtsmittelbelehrung

Gegen verfahrensabschliessende Entscheide der Strafkammer des Bundesstrafgerichts kann beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, innert 30 Tagen nach der Zustellung der vollständigen Urteilsausfertigung Beschwerde eingelegt werden (Art. 78 , Art. 80 Abs. 1 , Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG ).

Mit der Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 BGG ). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG ).

Gegen den Entschädigungsentscheid des Gerichts kann die amtliche Verteidigung innert 10 Tagen bei der Beschwerdeinstanz Beschwerde führen (Art. 135 Abs. 3 lit. a , Art. 396 Abs. 1 StPO ).

Versand: 7. März 2013

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