Bundesgerichtsentscheid

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Bundesgerichtsentscheid 111 III 63 vom 29.11.1985

Dossiernummer:111 III 63
Datum:29.11.1985
Schlagwörter (i):Verwertung; Gläubiger; Pfändung; Betreibung; Kostenvorschuss; Pfändungsgruppe; SchKG; Erlös; Betreibungsamt; Pfändungsgruppen; Vorangehende; Verteilung; Verwertungsbegehren; Rekurrent; Schuldbetreibung; Konkurs; Kostenvorschusses; Gedeckt; Bezahlen; Nachgehenden; Leistung; Geleistet; Gepfändet; Aufsichtsbehörde; Gläubigers; Gläubigern; Vorangehenden; Vorangehender

Rechtsnormen:

BGE: 90 III 36

Artikel: Art. 144 SchKG , Art. 115 SchKG , Art. 68 SchKG , Art. 117 SchKG , Art. 144 SchKG

Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Urteilskopf
111 III 63

15. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 29. November 1985 i.S. B. (Rekurs)

Regeste
Art. 68 Abs. 1 und 144 Abs. 3 SchKG (Leistung und Rückerstattung des Kostenvorschusses).
Der Kostenvorschuss ist von jenem Gläubiger zu leisten, der das Verwertungsbegehren gestellt hat. Hat ein Gläubiger einer nachgehenden Pfändungsgruppe das Verwertungsbegehren gestellt, so sind nach der Regel von Art. 144 Abs. 3 SchKG vorab die Kosten der Verwertung und Verteilung zu bezahlen und ist somit auch der geleistete Kostenvorschuss zurückzuerstatten; lediglich der Nettoerlös, der nach Abzug der Kosten verbleibt, kommt den Gläubigern der vorangehenden Pfändungsgruppen zugute (E. 2).
Die Erwartung, dass die Kosten der Verwertung und Verteilung ohne weiteres durch den Erlös gedeckt werden können, befreit den die Verwertung begehrenden Gläubiger nicht von der Leistung eines Kostenvorschusses (E. 3).

Sachverhalt ab Seite 63
BGE 111 III 63 S. 63
A.- In verschiedenen Betreibungen - darunter der Betreibung des B. - gegen N. wurde am 25. Januar 1985 die Pfändung vollzogen. Das die Pfändung vollziehende Betreibungsamt nahm Aktiven zum Schätzungswert von insgesamt Fr. 31'440.-- in die Pfändungsurkunde auf, vermerkte aber, dass die aufgenommenen Vermögensgegenstände bereits vorgepfändet seien und erneut
BGE 111 III 63 S. 64
gepfändet würden. Die Pfändungsvorgänge zugunsten von Pfändungsgruppen, denen der Gläubiger B. nicht angehörte, wurden vom Betreibungsamt mit total ca. Fr. 114'000.-- angegeben. Die Pfändungsurkunde diente als provisorischer Verlustschein im Sinne von Art. 115 Abs. 2 SchKG.
Am 26. April 1985 stellte der Gläubiger B. das Verwertungsbegehren für den Betrag von Fr. 4'842.-- plus 5% Zins seit 7. September 1984 und die Betreibungskosten. Das veranlasste das Betreibungsamt am 29. April 1985, von ihm einen Kostenvorschuss von Fr. 1'200.-- zu fordern, dies unter der Androhung, dass das Verwertungsbegehren als zurückgezogen betrachtet werde, sofern der Kostenvorschuss nicht innert der Frist von zehn Tagen geleistet werde.
Nachdem B. das Betreibungsamt um Wiedererwägung der Verfügung ersucht hatte, hielt dieses an der Forderung des Kostenvorschusses fest. Das wurde dem Gläubiger durch eine zweite Verfügung (mit erneuter Fristansetzung) am 4. Juni 1985 eröffnet.
B.- Vom Gläubiger B. gegen die Auferlegung des Kostenvorschusses erhobene Beschwerden wurden von der unteren und der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs abgewiesen. Ebenso wies die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts den Rekurs des Gläubigers ab mit den folgenden

