Bundesgerichtsentscheid

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Bundesgerichtsentscheid 100 Ib 113 vom 21.01.1974

Dossiernummer:100 Ib 113
Datum:21.01.1974
Schlagwörter (i):Gericht; Vormundschaft; Verfügungen; Bunde; Bundes; Recht; Veröffentlichung; Bevormundung; Verwaltungsgerichtsbeschwerde; Vormundschaftsbehörde; Bundesgericht; Basel-Stadt; Berufung; Massnahme; Vormundschaftsbehörden; Vormundschaftswesen; Beschwerde; Entscheid; Gebiete; Getroffen; Focht; Rechtsmittel; Stützen; Aufsicht; Vollzug; Kantons; Angefochten; Verhältnisse

Rechtsnormen:

BGE: 91 II 176, 91 II 175

Artikel: Art. 37 ZGB , Art. 97 und 44 lit. c OG, Art. 100 lit. g OG, Art. 37 ZGB , Art. 375 ZGB , Art. 5 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren. Die Beschwerde ist u.a. zulässig gegen Verfügungen, die von den kantonalen Behörden in letzter Instanz getroffen wurden (Art. 98 lit. g OG), Art. 44 OG, Art. 101 lit. c OG, Art. 44 lit. c OG, Art. 44 lit. a-c OG

Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Urteilskopf
100 Ib 113

19. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 21. Januar 1974 i.S. X. gegen Vormundschaftsbehörde Basel-Stadt und Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt

Regeste
Veröffentlichung der Bevormundung. Art. 375 ZGB. Anfechtbarkeit dieser Massnahme beim Bundesgericht. Art. 97 und 44 lit. c OG.
Die im Vormundschaftswesen getroffenen Verfügungen stützen sich nicht auf öffentliches Recht des Bundes im Sinne von Art. 5 VwG. Die Veröffentlichung der Bevormundung nach Art. 375 ZGB kann daher nicht mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 97 OG angefochten werden (Erw. 1).
Die Veröffentlichung der Bevormundung unterliegt auch nicht der Berufung an das Bundesgericht (Erw. 2; Bestätigung der Rechtsprechung).

Sachverhalt ab Seite 113
BGE 100 Ib 113 S. 113
X. wurde vom Strafgericht des Kantons Basel-Stadt am 12. September 1973 zu einer Zuchthausstrafe von 3 1/2 Jahren verurteilt. Gestützt auf Art. 371 ZGB wurde X. von der Vormundschaftsbehörde Basel-Stadt mit Beschluss vom 21. November 1973 für die Dauer der Strafzeit unter Vormundschaft gestellt. Als Vormund wurde seine Ehefrau ernannt. Gleichzeitig
BGE 100 Ib 113 S. 114
ordnete die Vormundschaftsbehörde an, dass die Bevormundung nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses vom 21. November 1973 in Anwendung von Art. 375 ZGB zu publizieren sei.
Gegen die vorgesehene Veröffentlichung der Bevormundung erhob X. einen Rekurs an das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt, welches ihn am 8. Januar 1974 abwies. In der Begründung wurde festgehalten, dass eine Verschiebung der zwingend vorgeschriebenen Veröffentlichung zwar nach Art. 375 Abs. 2 ZGB ausnahmsweise möglich sei, solange der Entmündigte in einer Anstalt untergebracht sei, dass aber im vorliegenden Fall ein solcher Aufschub vermieden werden sollte, weil die Publikation sonst nach einer allfälligen bedingten Entlassung nachgeholt werden müsste.
X. reichte gegen diesen Entscheid eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht ein, mit welcher er beantragte, von der Veröffentlichung der Bevormundung abzusehen. Die Errichtung der Vormundschaft focht er nicht an.
Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein.

Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Nach Art. 97 OG beurteilt das Bundesgericht letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren. Die Beschwerde ist u.a. zulässig gegen Verfügungen, die von den kantonalen Behörden in letzter Instanz getroffen wurden (Art. 98 lit. g OG). Gemäss Art. 5 VwG gelten als Verfügungen Anordnungen der Behörden, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen.
Rein theoretisch können Verfügungen im Gebiete des Vormundschaftswesens zum öffentlichen Recht gezählt werden. Indessen ist nach der im geltenden Recht verankerten Auffassung die Bevormundung und alles, was mit der Führung der Vormundschaft zusammenhängt und im ZGB geregelt wird, als Teil des Privatrechts zu betrachten. So hat denn auch der Bundesrat in seiner Botschaft an die Bundesversammlung über den Ausbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bunde vom 24. September 1965 zu Art. 99 lit. p des Entwurfes, der dem heutigen Art. 100 lit. g OG entspricht, festgehalten, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegenüber Verfügungen im Rahmen der Aufsicht über die Vormundschaftsbehörden kein geeignetes
BGE 100 Ib 113 S. 115
Rechtsmittel darstelle; denn diese Verfügungen hätten regelmässig zivilrechtliche Verhältnisse zum Gegenstand. Angemessenes Rechtsmittel wäre eher die zivilrechtliche Berufung, die jedoch gemäss Art. 44 OG gegenüber solchen Verfügungen ausgeschlossen sei (BBl 1965 II S. 1312). Wenn dies schon auf die Tätigkeit der Vormundschaftsbehörden zutrifft, so gilt es umso eher für die Verfügung, welche die Bevormundung ausspricht, und für die durch sie entfalteten Rechtswirkungen, die eindeutig privatrechtliche Verhältnisse betreffen.
Gewiss kann zwischen der Bevormundung an sich und der Veröffentlichung dieser Massnahme unterschieden werden. Wird jedoch die Veröffentlichung als eine selbständige Massnahme betrachtet, weil ihr Vollzugscharakter zukomme, so fällt sie unter Art. 100 lit. g OG, wonach Verfügungen auf dem Gebiete der Aufsicht über die Vormundschaftsbehörden nicht mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden können. Als Vollzugsmassnahme (BGE 91 II 176) fällt die Veröffentlichung der Bevormundung auch unter Art. 101 lit. c OG, welcher bestimmt, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen über die Vollstreckung von Verfügungen unzulässig ist.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass alles, was mit der Vormundschaft zusammenhängt, nach der geltenden Rechtsauffassung zum Zivilrecht gehört und dass sich somit die in diesem Bereich getroffenen Verfügungen nicht auf öffentliches Recht des Bundes im Sinne von Art. 5 VwG stützen. Die Revision des Organisationsgesetzes der Bundesrechtspflege vom Jahre 1968 bezweckte nicht, die bisherige Ordnung im Vormundschaftswesen zu ändern. Sie wollte weder eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die nicht in Art. 44 lit. c OG erwähnten Verfügungen im Vormundschaftswesen noch gegen die Verfügungen auf dem Gebiete der Aufsicht über die Vormundschaftsbehörden einführen.
Die vorliegende Beschwerde kann daher nicht als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegengenommen werden.
2. Dass ein Begehren um Verschiebung oder Unterlassung der Veröffentlichung der Entmündigung nicht auf dem Wege der Berufung an das Bundesgericht weitergezogen werden kann, geht aus der Rechtsprechung eindeutig hervor (BGE 91 II 175 /76 Erw. 4). Darnach ordnet Art. 44 lit. a-c OG die der Berufung unterliegenden Fälle abschliessend. Dieses Rechtsmittel ist somit nur gegen den eigentlichen Entscheid über
BGE 100 Ib 113 S. 116
die dort angeführten Massnahmen und über deren Aufhebung gegeben, nicht aber gegen die auf einen solchen Entscheid folgenden, seinem Vollzug dienenden Verfügungen, wozu auch die Veröffentlichung der Bevormundung gehört. Auf eine Berufung könnte daher nicht eingetreten werden.

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