Erwägungen:
1. Gemäss Art. 68 Abs. 1 SchKG sind die Betreibungskosten vom Gläubiger vorzuschiessen und kann das Betreibungsamt, wenn der Vorschuss nicht geleistet wird, die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen. Der Rekurrent bestreitet diese Obliegenheit zur Leistung eines Kostenvorschusses dem Grundsatz nach nicht mehr.
2. Indessen hält der Rekurrent den Kostenvorschuss für entbehrlich, weil gemäss Art. 144 Abs. 3 SchKG aus dem Erlös vorab die Kosten der Verwertung und der Verteilung zu bezahlen seien. Nach der Meinung des Rekurrenten wird aus der Verwertung der gepfändeten Aktiven im Schätzungswert von total Fr. 31'440.-- ohne Zweifel ein Erlös resultieren, aus dem die Kosten der Verwertung gedeckt werden können.
BGE 111 III 63 S. 65
Die obere kantonale Aufsichtsbehörde stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, der zu erwartende Verwertungserlös werde vollumfänglich an dem Rekurrenten vorangehende Pfändungsgruppen fallen; da diese jedoch selber kein Verwertungsbegehren gestellt hätten, könnten sie nicht zur Tragung der Kosten der Verwertung herangezogen werden. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
Selbstverständlich kann von keinem Gläubiger der vorangehenden Pfändungsgruppen, der kein Verwertungsbegehren gestellt hat, ein Kostenvorschuss gefordert werden. Das ändert aber nichts daran, dass in dem Moment, wo es zu einer Verwertung kommt - und sei dies auf Verlangen eines Gläubigers einer nachgehenden Pfändungsgruppe, was nach Massgabe von Art. 117 Abs. 2 SchKG durchaus möglich ist -, aus deren Erlös entsprechend Art. 144 Abs. 3 SchKG vorab die Kosten der Verwertung und der Verteilung zu bezahlen sind. Lediglich der Nettoerlös, der nach Abzug dieser Kosten verbleibt, kommt den Gläubigern der vorangehenden Pfändungsgruppe zugute - dies unabhängig davon, ob sie die Verwertung verlangt haben oder nicht (FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, § 32 Rz. 6; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibung- und Konkursrechts, § 29 N. 11). Werden indessen die Kosten der Verwertung durch den Erlös nicht gedeckt, so können sie nur jenen Gläubigern auferlegt werden, die das Verwertungsbegehren gestellt haben (BGE 55 III 122ff.; FRITZSCHE/WALDER, a.a.O.). Umgekehrt sind in dem Fall, wo die Kosten durch den Erlös gedeckt werden, diese vorweg dem Gläubiger zurückzuerstatten, der sie vorgeschossen hat (JÄGER, Schuldbetreibung und Konkurs, I. Band, S. 485). Deshalb irrt die kantonale Aufsichtsbehörde, wenn sie meint, die Kosten der Verwertung und der Verteilung könnten dann, wenn ein Gläubiger einer nachgehenden Pfändungsgruppe die Verwertung verlangt hat, nicht vom Erlös abgezogen werden, bevor die Gläubiger vorangehender Pfändungsgruppen vollständig befriedigt sind. Diese Gläubiger vorangehender Pfändungsgruppen haben erst Anspruch auf Beteiligung am Verwertungserlös, nachdem - wie Art. 144 Abs. 3 SchKG es verlangt - die Kosten der Verwertung und der Verteilung bezahlt bzw. jenem Gläubiger zurückerstattet sind, der sie vorgeschossen hat.
3. Nun übersieht aber der Rekurrent, dass Art. 144 SchKG einerseits und Art. 68 SchKG anderseits zwei verschiedene Dinge regeln (vgl. BGE 90 III 36 ff.). Ungeachtet dessen, dass nach dem
BGE 111 III 63 S. 66
Gesagten die Kosten vorab zu bezahlen sind, kann das Betreibungsamt einen Vorschuss fordern für die Gebühren und Auslagen, welche die Verwertung voraussichtlich mit sich bringen wird (vgl. zu den einzelnen Posten JOOS, Handbuch für die Betreibungsbeamten der Schweiz, S. 230). Daran ändert auch die Erwartung nichts, dass die Kosten der Verwertung und Verteilung ohne weiteres durch den Erlös gedeckt werden können. Der Anspruch des die Verwertung verlangenden Gläubigers besteht diesfalls nicht auf Befreiung von der Bezahlung eines Kostenvorschusses, sondern nur - wie dargelegt - auf dessen Rückerstattung nach durchgeführter Verwertung.
Wenn also der Rekurrent im vorliegenden Fall auf der Verwertung besteht und einen definitiven Verlustschein erlangen möchte, muss er dem Betreibungsamt den geforderten Kostenvorschuss leisten. Er darf damit rechnen, dass ihm dieser zurückerstattet wird, bevor die Gläubiger vorangehender Pfändungsgruppen aus dem Erlös befriedigt werden.

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